Cannabisgesetz (GesEntwurf BReg)
Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz - CanG) (Drucksachen 20/8704, 20/8763 und 20/10426)
Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz - CanG) (Drucksachen 20/8704, 20/8763 und 20/10426)
Nach langer politischer Auseinandersetzung hat der Bundestag am Freitag, 23. Februar 2024, den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zum kontrollierten Umgang mit Cannabis“ (20/8704, 20/8763) gebilligt. Mit dem Gesetz soll Erwachsenen künftig der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis für den Eigenkonsum im privaten Raum erlaubt werden. Im öffentlichen Raum soll die Höchstgrenze bei 25 Gramm liegen. In namentlicher Abstimmung votierten 404 Abgeordnete für das Gesetz, 226 stimmten dagegen und vier enthielten sich ihrer Stimme.
Zur Abstimmung hatten der Gesundheitsausschuss eine Beschlussempfehlung (20/10426) und der Haushaltsausschuss einen Bericht nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung (20/10427) vorgelegt. Der Gesundheitsausschuss hatte in einer teils turbulenten und emotionalen Sitzung am Mittwoch, 21. Februar, noch einige Änderungen am Ursprungsentwurf beschlossen.
Anträge der CDU/CSU (20/8735) und der AfD (20/8869), die beide den Stopp der geplanten Legalisierung forderten, fanden beide keine Mehrheit. Gegen den Antrag der AfD stimmten alle übrigen Fraktionen des Hauses, für den Antrag der Union stimmte auch die AfD. Auch zu diesen Vorlagen hatte der Gesundheitsausschuss Beschlussempfehlungen abgegeben (20/10426).
Das Gesetz sieht den legalen Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene vor. Ermöglicht wird nun der private Eigenanbau, der gemeinschaftliche nichtgewerbliche Eigenanbau und die kontrollierte Weitergabe von Cannabis durch Anbauvereinigungen. Mit dem Gesetz werde ein verantwortungsvoller Umgang mit Cannabis erleichtert, heißt es in der Begründung der Bundesregierung.
Das Gesetz zielt den Angaben zufolge darauf ab, zu einem verbesserten Gesundheitsschutz beizutragen, Aufklärung und Prävention zu stärken, den illegalen Markt für Cannabis einzudämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz zu verbessern. Die aktuelle Entwicklung zeige, dass der Konsum von Cannabis trotz der bestehenden Verbotsregelungen weiter ansteige. Das vom Schwarzmarkt bezogene Cannabis sei oft mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden, da der Gehalt des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) unbekannt sei und giftige Beimengungen, Verunreinigungen sowie synthetische Cannabinoide enthalten sein könnten.
Künftig möglich sein soll zudem der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum. Privat angebautes Cannabis muss jedoch vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt werden. Außerdem dürfen nichtgewerbliche Anbauvereinigungen Cannabis künftig anbauen und an ihre Mitglieder zum Eigenkonsum weitergeben.
Dafür gelten strenge Vorschriften. So werden für die Anbauvereinigungen maximal 500 Mitglieder zugelassen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben müssen. Zulässig ist nur die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung. In den Anbauvereinigungen darf Cannabis nur in begrenztem Umfang an Mitglieder weitergegeben werden, wobei die Mitgliedschaft und das Alter zu überprüfen sind.
An Mitglieder weitergegeben werden dürfen maximal 25 Gramm pro Tag oder 50 Gramm pro Monat. Die Ausgabe von Cannabis an Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren ist auf 30 Gramm pro Monat mit einer Begrenzung des THC-Gehalts auf zehn Prozent zulässig. Konsumcannabis darf als Haschisch oder Marihuana nur in kontrollierter Qualität und in Reinform weitergegeben werden. In einer Schutzzone von 100 Metern um Anbauvereinigungen sowie Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen und öffentlich zugängliche Sportstätten wird der Konsum von Cannabis verboten.
Um vor allem Kinder und Jugendliche vor der Droge zu schützen, gilt ein allgemeines Werbe- und Sponsoringverbot für Konsumcannabis und Anbauvereinigungen. Geplant ist außerdem eine Stärkung der Prävention durch eine Aufklärungskampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) über die Wirkung und Risiken von Cannabis. Die Novelle soll nach vier Jahren auf ihre gesellschaftlichen Auswirkungen hin evaluiert werden. Es bleibt bei der Verschreibungspflicht für Medizinalcannabis.
Geplant ist ein gestuftes Inkrafttreten der Reform. So soll das Gesetz insgesamt am 1. April 2024 in Kraft treten. Die Vorschriften für den gemeinschaftlichen Eigenanbau in den sogenannten Anbauvereinigungen soll jedoch am 1. Juli 2024 in Kraft treten.
In einer Stellungnahme hatte zuvor der Bundesrat seine Befürchtung vor hohen finanziellen Folgebelastungen der Länder durch Kontroll- und Vollzugs- sowie Präventions- und Interventionsaufgaben zum Ausdruck gebracht (20/8704). Als Beispiel angeführt wurde die Kontrolle der Anbauvereinigungen. Der Bundesrat bezweifelte auch die wirksame Kontrolle des zulässigen Höchstwertes von THC (Tetrahydrocannabinol) und hält neue, hochpotente Cannabis-Sorten für möglich.
Die praktische Umsetzung der geplanten Jugendschutzzonen im öffentlichen Raum und Schutzvorkehrungen im privaten Raum war nach Einschätzung der Länderkammer ebenfalls kritisch zu hinterfragen. Hier deute sich ein strukturelles Vollzugsdefizit an. Schließlich wies der Bundesrat auf die Notwendigkeit hin, zulässige Grenzwerte für THC im Straßenverkehr festzulegen.
Die Bundesregierung teilte die Bedenken des Bundesrates zum Vollzugsaufwand nicht, wie aus der entsprechenden Unterrichtung (20/8763) hervorgeht. So sei voraussichtlich erst nach fünf Jahren die geschätzte Gesamtzahl von 3.000 Anbauvereinigungen erreicht. Die Länder könnten die Personal- und Sachmittelkapazitäten sukzessive anpassen. Zudem erwartet der Bund mit der Entkriminalisierung hohe Einsparungen der Länder durch weniger Strafanzeigen und weniger Strafverfahren. Die eingesparten Mittel könnten für die Überwachung der Anbauvereinigungen sowie für die Suchtprävention eingesetzt werden.
Aufklärung und Prävention sowie gesetzliche Vorgaben für die Anbauvereinigungen trügen zu einem umfassenden Gesundheits- und Jugendschutz bei, heißt es in der Unterrichtung weiter. Was den zulässigen THC-Wert im Straßenverkehr betrifft, habe eine interdisziplinäre Expertengruppe des Bundesverkehrsministeriums das Ziel, Grenzwerte zu ermitteln. Nach Auffassung der Bundesregierung sei der THC-Grenzwert so zu bemessen, dass die Straßenverkehrssicherheit ausreichend gewahrt bleibe.
Die Unionsfraktion forderte, die geplante Cannabislegalisierung zu stoppen und die Bevölkerung über die Risiken der Droge aufzuklären. Der Entwurf des Cannabisgesetzes, der im August 2023 vom Kabinett beschlossen wurde, sei unverantwortlich und führe in die falsche Richtung, hieß es in dem Antrag (20/8735) der Fraktion. Insbesondere junge Menschen bis 25 Jahre seien durch den Konsum von Cannabis gefährdet, da bei ihnen die Entwicklung des Gehirns noch nicht abgeschlossen ist. Die klinische Forschung belege ungünstige Einflüsse intensiven Cannabiskonsums auf Gedächtnis-, Lern- und Erinnerungsleistungen, Aufmerksamkeit, Problemlösen, Denkleistung und Intelligenz. Bei vulnerablen Personen bestehe ferner ein dosisabhängiger Zusammenhang mit depressiven Störungen, Suizidalität, bipolaren Störungen, Angsterkrankungen sowie zusätzlichem Missbrauch von Alkohol und illegalen Drogen. Cannabiskonsum könne bei vulnerablen Personen Psychosen auslösen und den Verlauf schizophrener Psychosen verschlechtern.
Eine Legalisierung von privatem Anbau, Besitz und Konsum für alle Erwachsenen werde zu einer Ausweitung des Cannabiskonsums führen. Auch eine Entlastung der Justiz oder ein Zurückdrängen des Schwarzmarktes werde mit dem Gesetz nicht erreicht. Zu erwarten sei ein immenser Vollzugs- und Überwachungsaufwand. Vorgaben für den privaten Eigenanbau oder die Einhaltung von Konsumverbotszonen dürften kaum kontrollierbar sein. Die Abgeordneten forderten, das Vorhaben zur Legalisierung von Cannabis zu beenden. Dafür sollte eine geeignete Institution, wie etwa die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, mit einer langfristig angelegten Präventionskampagne beauftragt werden, um auf die Risiken beim Konsum von Cannabis aufmerksam zu machen. Ferner sollte die Forschung intensiviert werden, die sich mit den gesundheitlichen Folgen von nichtmedizinischem Cannabisgebrauch befasst. Unterstützt werden sollte zudem die Erforschung des medizinischen Nutzens und der Nebenwirkungen von Cannabisarzneimitteln.
Die geplante Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken sollte nach Ansicht der AfD-Fraktion aufgegeben werden. Zugleich sollte für das Medizinalcannabis eine wissenschaftliche Nutzenbewertung eingeleitet werden, hieß es in dem Antrag der Fraktion (20/8869). Bei der geplanten Legalisierung von Cannabis werde die Gefahr, die für Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren ausgehe, unterschätzt. Die Adoleszenz stelle eine entscheidende Phase in der Entwicklung des Gehirns dar. Untersuchungen deuteten darauf hin, dass sich der Konsum von Cannabis nachteilig auf die Reifung von Nervenzellen und Nervenverbindungen auswirken könne.
Insbesondere bei regelmäßigem Cannabiskonsum in der Jugend bestehe das Risiko einer Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten bis hin zu einem erhöhten Risiko für Depressionen oder Suizidgedanken. Medizinalcannabis genieße in der Bevölkerung einen guten Ruf, es sei aber kein Wundermittel. Ein Verfahren nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) würde das Medizinalcannabis entmystifizieren, indem es ergebnisoffen Nutzen sowie Risiken objektiviere und den Erstattungspreis senke. Die Abgeordneten forderten in ihrem Antrag, die Pläne zur Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken vollständig aufzugeben und Medizinalcannabis dem AMNOG-Verfahren zur Nutzenbewertung und Preisfindung von Arzneimitteln zu unterziehen. (pk/ste/23.02.2024)