DGB: Gute Arbeit „zentraler Hebel zur Nachhaltigkeit“
Berlin: (hib/HAU) Gute Arbeit ist aus Sicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) „der zentrale Hebel zur Nachhaltigkeit“. Gute Arbeitsbedingungen, faire Löhne, geschlechtergerechte Bezahlung und die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten, für die sich Betriebs- und Personalräte sowie Gewerkschaften einsetzten, seien das wirksamste Mittel zur Erreichung gleich mehrerer Nachhaltigkeitsziele (SDG) wie etwa der Bekämpfung von Armut (SDG 1), der Stärkung der Geschlechtergerechtigkeit (SDG 5) und der Reduktion von Ungleichheit (SDG 4), sagte Jan Phillip Rohde, Referent für Umwelt-, Klima- und Nachhaltigkeitspolitik beim DGB, am Mittwoch während eines öffentlichen Fachgespräches im Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung. Daher müsse die Qualität der Beschäftigung in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie verankert werden, verlangte er. Aktuell sei der Indikator zur Erfassung von „Guter Arbeit“ im Rahmen des SDG 8 nur die Erwerbstätigenquote, die „relativ wenig mit der Qualität zu tun hat“.
Ein besserer Indikator sei der Anteil an Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen, befand Rohde. Mitbestimmung und Tarifverträge sorgten für mehr Gerechtigkeit im Betrieb. Sie sicherten wirtschaftliche und soziale Teilhabe, „gerade in Zeiten von Veränderungen“. Mitbestimmungsstrukturen würden auch zu einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung beitragen, sagte der DGB-Vertreter unter Verweis auf entsprechende Studien. Daher müsse die Unternehmensmitbestimmung in Deutschland ausgebaut und ihre drohende Erosion gestoppt werden. Zudem brauche es einen Modernisierungsschub für das Betriebsverfassungsgesetz, damit Betriebsräte ganz konkret über die Werkzeuge verfügen, die sie für die Gestaltung der Transformation bräuchten.
Mit Blick auf das SDG 4, der Reduzierung von Ungleichheit, verwies Rohde darauf, dass trotz umfangreicher Verbesserungen in den letzten Jahren immer noch neun Prozent der Weltbevölkerung in extremer Armut lebten - trotz Arbeit. Auch in Deutschland seien 2019 rund 16,8 Prozent der Menschen von Armut betroffen gewesen. Dem Beschäftigungszuwachs der letzten zehn Jahre stehe eine kontinuierlich hohe Armutsgefährdungsquote gegenüber. Die gesamtgesellschaftlichen Krisen, von denen Deutschland und die Welt seit Anfang der 2020er Jahre betroffen seien, wirkten wie eine Art Brandbeschleuniger auf diese Trends. Die Auswirkungen der Krisen hätten mittelfristig dazu geführt, dass die Ungleichheit sich weiter vertiefe. Dies schade Gesellschaft, Wirtschaft und dem sozialen Zusammenhalt gleichermaßen.
Der DGB-Vertreter forderte einen Kurswechsel in der Politik. Dazu gehöre ein gerechtes Steuersystem, bei dem stärkere Schultern mehr zu einem handlungsfähigen Staat und einer gerechten Gesellschaft beitragen. Zudem brauche es mehr öffentliche Investitionen in Güter der Daseinsvorsorge, die allen zur Verfügung stehen. Ablehnend äußerte er sich zur Schuldenbremse, die in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie mit der Generationengerechtigkeit begründet werde. Verpasst Deutschland den Anschluss in der Transformation und im Klimaschutz, wäre das aus seiner Sicht eine weitaus größere Bürde für künftige Generationen als ein temporär gestiegener Verschuldungsgrad der öffentlichen Hand.
Als Meilenstein bei der Bekämpfung der Ungleichheit bezeichnete Rohde die Einführung des Mindestlohns. Auch mehr als fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten hielten die positiven Effekte auf Beschäftigung, Löhne und Wirtschaft weiter an. Es müsse jedoch klar sein, „dass der Mindestlohn nur die untere Haltelinie ist und für seine konsequente Durchsetzung gesorgt werden muss“. Für die Gewerkschaften blieben Tarifverträge auch weiterhin das primäre Ziel.