Der Bundestag hat am Donnerstag, 6. Juli 2023, zwei Gesetzentwürfe von fraktionsübergreifenden Gruppen über eine Neuregelung der Suizidhilfe mehrheitlich zurückgewiesen. Einen gemeinsamen Antrag beider Gruppen mit dem Titel „Suizidprävention stärken“ (20/7630) nahm das Parlament hingegen mit 692 Ja-Stimmen bei einer Nein-Stimme und vier Enthaltungen an.
Keine Mehrheit für Initiativen zur Sterbehilfe
Die beiden Gesetzesinitiativen hatten am Mittwoch, 5. Juli, den federführenden Rechtsausschuss passiert. Zwei der ursprünglich drei eingebrachten Entwürfe (20/2332, 20/2293) legte der Ausschuss auf Antrag der beiden Gruppen zusammen (20/7624). Der dritte Entwurf (20/904) passierte das Gremium in geänderter Fassung. Beide Entwürfe einte, dass mit ihnen Voraussetzungen geschaffen werden sollten, unter denen Suizidwillige Zugang zu tödlich wirkenden Medikamenten erhalten können. Dazu waren unter anderem Änderungen im Betäubungsmittelgesetz vorgesehen. Beide Entwürfe sahen zudem eine Regulierung der Werbung für Hilfe zur Selbsttötung im Heilmittelwerbegesetz sowie jeweils eine Evaluierung vor.
Der Entwurf (20/904) der Gruppe unter anderem um die Abgeordneten Dr. Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling und Stephan Pilsinger (beide CDU/CSU), Dr. Kirsten Kappert-Gonther und Dr. Konstantin von Notz (beide Bündnis 90/Die Grünen), Petra Pau und Kathrin Vogler (beide Die Linke) sowie Benjamin Strasser (FDP) strebte eine Regelung im Strafgesetzbuch an, die geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe stellt – und Ausnahmen normiert, unter denen Förderungshandlungen nicht rechtswidrig sind. In der namentlichen Abstimmung im Parlament sprachen sich 363 Abgeordnete gegen den Entwurf aus. 303 Parlamentarier votierten für ihn, 23 enthielten sich der Stimme.
Der zusammengelegte Entwurf der Gruppen unter anderem um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr und Otto Fricke (beide FDP), Dr. Petra Sitte (Die Linke), Helge Lindh (SPD) und Dr. Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen) sowie die Abgeordneten Renate Künast, Dr. Nina Scheer, Katja Keul, Canan Bayram, Lukas Benner und Matthias Gastel (alle Bündnis 90/Die Grünen) sowie Dr. Edgar Franke und Dirk Heidenblut (beide SPD) sah im Kern ein neues Suizidhilfegesetz vor. Darin sollte das Recht auf Hilfe zur Selbsttötung und auf Unterstützung von suizidwilligen Personen normiert werden. Die Länder sollten dafür Sorge tragen, staatlich anerkannte Beratungsstellen einzurichten. Im Parlament fand auch dieser Entwurf keine Mehrheit: 375 Abgeordnete votierten gegen die Vorlage, 286 Parlamentarier stimmten dafür, es gab 20 Enthaltungen.
Wesentliche Unterschiede der Entwürfe betrafen die Form und den zu involvierenden Personenkreis der notwendigen Untersuchungen beziehungsweise Beratung als Voraussetzung für die Verschreibung eines tödlich wirkenden Medikaments sowie Warte- und Höchstfristen für Untersuchungs- und Beratungstermine sowie die Verschreibung des Medikaments. Beide Entwürfe sahen unter bestimmten Voraussetzungen Härtefallregelungen vor.
„Entscheidung des BVerfG bereitet vielen Kopfzerbrechen“
Für den Entwurf der Gruppe um Lars Castellucci sprachen sich unter anderem die Initianten Dr. Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU/CSU) und Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) aus. Castellucci betonte, dass Verfassungsgericht habe festgestellt, dass es zur Selbstbestimmung gehöre, über das eigene Ende entscheiden zu können. „Das müssen wir achten“, sagte der Abgeordnete. Das Gericht habe auch klar gemacht, dass diese Selbstbestimmung nicht vorausgesetzt werden könne, es müsse festgestellt werden, dass es wirklich eine freie Entscheidung sei. Castellucci unterstrich, dass eine strafrechtliche Lösung notwendig sei. „Ein Schutzkonzept, das keine Konsequenzen hat, wenn man es verletzt, ist kein Schutzkonzept“. Am Entwurf der Gruppen um Helling-Plahr und Künast kritisierte Castellucci, dass nur eine Beratung vorgesehen sei. So könne man die Dauerhaftigkeit von Suizidwünschen nicht feststellen, das verletze die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.
Heveling ging ebenfalls auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ein. „Diese sehr weitgehende Entscheidung bereitet vielen – und ich nehme mich da nicht aus – Kopfzerbrechen.“ Assistierter Suizid sei nicht nur eine Frage, die den Einzelnen betrifft, sondern mache auch etwas mit anderen, sagte der Abgeordnete. Deshalb sei ihm klar geworden, es brauche erneut eine gesetzliche Regelung. Der Schutz der Selbstbestimmung könne nur mit dem Strafrecht effektiv gewährleistet werden. Auch in anderen europäischen Ländern – Heveling nannte die Schweiz und die Niederlande – würden Grenzen der Suizidhilfen im Strafrecht gesetzt. Der Entwurf der Gruppe stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes, sagte Heveling.
Kappert-Gonther betonte die Bedeutung der Entscheidung des Bundestages. „Diese wird nicht nur individuell bedeutsam sein, sondern vor allem darüber entscheiden, wie wir künftig als Gesellschaft mit Menschen in Krisen und Grenzsituationen umgehen“, sagte die Abgeordnete. Aktuell finde Suizidassistenz ohne klare Regeln statt, immer häufiger auch in Pflegeheimen. Gerade für vulnerable Menschen, „die einsam, arm und in existenziellen Krisen sind, Menschen, die keine adäquate Pflege finden, oder die psychisch krank sind“, brauche es ein Schutzkonzept. Um ihre Autonomie zu sichern, müssten sie vor Drucksituationen geschützt werden. „Das ist auch eine Frage sozialer Gerechtigkeit“, sagte Kappert-Gonther.
„Strafrecht ist keine Antwort“
Unter anderem Katrin Helling-Plahr (FDP), Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Petra Sitte (Die Linke) sprachen sich für den von ihren jeweiligen Gruppen zusammengelegten Entwurf aus. „Das Ergebnis steht heute zur Abstimmung: Es lässt niemanden alleine“, sagte Helling-Plahr. Sie führte aus, dass trotz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts von 2017 Suizidwilligen der Zugang zu tödlich wirkenden Menschen verwehrt bleibe. Die Menschen werden mit „ihren Schmerzen, ihrer Angst und dem Wunsch, gehen zu dürfen“, allein gelassen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts werde eine rechtssichere Lösung benötigt, bei der niemand bezweifle, dass sie vor dem Gericht bestand habe. Sie warb für das Beratungskonzept in dem von den beiden Gruppen zusammengelegten Entwurf. Es sei ein Auffangnetz „ohne Bevormundung“, sagte Helling-Plahr.
Künast kritisierte, dass die Gruppe um Lars Castellucci erneute eine Regelung im Strafgesetzbuch vorsieht. Das helfe weder den Betroffenen noch Ärztinnen und Ärzten. Betroffene könnten Angst haben, jemanden, den sie um Hilfe fragen, in den Bereich der Strafbarkeit zu bringen. Die Regelung könnte erneut in Karlsruhe landen, warnte Künast. „Wir müssen eine breite Tür für Beratung haben, weil das Selbstbestimmung ermöglicht, aber auch Lebensschutz. Nur das ist der Weg, bei dem wir niemanden alleine lassen“, warb Künast für den Entwurf der beiden Gruppen.
Petra Sitte betonte ebenfalls, dass das Strafrecht keine Antwort sei. Die Gerichte würden sich erneut damit befassen, jahrlange Unsicherheit würde folgen und erneut die Gefahr bestehen, wie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, in eine regelungsfreie Zeit zu fallen. Sie kritisierte es als „unhaltbare Unterstellung“, der zusammengelegte Entwurf der beiden Gruppen würde Suizidhilfe fördern wollen, es geh vielmehr darum, Suizidhilfe nicht zu kriminalisieren.
Kritik an beiden Entwürfen
Abgeordnete aus der AfD-Fraktion waren an der Ausarbeitung der Entwürfe und des Antrages nicht beteiligt. Diesen Umstand kritisierte der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz scharf. Er wies darauf hin, dass auch in der Fraktion keine einhellige Auffassung zu dem Thema vertreten werde.
Er sprach sich gegen beide Entwürfe aus, der Entwurf der Castellucci-Gruppe entspreche nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, dem Helling-Plahr/Künast mangle es an einem ausreichenden Schutzkonzept. Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch sprach sich gegen den assistierten Suizid im Allgemeinen aus. „Anfang und Ende des Lebens liegen allein in Gottes Hand – daran glaube ich“, so von Storch.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Hintergrund der eingebrachten Gesetzentwürfe zu einer Reform der Sterbehilfe war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 (2 BvR 2347/15). Das Gericht hatte das 2015 beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt und betont, dass die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, – als Ausdruck des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben – auch die Freiheit umfasse, „hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“.
Entwurf der Gruppe Castellucci et al.
Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf nahm der Ausschuss auf Antrag der Gruppe Castellucci einige Änderungen an dem Entwurf an. Unter anderem sollte durch Ergänzungen im Elften Sozialgesetzbuch sowie im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz sichergestellt werden, dass „Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens grundsätzlich nicht verpflichtet sind, an einer Selbsttötung mitzuwirken oder die Durchführung von Förderungshandlungen zur Selbsttötung in ihren Räumlichkeiten zu dulden“, wie es in dem Änderungsantrag heißt. Entsprechende Forderungen hatten Vertreter aus der Hospizbewegung in der Sachverständigenanhörung geäußert. Gestrichen wurde das ursprünglich im Strafgesetzbuch vorgesehene Werbeverbot für die Hilfe zur Selbsttötung.
Grundsätzlich sah der Entwurf einen neuen Paragrafen 217 Strafgesetzbuch vor, nach dem die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. Nicht rechtswidrig ist die Förderungshandlung demnach, wenn der volljährige und einsichtsfähige Suizidwillige mindestens zwei Untersuchungstermine sowie mindestens ein Beratungsgespräch absolviert hat.
Ziel der Untersuchung
Die Untersuchung hat demnach zum Ziel, festzustellen, dass „keine die autonome Entscheidungsfindung beeinträchtigende psychische Erkrankung vorliegt und nach fachlicher Überzeugung das Sterbeverlangen freiwilliger, ernsthafter und dauerhafter Natur ist“. Dafür sollten in der Regel mindestens zwei Termine mit einem Mindestabstand von drei Monaten vorausgesetzt werden. Die Untersuchung sollte von einer Fachärztin beziehungsweise einem Facharzt der Fachrichtungen Psychiatrie oder Psychotherapie oder einer Person mit psychotherapeutischer Qualifikation, die jeweils nicht an der Selbsttötung beteiligt sind, vorgenommen werden. Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf wurde mit dem Änderungsantrag der Kreis um Psychotherapeuten beziehungsweise Psychotherapeutinnen erweitert.
Die untersuchende Person sollte laut Entwurf auch Maßgaben für mindestens ein „individuell angepasstes, umfassendes und ergebnisoffenes Beratungsgespräch“ entwickeln. Dieses Beratungsgespräch „mit einem multiprofessionellen und interdisziplinären Ansatz bei einem weiteren Arzt oder einer weiteren Ärztin, einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin, einer psychosozialen Beratungsstelle, einer Suchtberatung oder einer Schuldenberatung“ sollte vor der abschließenden Untersuchung stattfinden. Das Gespräch sollte laut Entwurf unter anderem eine „Aufklärung über den mentalen und physischen Zustand“, „Möglichkeiten der medizinischen Behandlung und Alternativen zur Selbsttötung“ sowie „mögliche psychologische und physische Auswirkungen eines fehlgeschlagenen Selbsttötungsversuchs sowie soziale Folgen einer durchgeführten Selbsttötung“ umfassen.
Wartefrist von zwei Wochen
Nach Abschluss der Untersuchungs- und Beratungsphase sollte laut Entwurf vor der Selbsttötung eine Wartefrist von zwei Wochen eingehalten werden. Die Selbsttötung muss laut Entwurf innerhalb von zwei Monaten „nach der letzten psychiatrischen oder psychotherapeutischen Untersuchung“ erfolgen. Die Möglichkeit zur Verschreibung tödlich wirkender Medikamente soll Ärztinnen und Ärzten über eine Änderung im Betäubungsmittelgesetz eingeräumt werden.
Der Entwurf sah Ausnahmen von den mindestens zwei Untersuchungen für den Fall vor, dass die untersuchende Person zu dem Schluss kommt, dass dies für die suizidwillige Person „nicht zumutbar“ ist, „insbesondere bei Vorliegen einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, und von einer weiteren Untersuchung offensichtlich keine weitere Erkenntnis zur Freiwilligkeit, Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Sterbeverlangens zu erwarten ist“. In diesem Fall sollte ein Untersuchungstermin ausreichen.
Zusammengelegter Entwurf der Gruppen Helling-Plahr et al. und Künast et al.
Der Entwurf der Gruppe Helling-Plahr/Künast sah als Kern ein neues „Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung“ (Suzidhilfegesetz) vor. Danach sollte mit diesem Gesetz normiert werden, dass „jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben eigenhändig beenden möchte“, das Recht hat, „hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Zudem soll auch das „Recht auf Hilfeleistung“ festgeschrieben werden. Die Verschreibung eines tödlich wirkenden Medikaments durch einen Arzt oder eine Ärztin setzt laut Entwurf grundsätzlich eine Beratung voraus. Zudem war eine Härtefallregelung vorgesehen und eine Regelung, die eine Abgabe ohne Verschreibung durch einen Arzt oder eine Ärztin vorsieht.
Eine Pflicht zur Hilfe zur Selbsttötung sollte laut Entwurf ausgeschlossen werden, ebenso soll es nicht möglich sein, einer Person „aufgrund ihrer Berufszugehörigkeit“ die Mitwirkung beziehungsweise die Nicht-Mitwirkung an der Hilfe zur Selbsttötung zu untersagen.
Laut Entwurf sollte das Gesetz „eine autonome und vollinformierte Entscheidungsfindung suizidwilliger Personen sicherstellen“. Wesentlich zur Feststellung des autonom gebildeten, freien Willens ist demnach eine Beratung.
Ergebnisoffene Beratungsgespräche
Laut Entwurf sollte ein Recht, „sich zu Fragen der Hilfe zur Selbsttötung beraten zu lassen“, festgeschrieben werden. Die Beratung ist demnach „ergebnisoffen zu führen, darf nicht bevormunden und muss vom Grundwert jedes Menschenlebens ausgehen“. In der Beratung sollten „die für eine Entscheidung für oder gegen eine Selbsttötung erheblichen Gesichtspunkte“ vermittelt werden, unter anderem „die Bedeutung und die Tragweite der Selbsttötung“, Handlungsalternativen sowie „die Folgen einer Selbsttötung und eines fehlgeschlagenen Selbsttötungsversuches auch für das nähere persönliche und familiäre Umfeld“. Zu der Beratung könnten demnach im Einvernehmen weitere Personen, beispielsweise Ärztinnen oder Psychologen, hinzugezogen werden. Keine Beratung sollte laut Entwurf von einer Person vorgenommen werden dürfen, „die an einer späteren Hilfe zur Selbsttötung beteiligt ist“.
Der Entwurf sah vor, dass die Länder für ein ausreichendes Angebot an Beratungsstellen Sorge zu tragen haben. Beratungsstellen bedürfen demnach einer staatlichen Anerkennung, auch freie Träger und Ärztinnen und Ärzte sollten anerkennungsfähig sein. Zu den Anerkennungsvoraussetzungen soll unter anderem zählen, dass die Beratungsstelle über „hinreichend persönlich und fachlich qualifiziertes und der Zahl nach ausreichendes Personal verfügt“. Ferner soll eine Beratungsstelle „mit keiner Einrichtung, in der Hilfe zur Selbsttötung geleistet wird, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden“ sein, „dass hiernach ein materielles Interesse der Beratungseinrichtung an der Durchführung von Hilfe zur Selbsttötung nicht auszuschließen ist“. Für einen Übergangszeitraum – längsten bis zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes – sollte jeder Arzt oder Ärztin eine Beratung ohne Anerkennung vornehmen dürfen.
Beratung in einer anerkannten Beratungsstelle
Die Verschreibung eines tödlich wirkenden Medikaments durch einen Arzt oder eine Ärztin setzt laut Entwurf eine Beratung in einer anerkannten Beratungsstelle voraus, zudem soll der verschreibende Arzt oder die Ärztin verpflichtet sein, „die suizidwillige Person mündlich und in verständlicher Form über sämtliche für die Selbsttötung wesentlichen medizinischen Umstände aufzuklären“. Bei erkrankten suizidwilligen Personen ist zudem „auch auf Behandlungsmöglichkeiten und Möglichkeiten der Palliativmedizin hinzuweisen“. Die Verschreibung sollte dann möglich sein, wenn die suizidwillige Person sich höchsten zwölf Wochen und mindestens drei Wochen vorher hat beraten lassen.
Der Entwurf sah zudem eine Härtefallregelung vor, die Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, auf die Vorlage einer Beratungsbescheinigung in besonderen Härtefällen zu verzichten. Diese Einschätzung sollte laut Entwurf von einer weiteren Ärztin oder Arzt bestätigt werden müssen.
Zudem sah der Entwurf vor, dass in Ausnahmefällen auch eine nach Landesrecht zuständig Stelle einer suizidwilligen Person „eine einer ärztlichen Verschreibung gleichstehende Erlaubnis zum Erwerb eines Arznei- oder Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung“ erteilen muss, wenn die Voraussetzungen für die ärztliche Verschreibung vorliegen und die suizidwillige Person glaubhaft macht, dass eine ärztliche Verschreibung „nicht in zumutbarer Weise zu erlangen ist“.
In einem Nebenaspekt sah der Entwurf eine strafrechtliche Regelung vor. Die strafbare Verletzung von Privatgeheimnissen (Paragraf 203 Strafgesetzbuch) sollte auch im Kontext der im Entwurf vorgesehen Beratungsstellen einschlägig sein. (scr/06.07.2023)