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  • Orientierungsdebatte
  • 1. Lesung
  • Anhörung
  • 2./3. Lesung
Parlament

Abgeordnete nehmen in Orientierungsdebatte Stellung zur Suizidhilfe

Der Bundestag hat sich am Mittwoch, 21. April 2021, im Rahmen einer Vereinbarten Debatte mit dem Thema Suizidhilfe befasst. Wie bei Vereinbaren Debatten üblich, gab es keine konkrete Vorlage als Beratungsgegenstand. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) erklärte zu Beginn, das Thema Suizidhilfe solle im Rahmen einer Orientierungsdebatte erörtert werden. Im Februar 2020 habe das Bundesverfassungsgericht das vom Bundestag 2015 beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung aufgehoben und ein umfassendes Recht auf selbstbestimmtes Sterben erkannt.

Heute solle offen, auch über Fraktionsgrenzen hinweg, über mögliche Neuregelungen diskutiert werden, sagte Pau. Um vielen Abgeordneten die Möglichkeit zu geben, sich an der Debatte zu beteiligen, hätten sich die Fraktionen verständigt, dass insgesamt 38 Abgeordnete aus allen Fraktionen für jeweils drei Minuten das Wort erhalten.

Heveling: Alternativen zum Sterbewunsch anbieten

Erster Redner in der Debatte war Ansgar Heveling (CDU/CSU). Das Grundgesetz garantiere jedem Einzelnen einen immensen Freiheitsraum und verleihe dem Einzelnen vielfache Rechte, diese Freiheit auch durchzusetzen, sagte Heveling. Daher respektiere diese Verfassungs- und Rechtsordnung sogar die Entscheidung des Einzelnen, über das eigene Leben zu verfügen und dem eigenen Leben ein Ende zu setzen, auch mit fremder Hilfe.

Aber  das Grundgesetz sei auch eine Werteordnung. So durchziehe die Bejahung des Lebens von Artikel 1 ausgehend die gesamte Verfassung. Er halte es daher für richtig, die geschäftsmäßige Beihilfe zur Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe zu belassen, so wie der Bundestag es schon im Jahr 2015 beschlossen hatte. Das Bundesverfassungsgericht lasse diesen Weg auch nach seiner Entscheidung von Februar 2020 ausdrücklich offen. Es sei nun Aufgabe des Gesetzgebers, nur dort eine Rechtfertigung zuzulassen, wo die tatsächliche Autonomie des Einzelnen auch wirklich zuverlässig festgestellt werden kann. Auch müsse der Gesetzgeber seinem Schutzauftrag nachkommen und Beratung auch zu Alternativen zum Sterbewunsch anbieten.

Von Storch: Assistierter Suizid begründet Kultur des Todes

Beatrix von Storch (AfD) sagte, bei der Suizidhilfe gehe es im Gegensatz zur Sterbehilfe um alle Suizidwilligen. Die unwiderruflich Sterbenskranken bräuchten Hilfe beim Sterben. Die moderne Palliativmedizin biete diese Hilfe. Die Menschen in akuten Lebenskrisen dagegen bräuchten Hilfe zum Leben. Hier könne professionelle Hilfe und Beratung Leben retten. Sich das Leben zu nehmen sei kein Ausdruck autonomer Selbstbestimmung, sondern meistens ein Akt der vollständigen Verzweiflung.

Suizidwillige bräuchten daher keine staatlichen Angebote zum Sterben, sondern Menschen, die ihnen helfen. Mit der Förderung der Suizidbeihilfe werde die Büchse der Pandora geöffnet. Suizidforscher und Palliativmediziner warnten eindrücklich davor, den assistierten Suizid zu ermöglichen. Der assistierte Suizid begründe eine Kultur des Todes. Diese widerspreche nicht nur universellen ethischen Grundsätzen, sondern auch den Werten der christlich-abendländischen Kultur.

Castellucci: Schranken auch im Strafrecht setzen

Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) sagte, es falle nicht leicht, sich der Debatte über das Sterben zu stellen. Dafür müsse sich der Bundestag Zeit nehmen, Zeit über die wenigen verbleibenden Sitzungswochen hinaus, und müsse nicht schon in dieser Wahlperiode zu einer endgültigen Entscheidung kommen. Er respektiere den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts ganz ausdrücklich, sagte Castellucci.

Er respektiere auch die freiwillig getroffene Entscheidung, sich das Leben zu nehmen und auch, dass dafür die Hilfe anderer in Anspruch genommen werden kann. Aber daraus dürfe kein Modell gemacht werden. Er sage Ja zu selbstbestimmten Entscheidungen. Gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, dass gesellschaftlich nicht noch mehr ins Rutschen gerate. Deshalb sei er für Schranken, die man auch im Strafrecht setzen müsse.

Helling-Plahr: Suizidhilfegesetz auf den Weg bringen

Katrin Helling-Plahr (FDP) sagte, ein selbstbestimmter Sterbewunsch sollte nicht nur respektiert werden, sondern der Gesetzgeber sollte sich an die Seite der Menschen stellen, die selbstbestimmt sterben möchten. Es gebiete die Menschlichkeit, dass selbstbestimmt handelnde Betroffene Zugang zu Medikamenten zur Selbsttötung erhalten und nicht länger entweder ins Ausland gehen oder auf unsichere und schmerzhafte Möglichkeiten zur Selbsttötung verwiesen werden.

Der Bundestag sollte deshalb noch in dieser Wahlperiode tätig werden und verständliches und umfassendes Suizidhilfegesetz auf den Weg bringen, das sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Leitplanken bewegen müsse. An die verfassungswidrigen Normen des Paragrafen 217b des Strafgesetzbuches dürfe dabei nicht angeknüpft werden. Die eigenen Moralvorstellungen dürften nicht über die individuelle Selbstbestimmung gestellt werden. Die Betroffenen bräuchten keine Bevormundung, sondern Verständnis.

Sitte: Rechtssicherheit für Betroffene, Angehörige, Ärzte

Dr. Petra Sitte (Die Linke) bezeichnete Sterbehilfe als Lebenshilfe für Menschen, die im Verlaufe ihres Lebens über dessen Ende nachdenken und die vorbereitet sein wollen, für Menschen, denen das Sterben unmittelbar vor Augen steht. Aus welchem Grund auch immer: Darüber habe man nicht zu befinden und habe sich nicht darüber zu erheben. Wohl jeder Mensch hege den Wunsch, dass Sterben keine Qual werden möge. Die Mehrzahl der Menschen möchte eher mit der Vorstellung leben, über das Sterben auch selbstbestimmt entscheiden zu könne, sagte Sitte.

In diesem Sinne habe das Bundesverfassungsgericht aufgegeben, ungerechtfertigte Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht auszuschließen. Es gehe um Rechtssicherheit für Betroffene, für Angehörige und Ärzte. Seit 2015  bestünden aber unüberwindliche faktische Hürden dafür. Auch die Frage müsse geklärt werden, wie nach  Beratungen und Abwägungen Sterbewillige legal an ein Medikament kommen. Maßstab dürften nicht die Ansichten von Abgeordneten sein, sondern die Wertevorstellungen und Wünsche der Menschen im Land, welche das Grundgesetz formuliere und auch schütze. Um nach diesen Werten und in Würde leben und sterben zu können, dafür müsse der Bundestag so weit Räume öffnen, dass niemand an seiner selbstbestimmten Entscheidung gehindert wird oder andere in ihrer Entscheidung einschränkt.

Künast: Ein rechtssicherer Weg muss eröffnet werden

Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass das Bundesverfassungsgericht das Recht auf selbstbestimmtes Sterben festgestellt habe, aber auch, dass der Gesetzgeber Sterbehilfe regulieren könne. Deshalb müsse ein klarer, rechtssicherer Weg eröffnet werden. Das heiße Zugang zu Medikamenten, die jetzt auf klandestine Art und Weise genommen würden. Im Rahmen des Respekts vor der Selbstbestimmung müsse ein Weg gefunden werden, der sicher und zumutbar ist. Es gehe dabei auch nicht um die Frage, wer was richtig findet, sondern um ein Persönlichkeitsrecht. Das Grundgesetz fordere den Gesetzgeber auf zu sagen, wie Betroffene das Recht auf Sterben rechtssicher umsetzen können und wie er den erforderlichen Schutzraum organisieren will.

Der Ort dafür sei nicht das Strafgesetzbuch, sondern ein eigenes Schutzgesetz, das differenziert zwischen Menschen in medizinsicher Notlage und Menschen, die aus anderen Gründen ihr Leben beenden wollen. Es müssten unterschiedliche Wege eröffnet werden, um das Recht beider zu respektieren. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht den Zugang zu Betäubungsmitteln fordert und der Bundesgesundheitsminister immer Nein sagt. Das könne man nicht akzeptieren. (mwo/21.04.2021)

Reden zu diesem Tagesordnungspunkt

Petra Pau

Petra Pau

© Deutscher Bundestag/Stella von Saldern

Pau, Petra

Bundestagsvizepräsidentin

Ansgar Heveling

Ansgar Heveling

© Ansgar Heveling/ Tobias Koch

Heveling, Ansgar

CDU/CSU

Beatrix von Storch

Beatrix von Storch

© Vadim Derksen

Storch, Beatrix von

AfD

Prof. Dr. Lars Castellucci

Prof. Dr. Lars Castellucci

© DBT/Stella von Saldern

Castellucci, Prof. Dr. Lars

SPD

Katrin Helling-Plahr

Katrin Helling-Plahr

© Katrin Helling-Plahr

Helling-Plahr, Katrin

FDP

Petra Sitte

Petra Sitte

© Petra Sitte/Nancy Glor

Sitte, Dr. Petra

Die Linke

Renate Künast

Renate Künast

© Renate Künast/Laurence Chaperon

Künast, Renate

Bündnis 90/Die Grünen

Stephan Pilsinger

Dr. med. Stephan Pilsinger

© Stephan Pilsinger/ Christian Kaufmann

Pilsinger, Stephan

CDU/CSU

Volker Münz

Volker Münz

© Volker Münz/ Bilderparadies Mitterwald, Uhingen

Münz, Volker

AfD

Wolfgang Kubicki

Wolfgang Kubicki

© Wolfgang Kubicki/ Tobias Koch

Kubicki, Wolfgang

Bundestagsvizepräsident

Nina Scheer

Nina Scheer

© Nina Scheer

Scheer, Dr. Nina

SPD

Benjamin Strasser

Benjamin Strasser

© Benjamin Strasser/ James Zabel

Strasser, Benjamin

FDP

Kathrin Vogler

Kathrin Vogler

© Kathrin Vogler/ Jennifer Kölker

Vogler, Kathrin

Die Linke

Wolfgang Kubicki

Wolfgang Kubicki

© Wolfgang Kubicki/ Tobias Koch

Kubicki, Wolfgang

Bundestagsvizepräsident

Dr. Kirsten Kappert-Gonther

Dr. Kirsten Kappert-Gonther

© Bündnis 90/Die Grünen Landesverband Bremen/ Caspar Sessler

Kappert-Gonther, Dr. Kirsten

Bündnis 90/Die Grünen

Hermann Gröhe

Hermann Gröhe

© Bundesministerium für Gesundheit/ Jochen Zick

Gröhe, Hermann

CDU/CSU

Norbert Kleinwächter

Norbert Kleinwächter

© AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag/Stephan Schmidt

Kleinwächter, Norbert

AfD

Helge Lindh

Helge Lindh

© Photothek Media Lab

Lindh, Helge

SPD

Dr. Wieland Schinnenburg

Dr. Wieland Schinnenburg

© Dr. Wieland Schinnenburg/ Burgis Wehry

Schinnenburg, Dr. Wieland

FDP

Gesine Lötzsch

Gesine Lötzsch

© Dr. Gesine Lötzsch/Olaf Kostritz

Lötzsch, Dr. Gesine

Die Linke

Katja Keul

Katja Keul

© DBT/Thomas Koehler

Keul, Katja

Bündnis 90/Die Grünen

Michael Brand

Michael Brand

© Michael Brand / Tobias Koch

Brand (Fulda), Michael

CDU/CSU

Thomas Seitz

Thomas Seitz

© DBT/Inga Haar

Seitz, Thomas

AfD

Kerstin Griese

Kerstin Griese

© DBT/ Inga Haar

Griese, Kerstin

SPD

Pascal Kober

Pascal Kober

© DBT/ Thomas Koehler

Kober, Pascal

FDP

Friedrich Straetmanns

Friedrich Straetmanns

© DBT/Stella von Saldern

Straetmanns, Friedrich

Die Linke

Sylvia Kotting-Uhl

© Sylvia Kotting-Uhl / Stefan Kaminski

Kotting-Uhl, Sylvia

Bündnis 90/Die Grünen

Christian Schmidt

Christian Schmidt

© CSU BWK Fürth/ Thomas Lother

Schmidt (Fürth), Christian

CDU/CSU

Dr. Robby Schlund

Dr. Robby Schlund

© Dr. Robby Schlund/Karsten Hermsdorf

Schlund, Dr. Robby

AfD

Dr. Edgar Franke

Dr. Edgar Franke

© Edgar Franke/ Tino Basoukos

Franke, Dr. Edgar

SPD

Jens Spahn

Jens Spahn

© Jens Spahn

Spahn, Jens

CDU/CSU

Dr. Daniela de Ridder

Dr. Daniela de Ridder

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De Ridder, Dr. Daniela

SPD

Rudolf Henke

Rudolf Henke

© Deutscher Bundestag / Stella von Saldern

Henke, Rudolf

CDU/CSU

Swen Schulz

Swen Schulz

© Swen Schulz / Christian Kruppa

Schulz (Spandau), Swen

SPD

Peter Weiß

Peter Weiß

© Claudia Thoma Fotografie

Weiß (Emmendingen), Peter

CDU/CSU

Claudia Moll

Claudia Moll

© Claudia Moll / Maurice Weiss

Moll, Claudia

SPD

Erich Irlstorfer

Erich Irlstorfer

© Erich Irlstorfer/Foto Krammer

Irlstorfer, Erich

CDU/CSU

Alexander Krauß

Alexander Krauß

© DBT/ Inga Haar

Krauß, Alexander

CDU/CSU

Heribert Hirte

Heribert Hirte

© DBT / Julia Nowak

Hirte, Prof. Dr. Heribert

CDU/CSU

Axel Müller

Axel Müller

© Axel Müller/ Tobias Koch

Müller, Axel

CDU/CSU

Philipp Amthor

Philipp Amthor

© Philipp Amthor/Tobias Koch

Amthor, Philipp

CDU/CSU

Hans-Peter Friedrich

Hans-Peter Friedrich

© DBT / Inga Haar

Friedrich (Hof), Dr. Hans-Peter

Bundestagsvizepräsident

Dokumente

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Tagesordnung

Sitzungsverlauf

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Online-Dienste

Recht

Bundestag berät Ini­tiativen zur Reform der Sterbe­hilfe in erster Lesung

Der Bundestag hat am Freitag, 24. Juni 2022, über die Reform der Sterbehilfe beraten. Grundlage der Debatte waren mehrere Initiativen fraktionsübergreifender Gruppen. Dazu gehört ein von 85 Abgeordneten aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD gezeichneter Gesetzentwurf „zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung“ (20/904). Ein zweiter Entwurf fordert den „Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben“ (20/2293), ein dritter formuliert „Regelung der Suizidhilfe“ (20/2332).

Alle drei Initiativen wurden im Anschluss an die Debatte gemeinsam mit einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag mit dem Titel „Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen“ (20/1121) in den federführenden Rechtsausschuss überwiesen. Zur Sterbe- und Suizidhilfe fand im Bundestag bereits am 21. April 2022 eine sogenannte Orientierungsdebatte statt.

„Ein Suizid muss die Ausnahme bleiben“

Für den von 85 Abgeordneten um Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) eingebrachten Gesetzentwurf warb in der Debatte Heike Baehrens (SPD). Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich das Recht aus selbstbestimmtes Sterben und das Recht, dabei Hilfe in Anspruch zu nehmen, betont, führte die Abgeordnete aus. Dennoch dürfe Selbsttötung nicht zu einem gesellschaftliche Normalfall werden und Suizidassistenz nicht zu einer gewöhnlichen Dienstleistung.

Der vorgeschlagene Gesetzentwurf sehe ein abgestuftes und ausgewogenes Schutzkonzept vor, das die Autonomie und Freiverantwortlichkeit tatsächlich gewährleiste. Assistierter Suizid werde damit unter Bedingungen ermöglicht, aber nicht gefördert. Ein Suizid müsse die Ausnahme bleiben, sei es doch eine unumkehrbare Entscheidung. „Sterben ist nicht leicht, den Tod herbeizuführen, muss schwerer sein“, sagte Baehrens.

„Die Beihilfe zur Selbsttötung findet schon statt“

Für den Entwurf von 45 Abgeordneten um Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) warb Lukas Benner (Bündnis 90/Die Grünen). In der Debatte gehe es nicht um individuelle Wertvorstellungen, betonte Benner, sondern um ein Grundrecht. Die Beihilfe zur Selbsttötung finde schon statt, aber in einer rechtlichen Grauzone und ohne Klarheit für Ärzte. Der Zustand könne so nicht belassen werden, die Rechtslücke müsse geschlossen werden.

Benner grenzte den Entwurf der Gruppe zum Entwurf der Gruppe Helling-Plahr ab, mit dem es einige Gemeinsamkeiten gebe. Im Künast-Entwurf liege die Kontrolle grundsätzlich beim Staat und nicht bei Privaten wie Ärzten, zudem sehe der Künast-Entwurf eine Zeitspanne von mindestens zwei Monaten vor. Die Differenzen zum Castellucci-Entwurf seien größer. Dieser kehre das Prinzip, nach dem Rechte nur dann eingeschränkt werden dürfen, wenn es dafür eine Grundlage gebe, um. Man müsse danach vielmehr eine Rechtfertigung haben, um sein Grundrecht in Anspruch zu nehmen, kritisierte Benner. Er warb dafür, das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben zu schützen.

„Suizidhilfe nicht erneut unter Strafe stellen“

Für den Gesetzentwurf von 68 Abgeordneten um die Abgeordnete Katrin Helling-Plahr (FDP) warb Helling-Plahr selbst in der Debatte. Sie sei „unfassbar dankbar“, in einem Land zu leben, in der von Verfassung wegen ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben gegeben sei. Dieses Recht müsse ernstgenommen werden, forderte die Abgeordnete. Beratung sei die beste Prävention, der Vorschlag der Gruppe sehe vor, den Betroffenen in den Beratungsstellen jede helfende Hand zu reichen.

Sie kritisierte den Castellucci-Entwurf dafür, dass die Suizidhilfe erneut unter Strafe gestellt werde. Die Ausnahmen seien zu eng, Betroffene würden, wenn sie es sich leisten können, weiter ins Ausland gehen oder Brutalsuizide vorziehen. „Das dürfen wir den Menschen nicht antun“, sagte Helling-Plahr.

AfD: Gerichte miteinbeziehen

Für die AfD-Fraktion kritisierte Thomas Seitz, dass die Abgeordneten seiner Fraktion von der Mitwirkung an den Gesetzentwürfen faktisch ausgeschlossen worden seien. Das sei kein „Sternstunde des Parlaments“.

Seitz kritisierte alle drei Gesetzentwürfe aus unterschiedliche Perspektive. Der Castellucci-Entwurf verkenne das „Wesen der Autonomie“, die anderen beiden Entwürfe „krankten am Schutzkonzept“. Er warb dafür, Gerichte in die Entscheidung miteinzubeziehen.

Gesetzentwurf von 85 Abgeordneten

Der erste Entwurf (20/904) sieht vor, dass die „geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung“ grundsätzlich strafbar sein soll. Als Strafandrohung ist eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen. Unter bestimmten Voraussetzungen soll die geschäftsmäßige Unterstützung allerdings nicht rechtswidrig sein. Zudem soll ein Werbeverbot für die Hilfe zur Selbsttötung neu eingeführt werden.

Zur Begründung führen die Abgeordneten an, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die geschäftsmäßige Suizidhilfe, „eine auf wiederholte Hilfe zur Selbsttötung angelegte Tätigkeit von Organisationen, Vereinen und Einzelpersonen“, im Grundsatz wieder straffrei und „ohne Regelung zum Schutz der Freiverantwortlichkeit“ möglich sei. Nach Auffassung der Abgeordneten ist es indes „die Pflicht des Staates, die Autonomie Suizidwilliger und darüber auch das hohe Rechtsgut Leben zu schützen“. Daher dürfe und müsse der Gesetzgeber „gesellschaftlichen Entwicklungen wirksam entgegentreten, die als Pressionen wirken können und das Ausschlagen von Suizidangeboten rechtfertigungsbedürftig von Seiten Dritter erscheinen lassen“, führen die Abgeordneten aus.

„Angepasstes, umfassendes und ergebnisoffenes Beratungsgespräch“

Nicht rechtswidrig soll laut Entwurf die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe dann sein, wenn die suizidwillige Person „volljährig und einsichtsfähig“ ist, sich mindestens zweimal von einer Fachärztin beziehungsweise einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie hat untersuchen lassen und mindestens ein „individuell angepasstes, umfassendes und ergebnisoffenes Beratungsgespräch“ absolviert hat.

Der Entwurf sieht zudem einen neuen Paragraf 217a („Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung“) vor. Demnach soll mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wer „seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise“ für eine eigene oder fremde Unterstützung oder entsprechende Mittel, Gegenstände oder Verfahren zur Suizidhilfe wirbt. Ausgenommen davon sind unter anderem Ärzte und Ärztinnen beziehungsweise bestimmte Beratungsstellen, die auf Personen oder Einrichtungen hinweisen, die Hilfe zur Selbsttötung leisten sowie diese Einrichtungen und Personen selbst, wenn sie auf „die Tatsache hinweisen, dass sie Hilfe zur Selbsttötung“ leisten. Eine weitere Änderung ist in Paragraf 13 des Betäubungsmittelgesetzes vorgesehen. Damit werde „die Möglichkeit geschaffen, die Anwendung eines Betäubungsmittels zum Zwecke der Lebensbeendigung, im Falle einer nachgewiesenen freiverantwortlichen Selbsttötungsentscheidung, als betäubungsmittelrechtlich begründet anzuerkennen“, führen die Abgeordneten aus.

Abgeordnete wollen selbstbestimmtes Sterben ermöglichen

Sterbewillige sollen unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu tödlich wirkenden Betäubungsmitteln erhalten. Das sieht der „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben zur Änderung weiterer Gesetze“ (20/2293) vor, den eine fraktionsübergreifende Gruppe von 45 Abgeordneten um Renate Künast (B90/Die Grünen) aus den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und SPD vorgelegt hat.

Die Abgeordneten führen zur Begründung das vom Bundesverfassungsgericht festgestellte „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ an. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das 2015 beschlossene und im Paragraf 217 des Strafgesetzbuches geregelte „Verbot des geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ deswegen für nichtig erklärt (2 BvR 2347/15). „Über eine Beschränkung bestimmter - gefährlicher oder als anstößig bewerteter - Formen der Suizidhilfe kann angesichts der durch die Verfassung gesicherten Freiheit überhaupt nur und erst dann diskutiert werden, wenn die deutsche Rechtsordnung den Zugang zu angemessenen Hilfsmitteln für einen selbstbestimmten Tod im Übrigen klar gewährleistet“, schreiben die Abgeordneten weiter.

Zugang zu Betäubungsmitteln für Sterbewillige

Mit dem vorgelegten Entwurf sollen zum einen die „Voraussetzungen für den Zugang zu Betäubungsmitteln für Sterbewillige in medizinischen Notlagen“ (Paragraf 3) und zum anderen die „Allgemeinen Voraussetzungen für den Zugang zu Betäubungsmitteln für Sterbewillige“ (Paragraf 4) geregelt werden. Im Falle einer medizinischen Notlage soll demnach ein Arzt beziehungsweise eine Ärztin ein entsprechendes Betäubungsmittel verschreiben können. Voraussetzung dafür ist untere anderem die schriftliche Fixierung des Sterbewunsches. Zudem muss gelten, dass die Sterbewilligen „von ärztlicher Seite auf alle infrage kommenden medizinischen Mittel hingewiesen worden sind, die das Leid, das die Notlage begründet, auch nur geringfügig lindern könnten, wobei sich der Arzt oder die Ärztin vergewissern muss, dass es keine anerkannten medizinischen Mittel gibt, die den beschriebenen Leidensdruck verringern könnten“. Zudem wird eine schriftliche Bestätigung durch einen zweiten Arzt beziehungsweise zweite Ärztin benötigt, dass die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt worden sind. Grundsätzlich sollen zwischen Erst- und Zweitbestätigung mindestens zwei Wochen liegen.

Außerhalb einer „ärztlichen Behandlung in einer gegenwärtigen medizinischen Notlage“ ist laut dem Entwurf vorgesehen, dass Sterbewillige ihren Sterbewunsch glaubhaft darlegen sowie eine zweimalige Beratung von einer „zugelassenen unabhängigen Beratungsstelle“ nachweisen müssen. „Das Beratungsgespräch hat vom Grundwert jedes Menschenlebens auszugehen und verfolgt im Übrigen das Ziel, dass den Sterbewilligen alle Umstände und Hilfsangebote bekannt werden, die ihre Entscheidung ändern könnten“, heißt es in dem Entwurf. Zwischen den beiden Gesprächen ist demnach eine Wartezeit von mindestens zwei und maximal zwölf Monaten vorgesehen.

Sterbewunsch muss eigenhändig vollzogen werden

Laut dem Entwurf muss der Sterbewunsch „von Sterbewilligen in Ausübung ihres freien Willens eigenhändig vollzogen werden“. Das verschriebene Betäubungsmittel kann demnach an den Sterbewilligen selbst oder, wenn die Sterbewilligen es wünschen, an eine Ärztinnen beziehungsweise einen Arzt oder an einen „zugelassenen Hilfsanbieter“ abgegeben werden, die die Sterbewilligen begleiten und unterstützen. Die Sterbebegleitung durch Dritte, die nicht Ärztinnen und Ärzte sind, soll laut Entwurf möglich sein. Wenn es sich dabei um ein geschäftsmäßiges Angebot handelt, ist eine Zulassung erforderlich. Die Zulassung soll einerseits zuverlässiges Personal voraussetzen sowie davon abhängen, dass geschäftsmäßige Hilfsanbieter Sterbewillige „selbstlos“ im Sinne des Paragrafen 55 der Abgabeordnung, „nicht gewerblich und nicht zu Erwerbszwecken unterstützen“.

Der Entwurf sieht zudem strafrechtliche Regelungen vor. Danach soll mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für andere oder zum Missbrauch für Straftaten eine Bescheinigung für die Abgabe des Betäubungsmittels zu erhalten. Als Ordnungswidrigkeit soll unter anderem die „grob anstößige“ Werbung geahndet werden können. Anpassungen sind zudem im Betäubungsmittelgesetz vorgesehen. Darin soll die Abgabe der entsprechenden Betäubungsmittel ermöglicht werden. Zudem sieht der Entwurf eine Verordnungsermächtigung vor, mit der weitere Mittel neben dem Entwurf schon festgeschriebenen Natrium-Pentobarbital als tauglich eingestuft werden können. 

Gesetzentwurf für ein Recht auf einen selbstbestimmten Tod

Eine Gruppe von 68 Abgeordneten um Katrin Helling-Plahr (FDP) aus den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grüne, FDP und Die Linke hat einen weiteren Gesetzentwurf zur Regelung der Suizidhilfe (20/2332) vorgelegt. Der Entwurf soll „das Recht auf einen selbstbestimmten Tod legislativ absichern und klarstellen, dass die Hilfe zur Selbsttötung straffrei möglich ist“, heißt es in der Begründung. Dazu solle der vom Bundesverfassungsgericht dargebotene Normierungsspielraum genutzt werden, „um Menschen, die ernstlich sterben möchten und diesen Wunsch frei und eigenverantwortlich im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gebildet haben, ebenso wie Personen, die zur Hilfe bereit sind, einen klaren Rechtsrahmen bieten“.

Vorgeschlagen wird ein „Gesetz zur Wahrung und Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende (Suizidhilfegesetz)“. Es sieht in Paragraf 1 vor, dass „jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben beenden möchte“, das Recht hat, „hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Nach Paragraf 2 darf jeder dem Sterbewilligen „Hilfe leisten und ihn bis zum Eintritt des Todes begleiten“. Eine Verpflichtung zur Hilfeleistung soll ausgeschlossen werden.

„Arzneimittel zum Zweck der Selbsttötung“

Sterbewillige sollen sich nach dem Gesetzentwurf von einem Arzt ein „Arzneimittel zum Zweck der Selbsttötung“ nach Aufklärung über Ablauf und mögliche Nebenwirkungen – und gegebenenfalls palliativmedizinische Alternativen – verschreiben lassen können. Voraussetzung dafür ist unter anderem eine Beratung durch eine entsprechende Beratungsstelle, deren Ausgestaltung ebenfalls in dem Entwurf geregelt wird. Die Verschreibung soll grundsätzlich frühestens zehn Tage nach der Beratung und spätestens acht Wochen danach erfolgen.

Die Beratung durch die Beratungsstellen ist demnach „ergebnisoffenen zu führen und darf nicht bevormunden“. Sie solle „die Informationen vermitteln, die dazu befähigen, auf einer hinreichenden Beurteilungsgrundlage realitätsgerecht das Für und Wider einer Suizidentscheidung abzuwägen“. Als Beratungsgegenstände werden unter anderem die „Bedeutung und Tragweite der Selbsttötung“ angeführt. Auch auf Handlungsalternativen bei Erkrankungen, etwa palliativmedizinische Möglichkeiten, soll hingewiesen werden können.

Der Entwurf enthält zudem eine Verordnungsermächtigung. Demnach soll das Bundesgesundheitsministeriums mit Zustimmung des Bundesrates näheres zur Suizidhilfe regeln können, „insbesondere zu den Anforderungen an die fachliche Qualifikation der Ärzte, Meldepflichten, der Vergütung der Hilfe zur Selbsttötung und der Prävention gegen die Etablierung rein auf Gewinnstreben ausgerichteter, insbesondere institutionalisierter, Angebote“. Eine Änderung ist zudem im Betäubungsmittelgesetz vorgesehen. Hier soll die Abgabe der tödlich wirkenden Mittel ermöglicht werden. 

Fraktionsübergreifender Antrag

In dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag (20/1121) setzen sich zahlreiche Abgeordnete für eine Stärkung der Suizidprävention ein. Die Abgeordneten fordern eine Enttabuisierung und Entstigmatisierung von Suizidgedanken durch mehr Information und Aufklärung. Durch verbesserte Lebensbedingungen müsse der Suizidalität vorgebeugt werden. Genannt werden die Armutsbekämpfung und Konzepte gegen Vereinsamung.

Menschen mit Suizidgedanken bräuchten leicht erreichbare Angebote zur Beratung, Behandlung und Unterstützung am Lebensende. Zudem sollte der Zugang zu Suizidmitteln und -orten reduziert werden. Die Abgeordneten schlagen unter anderem einen bundesweiten Suizidpräventionsdienst vor, der Menschen mit Suizidgedanken und Angehörigen rund um die Uhr online sofortigen Kontakt mit geschultem Personal ermöglicht. (pk/scr/hau/24.06.2022)

Reden zu diesem Tagesordnungspunkt

Wolfgang Kubicki

Wolfgang Kubicki

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Kubicki, Wolfgang

Bundestagsvizepräsident

Heike Baehrens

Heike Baehrens

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Baehrens, Heike

SPD

Thomas Seitz

Thomas Seitz

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Seitz, Thomas

AfD

Katrin Helling-Plahr

Katrin Helling-Plahr

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Helling-Plahr, Katrin

FDP

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Schnieder, Patrick

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Storch, Beatrix von

AfD

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FDP

Helge Lindh

Helge Lindh

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Lindh, Helge

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Dr. Kirsten Kappert-Gonther

Dr. Kirsten Kappert-Gonther

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Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Edgar Franke

Dr. Edgar Franke

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Franke, Dr. Edgar

SPD

Stephan Pilsinger

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Pilsinger, Dr. Stephan

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Petra Sitte

Petra Sitte

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Die Linke

Benjamin Strasser

Benjamin Strasser

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Strasser, Benjamin

FDP

Aydan Özoğuz

Aydan Özoğuz

© Deutscher Bundestag / Stella von Saldern

Özoguz, Aydan

Bundestagsvizepräsidentin

Dokumente

  • 20/904 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung
    PDF | 310 KB — Status: 07.03.2022
  • 20/1121 - Antrag: Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen
    PDF | 238 KB — Status: 22.03.2022
  • 20/2293 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Änderung weiterer Gesetze
    PDF | 287 KB — Status: 17.06.2022
  • 20/2332 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Suizidhilfe
    PDF | 306 KB — Status: 21.06.2022
  • Fundstelle im Plenarprotokoll

Beschluss

  • Überweisung 20/904, 20/2332, 20/2293 und 20/1121 beschlossen

Tagesordnung

Sitzungsverlauf

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Online-Dienste

Recht

Intensive Befassung mit einer möglichen Neuregelung des assistierten Suizides

Zeit: Montag, 28. November 2022, 14 bis 19 Uhr
Ort: Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Sitzungssaal 3.101

Sachverständige und Abgeordnete haben am Montag, 28. November 2022, lang und intensiv in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses über eine mögliche Neuregelung des assistierten Suizides und der Sterbebegleitung debattiert. Grundlage der Anhörung waren drei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe von Abgeordnetengruppen in Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020. Das Gericht hatte das 2015 beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe in Paragraf 217 des Strafgesetzbuches für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

Ein zweiter Teil der Anhörung befasste sich mit einem Antrag zur Suizidprävention. 
Zum ersten Teil der Anhörung waren elf Sachverständige geladen, zum zweiten Teil fünf. Im ersten Teil der Anhörungen äußerten sich Vertreterinnen aus Medizin, Rechtswissenschaft, Medizinethik sowie der Hospizarbeit. Thematisch ging es vor allem um die allgemeine rechtliche Bewertung der Entwürfe vor dem Hintergrund des Verfassungsgerichtsurteils, die Einordnung der unterschiedlichen Beratungskonzepte sowie die Bedeutung von Suizidprävention. 

Die reale Zugangsmöglichkeit zum assistierten Suizid

Von den fünf geladenen Sachverständigen mit juristischem Hintergrund sprachen sich vier gegen den Gesetzentwurf der Gruppe von 85 Abgeordneten um Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) (20/904) aus. Rechtsanwalt Prof. Dr. Christoph Knauer, Vorsitzender des Ausschusses Strafprozessrecht der Bundesrechtsanwaltskammer, prognostizierte, dass der Castellucci-Entwurf vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben würde. Die vorgeschlagene Regelung enge die reale Zugangsmöglichkeit zum assistierten Suizid, den das Gericht angemahnt hatte, zu sehr ein, argumentierte Knauer. Das vorgesehene Beratungs- und Untersuchungsverfahren sei eine „Überregulierung“ und konterkariere die Vorgaben des Gerichts, führt der Jurist weiter aus. 

Ähnliche Argumente brachte die Rechtsanwältin Dr. Gina Greeve für den Deutschen Anwaltsverein gegen den Castellucci-Entwurf in Stellung. Der Entwurf sei nicht vereinbar mit den verfassungsgerichtlichen Vorgaben, sagte Greeve. Durch die strafrechtliche Regelung würde ein freiverantwortlich gefasster Sterbewunsch faktisch ins Leere laufen und unterbunden, kritisierte Greeve.

„Keine verfassungsrechtliche Schutzpflicht“

Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Karsten Gaede (Bucerius Law School, Hamburg) betonte, es gebe keine „verfassungsrechtliche Schutzpflicht“, die erneut eine allumfassende Strafrechtsnorm erzwinge. Die im Castellucci-Entwurf vorgesehenen Regelungen drohten vielmehr alle Beteiligten zu überfordern. 

Wie auch andere Sachverständige betonte der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Helmut Frister (Heinrich Heine Universität Düsseldorf) die Notwendigkeit einer Regulierung in dem Bereich. Das gelte etwa für den Schutz vor nicht freiverantwortlichen Suizidentscheidungen in Form einer Verpflichtung auf ein Verfahren zur Feststellung der Freiverantwortlichkeit. Dieses Verfahren müsse notwendigerweise schlank ausgestaltet werden. In seiner schriftlichen Stellungnahme kritisierte Frister am Castellucci-Entwurf „teilweise überzogenen Verfahrensanforderungen“. Ob sich der Entwurf damit im Bereich der Verfassungswidrigkeit bewegt, wollte Frister in der Anhörung nicht beurteilen.

Kritik auch an anderen Entwürfen

Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Arndt Sinn (Universität Osnabrück) argumentierte hingegen, dass der Entwurf den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspreche und einen legitimen Zweck, nämlich die Autonomie der suizidwilligen Person und das Rechtsgut Leben zu schützen, verfolge. Er regte allerdings eine regelungstechnische Änderung an. Sinn führte aus, dass es aktuelle viel Unklarheit in dem Bereich gebe. Der Castellucci-Entwurf würde nicht über die geltende Rechtslage hinausgehen, aber zu mehr Transparenz über Gebote und Verbote führen. Dem Vorwurf, es gehe im Kern nicht um das Strafrecht, wies Sinn zurück. Am Ende stelle sich jeder Hilfswillige die Frage nach Strafbarkeit, sagte Sinn.

Der Rechtswissenschaftler übte zudem Kritik an den beiden anderen Entwürfen – sie blieben hinter dem Schutzkonzept des Castellucci-Entwurfes zurück. Dem Entwurf der Gruppe von 68 Abgeordneten um Katrin Helling-Plahr (FDP) sehe nur ein Recht auf Beratung vor (20/2332). Damit werde der Schutz der autonomen Entscheidung nicht abgedeckt, es werde nicht sichergestellt, dass ein freiverantwortlicher Wille vorliegt, meinte Sinn. Mit Blick auf den Entwurf der 45 Abgeordneten (20/2293) um Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte der Rechtswissenschaftler die darin in einer bestimmten Konstellation vorgesehene Behördenentscheidung. Das sei eher abschreckend, als dass damit der Autonomie zur Geltung verholfen werde, meinte der Jurist.

Die Einbindung von Behörden

Der Rechtswissenschaftler Gaede argumentierte hingegen, dass es jenseits behandlungsbedürftiger Erkrankungen keinen Grund gebe, eine alleinige Entscheidung der Ärzteschaft über die Verschreibung tödlich wirkender Medikamente vorzusehen und kritisierte damit die Entwürfe der Gruppen Castellucci und Helling-Plahr. Das im Künast-Entwurf vorgesehen Kriterium einer medizinischen Notlage, die den Einbezug von Ärztinnen und Ärzten vorsieht und in andere Fällen einen Einbezug von Behörden, sei hingegen praktikabel, sagte Gaede. Ähnlich argumentierte die Vertreterin des Deutschen Anwaltsvereins. Die Differenzierung sei – auch hinsichtlich des Urteils des Verfassungsgerichts – zulässig und erforderlich, meinte Greeve. 

Kritischer sah die Unterscheidung zwischen schwerkranken Suizidwilligen und nicht-schwerkranken der Rechtsanwalt Knauer. Dies sei nicht vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts gedeckt. Wie auch der Rechtswissenschaftler Frister sah Knauer die Einbindung von Behörden eher kritisch.

Schutzkonzepte für Menschen in suizidalen Krisen

Die beiden Sachverständigen mit medizinischem Hintergrund sprachen sich insbesondere für eine stärkere Suizidprävention aus. Dr. Ute Lewitzka (Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden) sagte, es brauche „vor einer Regelung der Suizidassistenz dringend eine Regelung der Suizidprävention im Sinne einer gesetzlichen Regelung.“ In ihrer Stellungnahme stellte sie sich hinter die im Castellucci-Entwurf vorgesehene mindestens zweimalige Beratung von Sterbewilligen durch Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. 

Prof. Dr. Barbara Schneider (LVR-Klinik Köln) argumentierte aus der Perspektive der Suizidologie. Sie führte aus, dass Menschen in suizidalen Krisen in ihrer Wahrnehmung und Entscheidungsfindung eingeschränkt seien. Das bedeute aber nicht, dass ihre Freiverantwortlichkeit eingeschränkt sei. Darum bedürfe es eines Schutzkonzeptes für Menschen in suizidalen Krisen. Die bislang vorgestellten Konzepte für die Beratung sehe sie kritisch, führte Schneider aus. Menschen, die einen Suizid in Erwägung ziehen, bräuchten keine kurzen Gespräche, sondern langfristige Angebote und einfühlsame, vertrauensvolle, psychosoziale und gegebenenfalls therapeutische Begleitung, sagte die Chefärztin der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen.

„Die ideale Sterbehilfe bedeutet Lebensqualität“

Prof. Dr. Winfried Hardinghaus, Vorsitzender des Deutschen Hospiz- und Palliativ-Verbands, und Kerstin Kurzke, Leiterin der Hospiz- und Trauerarbeit des Malteser Hilfsdiensts in Berlin, sprachen sich vor allem dafür aus, dass Träger des Gesundheits- und Sozialwesen nicht dazu gezwungen werden dürften, Suizidhilfe in ihren Einrichtungen durchzuführen beziehungsweise zu dulden. Beide berichteten zudem aus ihrer Berufspraxis und forderten eine deutliche Stärkung der Palliativ- und Hospizarbeit sowie der Suizidprävention. 

Aus medizinethischer Sicht beschrieb Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert (Universität Münster) den grundsätzlichen Konflikt in der Debatte. Sie sprach sich ferner für eine Beratungspflicht aus und betonte die Notwendigkeit, Ärztinnen und Ärzte in den Prozess einzubeziehen. Der Sachverständige Maximilian Schulz schilderte seine Sicht auf die Sterbehilfe, zu der er auch öffentlich im „Spiegel“ Stellung bezogen hatte. Er sprach sich für einen möglichst einfachen und ungehinderten Zugang aus und unterstütze den Entwurf der Gruppe Helling-Plahr. „Die ideale Sterbehilfe bedeutet für mich Lebensqualität! Sie schenkt mir Zeit, die ich nicht darauf verwenden muss, die Art und den Zeitpunkt eines würdigen Todes entweder strafrechtlich abzustimmen oder von meiner medizinischen Notlage abhängig machen zu müssen“, sagte Schulz.

„Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben“

Mit ihren Gesetzentwürfen reagieren die Abgeordneten auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. Februar 2020. Die Karlsruher Richterinnen und Richter hatten seinerzeit das am 6. November 2015 vom Bundestag beschlossene und am 10. Dezember desselben Jahres in Kraft getretene Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Die in Paragraf 217 Strafgesetzbuch normierte Regelung hatte sich im Bundestag gegen drei konkurrierende Entwürfe durchgesetzt. Danach konnte sich strafbar machen, wer geschäftsmäßig die Selbsttötung eines anderen fördert. Auf ein kommerzielles Interesse kam es dabei nicht an, als geschäftsmäßig galt ein auf Wiederholung angelegtes Handeln. Die Abgeordneten hatten dabei unter anderem das Wirken von Sterbehilfe-Organisationen im Blick.

Dem Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe hielt das Verfassungsgericht entgegen, dass die Verfassung ein „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ umfasse und dafür auch Hilfe Dritte in Anspruch zu nehmen. Die Schutzpflicht des Staates für die Autonomie Suizidwilliger sowie für das Leben könne grundsätzlich eine strafrechtliche Regelung des Sachverhaltes rechtfertigen. Allerdings habe die vom Bundestag beschlossene Regelung die Möglichkeiten eines assistierten Suizids so sehr eingeschränkt, dass dem Einzelnen faktisch kein Raum zur Wahrnehmung seiner verfassungsrechtlichen geschützten Freiheit verbleibe, stellten die Richterinnen und Richter fest. Vor diesem Hintergrund schlagen alle drei Gesetzentwürfe einen Weg vor, wie Sterbewillige Hilfe zur Selbsttötung in Anspruch nehmen können. Die Entwürfe eint dabei zudem, dass sie auch den Zugang zu tödlich wirkenden Medikamenten regeln. Zudem sind in allen Entwürfen Beratungspflichten, wenn auch in stark divergierendem Umfang, vorgesehen, bevor ein tödliches Medikament verschrieben werden darf.

Gruppe Castellucci: Grundsätzliches Verbot mit Ausnahmen

Der wesentliche Unterschied zwischen den Entwürfen ist, wie sie sehr sie das postulierte Recht auf selbstbestimmtes Sterben beziehungsweise die Schutzpflicht für die Autonomie und das Leben betonen. Daraus folgt auch ein unterschiedlicher Bezug zum Strafrecht. Der „Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung“ (20/904) der Gruppe von 85 Abgeordneten aus Reihen aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD um den Abgeordneten Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD) bezieht sich auf die vom Verfassungsgericht beschriebene Möglichkeit einer strafrechtlichen Regelung und sieht ein grundsätzliches Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe vor.

Verstöße sollen mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden können. Nicht rechtswidrig ist die geschäftsmäßige Sterbehilfe danach, wenn bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich Beratungspflichten und Wartezeiten erfüllt sind. Konkret sollen Sterbewillige im Regelfall mindestens zwei Untersuchungen durch Fachärztinnen beziehungsweise Fachärzte für Psychiatrie oder Psychotherapie sowie mindestens eine weitere Beratung absolvieren. Zudem ist ein Verbot für die Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung vorgesehen, das sich an das abgeschaffte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche in Paragraf 219a Strafgesetzbuch anlehnt.

Gruppe Helling-Plahr: Jeder hat das Recht, Hilfe beim Suizid zu leisten

Die Entwürfe der Gruppe um 68 Abgeordnete (20/2332) aus den Reihen von SPD, Grünen, FDP und Linken um die Abgeordnete Katrin Helling-Plahr (FDP) sowie der Gruppe von 45 Abgeordneten aus den Reihen von SPD und Grünen (20/2293) um die Abgeordnete Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) eint hingegen, dass ihre Regelungsvorschläge vor allem darauf abzielen, Sterbewilligen Zugang zu tödlich wirkenden Medikamenten zu verschaffen und sich dabei unterstützen zu lassen.

Die Gruppe Helling-Plahr will mit ihrem Entwurf die Suizidhilfe in einem eigenen „Gesetz zur Wahrung und Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende (Suizidhilfegesetz)“ regeln. Danach sollen sich Sterbewillige durch einen Arzt beziehungsweise Ärztin nach Aufklärung ein tödlich wirkendes Medikament verschreiben lassen dürfen. Voraussetzung dafür ist unter anderem eine Beratung durch eine staatliche anerkannte Beratungsstelle, deren Ausgestaltung ebenfalls in dem Entwurf geregelt wird. Festgeschrieben werden soll auch, dass Dritte ein Recht haben, Menschen, die ihr Leben beenden wollen, Hilfe zu leisten und sie bis zum Eintritt des Todes zu begleiten. Zudem soll niemand aufgrund seiner oder ihrer Berufszugehörigkeit untersagt werden dürfen, diese Hilfe beziehungsweise Begleitung zu leisten. Wie die Abgeordneten ausführen, sollen damit gegenläufige Regelungen in den berufsständischen Ordnungen der Ärzteschaft abgelehnt werden.

Gruppe Künast: Zulassung für Sterbehilfe-Organisationen

Der Entwurf der Gruppe Künast wiederum sieht als Kernstück ein „Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben“ vor. In diesem wird verfahrenstechnisch zwischen Sterbewilligen in einer medizinischen Notlage und jenen, die sich nicht in einer medizinischen Notlage befinden, unterschieden. Im ersteren Fall sollen ebenfalls Ärztinnen oder Ärzte für die Verschreibung als auch für die Beratung zuständig sein. In das Verfahren sollen im Regelfall zwei Ärztinnen beziehungsweise Ärzte involviert werden. Im letzteren Fall soll der Sterbewillige seinen Sterbewunsch glaubhaft darlegen und einen Antrag bei einer vom jeweiligen Land zu bestimmenden Stelle stellen.

Weitere Voraussetzung ist unter anderem eine zweimalige Beratung in einer unabhängigen, staatlich zugelassenen Beratungsstelle. Der Entwurf sieht zudem Regelung für das Wirken von Hilfsanbietern vor, etwa zur Abgabe der tödlich wirkenden Medikamente an diese Hilfsanbieter. Für Hilfsanbieter ist eine Zulassung erforderlich. Der Entwurf sieht ferner strafrechtliche Regelungen vor. Danach soll mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für andere oder zum Missbrauch für Straftaten eine Bescheinigung für die Abgabe des Betäubungsmittels zu erhalten. Als Ordnungswidrigkeit soll unter anderem die „grob anstößige“ Werbung geahndet werden können.

Antrag zur Suizidprävention

In dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag setzen sich zahlreiche Abgeordnete für eine Stärkung der Suizidprävention ein. In Deutschland nähmen sich jedes Jahr mehr als 9.000 Menschen das Leben, die Zahl der Suizidversuche liege geschätzt zehn Mal so hoch, heißt es in dem Antrag (20/1121). Die Abgeordneten fordern eine Enttabuisierung und Entstigmatisierung von Suizidgedanken durch mehr Information und Aufklärung.

Durch verbesserte Lebensbedingungen müsse der Suizidalität vorgebeugt werden. Genannt werden die Armutsbekämpfung und Konzepte gegen Vereinsamung. Menschen mit Suizidgedanken bräuchten leicht erreichbare Angebote zur Beratung, Behandlung und Unterstützung am Lebensende. Zudem sollte der Zugang zu Suizidmitteln und -orten reduziert werden. Die Abgeordneten schlagen unter anderem einen bundesweiten Suizidpräventionsdienst vor, der Menschen mit Suizidgedanken und Angehörigen rund um die Uhr online sofortigen Kontakt mit geschultem Personal ermöglicht.

Antrag stößt auf Zustimmung

Der fraktionsübergreifende Gruppenantrag stieß bei Sachverständigen auf Zustimmung. Das wurde während des zweiten Teils der öffentlichen Anhörung deutlich. Zuvor hatten die Expertinnen und Experten mehrere Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidhilfe beziehungsweise der Sterbebegleitung beraten.

Suizidprävention sei enorm wichtig, sagte Prof. Dr. Helmut Frister vom Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf und Mitglied des Deutschen Ethikrates. Frister nannte es richtig, wenn in dem Antrag davon die Rede sei, dass die Akzeptanz des Rechts auf Suizid Grundlage der Suizidprävention sei. Das bedeute aber auch, dass Suizidprävention „nicht mehr eine Prävention um jeden Preis ist, sondern die Funktion hat, Entscheidungsspielräume wieder zu eröffnen und eine selbstbestimmte Entscheidung zu ermöglichen“. Wenn also nach Beratung die Entscheidung gegen das eigene Leben gefällt wird, sei das „keine Niederlage für den Berater“. Eine selbstbestimmte Entscheidung können schließlich in beide Richtungen ausfallen. Frister sprach sich dafür aus, die durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nötig gewordene Neuregelung der Suizidassistenz und die Suizidprävention einheitlich zu behandeln und einer gesetzlichen Regelung zuzuführen. 

Das Spektrum der Suizidprävention

Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl von der Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin sagte, Suizidprävention umfasse ein breites Spektrum an vorsorgenden und vorbeugenden Interventionen und Handlungsfeldern. Sie diene nicht der Verhinderung von Suiziden sondern der Vorbeugung und Verhinderung von Lebenslagen, in denen sich Menschen genötigt sehen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Suizidprävention müsse sehr niedrigschwellig sein,  aufklären und die gesamte Bevölkerung in den Blick nehmen, betonte Lob-Hüdepohl, der ebenfalls Mitglied des Deutschen Ethikrates ist. Der Antrag greife wesentliche Aspekte der genuin ethisch gebotenen Suizidprävention auf, befand er. Lob-Hüdepohl sagte weiter: Es brauche eine Normalisierung, die zu Enttabuisierung und zu Entstigmatisierung führe. Sie müsse aber abgegrenzt werden von einer Normalisierung, „die auf eine schleichende Gewöhnung hinausläuft“. 

Auch Heiner Melching, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, bewertete den Antrag positiv. Als Paliativmediziner sei er geübt im Umgang mit Sterbenden und mit Sterbewünschen, sagte Melching. „Die Hospiz- und Palliativversorgung leistet nach unserem Verständnis Prävention“, so der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Anders als Professor Frister sprach er sich für eine getrennte Betrachtung dieses „wunderbaren Entwurfes“ aus. Dies tue er schon aus pragmatischen Gründen, damit im Falle einer Verfassungsklage gegen ein Sterbehilfegesetz die Regelung zur Suizidprävention nicht mit runterfällt. 

„Nicht auf Ehrenamt und Spenden reduzieren“ 

Prof. Dr. Barbara Schneider, Chefärztin der Abteilung Abhängigkeitserkrankungen an der LVR-Klinik Köln, begrüßte den Antrag und forderte zugleich, die Arbeit der in der Suizidprävention Tätigen nicht nur ideell zu würdigen, sondern auch finanziell abzusichern. „Dies ist derzeit leider nicht der Fall“, sagte sie. Es sei nicht vermittelbar, wenn es auf der einen Seite ein staatlich finanziertes Beratungsnetz für den Zugang zum attestierten Suizid geben soll – Beratungsstellen und Angebote, die den Menschen in Krisen das Leben und ihre Selbstbestimmung ermöglichen wollten, aber große Schwierigkeiten hätten, ihr Angebot aufrechtzuerhalten. Suizidprävention koste Geld und sei keine Aufgabe, die auf Ehrenamt und Spendenfinanzierung reduziert werden könne, sagte Schneider. 

In Übereinstimmung mit ihren Vorrednern betonte sie, Suizidprävention sehe nicht vor, den Betroffenen ihre Suizidgedanken auszureden. Die Gespräche seien immer ergebnisoffen. Sie sollten den Betroffenen helfen, selbstbestimmt zu entscheiden. 

„Suizidwünsche in Lebenswünsche verwandeln“

Positiv war auch die Bewertung durch Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert vom Institut Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin an der Universität Münster. Der Antrag verdiene jede Zustimmung. Er greife Sachen auf, die längst schon überfällig seien – etwa die Finanzierung, die Forschungsausstattung und die Etablierung von Beratungsstellen. 

Der Antrag sei aber weitgehend unabhängig von der Suizidbegleitungsfrage, sagte Schöne-Seifert. Es müsse darum gehen, möglichst viele unfreie Suizide zu verhindern. Das könne durch Prävention gelingen und sei auch ein Ziel dieses Antrags. Ein zweites Ziel sei es, freie Suizidwünsche in freie Lebenswünsche zu verwandeln. Gleichzeitig gelte es aber auch, freie Suizidvorhaben nicht zu sabotieren. „Diese Ziele dürfen nicht miteinander verrechnet oder zusammengeführt werden“, sagte sie. Wenn es ein liberaleres Suizidhilfegesetz gebe, was sie ganz stark favorisiere, werde es mehr Suizide geben. „Darauf müssen wir gefasst sein und können das nicht hinterher als Versagen dieses Ansatzes abstempeln“, machte Schöne-Seifert deutlich. (scr/hau/29.11.2022)

Dokumente

  • 20/904 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung
    PDF | 310 KB — Status: 07.03.2022
  • 20/1121 - Antrag: Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen
    PDF | 238 KB — Status: 22.03.2022
  • 20/2293 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Änderung weiterer Gesetze
    PDF | 287 KB — Status: 17.06.2022
  • 20/2332 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Suizidhilfe
    PDF | 306 KB — Status: 21.06.2022

Tagesordnung

  • Tagesordnung der 32. Sitzung - 28. November 2022, 14.00 Uhr - öffentliche Anhörung

Protokolle

  • Wortprotokoll
  • Stellungnahmen gesamt

Sachverständigenliste

  • Liste der Sachverständigen für den ersten Teil (Sterbebegleitung)
  • Liste der Sachverständigen für den zweiten Teil (Suizidprävention)

Stellungnahmen

  • Stellungnahme Prof. Dr. Helmut Frister
  • Stellungnahme Prof. Dr. Karsten Gaede
  • Stellungnahme Dr. Gina Greeve, Deutscher Anwaltverein e. V.
  • Stellungnahme Prof. Dr. Winfried Hardinghaus, Deutscher Hospiz- und Palliativ Verband e. V., Berlin
  • Stellungnahme Prof. Dr. Christoph Knauer
  • Stellungnahme Kerstin Kurzke, Malteser Hilfsdienst e. V.
  • Stellungnahme Priv.-Doz. Dr. med. habil. Ute Lewitzka, Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention
  • Stellungnahme Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl
  • Stellungnahme Heiner Melching, Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V.
  • Stellungnahme Prof. Dr. med. Barbara Schneider (Teil I)
  • Stellungnahme Prof. Dr. med. Barbara Schneider (Teil II)
  • Stellungnahme Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert (Teil I)
  • Stellungnahme Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert (Teil II)
  • Stellungnahme Maximilian Schulz
  • Stellungnahme Prof. Dr. Arndt Sinn

Weitere Informationen

  • Rechtsausschuss
  • Initiativstellungnahme Bundesärztekammer
  • Initiativstellungnahme Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben e. V.
  • Initiativstellungnahme Diakonie Deutschland. Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.
  • Initiativstellungnahme Dr. Ingmar Hornke
  • Initiativstellungnahme Kommissariat der deutschen Bischöfe und des Deutschen Caritasverbandes e. V.
  • Stellungnahme Zentralrat der Konfessionsfreien

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Online-Dienste

Recht

Bundestag lehnt Gesetzentwürfe zur Reform der Sterbehilfe ab

Der Bundestag hat am Donnerstag, 6. Juli 2023, zwei Gesetzentwürfe von fraktionsübergreifenden Gruppen über eine Neuregelung der Suizidhilfe mehrheitlich zurückgewiesen. Einen gemeinsamen Antrag beider Gruppen mit dem Titel „Suizidprävention stärken“ (20/7630) nahm das Parlament hingegen mit 692 Ja-Stimmen bei einer Nein-Stimme und vier Enthaltungen an. 

Keine Mehrheit für Initiativen zur Sterbehilfe

Die beiden Gesetzesinitiativen hatten am Mittwoch, 5. Juli, den federführenden Rechtsausschuss passiert. Zwei der ursprünglich drei eingebrachten Entwürfe (20/2332, 20/2293) legte der Ausschuss auf Antrag der beiden Gruppen zusammen (20/7624). Der dritte Entwurf (20/904) passierte das Gremium in geänderter Fassung. Beide Entwürfe einte, dass mit ihnen Voraussetzungen geschaffen werden sollten, unter denen Suizidwillige Zugang zu tödlich wirkenden Medikamenten erhalten können. Dazu waren unter anderem Änderungen im Betäubungsmittelgesetz vorgesehen. Beide Entwürfe sahen zudem eine Regulierung der Werbung für Hilfe zur Selbsttötung im Heilmittelwerbegesetz sowie jeweils eine Evaluierung vor.

Der Entwurf (20/904) der Gruppe unter anderem um die Abgeordneten Dr. Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling und Stephan Pilsinger (beide CDU/CSU), Dr. Kirsten Kappert-Gonther und Dr. Konstantin von Notz (beide Bündnis 90/Die Grünen), Petra Pau und Kathrin Vogler (beide Die Linke) sowie Benjamin Strasser (FDP) strebte eine Regelung im Strafgesetzbuch an, die geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe stellt – und Ausnahmen normiert, unter denen Förderungshandlungen nicht rechtswidrig sind. In der namentlichen Abstimmung im Parlament sprachen sich 363 Abgeordnete gegen den Entwurf aus. 303 Parlamentarier votierten für ihn, 23 enthielten sich der Stimme.  

Der zusammengelegte Entwurf der Gruppen unter anderem um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr und Otto Fricke (beide FDP), Dr. Petra Sitte (Die Linke), Helge Lindh (SPD) und Dr. Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen) sowie die Abgeordneten Renate Künast, Dr. Nina Scheer, Katja Keul, Canan Bayram, Lukas Benner und Matthias Gastel (alle Bündnis 90/Die Grünen) sowie Dr. Edgar Franke und Dirk Heidenblut (beide SPD) sah im Kern ein neues Suizidhilfegesetz vor. Darin sollte das Recht auf Hilfe zur Selbsttötung und auf Unterstützung von suizidwilligen Personen normiert werden. Die Länder sollten dafür Sorge tragen, staatlich anerkannte Beratungsstellen einzurichten. Im Parlament fand auch dieser Entwurf keine Mehrheit: 375 Abgeordnete votierten gegen die Vorlage, 286 Parlamentarier stimmten dafür, es gab 20 Enthaltungen. 

Wesentliche Unterschiede der Entwürfe betrafen die Form und den zu involvierenden Personenkreis der notwendigen Untersuchungen beziehungsweise Beratung als Voraussetzung für die Verschreibung eines tödlich wirkenden Medikaments sowie Warte- und Höchstfristen für Untersuchungs- und Beratungstermine sowie die Verschreibung des Medikaments. Beide Entwürfe sahen unter bestimmten Voraussetzungen Härtefallregelungen vor. 

„Entscheidung des BVerfG bereitet vielen Kopfzerbrechen“

Für den Entwurf der Gruppe um Lars Castellucci sprachen sich unter anderem die Initianten Dr. Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU/CSU) und Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) aus. Castellucci betonte, dass Verfassungsgericht habe festgestellt, dass es zur Selbstbestimmung gehöre, über das eigene Ende entscheiden zu können. „Das müssen wir achten“, sagte der Abgeordnete. Das Gericht habe auch klar gemacht, dass diese Selbstbestimmung nicht vorausgesetzt werden könne, es müsse festgestellt werden, dass es wirklich eine freie Entscheidung sei. Castellucci unterstrich, dass eine strafrechtliche Lösung notwendig sei. „Ein Schutzkonzept, das keine Konsequenzen hat, wenn man es verletzt, ist kein Schutzkonzept“. Am Entwurf der Gruppen um Helling-Plahr und Künast kritisierte Castellucci, dass nur eine Beratung vorgesehen sei. So könne man die Dauerhaftigkeit von Suizidwünschen nicht feststellen, das verletze die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

Heveling ging ebenfalls auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ein. „Diese sehr weitgehende Entscheidung bereitet vielen – und ich nehme mich da nicht aus – Kopfzerbrechen.“ Assistierter Suizid sei nicht nur eine Frage, die den Einzelnen betrifft, sondern mache auch etwas mit anderen, sagte der Abgeordnete. Deshalb sei ihm klar geworden, es brauche erneut eine gesetzliche Regelung. Der Schutz der Selbstbestimmung  könne nur mit dem Strafrecht effektiv gewährleistet werden. Auch in anderen europäischen Ländern – Heveling nannte die Schweiz und die Niederlande – würden Grenzen der Suizidhilfen im Strafrecht gesetzt. Der Entwurf der Gruppe stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes, sagte Heveling.

Kappert-Gonther betonte die Bedeutung der Entscheidung des Bundestages. „Diese wird nicht nur individuell bedeutsam sein, sondern vor allem darüber entscheiden, wie wir künftig als Gesellschaft mit Menschen in Krisen und Grenzsituationen umgehen“, sagte die Abgeordnete. Aktuell finde Suizidassistenz ohne klare Regeln statt, immer häufiger auch in Pflegeheimen. Gerade für vulnerable Menschen, „die einsam, arm und in existenziellen Krisen sind, Menschen, die keine adäquate Pflege finden, oder die psychisch krank sind“, brauche es ein Schutzkonzept. Um ihre Autonomie zu sichern, müssten sie vor Drucksituationen geschützt werden. „Das ist auch eine Frage sozialer Gerechtigkeit“, sagte Kappert-Gonther. 

„Strafrecht ist keine Antwort“

Unter anderem Katrin Helling-Plahr (FDP), Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) und Dr. Petra Sitte (Die Linke) sprachen sich für den von ihren jeweiligen Gruppen zusammengelegten Entwurf aus. „Das Ergebnis steht heute zur Abstimmung: Es lässt niemanden alleine“, sagte Helling-Plahr. Sie führte aus, dass trotz eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts von 2017 Suizidwilligen der Zugang zu tödlich wirkenden Menschen verwehrt bleibe. Die Menschen werden mit „ihren Schmerzen, ihrer Angst und dem Wunsch, gehen zu dürfen“, allein gelassen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts werde eine rechtssichere Lösung benötigt, bei der niemand bezweifle, dass sie vor dem Gericht bestand habe. Sie warb für das Beratungskonzept in dem von den beiden Gruppen zusammengelegten Entwurf. Es sei ein Auffangnetz „ohne Bevormundung“, sagte Helling-Plahr.

Künast kritisierte, dass die Gruppe um Lars Castellucci erneute eine Regelung im Strafgesetzbuch vorsieht. Das helfe weder den Betroffenen noch Ärztinnen und Ärzten. Betroffene könnten Angst haben, jemanden, den sie um Hilfe fragen, in den Bereich der Strafbarkeit zu bringen. Die Regelung könnte erneut in Karlsruhe landen, warnte Künast. „Wir müssen eine breite Tür für Beratung haben, weil das Selbstbestimmung ermöglicht, aber auch Lebensschutz. Nur das ist der Weg, bei dem wir niemanden alleine lassen“, warb Künast für den Entwurf der beiden Gruppen.

Petra Sitte betonte ebenfalls, dass das Strafrecht keine Antwort sei. Die Gerichte würden sich erneut damit befassen, jahrlange Unsicherheit würde folgen und erneut die Gefahr bestehen, wie nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, in eine regelungsfreie Zeit zu fallen. Sie kritisierte es als „unhaltbare Unterstellung“, der zusammengelegte Entwurf der beiden Gruppen würde Suizidhilfe fördern wollen, es geh vielmehr darum, Suizidhilfe nicht zu kriminalisieren.

Kritik an beiden Entwürfen

Abgeordnete aus der AfD-Fraktion waren an der Ausarbeitung der Entwürfe und des Antrages nicht beteiligt. Diesen Umstand kritisierte der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz scharf. Er wies darauf hin, dass auch in der Fraktion keine einhellige Auffassung zu dem Thema vertreten werde.

Er sprach sich gegen beide Entwürfe aus, der Entwurf der Castellucci-Gruppe entspreche nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, dem Helling-Plahr/Künast mangle es an einem ausreichenden Schutzkonzept. Die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch sprach sich gegen den assistierten Suizid im Allgemeinen aus. „Anfang und Ende des Lebens liegen allein in Gottes Hand – daran glaube ich“, so von Storch.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Hintergrund der eingebrachten Gesetzentwürfe zu einer Reform der Sterbehilfe war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Februar 2020 (2 BvR 2347/15). Das Gericht hatte das 2015 beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt und betont, dass die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, – als Ausdruck des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben – auch die Freiheit umfasse, „hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen“.

Entwurf der Gruppe Castellucci et al.

Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf nahm der Ausschuss auf Antrag der Gruppe Castellucci einige Änderungen an dem Entwurf an. Unter anderem sollte durch Ergänzungen im Elften Sozialgesetzbuch sowie im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz sichergestellt werden, dass „Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens grundsätzlich nicht verpflichtet sind, an einer Selbsttötung mitzuwirken oder die Durchführung von Förderungshandlungen zur Selbsttötung in ihren Räumlichkeiten zu dulden“, wie es in dem Änderungsantrag heißt. Entsprechende Forderungen hatten Vertreter aus der Hospizbewegung in der Sachverständigenanhörung geäußert. Gestrichen wurde das ursprünglich im Strafgesetzbuch vorgesehene Werbeverbot für die Hilfe zur Selbsttötung. 

Grundsätzlich sah der Entwurf einen neuen Paragrafen 217 Strafgesetzbuch vor, nach dem die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird. Nicht rechtswidrig ist die Förderungshandlung demnach, wenn der volljährige und einsichtsfähige Suizidwillige mindestens zwei Untersuchungstermine sowie mindestens ein Beratungsgespräch absolviert hat.

Ziel der Untersuchung

Die Untersuchung hat demnach zum Ziel, festzustellen, dass „keine die autonome Entscheidungsfindung beeinträchtigende psychische Erkrankung vorliegt und nach fachlicher Überzeugung das Sterbeverlangen freiwilliger, ernsthafter und dauerhafter Natur ist“. Dafür sollten in der Regel mindestens zwei Termine mit einem Mindestabstand von drei Monaten vorausgesetzt werden. Die Untersuchung sollte von einer Fachärztin beziehungsweise einem Facharzt der Fachrichtungen Psychiatrie oder Psychotherapie oder einer Person mit psychotherapeutischer Qualifikation, die jeweils nicht an der Selbsttötung beteiligt sind, vorgenommen werden. Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf wurde mit dem Änderungsantrag der Kreis um Psychotherapeuten beziehungsweise Psychotherapeutinnen erweitert. 

Die untersuchende Person sollte laut Entwurf auch Maßgaben für mindestens ein „individuell angepasstes, umfassendes und ergebnisoffenes Beratungsgespräch“ entwickeln. Dieses Beratungsgespräch „mit einem multiprofessionellen und interdisziplinären Ansatz bei einem weiteren Arzt oder einer weiteren Ärztin, einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin, einer psychosozialen Beratungsstelle, einer Suchtberatung oder einer Schuldenberatung“ sollte vor der abschließenden Untersuchung stattfinden. Das Gespräch sollte laut Entwurf unter anderem eine „Aufklärung über den mentalen und physischen Zustand“, „Möglichkeiten der medizinischen Behandlung und Alternativen zur Selbsttötung“ sowie „mögliche psychologische und physische Auswirkungen eines fehlgeschlagenen Selbsttötungsversuchs sowie soziale Folgen einer durchgeführten Selbsttötung“ umfassen. 

Wartefrist von zwei Wochen

Nach Abschluss der Untersuchungs- und Beratungsphase sollte laut Entwurf vor der Selbsttötung eine Wartefrist von zwei Wochen eingehalten werden. Die Selbsttötung muss laut Entwurf innerhalb von zwei Monaten „nach der letzten psychiatrischen oder psychotherapeutischen Untersuchung“ erfolgen. Die Möglichkeit zur Verschreibung tödlich wirkender Medikamente soll Ärztinnen und Ärzten über eine Änderung im Betäubungsmittelgesetz eingeräumt werden.

Der Entwurf sah Ausnahmen von den mindestens zwei Untersuchungen für den Fall vor, dass die untersuchende Person zu dem Schluss kommt, dass dies für die suizidwillige Person „nicht zumutbar“ ist, „insbesondere bei Vorliegen einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, und von einer weiteren Untersuchung offensichtlich keine weitere Erkenntnis zur Freiwilligkeit, Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Sterbeverlangens zu erwarten ist“. In diesem Fall sollte ein Untersuchungstermin ausreichen.

Zusammengelegter Entwurf der Gruppen Helling-Plahr et al. und Künast et al. 

Der Entwurf der Gruppe Helling-Plahr/Künast sah als Kern ein neues „Gesetz zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Regelung der Hilfe zur Selbsttötung“ (Suzidhilfegesetz) vor. Danach sollte mit diesem Gesetz normiert werden, dass „jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben eigenhändig beenden möchte“, das Recht hat, „hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen“. Zudem soll auch das „Recht auf Hilfeleistung“ festgeschrieben werden. Die Verschreibung eines tödlich wirkenden Medikaments durch einen Arzt oder eine Ärztin setzt laut Entwurf grundsätzlich eine Beratung voraus. Zudem war eine Härtefallregelung vorgesehen und eine Regelung, die eine Abgabe ohne Verschreibung durch einen Arzt oder eine Ärztin vorsieht.

Eine Pflicht zur Hilfe zur Selbsttötung sollte laut Entwurf ausgeschlossen werden, ebenso soll es nicht möglich sein, einer Person „aufgrund ihrer Berufszugehörigkeit“ die Mitwirkung beziehungsweise die Nicht-Mitwirkung an der Hilfe zur Selbsttötung zu untersagen. 

Laut Entwurf sollte das Gesetz „eine autonome und vollinformierte Entscheidungsfindung suizidwilliger Personen sicherstellen“. Wesentlich zur Feststellung des autonom gebildeten, freien Willens ist demnach eine Beratung.

Ergebnisoffene Beratungsgespräche

Laut Entwurf sollte ein Recht, „sich zu Fragen der Hilfe zur Selbsttötung beraten zu lassen“, festgeschrieben werden. Die Beratung ist demnach „ergebnisoffen zu führen, darf nicht bevormunden und muss vom Grundwert jedes Menschenlebens ausgehen“. In der Beratung sollten „die für eine Entscheidung für oder gegen eine Selbsttötung erheblichen Gesichtspunkte“ vermittelt werden, unter anderem „die Bedeutung und die Tragweite der Selbsttötung“, Handlungsalternativen sowie „die Folgen einer Selbsttötung und eines fehlgeschlagenen Selbsttötungsversuches auch für das nähere persönliche und familiäre Umfeld“. Zu der Beratung könnten demnach im Einvernehmen weitere Personen, beispielsweise Ärztinnen oder Psychologen, hinzugezogen werden. Keine Beratung sollte laut Entwurf von einer Person vorgenommen werden dürfen, „die an einer späteren Hilfe zur Selbsttötung beteiligt ist“.

Der Entwurf sah vor, dass die Länder für ein ausreichendes Angebot an Beratungsstellen Sorge zu tragen haben. Beratungsstellen bedürfen demnach einer staatlichen Anerkennung, auch freie Träger und Ärztinnen und Ärzte sollten anerkennungsfähig sein. Zu den Anerkennungsvoraussetzungen soll unter anderem zählen, dass die Beratungsstelle über „hinreichend persönlich und fachlich qualifiziertes und der Zahl nach ausreichendes Personal verfügt“. Ferner soll eine Beratungsstelle „mit keiner Einrichtung, in der Hilfe zur Selbsttötung geleistet wird, derart organisatorisch oder durch wirtschaftliche Interessen verbunden“ sein, „dass hiernach ein materielles Interesse der Beratungseinrichtung an der Durchführung von Hilfe zur Selbsttötung nicht auszuschließen ist“. Für einen Übergangszeitraum – längsten bis zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes – sollte jeder Arzt oder Ärztin eine Beratung ohne Anerkennung vornehmen dürfen.

Beratung in einer anerkannten Beratungsstelle

Die Verschreibung eines tödlich wirkenden Medikaments durch einen Arzt oder eine Ärztin setzt laut Entwurf eine Beratung in einer anerkannten Beratungsstelle voraus, zudem soll der verschreibende Arzt oder die Ärztin verpflichtet sein, „die suizidwillige Person mündlich und in verständlicher Form über sämtliche für die Selbsttötung wesentlichen medizinischen Umstände aufzuklären“. Bei erkrankten suizidwilligen Personen ist zudem „auch auf Behandlungsmöglichkeiten und Möglichkeiten der Palliativmedizin hinzuweisen“. Die Verschreibung sollte dann möglich sein, wenn die suizidwillige Person sich höchsten zwölf Wochen und mindestens drei Wochen vorher hat beraten lassen.

Der Entwurf sah zudem eine Härtefallregelung vor, die Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, auf die Vorlage einer Beratungsbescheinigung in besonderen Härtefällen zu verzichten. Diese Einschätzung sollte laut Entwurf von einer weiteren Ärztin oder Arzt bestätigt werden müssen. 

Zudem sah der Entwurf vor, dass in Ausnahmefällen auch eine nach Landesrecht zuständig Stelle einer suizidwilligen Person „eine einer ärztlichen Verschreibung gleichstehende Erlaubnis zum Erwerb eines Arznei- oder Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung“ erteilen muss, wenn die Voraussetzungen für die ärztliche Verschreibung vorliegen und die suizidwillige Person glaubhaft macht, dass eine ärztliche Verschreibung „nicht in zumutbarer Weise zu erlangen ist“. 

In einem Nebenaspekt sah der Entwurf eine strafrechtliche Regelung vor. Die strafbare Verletzung von Privatgeheimnissen (Paragraf 203 Strafgesetzbuch) sollte auch im Kontext der im Entwurf vorgesehen Beratungsstellen einschlägig sein. (scr/06.07.2023)

Reden zu diesem Tagesordnungspunkt

Bärbel Bas

Bärbel Bas

© Bärbel Bas / Photothek Media Lab

Bas, Bärbel

Bundestagspräsidentin

Katrin Helling-Plahr

Katrin Helling-Plahr

© Katrin Helling-Plahr

Helling-Plahr, Katrin

FDP

Prof. Dr. Lars Castellucci

Prof. Dr. Lars Castellucci

© DBT/Stella von Saldern

Castellucci, Dr. Lars

SPD

Thomas Seitz

Thomas Seitz

© DBT/Inga Haar

Seitz, Thomas

AfD

Renate Künast

Renate Künast

© Renate Künast/Laurence Chaperon

Künast, Renate

Bündnis 90/Die Grünen

Ansgar Heveling

Ansgar Heveling

© Ansgar Heveling/ Tobias Koch

Heveling, Ansgar

CDU/CSU

Beatrix von Storch

Beatrix von Storch

© Vadim Derksen

Storch, Beatrix von

AfD

Helge Lindh

Helge Lindh

© Photothek Media Lab

Lindh, Helge

SPD

Dr. Kirsten Kappert-Gonther

Dr. Kirsten Kappert-Gonther

© Bündnis 90/Die Grünen Landesverband Bremen/ Caspar Sessler

Kappert-Gonther, Dr. Kirsten

Bündnis 90/Die Grünen

Nina Scheer

Nina Scheer

© Nina Scheer

Scheer, Dr. Nina

SPD

Stephan Pilsinger

Dr. med. Stephan Pilsinger

© Stephan Pilsinger/ Christian Kaufmann

Pilsinger, Dr. Stephan

CDU/CSU

Petra Sitte

Petra Sitte

© Petra Sitte/Nancy Glor

Sitte, Dr. Petra

Die Linke

Kathrin Vogler

Kathrin Vogler

© Kathrin Vogler/ Jennifer Kölker

Vogler, Kathrin

Die Linke

Lukas Benner

Lukas Benner

© Lukas Benner / Daniel Hofer

Benner, Lukas

Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Lina Seitzl

Dr. Lina Seitzl

© Lina Seitzl/ Denise Claus/Kleinebildkunst

Seitzl, Dr. Lina

SPD

Martina Stamm-Fibich

Martina Stamm-Fibich

© DBT/ Inga Haar

Stamm-Fibich, Martina

SPD

Elisabeth Winkelmeier-Becker

Elisabeth Winkelmeier-Becker

© DBT/ Inga Haar

Winkelmeier-Becker, Elisabeth

CDU/CSU

Otto Fricke

Otto Fricke

© Otto Fricke/Christian Kaufels

Fricke, Otto

FDP

Benjamin Strasser

Benjamin Strasser

© Benjamin Strasser/ James Zabel

Strasser, Benjamin

FDP

Yvonne Magwas

Yvonne Magwas

© Yvonne Magwas/Tobias Koch

Magwas, Yvonne

Bundestagsvizepräsidentin

Dokumente

  • 20/904 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung
    PDF | 310 KB — Status: 07.03.2022
  • 20/2293 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Änderung weiterer Gesetze
    PDF | 287 KB — Status: 17.06.2022
  • 20/2332 - Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Suizidhilfe
    PDF | 306 KB — Status: 21.06.2022
  • 20/7624 - Beschlussempfehlung und Bericht: a) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Lars Castellucci, Ansgar Heveling, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Dr. Konstantin von Notz, Petra Pau, Stephan Pilsinger, Benjamin Strasser, Kathrin Vogler und weiterer Abgeordneter - Drucksache 20/904 - Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung und zur Sicherstellung der Freiverantwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Dr. Petra Sitte, Helge Lindh, Dr. Till Steffen, Otto Fricke und weitere Abgeordnete - Drucksache 20/2332 - Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Suizidhilfe c) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Renate Künast, Dr. Nina Scheer, Katja Keul und weitere Abgeordnete - Drucksache 20/2293 - Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben und zur Änderung weiterer Gesetze d) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Lars Castellucci, Ansgar Heveling, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Stephan Pilsinger, Benjamin Strasser, Kathrin Vogler, Petra Pau und weiterer Abgeordneter - Drucksache 20/1121 - Suizidprävention stärken und selbstbestimmtes Leben ermöglichen
    PDF | 475 KB — Status: 05.07.2023
  • 20/7630 - Antrag: Suizidprävention stärken
    PDF | 198 KB — Status: 05.07.2023
  • Fundstelle im Plenarprotokoll

Beschluss

  • namentliche Abstimmung über Gesetzentwurf 20/904 (Beschlussempfehlung 20/7624 Buchstabe a: Beschluss im Plenum herbeiführen)
  • 10:50:42: Beginn der namentlichen Abstimmung
  • 10:59:38: Ende der namentlichen Abstimmung
  • 10:59:43: Beginn der Sitzungsunterbrechung
  • 11:08:35: Ende der Sitzungsunterbrechung
  • endgültiges Ergebnis
  • Gesamt: 687 Ja: 302 Nein: 362 Enthaltungen 23
  • Gesetzentwurf 20/904 abgelehnt


namentliche Abstimmung über Gesetzentwurf 20/2332 und 20/2293 (Beschlussempfehlung 20/7624 Buchstabe b: Beschluss im Plenum herbeiführen)
11:10:51: Beginn der namentlichen Abstimmung
11:17:52: Ende der namentlichen Abstimmung
11:18:01: Beginn der Sitzungsunterbrechung
11:25:39: Ende der Sitzungsunterbrechung
endgültiges Ergebnis
Gesamt: 681 Ja: 286 Nein: 375 Enthaltungen 20
Gesetzentwurf 20/2332 und 20/2293 abgelehnt

namentliche Abstimmung über Antrag 20/7630
11:27:02: Beginn der namentlichen Abstimmung
11:33:22: Ende der namentlichen Abstimmung
11:33:33: Beginn der Sitzungsunterbrechung
12:00:28: Ende der Sitzungsunterbrechung
12:01:12: Beginn der namentlichen Abstimmung
12:24:51: Ende der namentlichen Abstimmung
endgültiges Ergebnis
Gesamt: 692 Ja: 687 Nein: 1 Enthaltungen 4
Antrag 20/7630 angenommen

Tagesordnung

Sitzungsverlauf

Herausgeber

Deutscher Bundestag, Online-Dienste

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Stand: 25.05.2025