Expertenstreit über Sektor-Impfpflicht
Berlin: (hib/PK) Gesundheitsexperten raten dazu, die seit März 2022 geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht zu überdenken. Den Beschäftigten in den Einrichtungen sei diese Auflage nicht weiter zu vermitteln, während die allgemeine Impfpflicht gescheitert sei, heißt es zur Begründung in Stellungnahmen zu einer Anhörung über Anträge der AfD-Fraktion (20/1507, 20/2567) mit der Forderung, die Sektor-Impfpflicht aufzuheben. Die Fachleute äußerten sich am Mittwoch in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestags und in schriftlichen Stellungnahmen, die dem Ausschuss zu der Anhörung zugeleitet wurden.
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) wies darauf hin, dass die Sektor-Impfpflicht in den Bundesländern unterschiedlich durchgesetzt werde. Ein Großteil der Pflegekräfte in der Akut- und Langzeitpflege habe sich impfen lassen. Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht könne aber ohne eine allgemeine Impfpflicht keine Wirkung entfalten. Derzeit übertrügen und erkrankten sowohl Menschen mit als auch ohne Impfstatus.
Kritisch äußerten sich auch die Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung (ÄFI), die erklärten, die Sektor-Impfpflicht sei aus wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht nicht zu halten. Die Covid-Impfstoffe böten keinen relevanten Schutz vor Ansteckung anderer Personen und auch keinen nachhaltigen Schutz vor der eigenen Ansteckung mit Sars-Cov-2. Die Impfstoffe hätten dafür relevante Nebenwirkungen, die dringend systematisch erfasst werden müssten.
Nach Ansicht der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) ist die Einführung der einrichtungsbezogene Impfpflicht im Rückblick als Erfolg zu werten. Der Verband warnte auch vor einer Verharmlosung der Omikron-Variante des Virus. Gerade bei pflegebedürftigen alten Menschen sei in vielen Fällen von einem hohen Risikopotenzial mit sehr ernsten Krankheitsverläufen nach einer Ansteckung auszugehen.
Ein Schwerpunkt der Anhörung war die Wirksamkeit und Sicherheit der Corona-Impfstoffe und die Frage, ob Nebenwirkungen oder Komplikationen ausreichend erfasst und berücksichtigt werden. Leif Eric Sander von der Berliner Charité versicherte, dass die Wirksamkeit der Impfungen in der Fachwelt und bei Praktikern unbestritten sei, allerdings lasse die Wirkung mit der Zeit nach. Für die Corona-Impfstoffe gebe es international eine gute und robuste Datenbasis. Die zugelassenen Impfstoffe hätten ein gutes Sicherheitsprofil mit bekannten Risiken. Es gebe aus seiner Sicht kein systematisches Problem mit der Untererfassung schwerer Impfnebenwirkungen. Jeder Fall einer Komplikation müsse jedoch ernstgenommen und geprüft werden, sagte Sander.