„Hightech Agenda Deutschland“ im Bundestag beraten
Der Bundestag hat am Donnerstag, 13. November 2025, über die „Hightech Agenda Deutschland“ beraten. Die Unterrichtung durch die Bundesregierung (21/1100) wurde im Anschluss an die Ausschüsse überwiesen. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung die Federführung.
Mehr Wertschöpfung, Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität: Das verspricht sich die Bundesregierung von der „Hightech Agenda Deutschland“. Mit der Agenda will die Bundesregierung verstärkt in Zukunftstechnologien investieren und so die „Innovations- und Wirtschaftskraft unseres Landes deutlich erhöhen“.
Ministerin: Hightech-Republik Deutschland
Die Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, Dorothee Bär (CSU), möchte das Land zur „Hightech-Republik Deutschland“ machen. Für dieses Ziel sei die Hightech-Agenda der Turboantrieb. Bär berichtete den Abgeordneten, dass bei der Auftaktveranstaltung zur Hightech-Agenda im Oktober eine positive Aufbruchstimmung geherrscht habe. Es gehe nun darum, in den sogenannten Roadmapping-Prozessen neue Partner miteinzubeziehen, „eine gemeinsame Schlagkraft zu entwickeln“ und dann einen klaren Fokus auf die konkreten Anwendungen zu setzen. Bis zum Frühjahr solle für jede Schlüsseltechnologie eine „Roadmap“ vorliegen.
Wichtig ist laut Bär außerdem, dass die Technologien und Innovationen ihren Weg in die Praxis finden. Deutschland sei bereits herausragend in der Grundlagenforschung, es müsse aber besser darin werden, daraus auch Geschäftsmodelle zu entwickeln. „Es ist nicht verboten, mit guten Ideen auch Geld verdienen zu wollen“, so die Ministerin.
AfD: Deutschland verwaltet nur den Status quo
Während Staaten wie die USA und China Milliarden in den technologischen Fortschritt pumpten, würde Deutschland lediglich „den Status quo“ verwalten, sagte Prof. Dr.-Ing. Michael Kaufmann (AfD). Es sei dringend an der Zeit, ins Handeln zu kommen, denn „noch nie war technologische Entwicklung so rasant und noch nie war Deutschlands Zustand so lähmend“, sagte er. Bärs Ministerium müsste nun beweisen, dass es mehr als ein „Ankündigungsministerium“ sei.
Kaufmann machte in seiner Rede deutlich, dass die Forschung in Deutschland großartige Arbeit leiste, allerdings von Bürokratie und fehlenden Mitteln ausgebremst werde.
SPD: Technologische Souveränität kein Wunschtraum mehr
Die Hightech-Agenda ist laut der SPD-Abgeordneten Dr. Wiebke Esdar das „Zukunftsprogramm“ der Bundesregierung. Damit wolle sie Deutschland „auf die großen Umbrüche unserer Zeit vorbereiten“ wie in der Digitalisierung und bei der Energiewende. Durch die Agenda würden Rahmenbedingungen geschaffen werden und „Raum für Kreativität und Freiheit“ entstehen. Denn auch die Haltung spiele eine Rolle für technologischen Fortschritt: Forschung muss frei bleiben, um Neues zu denken, sagte Esdar.
Ein Beispiel dafür, dass „technologische Souveränität kein Wunschtraum mehr ist, sondern dass sie ein Anspruch ist, den wir in die Wirklichkeit umsetzen“, sei der Supercomputer Jupiter. Vor wenigen Wochen im nordrhein-westfälischen Jülich in Betrieb genommen, habe er die Rechenleistung von einer Million Smartphones.
Grüne: Entbürokratisierung statt Förderdschungel
Ayse Asar (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass es bislang an Klarheit fehle, wer bei der Hightech-Agenda mitentscheiden dürfe. Statt „gemeinsamer Verantwortung erleben wir Zuständigkeits-Pingpong“ zwischen den Ministerien, mahnte sie. Die bisherige Inszenierung der Hightech-Agenda sei perfekt gewesen, doch es müssten nun auch Maßnahmen folgen.
Wenn technologische Souveränität mehr sein soll als nur ein gut klingendes Schlagwort, dann müsse gemeinsam gehandelt werden. Statt „Förderdschungel“ muss Deutschland laut Asar anfangen, Abläufe zu entbürokratisieren.
Linke: Es braucht ehrliche Kosten- und Nutzenrechnung
Bei allen Aspekten der Hightech-Agenda fehle es an einer „ehrlichen Kosten- und Nutzenrechnung für die Gesellschaft“, die auch sozialökologische Kosten in den Blick nehme, sagte die Linken-Abgeordnete Sonja Lemke. Als Beispiel bezog sie sich auf die Schlüsseltechnologie Künstliche Intelligenz: Zum einen würden die benötigten Rechenzentren Unmengen an Energie verbrauchen, zum anderen würde der Datenschutz von der Bundesregierung vernachlässigt. „Wenn Daten einmal in der KI sind, kann man sie dort nicht mehr herausholen“, sagte sie.
Da KI-Systeme gesellschaftliche Vorurteile reproduzieren, muss die Bundesregierung laut Lemke benachteiligte Gruppen hier besonders schützen. Auch die Auswirkungen auf Arbeitskräfte im globalen Süden, deren Aufgabe es ist, die für die KI-genutzten Daten zu sichten, müssten bei der Hightech-Agenda eine Rolle spielen. „Faire Arbeitsbedingungen entlang der gesamten Lieferkette“ sollten auch für Technologien wie KI gelten.
Außerdem mahnte Lemke an, dass das Forschungsministerium sich nicht nur mit der Hightech-Agenda befassen dürfe. Sanierungsbedürftige Gebäude, unzureichende BAföG-Regelungen, prekäre Arbeitsbedingungen in der Forschung und eine nicht ausreichende Grundfinanzierung für Universitäten: Es gebe auch außerhalb des Prestige-Projekts genug zu tun.
Union: Mehr Zukunftsoptimismus in diesem Land
Statt ständig nur die Risiken neuer Technologien zu benennen, müssten Gesellschaft und Politik mehr über die Chancen sprechen, sagte Ronja Kemmer (CDU/CSU). Deutschland sei im globalen Wettlauf oftmals zu zögerlich. Mittlerweile sei die Bundesrepublik eher „das Land der Genehmigungen, der Prüfverfahren und der Warteschleife“, sagte sie.
Um jedoch technologische Souveränität zu erlangen sowie Wohlstand und Freiheit zu sichern, müsste das Land wieder zur „Spitzengruppe der Innovatoren“ gehören. Auch brauche es „wieder mehr Zukunftsoptimismus in diesem Land“.
Sechs Schlüsseltechnologien
Ein besonderer Fokus der Agenda liegt laut Unterrichtung auf den sechs Schlüsseltechnologien Künstliche Intelligenz, Quantentechnologien, Mikroelektronik, Biotechnologie, Fusion und klimaneutrale Energieerzeugung sowie Technologien für die klimaneutrale Mobilität. Für jede dieser Schlüsseltechnologien sollen laut Hightech-Agenda sogenannte Flaggschiff-Initiativen mit konkreten Zeitplänen vorgelegt werden. Für 2025 sei unter anderem geplant, dass in Deutschland erstmals ein Forschungssatellit zur Quantenkommunikation in Betrieb geht.
Außerdem starten laut Bundesregierung „groß angelegte Förderinitiativen für KI-Modelle der nächsten Generation“ und es soll ein Aktionsplan für das Vorhaben Fusionskraftwerk in Deutschland erarbeitet werden.
Vorhaben in den sechs Schlüsseltechnologien
Durch eine Offensive im Bereich KI will die Bundesregierung die Arbeitsproduktivität erhöhen. Bis 2030 sollen zehn Prozent der Wirtschaftsleistung KI-basiert erwirtschaftet werden, heißt es in der Unterrichtung. Zudem müsse „die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von KI-Kapazitäten“ – beispielsweise Recheninfrastruktur, Software-Tools, Algorithmen und Datenökonomie – erhöht und der Zugang hierzu verbessert werden. Die Bundesregierung will unter anderem mindestens eine der europäischen AI Gigafactories nach Deutschland holen.
Bei der Quantentechnologie plant die Bundesregierung unter anderem, bis 2030 „mindestens zwei fehlerkorrigierte Quantencomputer auf europäischem Spitzenniveau“ zu realisieren, sowie den Kauf von Quantencomputern durch Forschungseinrichtungen zu unterstützen.
„Kompetenzzentrum Chip-Design“ geplant
Im Bereich Mikroelektronik solle bis 2026 ein „Kompetenzzentrum Chip-Design“ aufgebaut werden. Bereits jetzt sei Deutschland der größte Mikroelektronikstandort in der Europäischen Union. Um die technologische Abhängigkeit der Bundesrepublik zu verringern, ist die Ansiedlung neuer Fabriken zur Produktion von Chips, Ausrüstung und Vorprodukten ein wichtiges Vorhaben, heißt es in der Agenda. Außerdem unterstütze die Bundesregierung, dass neue Mikroelektronik-Technologien erstmals gewerblich genutzt werden.
Durch Förderungen im Bereich der Biotechnologie könne Deutschland in der Gesundheitsforschung zum Spitzenstandort werden. Die Bundesregierung unterstützt hierfür laut Unterrichtung unter anderem den Aufbau eines Translationszentrums für Gen- und Zelltherapie sowie den Ausbau von Genomsequenzierungskapazitäten. Außerdem sollen ab dem zweiten Quartal 2026 interdisziplinäre Projekte gefördert werden, die mithilfe von KI-Methoden Arzneimittel „bis zu 50 Prozent schneller und kostengünstiger zu den Menschen bringen“.
Neue Batteriekompetenzclustern für die Batterieforschung
Um beim Thema Fusionstechnologien führend zu werden, will die Bundesregierung unter anderem bis Ende 2025 den „Aktionsplan Fusion“ vorlegen, der den Weg zu einem deutschen Fusionskraftwerk ebnen soll. Ab 2026 sollen der Unterrichtung zufolge zudem neue Reallabore der Energiewende starten, um Energieinnovationen zu testen.
Für den Bereich klimaneutrale Mobilität plant die Bundesregierung ab 2026 mit neuen Batteriekompetenzclustern die bestehende Batterieforschung zu stärken. Auch im Bereich der Luft- und Schifffahrt sind laut Hightech-Agenda Förderprogramme und Investitionen geplant. (des/hau/13.11.2025)