Sachverständige für Senkung der Übertragungsnetzkosten
Berlin: (hib/HLE) Die von der Bundesregierung geplante Entlastung der Stromkunden ist in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Montag von allen Sachverständigen begrüßt worden. So erklärte Kerstin Andreae (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft), es würden nicht nur Verbraucher auf der Ebene der Übertragungsnetze, sondern alle stromverbrauchenden Netznutzer auch in nachgelagerten Netzen wirksam entlastet. Das Vorhaben der Regierung müsse aber zügig verabschiedet werden, mahnte sie an.
Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes für einen Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten (21/1863). Zur Reduzierung der Kostenbelastung der Stromkunden durch die Übertragungsnetzentgelte sollen Netzbetreiber im Jahr 2026 einen Zuschuss in Höhe von 6,5 Milliarden Euro erhalten. Grund für die Maßnahme sind die Preisbelastungen im Strommarkt.
Andreae appellierte in ihrer Stellungnahme an die politischen Entscheidungsträger, sie sollten in der Kommunikation der geplanten Entlastung der Stromkunden „klar darauf hinweisen, dass die Entlastung bei den Kundinnen und Kunden aufgrund verschieden wirkender Effekte der allgemeinen Netzentgeltsystematik unterschiedlich ankommen wird“. Die Entlastung bleibe aber dennoch ein wichtiges und richtiges Instrument.
Auch Carsten Rolle (Bundesverband der Deutschen Industrie) begrüßte den geplanten Zuschuss, der durchschnittliche Industriekunden um bis zu 57 Prozent entlasten könnte. Da sich der Zuschuss auf das Übertragungsnetz und damit auf die Netzentgelte auf Hochspannungs- und Transformationsebene beziehe, werde die Entlastung für Industriekunden - insbesondere auf höheren Spannungsebenen - direkter und substanzieller ausfallen. „Gelingt es, diesen Kostenrückgang über die nächsten Jahre zu verstetigen, wäre dies ein erster deutlicher Schritt zur politisch versprochenen Strompreissenkung“, erklärte Rolle.
Felix Fleckenstein (Deutscher Gewerkschaftsbund, DGB), erinnerte daran, dass der DGB wiederholt eine Stabilisierung der Netzentgelte eingefordert habe. Hohe Stromkosten würden den Wirtschaftsstandort gefährden und die Elektrifizierung der Volkswirtschaft hemmen. Insbesondere die Stromnetzentgelte hätten in den letzten Jahren deutlich als Stromkostentreiber gewirkt. Fleckenstein sagte, der Zuschuss könne sehr einfach in das bestehende Netzentgeltregime integriert werden, schnell wirken und sämtliche Stromverbrauchergruppen effektiv entlasten. Darüber hinaus sei aber auch eine Entlastung der Verbraucher angebracht.
Als wichtigen Baustein und Schritt in die richtige Richtung bezeichnete Kerstin Maria Rippel von der Wirtschaftsvereinigung Stahl den Plan der Bundesregierung. Für die Stahlindustrie, die seit 2023 mit einem Anstieg der Übertragungsnetzentgelte um 130 Prozent und Mehrkosten von 300 Millionen Euro im Jahr konfrontiert sei und sich in einer existenziellen Krise befinde, sei dies eine „dringende und überfällige Entlastung“. Rippel forderte eine Verstetigung der Maßnahme für die nächsten Jahre. Zudem sollte ein verlässlicher und rechtssicherer Mechanismus zur Begrenzung der Übertragungsnetzentgelte eingeführt werden.
Stefan Kapferer (50Hertz Transmission) sagte, der Gesetzentwurf sei geeignet, die Kosten zu senken. Er erinnerte aber daran, dass von der Entlastung vor allem die Kunden profitieren würden, die direkt an die Übertragungsnetze angeschlossen seien. Alle anderen hätten weniger davon. Für die Folgejahre müsse auch Klarheit geschaffen werden, forderte er.
Justin Müller (EWE AG) begrüßte, dass mit dem Zuschuss die Strompreise für 2026 gesenkt werden sollten. Das sei ein wichtiges Signal und stärke die Akzeptanz der Energiewende. Auch Müller wies darauf hin, dass die Entlastung für private Haushalte begrenzt sei. Die Entlastung sei ein erster Schritt, die Strompreise zu mindern. Es müsse aber mehr getan werden - zum Beispiel mehr Freileitungen statt Erdverkabelung.
Janek Steitz (Dezernat Zukunft) nannte das Regierungsvorhaben eine „pragmatische und sinnvolle Maßnahme“. Mittelfristig sei der Zuschuss keine optimale Lösung, er entlaste Haushalte nur begrenzt und löse kein strukturelles Problem des Energiesystems. Diese Probleme müssten mit Vorrang gelöst werden.