„Zustrombegrenzungsgesetz“ der Fraktion der CDU/CSU
Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU Entwurf eines Gesetzes zur Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland (Zustrombegrenzungsgesetz) (Drucksachen 20/12804 und 20/13648 a)
Der Bundestag hat das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz der CDU/CSU-Fraktion (20/12804) mit knapper Mehrheit abgelehnt. Gegen die Initiative votierten am Freitag, 31. Januar 2025, in zweiter Beratung 349 Abgeordnete. 338 Parlamentarier stimmten für den Entwurf, es gab fünf Enthaltungen. Zu dem Gesetz hatte der Ausschuss für Inneres und Heimat eine Beschlussempfehlung abgegeben (20/13648 Buchstabe a). Bis zuletzt war offen geblieben, ob der Entwurf im Anschluss an die Debatte abgestimmt oder zurück in den Innenausschuss überwiesen werden soll.
„Zustrombegrenzungsgesetz“ der Fraktion der CDU/CSU
Gesetzentwurf der Union
Die CDU/CSU drang in ihrem Gesetzentwurf auf eine „Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“. Danach sollte das „Ziel der Begrenzung der Zuwanderungssteuerung wieder als ausdrückliche übergeordnete Vorgabe für die Anwendung des Aufenthaltsgesetzes festgelegt“ werden. Auch wollte die Unionsfraktion den Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz bis auf Weiteres beenden.
Ferner sollte die Bundespolizei eine eigene Zuständigkeit für die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen für Personen erhalten, die sie im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung in „ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich (Bahnhöfe) antrifft“. Die Regelung sollte den Angaben zufolge Drittstaatsangehörigen aus Nicht-EU-Ländern ohne Duldung sowie solche mit einer Duldung wegen fehlender Reisedokumente umfassen. Als „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“ solle sie auch die Beantragung von Haft und Gewahrsam erlauben, um die Abschiebung zu sichern.
Die Maßnahmen sollten der Fraktion zufolge „zusammen mit umfassenden Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen der Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ dienen. Grenzkontrollen und Zurückweisungen seien allerdings auf Basis des geltenden Rechts bereits möglich, „sodass insofern keine gesetzlichen Änderungen erforderlich sind“, so die Fraktion in der Vorlage weiter.
SPD: Dem Prinzip „Friss und stirb“ folgen wir nicht
Während der aufgrund von Beratungen der Fraktionen mit vierstündiger Verspätung gestarteten Debatte warfen sich Union und FDP auf der einen Seite und SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf der anderen Seite gegenseitig vor, nicht bereit zu Kompromissen gewesen zu sein, um eine gemeinsame Regelung zur Begrenzung der irregulären Migration zu erreichen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Rolf Mützenich sagte, seine Fraktion hätte dem FDP-Vorschlag einer Rücküberweisung des Gesetzentwurfs in den Innenausschuss zugestimmt. Man hätte ihn dann mit all den „notwendigen und wichtigen“ Sicherheitsgesetzen, die die Union im Bundesrat aufgehalten habe, behandeln können. Unionsfraktionschef Friedrich Merz habe aber die Gespräche nur zu seinen Bedingungen führen wollen. Dem Prinzip „Friss und stirb“ folge die SPD aber nicht, sagte Mützenich.
FDP: Grüne haben Finger auf der Pausetaste
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Christian Dürr, hielt dem entgegen, Union und FDP hätten durchaus Entgegenkommen gezeigt. Man sei bereit gewesen, sowohl die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) in die Beratungen mit aufzunehmen als auch über eine Befristung bei der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte nachzudenken. In der Frage von Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik hätten aber die Grünen ihren Finger „dauerhaft auf der Pausentaste“.
Mützenich hatte Merz vorgeworfen, wissentlich und willentlich einen Tabubruch provozieren zu wollen, der noch dramatischer als der am Mittwoch sei, als ein Entschließungsantrag der Union durch die Stimmen der AfD-Fraktion eine Mehrheit gefunden hatte. Erstmals bestehe die Gefahr, dass mit Stimmen der AfD Recht und Gesetz im Bundestag geändert wird.
Union: Niemand in der Union reicht AfD die Hand
Friedrich Merz entgegnete, niemand in seiner Partei reiche der AfD, die in großen Teilen rechtsextrem sei, die Hand. Diese Partei untergrabe das „Fundament unserer Demokratie“, sagte er. Sie habe im Übrigen das Ziel, die CDU zu vernichten. Es gebe keine größeren Gräben im Bundestag als zwischen der Union und der AfD. Dem SPD-Fraktionsvorsitzenden warf er vor, kein einziges Wort über die Opfer der Anschläge und Attentate der letzten Tage und Wochen verloren zu haben. Dabei seien diese Anschläge und Attentate der Grund, „warum wir heute wieder von einer Abstimmung stehen“.
Der Unionsfraktionschef warb für den Gesetzentwurf. Es gehe um die Begrenzung des Zustroms von Asylbewerbern nach Deutschland. Die geplante Aussetzung des Familiennachzugs sei mit der SPD 2016 schon einmal beschlossen worden. Die Rechtmäßigkeit sei von niemanden in Zweifel gezogen worden. Schließlich gehe es noch um die Erweiterung der Zuständigkeiten der Bundespolizei. Von Zurückweisungen an der Grenze stehe kein Wort in dem Gesetz, so Merz.
Grüne an Union: Fehler kann man korrigieren
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), die in ihrer Rolle als Abgeordnete an der Debatte teilnahm, erinnerte an den Sitzungstag am Mittwoch, der mit einem gemeinsamen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus begonnen habe und mit „lachenden und johlenden Rechtsextremen mitten in unserem Parlament“ geendet habe. Grund dafür sei, dass Merz „sehenden Auges“ eine Abstimmung mit der AfD ermöglicht habe.
Er habe damit sein eigenes Wort gebrochen, sagte Baerbock. „Das ist eine Zäsur.“ Einen Fehler könne man aber korrigieren. „Wahre Größe heißt, einen Schritt zurückzutreten und zu wissen, es geht nicht um einen selbst, sondern um Deutschland“, sagte Baerbock an den Unionsfraktionsvorsitzenden gewandt.
FDP bekräftigt Zustimmung zum Unionsentwurf
Wolfgang Kubicki (FDP) richtete Vorwürfe an die Grünen. Es sei unmoralisch, dass die Grünen in den vergangenen Jahren „bei jeder vernünftigen Initiative zur Begrenzung der Migration versucht haben, diese zu hintertreiben oder zu verschleppen“.
Wer glaubt, andere mit moralischen Appellen beeindrucken zu können, während er selbst nichts tut, um gegen die Probleme im Land anzugehen, zeige, dass es ihm nicht um das Land, sondern nur um sich selbst gehe. Den Gesetzentwurf bezeichnete der FDP-Abgeordnete als richtig. Seine Fraktion werde ihm zustimmen.
AfD: Ziel ist, Rot-Grün zu überwinden
Dr. Bernd Baumann (AfD) warf dem Unionsfraktionsvorsitzenden Merz vor, zu zaudern und zu tänzeln. Mehrere Stunden habe er mit Rot-Grün verhandelt. Das zeige: Eine grundsätzliche Änderung in der Migrationspolitik gebe es nur mit der AfD. „Wir stehen fest. Wir tänzeln nicht und wanzen uns nicht an Rot-Grün ran“, sagte er.
Ziel der AfD sei es, Rot-Grün zu überwinden. Die aus seiner Sicht fehlende Glaubwürdigkeit der Union machte Baumann unter anderem an Äußerungen von CDU-Ministerpräsidenten fest. Mehrere von ihnen hätten schon angekündigt, im Bundesrat gegen das Gesetz der eigenen Partei zu stimmen.
BSW und Linke mit konträren Positionen
Aus Sicht von Dr. Sahra Wagenknecht (Gruppe BSW) ist die AfD nur deshalb stark, weil „aktuell jeder fünfte Wähler ihr die Stimme geben würde“. Das sei das Ergebnis „Ihrer verdammten Politik“. Diese Wähler seien keine Nazis, sondern hätten legitime Anliegen. Die große Mehrheit im Landwünsche sich eine Begrenzung der Migration.
Christian Görke (Gruppe Die Linke) rief dem Unionsfraktionschef zu, „diesen Sonderweg“ zu beenden und auf Ex-Kanzlerin Angela Merkel zu hören, die sehr deutlich an Merz appelliert habe, dies zu tun. Die Linke plädiere wie SPD und Grüne dafür, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss rückzuüberweisen: „Dieses Gesetz hilft keinem.“
Faeser: Haben irreguläre Migration um ein Drittel gesenkt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warf der Union vor, schon am Mittwoch die demokratische Mitte verlassen zu haben. Ein Gesetz mit den Stimmen der AfD zu beschließen, „wäre ein weiterer tiefer Bruch unserer Geschichte seit 1949“, befand Faeser.
Auch inhaltlich bringe das Gesetz das Land nicht weiter. Bei der Begrenzung der irregulären Migration gehe es ums Handeln, nicht um Symbolik. Die Bundesregierung habe es geschafft, die irreguläre Migration um ein Drittel zu senken, sagte die Ministerin. (hau/sto/ste/irs/31.01.2025)