Auswärtiges

Außen­minister Heiko Maas: Tür­kei muss sich an das Völker­recht halten

Es ist nicht die erste, aber die erste programmatische Grundsatzrede des neuen Außenministers Heiko Maas (SPD) im Bundestag – überlagert war sie in der Generalaussprache zur Außen-, Europa- und Menschenrechtspolitik am Mittwoch, 21. März 2018, aber von der Kritik der Opposition an der deutschen Türkeipolitik. Der Vorwurf: Die Bundesregierung verurteile den türkischen Militäreinsatz im Norden Syriens und den Einmarsch in der Stadt Afrin nicht deutlich als völkerrechtswidrig. 

Der Außenminister bezeichnete mit Blick auf Afrin die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und den Schutz der Zivilbevölkerung als oberste Priorität. „Hier ist die Türkei in der Pflicht“ – sie müsse sich an das Völkerrecht halten und die Verhältnismäßigkeit wahren. Maas skizzierte sodann den außenpolitischen Kurs der kommenden Jahre: Die Bundesregierung werde sich mit aller Kraft für den Erhalt und die Fortentwicklung der multilateraler Zusammenarbeit  in der Sicherheits-, Klima- und Handelspolitik einsetzen. 

„Wegducken kann keine Option sein“

Klar sei zudem, dass sich angesichts der Auswüchse des internationalen Terrorismus, angesichts der Krisen in Afrika, in Afghanistan, im Nahen und Mittleren Osten nicht alle Konflikte „nur mit gutem Zureden“ lösen ließen. „Wegducken kann für ein Land unserer Größe, unser Wirtschaftskraft und unserer Geschichte keine Option sein“, sagte Maas und kündigte an, dass sich Deutschland um einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat bewerben werde. 

Die Bundesregierung werde sich zudem für einen „echten Aufbruch“ in Europa einsetzen. „Wir müssen europäischer werden und transatlantisch bleiben“, sagte Maas und warnte davor, die Qualität der Beziehungen zu den USA an den Twittermeldungen des US-Präsidenten Donald Trump zu bemessen. „Die deutsch-amerikanische Freundschaft besteht aus mehr als 280 Zeichen.“

AfD: Mehr Realpolitik statt Moralpolitik

Armin-Paulus Hampel (AfD) forderte vom Minister mehr „Realpolitik statt Moralpolitik“ in den auswärtigen Beziehungen. Eine Politik, die die Vorstellung pflege, dass am „deutschen Wesen“ die Welt genesen solle,  wäre nichts anderes als „Gutmenschenkolonialismus“. 

In Deutschland wie in Europa bekenne man sich zu Menschenrechten, Demokratie und Freiheit, aber es gebe Länder, die nicht hinter diesen Werten stünden – und mit denen müsse man trotzdem reden. Hampel forderte zudem eine Ende der EU-Sanktionen gegen Russland: Diese seien weder im deutschen noch im europäischen Interesse.

CDU/CSU fordert Putin zu Kurswechsel auf 

Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU) forderte, internationale Regelverletzungen klar zu benennen und zu ahnden. Dazu gehöre, auf die Annexion der Krim durch Russland mit Sanktionen zu antworten. „Es ist an Präsident Putin, einen Kurswechsel herbeizuführen und zurückzukehren zur europäischen Ordnung des Helsinki-Vertrages.“ 

Auch im Falle der Türkei gelte es, deutlich Position zu beziehen: „Wenn die türkische Flagge in Afrin gehisst wird, dann hat das mit Artikel 51 der UN-Charta und dem Recht auf Selbstverteidigung nichts mehr zu tun.“ Wadephul erinnerte außerdem daran, dass auch Trumps Vorgänger Obama die europäischen Nato-Mitglieder aufgefordert hatte, mehr Mittel für die Verteidigung bereitzustellen.

FDP: Die liberale Weltordnung verteidigen

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) warnte, dass die liberale Weltordnung mit ihrem Prinzip der Bindung von Macht an das Recht in Gefahr sei. Mit dem Aufstieg Chinas, einem revisionistischen Russland und einen sich etwa aus den Vereinten Nationen zurückziehenden USA seien Machtverschiebungen und geopolitische Risiken verbunden. 

Für die deutsche Außenpolitik könne dies nur bedeuten, die liberale Weltordnung zu verteidigen.  „Deutschland ist zu groß, um sich wegducken, und es ist zu klein, seinen nationalen Interessen allein Geltung zu verschaffen.“

Linke fordern Neuausrichtung der Außenpolitik 

Heike Hänsel (Die Linke) bezeichnete es als „politische und moralische Bankrotterklärung“, dass die Bundesregierung den türkischen Einmarsch in Syrien nicht klar als Völkerrechtsbruch zurückweise und noch nicht einmal die Waffenexporte in die Türkei einstelle. „Wir brauchen eine Neuausrichtung der Außenpolitik.“ 

Statt den Nato-Aufrüstungsplänen zu folgen und den Umbau der EU zu einer „Militärunion“ zu betreiben, müsse man auf Russland zugehen, sagte Hänsel und erinnerte daran, dass das Militärbudget der USA zehnmal so hoch sei wie das russische. „Frieden beginnt immer mit dem Abrüsten von Feindbildern.“

Grüne: Waffenexporte in die Türkei stoppen

Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) forderte die Bundesregierung auf, den türkischen Angriff auf Afrin zu verurteilen und Waffenexporte in die Türkei zu stoppen. „Dafür ist es doch wirklich höchste Zeit.“ 

Brugger warb zudem dafür, den deutschen EU-Beitrag deutlich zu erhöhen. Es gehe nicht nur darum, die Lücke zu kompensieren, die durch einen Austritt Großbritanniens entsteht, sondern es gehe darum, für eine solidarische EU einzutreten, „die den Alltag ihrer Menschen besser macht und in ihre Zukunft investiert“ – bei Klimaschutz, dem Ausbau von Schienen- und Breitbandnetzen und einem sozialen Europa. (ahe/21.03.2018)

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