Besuch

Sara Nabil

We, the symbolic actors!, Inkjet print on fine art paper, bestickt mit blauem Faden, 2018

Die aus Afghanistan stammende, inzwischen in Frankfurt am Main lebende Künstlerin Sara Nabil (1994 geboren in Kabul) versteht sich als politische Künstlerin: „Kunst ist meine Waffe, damit ich Freiheit, Frieden, Gleichberechtigung erreichen kann.“ Sie begann als Jugendliche in ihrem Heimatland mit Installationen und Fotografien, suchte Kontakt zu anderen Künstlerinnen und Möglichkeiten, auszustellen. 2014 wird sie bei einem Selbstmordanschlag in einem Hörsaal an der Kabuler Universität Zeugin, wie ein befreundeter Fotograf getötet wird. Ein Jahr später nutzt sie eine Einladung zu einem Symposium in den Niederlanden, um in Deutschland um politisches Asyl zu bitten. Seitdem studiert sie an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach Kunst. Bei ihrer ersten Ausstellungsbeteiligung in Wiesbaden zeigte sie sechzehn Porträts geflüchteter Frauen, bei ihrer ersten Einzelausstellung im Jahr 2018 Installationen und Videos, die die Erinnerung an ihre Heimat mit aktuellem Zeitgeschehen. Ihr Anspruch ist klar: „Ich mache mit meiner Kunst Politik.“

Sara Nabil greift das Thema Frauenwahlrecht direkt auf. Das Werk „We, the symbolic actors.“ (Wir, die symbolischen Akteure) zeigt die Künstlerin in einem Selbstbildnis vor dem persischen Schriftzeichen für das Wort „Ich“. Einzelne Teile der Kaligrafie sind mit blauem Faden bestickt, drei Nadeln hängen daran herab. Sie symbolisieren die traditionellen Tätigkeiten und zugleich das  Rollenverständnis der Frau in ihrem Heimatland.

„Ich wählte zum ersten Mal im Jahr 2014, gerade, dass ich 20 Jahre alt geworden war. Die ersten Jahre meines Lebens waren vom Krieg geprägt. Unter der Herrschaft der Taliban galten Frauen nicht als Menschen. Mit meiner Stimmabgabe wollte ich endlich selbst über das Schicksal meines Landes mit entscheiden und die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen beenden. Aber ich musste erkennen, dass das Frauenwahlrecht lediglich symbolisch, nicht jedoch faktisch existierte. Sehr viele Frauen haben sich an der Wahl beteiligt, aber es waren ihre Männer oder Brüder, die für sie die Wahlentscheidung getroffen hatten, nicht sie selbst. Das System verwehrt ihnen diese Chance bis heute. Das Frauenwahlrecht in Afghanistan existiert seit einem halben Jahrhundert. Es ist jedoch nur ein Feigenblatt für eine Pseudo-Demokratie, die im Land bis heute nicht existiert. Die Frauen mit ihren Wünschen und Vorstellungen bleiben nach wie vor auf der Strecke. Aber wir wollen keine symbolischen Akteure mehr sein.“

Sara Nabil studierte von 2013 bis 2015 Politikwissenschaften an der Karwan University in Kabul, seit 2016 ist sie in der Klasse Heiner Blum für experimentelle Raumkonzepte an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main. 2018 gewann sie dort den Rundgangspreis der Frankfurter Künstlerhilfe. Bereits im Alter von 14 Jahren zeigte sie in der Gruppenausstellung Make Art. Not War (2008) erstmals Arbeiten in Deutschland, anschließend waren Arbeiten in Afghanistan, Österreich, Spanien, Italien, Indien, Nepal, Norwegen und in den USA zu sehen. 2016 nahm Sara Nabil an der Gruppenausstellung Curriculum Vitae (C.V.) – Intellektuelle Freihandelszone im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden teil. Sara Nabil lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. (kvo)

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