10.11.2025 Arbeit und Soziales — Anhörung — hib 596/2025

Lob für die Haltelinie und Sorge vor Kostenexplosion

Berlin: (hib/CHE) Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Montagnachmittag Sachverständige zur geplanten Haltelinie beim Rentenniveau und Ausweitung der Mütterrente befragt - mit wenig überraschenden Bewertungen durch die jeweils von den Fraktionen des Bundestages eingeladenen Experten. Denn erwartungsgemäß bewerteten die arbeitgebernahen Verbände die Rentenpolitik deutlich skeptischer, während arbeitnehmernahe Verbände wie der Deutsche Gewerkschaftsbund den zur Debatte stehenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stabilisierung des Rentenniveaus und zur vollständigen Gleichstellung der Kindererziehungszeiten (21/1929) begrüßten.

Mit dem Gesetz wollen CDU/CSU und SPD das derzeit geltende Rentenniveau von 48 Prozent (Verhältnis der Rente eines „Standard-Rentners“ nach 45 Beitragsjahren zum aktuell gültigen Durchschnittsverdienst) über 2025 hinaus bis 2031 verlängern. Ansonsten drohten deutlich sinkende Alterseinkommen, warnt die Regierung im Entwurf. Der Plan bedeutet, dass die Renten weiter entsprechend der Lohnentwicklung steigen, der Nachhaltigkeitsfaktor also weiter ausgesetzt bleibt. Dieser soll den Anstieg eigentlich bremsen, wenn demografiebedingt mehr Rentnern immer weniger Beitragszahler gegenüberstehen. Die Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung soll künftig für vor 1992 geborene Kinder um weitere sechs Monate auf drei Jahre verlängert werden. Mit der Novelle würde die „Mütterrente“ keinen Unterschied mehr nach Geburtsjahr des Kindes machen. Die sich aus diesen beiden Vorhaben ergebenen Mehrkosten will der Bund aus Steuermitteln erstatten.

Für Ingo Schäfer vom Deutschen Gewerkschaftsbund steht fest, am Gleichgewicht von Löhnen und Renten dürfe nicht gerüttelt werden, denn „dies ist auch für die jungen Beschäftigten ein Gewinn“. Er forderte eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus, auch über 2031 hinaus.

Magnus Brosig von der Arbeitnehmerkammer Bremen betonte, die Begrenzung des Beitragssatzes in der Rentenversicherung sei „kein Wert an sich“. Befragungen hätten gezeigt, dass für Versicherte nicht die Beiträge, sondern die Leistungen Priorität hätten. „Ein paritätisches Konzept ist ein nachhaltiges und gutes Konzept“, sagte er.

Für unsere Mitglieder ist ein Rentenniveau von 48 Prozent keine „abstrakte Ziffer“, stellte Verena Bentele vom Sozialverband VdK Deutschland klar. Es gehe um eine wichtige Weichenstellung, die das Vertrauen aller Generationen in die Rentenversicherung extrem stärken könne. „Bei Menschen mit wenig Geld ist die Rentenversicherung die Basis ihrer Absicherung im Alter“, betonte sie.

Als entscheidendes Mittel im Kampf gegen Altersarmut bezeichnete auch Ulrike Stein vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung die Höhe des Rentenniveaus. Sie verwies auf das in den vergangenen Jahren gestiegene Armutsrisiko vor allem in der Gruppe der über 65-Jährigen.

Kritik äußerte dagegen Alexander Gunkel von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. In den nächsten Jahren könne sich die Bundesregierung ein solches Rentenpaket vielleicht noch leisten, aber wie es mit dem finanziellen Spielraum in 20 bis 30 Jahren aussieht, sei völlig unklar. „Das Rentenpaket ist schuldenfinanziert und die Schulden zahlen die Jüngeren“, sagte er.

Martin Werding, Mitglied des Sachverständigenrates Wirtschaft und Professor für Sozialpolitik und öffentliche Finanzen, nannte die Haltelinie eine „Belastung für die jüngere Generation“. Um die Bundeszuschüsse für die Rentenkasse nicht ausufern zu lassen, könne das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rente „kontrolliert abgesenkt“ werden, wenn gleichzeitig die dadurch entstehende Lücke durch kapitalgedeckte Vorsorge geschlossen würde.

Imke Brüggemann-Borck rechnete für die Deutsche Rentenversicherung Bund vor, dass ohne die Haltelinie das Rentenniveau ab 2028 sinken, 2031 bei 47 Prozent und 2040 dann nur noch bei 46 Prozent liegen würde. In der schriftlichen Stellungnahme mahnte die Rentenversicherung einen Gesamtblick auch auf die betriebliche und staatlich geförderte Altersvorsorge an, wenn am Drei-Säulen-Modell der Alterssicherung festgehalten werden soll.