Experten unterstützen angepasste Gesundheitsvorschriften
Berlin: (hib/PK) Die Anpassungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) werden von Gesundheitsexperten unterstützt. Die von der 77. Weltgesundheitsversammlung angenommenen Änderungen der IGV seien wichtig, um bei einer neuerlichen Gesundheitsnotlage schnell und angemessen reagieren zu können, erklärten Sachverständige bei einer Anhörung über den Gesetzentwurf (21/1508), mit dem die Bundesregierung die Voraussetzungen für die völkerrechtliche Bindung Deutschlands an die IGV schaffen will. Die Experten äußerten sich in der Anhörung des Gesundheitsausschusses am Montag und in schriftlichen Stellungnahmen.
Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) begrüßte den Ansatz, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ihre IGV-Regularien als zentrales, völkerrechtlich bindendes Instrument zur Bewältigung grenzüberschreitender Gesundheitsrisiken zu stärken. Ein wesentliches Element der Reform sei die Einführung einer neuen Alarmstufe, der sogenannten pandemischen Notlage. Diese Zwischenstufe ermögliche bereits vor einer Pandemie eine breite Reaktion.
Ganz ähnlich äußerte sich der Deutsche Caritasverband. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie relevant die Einführung des Begriffs „pandemische Notlage von nationaler Tragweite“ in das Infektionsschutzgesetz (IfSG) für eine erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie gewesen sei. Mit Blick auf autokratische Regierungen erklärte die Caritas weiter, das mit den neuen IGV-Vorschriften eingeführte Gebot für die WHO, andere Vertragsstaaten zu informieren, sofern ein Vertragsstaat, auf dessen Hoheitsgebiet die Gesundheitsgefahr bestehe, eine Zusammenarbeit ablehne, könne in seiner Auswirkung nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Pedro Villarreal von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) erinnerte daran, dass die geänderten IGV von einigen Staaten aus Prinzip abgelehnt würden, darunter die USA, Italien und Argentinien. Dies könne zu Lücken beim Informationsaustausch führen. Damit die WHO ihren Aufgaben wirksam nachkommen könne, sei ein Informationsaustausch sowohl zwischen staatlichen als auch nichtstaatlichen Akteuren erforderlich.
Der Sozialmediziner und Leiter des Gesundheitsamtes in Frankfurt am Main, Peter Tinnemann, erklärte, die IGV seien in der Vergangenheit ein entscheidendes Instrument zur Eindämmung von Krankheitsausbrüchen gewesen und bildeten heute das Rückgrat der globalen Gesundheitssicherheit. Befürchtungen, die Nationalstaaten könnten gegenüber der WHO an Souveränität verlieren, seien unbegründet.
Auf diesen Punkt gingen in der Anhörung auch andere Sachverständige ein, die übereinstimmend deutlich machten, dass die Einzelstaaten durch die IGV nicht in ihrer Souveränität eingeschränkt werden.
Einige Sachverständige erinnerten zugleich daran, dass eine weitere Gesundheitsnotlage jederzeit auftreten kann und ein international abgestimmtes Vorgehen unumgänglich wäre. Ein Sprecher des Verbandes Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) sagte in der Anhörung, jährlich gingen bei der WHO rund 400 Risikosignale von möglichen grenzüberschreitenden Infektionsproblemen ein. Diese Hinweise würden von der WHO bewertet, kommuniziert und mit internationalen Fachleuten besprochen. Dafür sei die WHO unabdingbar.