Zeit:
Montag, 10. November 2025,
14
bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 2.200
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Stärkung der Militärischen Sicherheit in der Bundeswehr“ (21/1846) trifft bei Sachverständigen überwiegend auf Zustimmung. Insbesondere die darin enthaltene Neufassung des Gesetzes über den Militärischen Abschirmdienst (MAD) wurde in einer öffentlichen Anhörung des Verteidigungsausschusses am Montag, 10. November 2025, gelobt. Teils wurden aber auch weitere Ausweitungen der Befugnisse gefordert, teils Eingriffe in Grundrechte beklagt.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit der Neufassung des MAD-Gesetzes sollen der Aufgabenbereich und die Befugnisse des militärischen Nachrichtendienstes der Bundeswehr verstärkt auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet werden. So sollen die Befugnisse des MAD um das Auslesen technischer Spuren im Fall von Cyberattacken durch fremde Mächte erweitert werden.
Das neue Gesetz zur Stärkung des personellen Schutzes in der Bundeswehr soll die bisherige Soldateneinstellungsüberprüfung ablösen. Zukünftig ist eine unterstützte Verfassungstreueprüfung vorgesehen. Auch die Feldjäger der Bundeswehr sollen neue Befugnisse bekommen, um die militärische Sicherheit zu stärken. Dabei sind unter anderem neue Vorschriften zum Anhalten und Überprüfen von verdächtigen Personen geplant.
„Klare Systematisierung und Strukturierung“
Prof. Dr. Markus Löffelmann von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung sieht mit dem Entwurf die jüngere verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zum Nachrichtendienstrecht für den MAD „überwiegend gelungen“ umgesetzt. Der Entwurf besteche dabei durch eine klare Systematisierung und Strukturierung, „zu der insbesondere zahlreiche vor die Klammer gezogene Legaldefinitionen beitragen“.
Stufen der Eingriffsintensität werden laut Löffelmann den transparenten Stufen der Beobachtungsbedürftigkeit und – mit gewissen Einschränkungen – den prozeduralen Sicherungen zugeordnet. Damit komme dem Entwurf eine Vorbildfunktion für die weitere Reformierung des Nachrichtendienstrechts auf Bundes- und Länderebene zu, befand Löffelmann.
Eigenes Gesetz für die Aufgaben der Feldjäger vorgeschlagen
Ronny Schlenzig, stellvertretender Vorsitzender der Streitkräftebasis im Deutschen Bundeswehrverband, sieht in dem Entwurf „nur einen zaghaften ersten Schritt, um den Bereich der militärischen Eigensicherung tauglich für die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu machen“. Schlenzig kritisierte, dass sich Vorschriften für Feldjäger in unterschiedlichsten Gesetzen wiederfänden. Um eine klare Grundlage zu schaffen, die Eigensicherung der Bundeswehr signifikant zu stärken, und auch um den Bürokratieaufwand zu begrenzen, sollte aus seiner Sicht perspektivisch ein eigenes Gesetz für die Aufgaben der Feldjäger etabliert werden.
Der Gesetzgeber könne damit ein starkes Signal senden, dass er die Ernsthaftigkeit der Bedrohung erkannt hat und gewillt ist, Deutschland verteidigungsfähig zu machen, sagte Schlenzig. Zugleich könne so ein klarer Regelungsrahmen für die Notwendigkeit bei der Erfüllung des militärischen Auftrags im hybriden Spektrum gesetzt werden.
Kritik am „verfassungsschutzrechtlichen Aufgabenschwerpunkt des MAD“
Generalleutnant a.D. Joachim Wundrak nannte die Erweiterung der Kompetenzen des MAD zur Gewinnung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse im Ausland „längst überfällig“. Insofern sei der Entwurf zu begrüßen. Kritisch zu bewerten sei der neue verfassungsschutzrechtliche Aufgabenschwerpunkt des MAD. Damit bestehe die Gefahr, dass der MAD „in der Praxis zu einem zweiten Verfassungsschutz mutiert, statt sich seiner Kernaufgabe, der Abwehr von Spionage und Sabotage gegen die Bundeswehr, zu widmen“.
Wundrak begrüßte des Weiteren die erweiterten Kompetenzen für die Feldjäger. Aus seiner Sicht ist die Zahl der Feldjäger derzeit aber zu gering, um flächendeckend einen signifikanten Sicherheitsmehrwert zu gewährleisten.
„Neuformulierung ganz überwiegend gelungen“
Christian Sieh, Justiziar im Bundesvorstand des Deutschen Bundeswehrverbandes, hält die Neuformulierung des MAD-Gesetzes für „ganz überwiegend gelungen“. Sichergestellt werden müsse jedoch, dass vom MAD erhobene Daten allein zu Zwecken verwendet werden, für die dieser auch zuständig ist.
Die Übermittlung allein disziplinarisch relevanter Sachverhalte ohne Bezug zu Sicherheits- oder Verfassungstreuefragen an Disziplinarvorgesetzte oder personalverantwortliche Stellen sei nicht zulässig und müsse ausgeschlossen bleiben, forderte er.
„Viele gute Ideen eingebaut“
Prof. Dr. Matthias Bäcker von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sieht in dem Entwurf „viele gute Ideen eingebaut“. Gleichwohl gebe es Defizite, befand er. So enthalte das MAD-Gesetz keinen abschließenden Katalog der zulässigen nachrichtendienstlichen Mittel. Das sei mit dem Gebot der Normenklarheit nicht zu vereinbaren. Da alle nachrichtendienstlichen Mittel eine verdeckte Erhebung personenbezogener Daten beinhalteten, handele es sich durchweg um Grundrechtseingriffe, „die zumindest eine mehr als bagatellarische Intensität aufweisen“.
Zur Orientierung und zur Ermöglichung einer öffentlichen Diskussion ist es daher laut Bäcker unabdingbar, die zulässigen nachrichtendienstlichen Mittel abschließend in außenwirksamen und für die Allgemeinheit zugänglichen Rechtsnormen zu beschreiben.
„Wann also darf der MAD eingreifen?“
Rechtsanwalt Sebastian Baunack kritisierte dies ebenfalls. Er sprach zudem von bedenklichen Eingriffen in die Grundrechte, die teils mit unbestimmten Rechtsbegriffen begründet worden seien. In Paragraf 7 des Gesetzentwurfs sollen Eingriffe gerechtfertigt werden, wenn man „nachdrücklich“ feindliche Bestrebungen verfolgt, sagte er. Es sei aber völlig unklar, was mit nachdrücklich gemeint sei. „Wann darf also der MAD eingreifen?“
Ein Störgefühl habe er auch bei der Verfassungstreueüberprüfung, die künftig die bisherige Sicherheitsüberprüfung ersetzen solle. Gleichzeitig würden im Sicherheitsüberprüfungsgesetz die Überprüfungen ausgedehnt und sogar auf die Angehörigen des Sicherheitspersonals ausgeweitet. „Das passt nicht gut zusammen“, befand Baunack. (hau/11.11.2025)