13.05.2024 Enquete-Kommission Afghanistan-Einsatz — Anhörung — hib 309/2024

Forderung nach sicherheitspolitischem Lagezentrum

Berlin: (hib/LL) Die Nationale Sicherheitsstrategie, wie sie von der Bundesregierung vor einem Jahr verabschiedet wurde, zeigt klare Ziele auf, aber es fehlt „die Beschreibung der Wege, wie wir dahin kommen“, sagte Brigadegeneral a. D. Armin Staigis, ehemaliger Vizepräsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in der öffentlichen Anhörung der Enquete-Kommission Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands zum Thema „Strategiefähigkeit, Strategieentwicklung und Operationalisierung für internationales Krisenmanagement“ am Montagnachmittag.

Das Erfordernis einer umfassenden Strategiedebatte werde „noch nicht hinreichend anerkannt“. Eine Strategie der „integrierten Sicherheit“, die nicht nur dem internationalen Krisenmanagement, sondern einmal mehr auch der Landes- und Bündnisverteidigung Rechnung zu tragen habe, müsse für jede Krise und jeden Konflikt neu gedacht werden und „kohärent und kompatibel Ziele, Instrumente und Ressourcen“ aufeinander abstimmen, sagte Staigis. In konkreten Einsätzen sei die Strategie einer „kontinuierlichen Wirkungsanalyse“ zu unterziehen.

Er glaube nicht, dass es momentan die nötige politische Mehrheit für die Schaffung eines „Nationalen Sicherheitsrates“ „als Führungs- und Strukturelement in Deutschland“ gebe, sagte Staigis. Er plädiere daher dafür, die vorhandenen Institutionen der Bundesregierung und der Ministerien wie den Bundessicherheitsrat „von unten“ zu stärken und durch eine bessere Koordinierung hin zu „integrierter Sicherheit“ zu entwickeln. Er empfahl zudem, ein „Gemeinsames Lage- und Analysezentrum der Bundesregierung zum sicherheitspolitischen Krisen- und Konfliktmanagement“ einzurichten. Es dürfe nicht passieren, dass sich die Beteiligten unterschiedlicher Ressorts erst bei Eintreten einer Krise kennenlernen. Von hohem Wert sei auch die Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure.

Die Wissensressource nichtstaatlicher Akteure solle zudem in eine ressortübergreifende Aus- und Fortbildung von Führungskräften einbezogen werden. Ministerien und Führungskräfte müssten sich offener für Weiterbildung, ja „lebenslanges Lernen“, und das Instrument des Personaltauschs zeigen. Damit eine Sicherheitsstrategie funktioniere, müsse man auch die Leute dafür ausbilden, Raum und Zeit für das gegenseitige emotionale Verstehen, das Entstehen von Vertrauen und einer gemeinsamen Sprache schaffen, sagte der General. Verharre dagegen jede und jeder eine Laufbahn lang lediglich in seiner ministeriellen Säule, könne eine Strategie für gesamtstaatliches Handeln nicht funktionieren.

Der Ansatz der „vernetzten“, oder: „integrierten Sicherheit“, wie man ihn bereits in den 1980er Jahren formuliert habe, sei heute genauso relevant wie damals, vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen und Kriege, die die Landesverteidigung wieder in Blick rücken lasse ebenso wie für das internationale Krisenmanagement. Den Ansatz der „integrierten Sicherheit“ gelte es schließlich auch auf die Bündnisorganisationen wie Nato und EU zu übertragen und auch diese untereinander besser zu vernetzen. Auf sich allein gestellt könne sich Deutschland nicht verteidigen.

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