01.12.2025 Petitionen — Ausschuss — hib 655/2025

Forderung nach einer Aktivierung der Vermögensteuer

Berlin: (hib/HAU) Die Forderung nach einer Aktivierung der Vermögensteuer auf alle Vermögensarten ist während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag diskutiert worden. Grundlage dafür war eine Petition von Julia Elwing vom Koordinierungskreis der Organisation Attac Deutschland, die von mehr als 68.000 Personen unterstützt wurde. Die Petentin spricht sich dafür aus, Vermögen über einem Freibetrag von einer Million Euro progressiv zu besteuern.

Der Eingangssteuersatz solle ein Prozent betragen und schrittweise ansteigen: bei über fünf Millionen Euro auf zwei Prozent, bei über zehn Millionen Euro auf fünf Prozent, bei über 20 Millionen Euro auf zehn Prozent, bei über 200 Millionen Euro auf 15 Prozent und ab einer Milliarde Euro auf 20 Prozent. Damit würde aus ihrer Sicht der weitere Anstieg von „Überreichtum“ gestoppt. Zugleich würden riesige Vermögen schrittweise abgeschmolzen und Gelder für die Finanzierung öffentlicher Ausgaben für Infrastruktur, sozialen Ausgleich und Klimaschutz zur Verfügung stehen. „Durch den Freibetrag von einer Million Euro pro Person sind über 99 Prozent der Menschen in Deutschland nicht von der Vermögensteuer betroffen“, heißt es in der Eingabe.

Deutschland gehöre zu den Ländern mit der größten Vermögensungleichheit in Europa, sagte Elwing vor den Abgeordneten. „Das reichste Prozent besitzt ungefähr ein Drittel des Gesamtvermögens, die ärmere Hälfte gerade einmal zwei Prozent“, so die Petentin. Ein sehr großer Teil der sehr großen Vermögen entstünde nicht durch Arbeit, sondern durch Erbschaften, Beteiligungen und Kapitaleinkünfte. Arbeit werde aber hoch besteuert und trage durch Abgaben das Sozialsystem. Eine „Mittelschichtsfamilie“ kommt laut der Petentin auf eine Abgabenquote von etwa 45 Prozent. „Die Einkünfte Überreicher, die großenteils aus Firmenbeteiligungen und Aktien stammen, werden dagegen oft nur mit 25 Prozent besteuert“, sagte Elwing.

Gleichzeitig nutzten Überreiche die Infrastruktur, „die ihnen von der Gesamtgesellschaft zur Verfügung gestellt wird“. Sie griffen zudem auf ein Gesundheitssystem zurück, das von der Gesamtgesellschaft finanziert werde. „Sie nutzen das alles, ohne einen angemessenen Beitrag zu leisten“, befand die Petentin und konstatierte eine „gigantische Gerechtigkeitslücke, die von den Menschen nicht verstanden und nicht gewollt wird“. Die große Vermögensungleichheit sei nicht nur ungerecht. Sie schwäche auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, da eine extreme Vermögenskonzentration zu ungleichen politischen Einflussmöglichkeiten führe, sagte Elwing.

Die die Petentin begleitende Soziologin Silke Ötsch verwies auf anstehende Zukunftsaufgaben. „Wir brauchen Klimainvestitionen in Milliardenhöhe“, sagte sie. Schiebe man diese Investitionen auf, würden die Kosten steigen. „Wir müssen also jetzt investieren.“ Der Plan, dass privates Kapital die Transformation finanziert, sei nicht aufgegangen, so Ötsch. Der Großteil komme aus öffentlichen Mitteln. Zudem müsse die Transformation auch sozial abgefedert werden. „Das erfordert viele Gelder“, sagte sie.

Den Einwand, eine Vermögensteuer schade der Wirtschaft, wies die Petentin zurück. Es gebe zahlreiche Untersuchungen, die zeigten, „dass es gerade nicht so ist“. Vielmehr hemmten eine unfaire Verteilung von Vermögen und die sich daraus ergebende hohe Ungleichheit Innovationsprozesse und schadeten der Wirtschaft.

Auch ein „Weggang der Reichen“ ist aus ihrer Sicht nicht zu befürchten. Mit der Wegzugsbesteuerung gebe es in Deutschland ein sehr effektives Mittel, um Wegzug zu verhindern. Studien zeigten zudem, dass sehr reiche Menschen „im Normalfall auch hierbleiben, egal wie die Steuern sind“.

Eine Überforderung kleiner und mittelständischer Unternehmen vermochte Elwing ebenfalls nicht zu erkennen. Bis 1995 habe es schon einmal eine Vermögensteuer gegeben, sagte sie. „Da gab es nicht die große Welle der Betriebsschließungen.“ Mit Stundungen könne man da etwas machen, so Elwing.

Für die Bundesregierung ist die Aktivierung der Vermögensteuer aktuell kein Thema, machte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Schrodi (SPD), deutlich. „Es gibt keine Erwähnung der Vermögensteuer im Koalitionsvertrag“, sagte er. Es ergebe sich insofern kein Auftrag an die Bundesregierung, dazu tätig zu werden.