3. Untersuchungsausschuss

BND-Chef: Bis Juni 2020 keine Anhaltspunkte für Geldwäsche bei Wirecard

Bruno Kahl, ein Mann mit grauen Haaren im Anzug, steht in einem verglasten Sitzungssaal und deutet mit dem Finger auf etwas.

Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes, hier während einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums im November 2018 (DBT/Florian Gaertner/ photothek.net)

Mit dem ursprünglich vorgesehenen Sitzungstag kam der 3. Untersuchungsausschuss („Wirecard“) zeitlich einmal mehr nicht hin. Fünf Zeugen waren einfach zu viel, auch für den bereits langen Donnerstag. So trat das Gremium unter Vorsitz von Kay Gottschalk (AfD) am Freitag, 7. Mai 2021, erneut zusammen, um Dr. Bruno Kahl, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), zu befragen.

Wirecard war nicht Gegenstand unserer Beobachtung“

Bis zur Insolvenz von Wirecard im Juni 2020 habe der BND keinerlei Anhaltspunkte für Geldwäscheaktivitäten bei dem Zahlungsdienstleister gehabt, erklärte Kahl. Was für massive kriminelle Energie bei Wirecard im Spiel war, das habe auch der Dienst nicht gewusst.

Die Situation des DAX-Konzerns sei aber bis zu dessen Insolvenz auch „nicht Gegenstand unserer Beobachtung“ gewesen. Erst seit Bekanntwerden des Bilanzskandals leiste der BND in dem Fall seinem Auftragsprofil gemäß Aufklärungsarbeit, zahlreiche Anfragen aus Regierung und Parlament hätten sein Haus seit vergangenem Sommer dazu erreicht.

„Beobachtung von DAX-Konzernen passt nicht ins Auftragsprofil“

„Seitdem haben wir uns intensiv mit Wirecard befasst“, und „sind uns einige Erkenntnisse zugewachsen“. Auch zum Aufenthaltsort des flüchtigen Wirecard-Chefs Jan Marsalek. Weitere Ausführungen dazu sowie zu dem von den Abgeordneten vermuteten Austausch des BND mit ausländischen Diensten in der Causa Wirecard, Gesuche um Information und/oder Zusammenarbeit in beide Richtungen, wolle er jedoch nur in nichtöffentlicher Sitzung machen.

Kahl war es ein Anliegen zu erläutern, warum sein Haus bis zur Insolvenz von Wirecard sich nicht mit dem Fall befasste, nicht befassen musste, ja nicht befassen durfte. Wirecard habe als inländisches, deutsches Unternehmen mit zahlreichen deutschen Staatsbürgern als Beschäftigten gar nicht Gegenstand nachrichtendienstlicher Tätigkeit durch den deutschen Auslandsgeheimdienst werden können. „Die Beobachtung von DAX-Konzernen passt nicht ins Auftragsprofil des BND.“

„BND nicht zuständig für Finanz- und Bilanzmanipulation“

Der Nachrichtendienst dürfe und müsse aktiv werden beim Verdacht von Geldwäsche durch organisierte, kriminelle Vereinigungen. „Bis jedoch ein deutsches Unternehmen unter diese Kategorie fällt“, brauche es aber zunächst „etliche Hinwiese im Inland“, um dem BND Berechtigung zu geben, nachrichtendienstlich tätig zu werden.

Es habe somit „in den gesetzlichen Zuständigkeiten und in unserem Auftragsprofil“ gelegen, „dass wir nichts über Wirecard wussten“. Auch sei der BND nicht durch Regierung oder Behörden um Beratung gebeten worden im außenwirtschaftlichen Bereich. Noch seien „aus offenem Aufkommen“ irgendwelche Bitten an den Dienst herangetragen worden, Wirecard in den Blick zu nehmen. Eine Anzeige wegen Geldwäsche habe auch nicht vorgelegen. Und „Finanz- und Bilanzmanipulation fallen nicht in die Zuständigkeit des BND“.

„Nur in nichtöffentlicher Sitzung“

Der Aufenthaltsort, Erkenntnisse des BND dazu sowie die Frage, ob es Berührungspunkte zwischen Jan Marsalek oder Wirecard-Mitarbeitern und dem BND oder anderen Geheimdiensten gebe, interessierte die Mitglieder des Ausschusses ebenso wie Erkenntnisse des BND zum Handeln österreichischer Behörden im Fall Wirecard, zur österreichisch-russischen Freundschaftsgesellschaft und den Libyen-Aktivitäten Marsaleks und, ob denn ausländische Dienste nicht Interesse am deutschen Konzern Wirecard mit seiner Informationstechnologie für den Zahlungsverkehr gehabt hätten.

Kahl verneinte diese Fragen oder verschob sie auf den nichtöffentlichen Teil. Zu den Fragen gehörte auch: „Sind befreundete Nachrichtendienste auf Sie zugekommen?“ – „Nur in nichtöffentlicher Sitzung“ wolle er darauf antworten, so Kahl.

Ausschuss würde gerne Jan Marsalek befragen

Der Ausschuss fragte auch nach der Rolle des ehemaligen deutschen Geheimdienstkoordinators Bernd Schmidbauer und dem vermeintlichen österreichischen Fluchthelfer Marsaleks. Zu gerne würde der Ausschuss den ehemaligen Wirecard-Chef befragen – wenn der BND ihn ausfindig machen könnte.

Die Sitzung bot für die Ausschussmitglieder wie für die Zuschauer einen Einblick in das Zusammenwirken und (Nicht-)Tätigwerden deutscher Behörden, je nach Schwere des Falls sowie nach thematischer und regionaler Zuständigkeit. (ll/07.05.2021)

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