Anhörung zu Änderungen im Verbrauchervertragsrecht
Berlin: (hib/SCR) Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat sich am Montag im Rahmen einer öffentlichen Anhörung mit dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes „zur Änderung des Verbrauchervertrags- und des Versicherungsvertragsrechts sowie zur Änderung des Behandlungsvertragsrechts“ (21/1856) befasst. Sieben Sachverständige nahmen in der Sitzung zu dem Vorhaben Stellung.
Mit dem Gesetzentwurf sollen zum einen Vorgaben der Richtlinien (EU) 2023/2673 und (EU) 2024/825 umgesetzt werden, die Änderungen der Verbraucherrechte-Richtlinie betreffen. Kern sind unter anderem die Einführung einer elektronischen Widerrufsfunktion bei online geschlossenen Fernabsatzverträgen sowie eine Einschränkung des „ewigen Widerrufsrechts“ im Bereich der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsverträge. Auch Informationspflichten sind Gegenstand des Entwurfs. Darüber hinaus soll im Bürgerlichen Gesetzbuch ein Anspruch auf die unentgeltliche Aushändigung der ersten Kopie der Behandlungsakte verankert werden. Diese Änderung geht laut Vorlage auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 26. Oktober 2023 zurück.
Für den Handelsverband Deutschland e. V. sagte Georg Grünhoff in seinem Eingangsstatement, dass die zusätzliche Regulierung des Widerrufsrechts für Online-Händler eigentlich nicht erforderlich sei. Verbraucher hätten bislang keine Probleme mit der Ausübung des Widerrufsrechts gehabt, so Grünhoff. Bei der Umsetzung der EU-Vorgaben warb der von der CDU/CSU-Fraktion benannte Sachverständige für eine möglichst praktikable Umsetzung bei allen Geschäftsmodellen. Konkrete Nachbesserungen forderte der Handelsverbandsvertreter mit Blick auf die Umsetzung der Widerrufsfunktion für Online-Händler, die ohne Kundenkonto agieren.
Tatjana Halm (Verbraucherzentrale Bayern e. V.) nannte die Einführung der Widerrufsfunktion einen richtigen und wichtigen Schritt. Beschwerden mit Bezug auf den Widerruf träten häufig auf, führte Halm in ihrem Eingangsstatement aus. Die auf Vorschlag der SPD-Fraktion benannte Sachverständige machte ebenfalls Vorschläge zur Umsetzung der Widerrufsfunktion, etwa mit Bezug auf die präzise Formulierung. Nachbesserungsbedarf sah Halm zudem bei den Regelungen zu den Informationspflichten.
Axel Kleinlein (mathconcepts) ging in seinem Eingangsstatement auf die geplanten Änderungen im Versicherungsvertragsrecht ein. Kleinlein sprach von einer „massiven Einschränkung“ von Verbraucherrechten insbesondere mit Blick auf die Verbraucherinformation. Kritisch sah der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen benannte Sachverständige die vorgesehene Streichung des Anspruchs auf Information der ursprünglichen Vertragsbestimmungen im Versicherungsvertragsrecht. Auch die Anpassung beim „ewigen Widerrufsrecht“ sei hoch problematisch, so Kleinlein.
Felix Methmann (Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.) ging unter anderem auf die geplante Änderung im Behandlungsvertragsrecht ein. Diese sei ein kleiner, aber wichtiger Schritt, um die Patientinnen und Patienten in ihrer Position gegenüber den Behandelnden zu stärken. Dafür sei aber eine Überarbeitung des Patientenrechtegesetzes dringend erforderlich, sagte der von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige. Methmann warb zudem dafür, das Gesetzesvorhaben dazu zu nutzen, eine sektorübergreifende allgemeine Bestätigungspflicht einzuführen, um Verbraucher gegen telefonisch untergeschobene, langfristige Verträge besser zu schützen.
Maximilian Ott (Bundesrechtsanwaltskammer) sagte, der Entwurf lasse weder viel Raum für Kritik noch für Lob. Es handle sich um eine „pragmatische Umsetzung der Richtlinien“. Der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige warb in seinem Eingangsstatement dafür, sich auf EU-Ebene für eine Vereinfachung der Widerrufsvorschriften einzusetzen.
Professor Martin Schmidt-Kessel (Universität Bayreuth) nannte die Konzeption des Gesetzentwurfs gelungen. Schmidt-Kessel begrüßte unter anderem die Beseitigung des „ewigen Widerrufsrechts“. Mit Blick auf Vorschläge zur Einführung einer Bestätigungslösung warnte der Rechtswissenschaftler davor, diese in einer „Eilaktion“ einzuführen. Zwar sei so eine Lösung richtig und unverzichtbar, doch müsse man sich gut überlegen, wie sie mit der Rechtsgeschäftslehre zusammenspiele, sagte der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige in seinem Eingangsstatement.
Florian Schönberg (Sozialverband Deutschland Bundesverband) kritisierte die geplante Umsetzung des Einsichtsrechts in die Behandlungsakte. Wie auch Verbraucherzentralen-Vertreter Methmann monierte Schönberg, dass künftig im Normtext auf die Begriffe „Unverzüglichkeit“ und „Vollständigkeit“ verzichtet werden solle. Diese Begriffe sicherten „Transparenz, Rechtssicherheit und Klarheit im Behandlungsverhältnis“, sagte der von der Fraktion Die Linke benannte Sachverständige.
Die hib-Meldung zum Regierungsentwurf: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1112340
Informationen zur Anhörung und die Stellungnahmen der Sachverständigen auf bundestag.de: https://www.bundestag.de/ausschuesse/recht-verbraucherschutz/sitzungen/1114030-1114030