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Marcus Faber: Ukraine-Beitritt ist strategisches Ziel der EU

Porträtaufnahme von Marcus Faber

Marcus Faber, Leiter der deutschen Delegation zur Interparlamentarischen Konferenz für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (IPK GASP/GSVP) (Dr. Marcus Faber / Susanne Schmidt)

„Der Beitritt der Ukraine in die Europäische Union ist ein strategisches Ziel der EU“, sagt Dr. Marcus Faber (FDP), Leiter der deutschen Delegation zur Interparlamentarischen Konferenz für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (IPK GASP/GSVP), nach der Frühjahrstagung der IPK GASP/GSVP am 2. und 3. März 2023 in Stockholm. Bei der Militärhilfe für die Ukraine jedoch gäben die die EU-Mitglieder eher ein fragmentiertes Bild ab. Über die europäische Sicherheit in Zeiten des Krieges, die Notwendigkeit eines neuen strategischen Konzepts der EU und den Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens spricht Faber im Interview. Das Interview im Wortlaut:

Herr Dr. Faber, die Europäische Union ist ein Friedensprojekt. Russland hat den Krieg zurück nach Europa gebracht. Stehen die EU-Mitglieder geschlossen hinter den gemeinsamen Werten und zeigen gegenüber dem Angriffskrieg auf die Ukraine Flagge? 

Alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union stehen hinter der Ukraine und verurteilen den russischen Angriffskrieg. Leider ergreifen aber fast alle Mitgliedsstaaten nur eigene Initiativen bei der militärischen Unterstützung der Ukraine. 

Was bedeutet die sicherheitspolitische Zeitenwende für die Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union?

Die Europäische Union muss ein selbständiger Pfeiler in der Nato sein. Hierbei ist neben der Selbständigkeit auch die Handlungsfähigkeit ein entscheidender Faktor, welcher im Rahmen der sicherheitspolitischen Zeitenwende für die Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik von entscheidender Bedeutung ist. 

Die jüngste strategische Doktrin der EU wurde kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine verabschiedet. Muss das Dokument aktualisiert werden? 

Das Dokument muss aktualisiert werden, da strategische Papiere, die vor dem 24. Februar 2022 verabschiedet wurden, nicht mehr aktuell sind. 

Ist der Beitritt der Ukraine für die EU ein strategisches außen- und sicherheitspolitisches Ziel? Und wie schnell sollte und kann das gehen? 

Der Beitritt der Ukraine in die Europäische Union ist ein strategisches Ziel der EU. Wir wissen aber aus anderen Beitrittsprozessen, dass sich diese über einen sehr langen Zeitraum erstrecken. Ich glaube persönlich nicht daran, dass dies noch in diesem Jahrzehnt passieren wird. 

Die EU-Mitglieder Finnland und Schweden wollen sich dem Nordatlantischen Verteidigungsbündnis Nato anschließen. Ein Gewinn für die europäische Sicherheit?

Ja, es ist ein Gewinn für die europäische Sicherheit insgesamt. Wenn die Kongruenz zwischen EU und Nato steigt, da die Europäische Union auch ein Verteidigungsbündnis ist. Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedsstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung. Das ist im EU-Vertrag bereits so geregelt. Je mehr Deckungsgleichheit hierbei erreicht wird, um so besser lässt sich eine gemeinsame Verteidigung im Angriffsfall realisieren.

Zu den vier Tagesordnungspunkten gehörte neben dem Ukrainekrieg, dem strategischen Kompass der Union und den Prioritäten der GASP/GSVP auch die arktischen Region. Worum ging es den nordischen Gastgebern dabei?

Bei der Betrachtung der arktischen Region ging es um die Sicherheit der Seewege, die Arktis als Ökosystem und die Verteidigungsfähigkeit von Spitzbergen.

Warum hat sich Josep Borrell nicht die Ehre gegeben? Der Austausch mit dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gehört doch zur DNA der Konferenz.

Das ist eine sehr gute Frage. Ohne die Teilnahme des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bleibt der Austausch auf die legislative Ebene beschränkt. Das ist sehr bedauerlich und sollte nicht zur Gewohnheit werden. 

(ll/28.03.2023)

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