Bundesbankpräsident plädiert für digitalen Euro
Berlin: (hib/BAL) Ein leidenschaftliches Plädoyer für die Einführung eines digitalen Euro hat Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat am Mittwoch beim geldpolitischen Dialog des Finanzausschusses gehalten. Er wolle „im Fahrersitz“ sitzen als Notenbanker, wenn es um digitale Zahlungen gehe, sagte Nagel in der gemeinsamen Sitzung mit dem Haushalts- und Europaausschuss des Bundestags. Er verwies auf eine Rede, die er zuvor bei der DZ Bank Capital Markets Conference 2024 gehalten hatte, und die den Mitgliedern der Ausschüsse zur Verfügung gestellt wurde.
Er wiederholte seine dortigen Aussagen, dass „Europa resilienter und unabhängiger“ werden müsse von außereuropäischen Zahlungsanbietern. Zahlungsverkehrsanwendungen seien systemrelevant, erklärte Nagel. Bisher gebe es keine europäische Cloudinfrastruktur für die Zahlungssysteme in Europa.
Zugleich beteuerte er, dass der digitale Euro die Privatsphäre der Bürger schützen würde. Die Systeme würden so gestaltet, dass die Zentralbanken nicht Zahlungen zu Bürgern zuordnen könnten. Die Zentralbanken würden nur ein minimales Set von Daten sehen, die für das Settlement von Zahlungen nötig seien.
Bürger sollen den digitalen Euro entweder über die App ihrer Hausbank oder eine eigene Digitale-Euro-App nutzen können. Eine weitere Möglichkeit würden aber auch physische Karten sein, für Menschen, die für Zahlungen nicht ihr Mobiltelefon nutzen möchten, keines oder kein Bankkonto haben.
Zugleich sagte Nagel, dass „Bargeld weiterhin der Eckpfeiler der Bezahlmöglichkeit“ bleiben werde. Es gehe nicht darum, das Bargeld abzuschaffen. Am Ende könne jeder Bürger selbst entscheiden, wie er bezahlen wolle.
Die Mitglieder der drei Ausschüsse stellten dem Bundespräsidenten eine Reihe von weiteren Fragen, unter anderem zur Bilanz der Bundesbank und mögliche Folgen für den Bundeshaushalt. Nagel erklärte, ihm sei um die Bilanz der Bundesbank nicht bang. Eine Rekapitalisierung der Bundesbank über den Bundeshaushalt sei nicht nötig, die Bilanz sei „solide“, das Eigenkapital nicht negativ. Derzeit arbeite die Bundesbank mit Verlustvorträgen, erwarte aber in künftigen Jahren wieder Gewinne.
Die Zentralbankpolitik der vergangenen Jahre seit der Finanzkrise hat dazu geführt, dass die Bilanz der Zentralbank deutlich angewachsen ist. Diese Politik begründete Nagel mit dem notwendigen „Kampf gegen die Deflation“. Nun sorgen die höheren Zinsen für Bilanzverluste. Die Bilanz der Zentralbank soll in den nächsten Jahren wieder schrumpfen.
Nagel erneuerte auch die Position der Bundesbank zur Schuldenbremse des Grundgesetzes, dass diese „ein sehr gutes Instrument“ sei. Das Bundesverfassungsgericht habe „ein gutes Urteil“ gefällt, was die Klarheit der rechtlichen Regelungen angehe.
Allerdings kann sich der oberste deutsche Währungshüter Reformen vorstellen. Wenn die Staatsschuldenquote unter 60 Prozent rutschen sollte, seien höhere Defizite vorstellbar, sagte Nagel. Die Maastricht-Kriterien für den Euroraum schreiben eine jährliche Defizitgrenze von maximal drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor sowie einen Gesamtschuldenstand eines Staates von 60 Prozent. Derzeit liegt die deutsche Schuldenquote bei etwa 64 Prozent. Die Schuldenbremse des Grundgesetezs erlaubt ein strukturelles Defizit von 0,35 Prozent.
Eine politische Entscheidung sei es, inwiefern reformierte Defizitregeln zwischen Konsum und Investition unterscheiden könnten, sagte Nagel. Die Bundesbank könne hierbei beratend mitwirken.
Der „Geldpolitische Dialog“ wird drei Mal jährlich unter wechselnder Federführung durch den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ausgerichtet und bezieht Abgeordnete dieser Ausschüsse sowie des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz ein.