29.01.2025 Recht — Ausschuss — hib 56/2025

Erhebliche Verbesserungen für SED-Opfer beschlossen

 

Berlin: (hib/SCR) Opfer des SED-Regimes sollen künftig verfolgungsbedingte Gesundheitsschäden leichter anerkennen lassen können. Zudem soll die sogenannte SED-Opferrente zum 1. Juli 2025 erhöht und ab dem Jahr 2026 dynamisiert werden. Außerdem wird ein bundesweiter Härtefallfonds für SED-Opfer eingerichtet. Den entsprechenden „Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR“ (20/12789) der Bundesregierung nahm der Rechtsausschuss am Mittwochmorgen in erheblich geänderter Fassung einstimmig an. Der Bundestag wird sich am Donnerstag abschließend mit dem geänderten Gesetzentwurf befassen.

 

Schon im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens und in der öffentlichen Anhörung zu dem Entwurf hatten die SED-Opferbeauftragte Evelyn Zupke sowie Opferverbände erhebliche Nachbesserungen an dem Regierungsentwurf gefordert. Die Fraktionen hatten in der ersten Lesung des Entwurfs weitere Änderungen in Aussicht gestellt.

 

Der Ausschuss beschloss insgesamt zwei Änderungsanträge zum Gesetzentwurf. Der erste von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachte Änderungsantrag sah neben Änderungen der Regelungen für SED-Opfer auch eine Anpassung der Grundbuchordnung vor. Der zweite Änderungsantrag von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen ergänzte den Entwurf um eine weitere sachfremde Änderung im Vierten Sozialgesetzbuch. Er sieht eine Übergangsregelung für die Versicherungspflicht von Lehrkräften in der Erwachsenenbildung und im Musikschulbereich vor.

 

Änderungen der Regelungen für SED-Opfer:

 

Neu eingeführt wird mit dem Änderungsantrag eine Vermutungsregelung für die Anerkennung verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden von SED-Opfern. Dies bedeutet, dass „beim Vorliegen bestimmter schädigender Ereignisse und bestimmter gesundheitlicher Schädigungen die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs vermutet wird“, wie es in dem Entwurf heißt. Im Regierungsentwurf hatte die Bundesregierung noch ausgeführt, dass für eine solche Regelung kein Bedarf bestehe, da die geltende Rechtslage ausreichend sei.

 

Wesentliche Änderungen betreffen auch die Höhe der SED-Opferrente. Sie soll nach dem geänderten Entwurf ab dem 1. Juli 2025 400 Euro statt 330 Euro betragen. Ab dem Jahr 2026 soll die Höhe der SED-Opferrente dann - wie im Regierungsentwurf vorgesehen - dynamisiert und an die Rentenentwicklung gekoppelt werden. Zudem soll die Gewährung der SED-Opferrente nicht mehr von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängig gemacht werden. Gleiches soll für die Unterstützungsleistungen nach Paragraf 18 StrRehaG gelten.

 

Zudem soll im StreRehaG ein sogenanntes Zweitantragsrecht eingeführt werden. „Dieses ermöglicht es Personen, deren Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung unter der Geltung einer früheren (für den Betroffenen ungünstigeren) Rechtslage rechtskräftig abgelehnt wurde, bei späteren gesetzlichen Änderungen im StrRehaG zugunsten des Betroffenen erneut einen Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung zu stellen“, heißt es in der Begründung.

 

Ähnliche Anpassungen wie bei der SED-Opferrente nahm der Ausschuss auch bei der Ausgleichsleistung für beruflich Verfolgte vor. Die Ausgleichsleistung soll demnach zum 1. Juli von 240 auf 291 Euro angehoben werden, ab dem Jahr 2026 ist ebenfalls eine Dynamisierung vorgesehen. Zudem soll die erforderliche Mindestverfolgungszeit als Voraussetzung für die Ausgleichsleistung um ein Jahr verkürzt werden. Zur Begründung heißt es, „dass Erwerbsbiografien auch durch kürzere Verfolgungszeiten nachhaltig beeinträchtigt worden sein können“.

 

Angepasst wird auch die neue Einmalzahlung für Opfer von Zwangsaussiedlungen. Sie soll 7.500 Euro betragen, im Regierungsentwurf waren 1.500 Euro vorgesehen. Außerdem ist nun vorgesehen, dass auch Opfer von Zersetzungsmaßnahmen außerhalb des Beitrittsgebietes eine Einmalzahlung in Höhe von 1.500 Euro erhalten können.

 

Weitere vom Ausschuss beschlossene Änderungen betreffen das neue Gesetz über die Stiftung für ehemalige politische Verfolgte. Die Stiftung soll Leistungen aus dem geplanten bundesweiten Härtefallfonds gewähren können. Unter anderem wird nun geregelt, dass die Stiftung auch Mittel von dritter Seite annehmen und für Unterstützungsleistungen verwenden darf. Hintergrund ist die von IKEA angekündigte Unterstützung in Höhe von sechs Millionen Euro für den Härtefallfonds.

 

Ebenfalls angepasst wurden die Regelungen zum Stiftungsrat. Ein Drittel, also vier Mitglieder des Rates, sollen künftig vom Bundestag gewählt werden. „Diese vier gewählten Mitglieder sollen - so wie die zwei von der oder dem Bundesbeauftragten für die Opfer der SED-Diktatur beim Deutschen Bundestag berufenen Mitglieder - möglichst Betroffene politischer Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone oder der Deutschen Demokratischen Republik sein, so dass im Idealfall möglichst die Hälfte der Mitglieder des Stiftungsrates Betroffene politischer Verfolgung sind“, heißt es dazu im Entwurf. Mit Verweis auf die Aufgaben des Stiftungsrates ist ferner nunmehr vorgesehen, die Aufsicht des Bundesministeriums der Justiz über die Stiftung auf die Rechtsaufsicht zu beschränken.

 

Änderungen in der Grundbuchordnung:

 

Gegenstand des Änderungsantrags von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP war darüber hinaus eine sachfremde Änderung der Grundbuchordnung. Sie betrifft die Befugnis, dem Entwickler eines Migrationsprogramms Grundbuchdaten zur Verfügung zu stellen. Die bisherige Regelung war bis zum 31. Dezember 2024 befristet. Die wortgleiche Neuregelung soll nun bis zum 31. Dezember 2029 gelten.

 

Änderungen im Vierten Sozialgesetzbuch:

 

Die Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch betrifft die Versicherungspflicht von Lehrkräften, insbesondere in der Erwachsenenbildung und an Musikschulen. Hintergrund ist das sogenannte Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Juni 2022 und die Prüfung des Erwerbsstatus von Lehrkräften. Vorgesehen ist, dass im Falle einer Prüfung durch einen Versicherungsträger, die eine Versicherungspflicht der Lehrkraft feststellt, die Versicherungspflicht erst ab 1. Januar 2027 gilt. Voraussetzung dafür ist, dass „die Vertragsparteien bei Vertragsschluss übereinstimmend von einer Selbstständigkeit ausgegangen sind“ und die betroffene Lehrkraft zustimmt. Mit der Regelung soll es laut Antrag ermöglicht werden, „für einen begrenzten Zeitraum von einer ansonsten zwingenden Nachforderung von Sozialbeiträgen abzusehen“ und „Bildungseinrichtungen und Lehrkräften ausreichend Zeit zu geben, um die notwendigen Umstellungen der Organisations- und Geschäftsmodelle vorzunehmen, damit Lehrtätigkeiten auch unter den veränderten Rahmenbedingungen weiterhin sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbständig ausgeübt werden können“.

 

Die hib-Meldung zum Regierungsentwurf: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1017206

 

Der Bericht zur Anhörung von „Das Parlament“: https://www.das-parlament.de/inland/recht/sed-opferbeauftragte-zupke-tadelt-regierungsplaene

 

Der Bericht zur ersten Lesung von „Das Parlament“: https://www.das-parlament.de/inland/recht/bundesweiter-haertefallfonds-fuer-sed-opfer-soll-kommen