Tourismus

Sachverständige fordern: Politik soll den Bus als Ver­kehrs­mittel stärker fördern

Fernbusse stehen am Zentralen Omnibusbahnhof Hannover (ZOB) in Hannover

Der Ausschuss befasst sich mit der Situation der Bustouristik. (picture alliance / dpa | Julian Stratenschulte)

Die Herausforderungen für Busunternehmen durch die hohen Energiepreise, die Chancen neuer Antriebstechnologien und die Forderungen an die Politik, den Bus als Verkehrsmittel stärker zu fördern, waren die Schwerpunkte bei einer öffentlichen Anhörung des Tourismusausschusses am Mittwoch, 19. Oktober 2022. Unter der Leitung der Ausschussvorsitzenden Jana Schimke (CDU/CSU) äußerten sich sechs Sachverständige zu einer Branche im Umbruch.

Mehr Parkplätze und Senkung der Mehrwertsteuer

Benedikt Esser, Präsident des RDA Internationaler Bustouristik Verband, forderte mehr Reisebusparkplätze in Innenstädten. Die momentane Situation mit zu wenigen innerstädtischen Parkplätzen führten zu Brüchen in der Reise und das wiederum dazu, dass das Reisen beschwerlich und unattraktiv werde, sagte Esser. „Wenn man etwas für das Klima und die Luftreinhaltung tun will, dann muss man die Busse in die Stadt lassen, weil sie den niedrigsten Verbrauch und die kleinste Schadstoffbilanz haben“, argumentierte Esser.

Anja Graf, Prokuristin bei der Anton Graf GmbH, berichtete aus dem familieneigenen Busunternehmen: „Die Energiekosten sind so weit gestiegen, dass wir diese kaum noch stemmen können.“ Hilfen der Regierung kämen bei den Busbetrieben nicht an und man könne die gestiegenen Preise auch nicht einfach an die Kunden weiterreichen, da man diese sonst verlöre. „Die Senkung der Mehrwertsteuer wäre etwas, was uns wirklich helfen würde“, appellierte die Expertin an die Mitglieder des Ausschusses für Tourismus.

49-Euro-Ticket auch für Reise- und Fernbusse

Patrick Kurth, Leiter Politik bei Flixbus, sagte, dass das Neun-Euro-Ticket eine gute Gelegenheit gewesen sei, den Linienverkehr für mehr Menschen attraktiv zu machen. Doch bei dem Angebot könnten Fernreiseanbieter wie Flixbus nicht mithalten. Das gleiche gelte für das nun in Planung befindliche 49-Euro-Ticket, „außer der Fernbus wird inkludiert“, sagte Kurth. Der Bus biete den Vorteil, Orte ohne Schienenanbindung zu erreichen. Rund 90 Städte und Gemeinden in Deutschland könnten über Fernbusse an den öffentlichen Verkehr angebunden werden, so Kurth.

Melina Strohkirch, Referentin für Touristik beim Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen, stimmte Kurth zu. Das 49-Euro-Ticket werde für Reisebusunternehmen einen Wettbewerb gerade bei Tagesfahrten und Städtetrips bedeuten, bei dem die Betriebe unterliegen würden, da sie ihr Knowhow nicht zu diesem Preis anbieten könnten. Sie forderte eine allgemeine Vorschrift, durch die auch die Reise- und Fernbusbranche in das neue Angebot integriert werden könne.

Selbstfahrende und batteriebetriebene Fahrzeuge

Norbert Mauren, Leiter Politische Planung bei der Bund-Länder-Koordinierung beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sagte, zusätzliche 100 Millionen Euro im Haushalt seien notwendig, um den autonomen Shuttleverkehr zu fördern. Mit selbstfahrenden Fahrzeugen könnte die sogenannte erste beziehungsweise letzte Meile im touristischen Verkehr effizient bedient werden. Um die Umsetzbarkeit zu testen, seien mindestens fünf Pilotprojekte à 20 Millionen Euro nötig. Zudem müsse die gesetzliche Grundlage für den Einsatz autonomer Shuttle geschaffen werden.

Till Oberwörder, Leiter bei Daimler Buses und Vorsitzender der Geschäftsleitung bei der EvoBus GmbH, berichtete vom Stand bei den neuen Antriebstechnologien: Man rechne damit, dass bis 2025 für das Überlandsegment batteriebetriebene Fahrzeuge zur Verfügung stünden, bis zum Ende der Dekade dann Reisebusse, die entweder elektrifiziert oder mit Wasserstoff betrieben würden. Damit dies jedoch Realität werde, sei es notwendig, bereits jetzt mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur für batteriebetriebene und der Tankstelleninfrastruktur für Busse mit Wasserstoffantrieb zu beginnen. (emu/19.10.2022)

Zeit: Mittwoch, 19. Oktober 2022, 15 Uhr bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.600

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