Finanzminister Klingbeil: Wir müssen auf Reformkurs bleiben
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat in der Befragung der Bundesregierung am Mittwoch, 3. Dezember 2025, die Prioritäten der Bundesregierung hervorgehoben. Dazu zählen für ihn die Sicherung von Arbeitsplätzen und der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Im Ausland werde positiv bewertet, was die Bundesregierung bisher unternommen habe, von der Errichtung des neuen Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität über den Wachstumsbooster bis zu besseren Abschreibungsmöglichkeiten für die Unternehmen. Der Standort gewinne an Attraktivität.
Die internationale Lage sei schwierig, chinesische Überkapazitäten und Exportkontrollen machten es der deutschen Wirtschaft schwer. Besonders schwierig sei die Lage in der Stahl-, Automobil- und Chemiebranche. „Wir müssen auf Reformkurs bleiben, die Modernisierung des Landes weiter vorantreiben“, sagte der Minister und kündigte an, in den nächsten Tagen zusammen mit Wirtschaftsministerin Reiche den Deutschlandfonds vorzustellen.
Zu den Verhandlungen über einen Frieden in der Ukraine bekräftigte Klingbeil das „klare Signal“ als größter Unterstützer der Ukraine: „Wir stehen an ihrer Seite.“ Eine Entscheidung über die Deutschen und die Europäer hinweg dürfe es nicht geben.
Frei: Die Lage ist mehr als herausfordernd

Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU/CSU) während der Regierungsbefragung (© picture alliance/dpa | Elisa Schu)
Neben dem Finanzminister stellte sich auch der Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, Thorsten Frei (CDU), den Fragen der Abgeordneten. Er nannte die Lage „mehr als herausfordernd“. Die Unterstützung für die Ukraine gelte dem Schutz des Landes und der Friedens- und Freiheitsordnung. Frei sprach die hybriden Angriffe Russland von Cyberangriffen über Sabotage bis zu Desinformation an und nannte als Gegenmaßnahmen das in der parlamentarischen Beratung befindliche Kritis-Dachgesetz. Um die Sicherheit weiter zu erhöhen, kündigte er an, einen Gesetzentwurf zur IP-Adressenspeicherung vorzulegen.
Die Asylbewerberzahlen seien im November um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurückgegangen und lägen um 75 Prozent unter denen von November 2023. Frei nannte die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, den Rückbau von Bürokratie und die Senkung von Strom- und Energiepreisen und kündigte eine Kraftwerksstrategie an, um Strom nicht nur klimaneutral, sondern auch zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stellen zu können. Mit den Ministerpräsidenten der Länder werde über eine „föderale Modernisierungsagenda“ gesprochen.
Investitionen und Deutschlandfonds
Dr. Michael Espendiller (AfD) konfrontierte den Finanzminister mit der „aufgeweichten“ Schuldenbremse und der OECD-Prognose von einem Prozent Wirtschaftswachstum. Klingbeil betonte, das Geld werde in die Modernisierung und den Schutz des Landes investiert. Man hole einen Rückstau über Jahre damit auf. „Wir werden die Erfolge dieser Investition sehen“, zeigte sich der Minister zuversichtlich. Die Wirtschaft und der gesellschaftliche Zusammenhalt würden gestärkt.
Der CDU-Abgeordnete Lukas Krieger erkundigte sich nach dem geplanten Deutschlandfonds, der Start-up-Unternehmen einen besseren Zugang zu Kapital eröffnen soll. Noch in diesem Jahr wolle man damit starten, erwiderte Klingbeil. Das Problem sei, dass Start-ups in der Wachstumsphase Probleme hätten, genügend Kapital zu erhalten. Auch privates Kapital solle „gehebelt“ werden. Er hoffe auf eine schnelle Unterstützung des Deutschlandfonds im Parlament, sagte der Minister.
Armutsbekämpfung, Sondervermögen, Kommunen
Nach der Entlastung der unteren Mittelschicht, die vom Abrutschen in die Armut bedroht sei, erkundigte sich Doris Achelwilm (Die Linke). Am wichtigsten, um nicht in Armut abzurutschen, sei einen Arbeitsplatz zu haben, antwortete der Minister. Die Milliardeninvestitionen und die Senkung der Energiepreise für die Unternehmen sichere Arbeitsplätze. Das sei ein wichtiger Beitrag zur Armutsbekämpfung. Klingbeil kündigte darüber hinaus an, Vorschläge zur Einkommensbesteuerung zu machen.
Ruppert Stüwe (SPD) fragte nach den Impulsen, die das neue Sondervermögen auslöst. Das Wachstum komme zurück, entgegnete der Minister, die ersten Schritte zur Modernisierung des Landes würden dazu führen, „dass die Dinge wieder besser funktionieren“. Es müsse Druck gemacht werden, dass die Milliarden schnell abfließen und die Bagger rollen. 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen gingen an die Länder.
Karoline Otte (Bündnis 90/Die Grünen) griff das Thema der finanziellen Entlastung der Kommunen auf. Das habe für ihn „oberste Priorität“, erklärte Klingbeil. Der Bund mache sich durch die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen mit den Ländern auf den Weg, die Kommunen zu entlasten. Der Bund übernehme die Zinsen. Beim Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder am 4. Dezember würden zusätzliche Entscheidungen für die Kommunen getroffen.
Europäisches Recht und Zivilgesellschaft
Die Ministerpräsidentenkonferenz thematisierte auch Dr. Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen). Sie sprach gegenüber Kanzleramtsminister Frei Forderungen aus Hamburg an, europäische Vereinbarungen im Hinblick auf die EU-Gebäuderichtlinie wieder „aufzubohren“. Frei sagte, die Regierung halte sich an europäische Absprachen und europäisches Recht. Die Gebäuderichtlinie müsse umgesetzt werden, bürokratiearm und unter Berücksichtigung der Wettbewerbsfähigkeit.
Der SPD-Abgeordnete Felix Döring fragte nach Freis Botschaft an die „demokratische Zivilgesellschaft“. Der Minister verwies auf das vor der Abstimmung im Plenum stehende Jahressteuergesetz 2025, das Punkte zur Stärkung der Zivilgesellschaft enthalte. Schutzmaßnahmen seien schon auf den Weg gebracht worden. Die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung seien aufgestockt worden. Es handele sich um eine gesellschaftliche Herausforderung, der sich auch Länder und Kommunen widmeten.
Extremismus, Rechtsstaat, Abschreibungen
Maximilian Kneller (AfD) sprach Protestaktionen anlässlich der Gründung der neuen Jugendorganisation der AfD am zurückliegenden Wochenende in Gießen an. Frei machte deutlich, dass Extremismus in jeder Form eine Gefahr für Staat und Gesellschaft seien. In Gießen habe es Grenzüberschreitungen gegeben. Der Staat müsse sicherstellen, dass alle Förderungen der Stützung der Verfassung dienen. Es sei nicht akzeptabel, das Gewaltmonopol infrage zu stellen, der Rechtsstaat werde durchgesetzt, betonte Frei auf eine Nachfrage des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner.
Luke Hoß (Die Linke) griff das Thema ebenfalls auf und sagte, es sei demonstriert worden, um den „Aufstieg des Faschismus zu stoppen“. Jeder dürfe für und gegen alles demonstrieren, wenn er sich an geltendes Recht hält, erwiderte Frei. Der Zweck heilige nicht die Mittel. Es habe auch konkrete Rechtsverstöße gegeben, die mit der Härte des Rechtsstaats verfolgt würden. Wer gegen etwas protestieren wolle, der müsse nicht demonstrieren. Es gebe vielfältige Möglichkeiten, seine Position deutlich zu machen. „Wir arbeiten an einer guten Politik in der Mitte“, so der Minister.
Der CDU-Abgeordnete Dr. Matthias Hiller fragte nach den steuerlichen Abschreibungen. Frei sagte, damit solle die aktuelle Investitionsschwäche überwunden werden. Zudem werde es eine Absenkung der Körperschaftssteuer von 15 auf 10 Prozent geben. Auf Hillers Frage nach der Erhöhung der Pendlerpauschale antwortete der Minister, damit solle die Mobilität der Pendler gestärkt werden, um auch weiter entfernt liegende Arbeitsplätze besetzen zu können. Dies sei eine gute Möglichkeit, die Arbeitnehmer zu unterstützen, und sie diene auch der Wettbewerbsfähigkeit des Landes. (vom/03.12.2025)