13.10.2021 | Parlament

Rede von Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble vor dem Großen Zapfenstreich - Kurze Begrüßungsworte zum Empfang

[Es gilt das gesprochene Wort.]

Anrede
meine Damen und Herren,
ich begrüße Sie herzlich zu diesem Empfang vor dem Großen Zapfenstreich, mit dem wir gleich öffentlich den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan würdigen. 

Liebe Soldatinnen und Soldaten, 
Sie sind „die Bundeswehr“ – Ihnen gilt unser Respekt und unsere Anerkennung. Der Bundespräsident hat das heute Nachmittag in seiner Ansprache zum Ausdruck gebracht. Auch im Namen des Deutschen Bundestages und ganz persönlich danke ich Ihnen für Ihre Einsatzbereitschaft und Ihren Leistungswillen. 
Wir, die Abgeordneten, die Sie in diesen Einsatz geschickt haben, haben gelernt: Der von uns erteilte Auftrag konnte nicht so erfüllt werden, wie wir es erhofft hatten. An Ihnen lag das nicht. Auch das Parlament muss die Gründe dafür suchen und benennen. Und es muss Schlüsse daraus ziehen. Das ist unsere Verantwortung, das sind wir Ihnen schuldig, den Veteranen, den Gefallenen, den im Einsatz Verstorbenen und ihren Familien und den Kameraden, die versehrt zurückgekehrt sind. 

Mit dem Großen Zapfenstreich treten wir gleich in eine der wenigen militärischen Zeremonien ein, die unsere Demokratie aus einem jahrhundertealten Bestand von militärischen Traditionen übernommen hat. Aus gutem Grund pflegt die Bundesrepublik Deutschland das Pathos der Nüchternheit. Mit diesen Worten beschrieb Bundespräsident Theodor Heuss einst die Zurückhaltung unseres Staates gegenüber Ritualen. Aber einige braucht es doch: den Großen Zapfenstreich – als zeremoniellen Akt zur öffentlichen Ehrung Ihres Dienstes, Ihrer Professionalität und Ihrer Kameradschaft. Und es braucht ein würdiges Gedenken an die Gefallenen.

Dieser Empfang ist gerade kein Zeremoniell – sondern die Einladung zum Austausch zwischen Ihnen, den Staatsbürgern in Uniform, und den Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Denn – das ist eine deutsche Besonderheit – wir stehen in einer speziellen Beziehung: Wir sind auch von Ihnen, den Angehörigen der Streitkräfte, gewählt. Und als gewählte Repräsentanten tragen wir eine besondere Verantwortung für Sie, da wir über Auslandseinsätze entscheiden. Wir sollten einander kennen, um diese Entscheidungen jeweils richtig treffen zu können.

Wir möchten Ihnen unsere Verbundenheit zeigen – jenseits aller politischen Meinungsverschiedenheiten, die auch um die Bundeswehr in den Debatten im Parlament ausgetragen werden. Das ist anders als in Ihrer Welt. Auch deshalb ist es nicht immer einfach, das Gespräch zwischen Truppe und Politik zu führen. Oft herrscht Sprachlosigkeit, die zivile Welt scheut sich bisweilen, die Leistung der Bundeswehr anzuerkennen. Vielen ist fremd, dass Sie sich dem Dienst an der Waffe, der ein Dienst für uns alle ist, verschrieben haben. Dass Sie notfalls bereit sind, von Ihrer Waffe Gebrauch zu machen und Ihr Leben riskieren. Soldat sein ist eben kein Beruf wie jeder andere. Sie haben mit dem Entschluss, Soldat zu werden, ein mutiges Versprechen gegeben. Dafür braucht es unsere Bereitschaft, uns stärker in die Lebenswelt der Streitkräfte zu begeben.

Über Ihre Erwartungen und Bedürfnisse sollten wir deshalb reden. Wir, die Gastgeber, sind neugierig auf Sie, unsere Gäste. Ich lade Sie herzlich ein zum Gespräch. Und als Gastgeber darf ich Ihnen versichern, dass wir es gern auch sonst mit Ihnen führen – jenseits von Ritual und Zeremonie.

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