Bundesrat will Klarstellung bei Aktenführung in der Justiz
Berlin: (hib/SCR) Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Änderung der Vorschriften über die Einführung der elektronischen Akte in der Justiz sowie zur allgemeinen Beeidigung von Gerichtsdolmetschern und zur Änderung des Stiftungsregisterrechts“ (21/1852) Stellung genommen. Der Entwurf sieht unter anderem vor, die Pflicht zur elektronischen Aktenführung in der Justiz zum 1. Januar 2026 abschwächen. Für bestimmte Bereiche und Verfahren soll die papiergebundene Aktenführung noch bis einschließlich 31. Dezember 2026 möglich sein.
In seiner Stellungnahme (21/2461) fordert die Länderkammer unter anderem rechtliche Klarstellungen zur Aktenführung und mehr Flexibilität bei der Umstellung auf die elektronische Form. Die Länder mahnen an, es müsse geprüft werden, „ob in allen Verfahrensordnungen Regelungen, die eine Revisibilität von Verstößen gegen Vorschriften über die Form der Aktenführung ausschließen, implementiert werden sollten“. Die derzeit vorgesehene Struktur mit mehreren Ausnahmemöglichkeiten sei schwer zu durchdringen. Es bestehe „ein nicht zu vernachlässigendes Risiko, dass ein mit der Sache befasstes Gericht in einer (auch unbeabsichtigt) formfehlerhaften Aktenführung einen revisiblen Verfahrensverstoß begründet sieht. Die damit einhergehende Rechtsunsicherheit ist nicht akzeptabel“, heißt es in der Stellungnahme.
Zudem bittet der Bundesrat um eine gesetzliche Klarstellung, dass die Entscheidung über die Papieraktenweiterführung und die Hybridaktenführung bei den jeweils zuständigen obersten Landesbehörden des Bundes oder der Länder liegt. Auch im Umgang mit Verschlusssachen verlangt die Länderkammer Änderungen: Akten, die vertrauliche Dokumente ab der Geheimhaltungsstufe „VS - Nur für den Dienstgebrauch“ enthalten, sollten vollständig in Papierform geführt werden dürfen, um Medienbrüche und Risiken für die Geheimhaltung zu vermeiden, fordert der Bundesrat. Bislang ist laut Bundesrat vorgesehen, dass ab 1. Januar 2026 auch Akten elektronisch zu führen sind, die Dokumente mit dem Geheimhaltungsgrad „VS - Nur für den Dienstgebrauch“ enthalten.
Die Bundesregierung weist die Forderung nach einem Ausschluss von Revisionsmöglichkeiten zurück. Die revisionsrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Aktenführung seien nach den bestehenden Vorschriften über die Revision in den jeweiligen Verfahrensordnungen zu beurteilen und dort gegebenenfalls auch unterschiedlich zu bewerten.
Die Schaffung eines Revisionsausschlussgrundes wäre zudem in allen Verfahrensordnungen, „aber insbesondere im Strafverfahren, systemwidrig, da grundsätzlich jeder Verfahrensfehler daraufhin zu überprüfen ist, ob das Urteil hierauf beruht. Revisionsausschlussgründe kennt das Strafverfahrensrecht nicht“, heißt es in der Gegenäußerung zur Begründung. Denkbar sei zwar, die Vorschriften über die elektronische Aktenführung ausdrücklich zu Ordnungsvorschriften zu erklären, indem sie als Sollvorschriften ausgestaltet würden. „Dies würde aber dem Ziel einer verbindlichen elektronischen Aktenführung im Interesse einer umfassenden Digitalisierung der Justiz zuwiderlaufen“, schreibt die Bundesregierung.
Prüfungsbereit zeigt sich die Bundesregierung lediglich bei der vom Bundesrat geforderten Klärung, ob die Aktenform als Verwaltungsermessen festgeschrieben werden sollte. Sie hält zudem die vorgeschlagenen Änderungen zum Umgang mit Verschlusssachen für „erwägenswert“. Der Umfang der Ausnahmen sollte aber eng begrenzt bleiben. Die vorgeschlagenen Änderungen bedürften jedoch hinsichtlich ihrer Ausgestaltung einer weiteren Prüfung außerhalb des vorliegenden Gesetzgebungsvorhabens.
Abgelehnt hat die Bundesregierung auch die Anregung, Gebärdensprachdolmetscher dauerhaft auf einen allgemeinen Eid zu verweisen. Die geplante Ausweitung des Gerichtsdolmetschergesetzes diene der Vereinheitlichung von Standards. Der Vorschlag des Bundesrates, so die Bundesregierung, „würde dem Harmonisierungsziel der Richtlinie 2010/64/EU und der UN-Behindertenrechtskonvention zuwiderlaufen“.
Darum geht es in dem Entwurf: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1112368
Das Kabinett hatte den Entwurf am 3. September 2025 beschlossen. Bundesrat und Bundestag ist der Entwurf laut Vorlage als „besonders eilbedürftig“ zugeleitet worden. Im Bundestag fand die erste Lesung am 9. Oktober 2025 statt. Der Bundesrat beschloss die Stellungnahme in seiner 1058. Sitzung am 17. Oktober 2025.