Entwurf eines „Bundestagspolizeigesetzes“ vorgelegt
Berlin: (hib/STO) Die Koalitionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben den Entwurf eines „Gesetzes über die Polizei beim Deutschen Bundestag“ (20/14247) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Damit soll erstmalig eine gesetzliche Grundlage für die Polizei beim Deutschen Bundestag geschaffen werden.
Wie die beiden Fraktionen in der Vorlage ausführen, wird die Polizeigewalt der Präsidentin oder des Präsidenten des Parlaments im Gebäude des Bundestages durch Grundgesetz-Artikel 40 Absatz 2 Satz 1 („Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestages aus“) unmittelbar begründet. Eine gesetzliche Ausgestaltung der Polizeigewalt erscheine dennoch sinnvoll, vor allem, weil die unmittelbare verfassungsrechtliche Begründung durch die starke Fokussierung auf das Gebäude des Parlaments den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werde.
Darüber hinaus erleichtere eine gesetzliche Ausgestaltung der Polizeigewalt die Rechtsanwendung durch eine Erhöhung der Rechtsklarheit. Auch die Einhaltung europäischen Datenschutzrechtes erscheine bei einer gesetzlichen Ausgestaltung der Polizeigewalt der Präsidentin oder des Präsidenten des Bundestages leichter erfüllbar. Ebenso legten „die gebotene engere Zusammenarbeit der Polizeibehörden des Bundes und der Länder sowie die Anforderungen neuer Gefährdungen eine stärkere Ausdifferenzierung durch Gesetz nahe“.
Ziel der gesetzlichen Grundlage ist es den Koalitionsfraktionen zufolge, den gegenwärtigen Stand der Befugnisse auf einfachrechtliche Grundlage zu stellen und darüber hinaus „die Befugnisse der Polizei bezogen auf die örtliche Zuständigkeit maßvoll auszuweiten, indem die strikte Bindung an die Parlamentsgebäude gelockert wird“. Auf diese Weise solle die Arbeit der Polizei erleichtert und die Rechtsklarheit erhöht werden.
Mit dem Gesetzentwurf soll der Bereich der Gebäude des Parlaments im engeren Sinne auf alle Räumlichkeiten erweitert werden, „in denen der Bundestag, seine Organe und Gremien, die Bundesversammlung oder der Gemeinsame Ausschuss tagen, ohne dass es sich um ein Gebäude handelt, das der Verwaltung des Deutschen Bundestages unterliegt“. Dies soll auch für alle Orte gelten, die in einem „untrennbaren zeitlich-räumlichen Zusammenhang“ mit Sitzungen des Bundestages, seiner Organe und Gremien stehen. Ein solcher Zusammenhang ist laut Begründung in erster Linie bei Streifengängen rund um die Gebäude des Bundestages gegeben. Zudem soll sich der Begriff der Gebäude des Bundestages auch auf Orte erstrecken, an denen die Präsidentin oder der Präsident eine Veranstaltung durchführt.
Im Bereich der Gefahrenabwehr soll ein Tätigwerden der Polizei außerhalb des Gebäudes des Bundestages zulässig sein, um eine in diesem Gebäude drohende Gefahr abzuwehren. „So ist die Polizei beispielsweise auch dann örtlich zuständig, wenn sich ein Schütze außerhalb des Gebäudes des Bundestages befindet, der auf den Eingangsbereich oder die Kuppel des Reichstagsgebäudes schießt“, heißt es dazu in der Begründung. Gleiches gelte, „wenn etwa Informationserhebungseingriffe außerhalb der Gebäude des Bundestages erforderlich werden, um eine Gefahr in den Gebäuden des Bundestages abzuwehren“.
Geregelt werden in dem Gesetzentwurf auch Grundsätze der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Personen, die Zutritt zu den Gebäuden des Bundestages begehren. Auf Mitglieder des Bundestages, der Bundesregierung und des Bundesrates sowie deren Beauftragte sollen diese Regelungen keine Anwendung finden. „Mit der Zuverlässigkeitsüberprüfung und der damit verbundenen Datenerhebung und -verarbeitung soll eine Prognoseentscheidung der Polizei darüber ermöglicht werden, ob von einer den Zutritt begehrenden Person ein Risiko für die Funktions- oder Arbeitsfähigkeit des Deutschen Bundestags oder die Sicherheit ausgeht“, heißt es in der Begründung weiter. Die Freiheit des Mandats der Abgeordneten bleibe unberührt.
Bei Personen, die einen Hausausweis oder andere Zutrittsberechtigungen besitzen oder beantragen, die einen längeren Gültigkeitszeitraum haben und zum jederzeitigen Zutritt zu den Gebäuden des Bundestages und zu einem unbegleiteten Aufenthalt dort berechtigen, erfolgen den Angaben zufolge gegenwärtig Abfragen im Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei und im Informationssystem „Inpol“ sowie die Abfrage einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister. Geregelt werden soll mit dem Gesetzentwurf auch „das anlassbezogene Auskunftsersuchen von personenbezogenen Daten der Polizei beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder bei den Landesämtern für Verfassungsschutz zum Zwecke der Zuverlässigkeitsüberprüfung“.