Oppositionsanträge zur Finanzierung von Hochschulen überwiesen
Hochschulen sollen künftig stetig auch durch den Bund finanziert werden; dies soll das Ergebnis der aktuellen Verhandlungen für eine Verlängerung des Hochschulpaktes sein: Darin waren sich in einer entsprechenden Debatte des Bundestages am Donnerstag, 18. Oktober 2018, alle Fraktionen außer der AfD einig. Über die konkrete Ausgestaltung der neuen Vereinbarung gibt es jedoch deutlich Dissens, sowohl zwischen Koalition und Opposition als auch innerhalb der schwarz-roten Koalition.
Grüne wollen stetig wachsende Finanzierung
So sagte der Bildungsexperte von Bündnis 90/Die Grünen, Kai Gehring, Ziele der Verhandlungen müssten ausreichen Studienplätze, mehr Chancengerechtigkeit für Studierende und eine höher Qualität in Studium und Lehre sein. Derzeit würden von 100 Kindern aus Akademikerfamilien 79 ein Studium aufnehmen, in Arbeiterfamilien seien es nur 27; dies müsse sich „dringend ändern“.
Lehre werde zu oft von schlecht bezahlten Honorarkräften, deren Arbeitsbedingungen „an Ausbeutung grenzen“ übernommen, win Universitätsprofessor betreue im Schnitt 63 Studierende. Seine Fraktion fordere deshalb in ihrem Antrag (19/3143) eine Dynamisierung der Förderung einschließlich eines jährlichen Aufwuchses von drei Prozent. Das gebe den Hochschulen Planungssicherheit.
Union: Hochschulen sind Sache der Länder
Für die Union betonte Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU), der Bund habe im Zeitraum 2007 bis 2023 insgesamt mehr als 20 Milliarden Euro für den Hochschulpakt zur Verfügung gestellt, ohne diese Unterstützung sei es den Hochschulen nicht möglich gewesen, auf die steigende Zahl der Studienanfänger zu reagieren.
Dennoch gelte: Hochschulen seien anders als außeruniversitäre Forschungseinrichtungen „keine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern“, auch für Bau und Modernisierung der Hochschulen seien die Länder zuständig. Seine Fraktion lehne daher eine Dynamisierung der Förderung ab. Zudem müssten die Länder in gleicher Höhe wie der Bund finanzieren, das sei in der Vergangenheit anders gewesen und solle sich nicht wiederholen.
SPD will Paradigmenwechsel
Für eine Dynamisierung ist man dagegen in der SPD-Fraktion. So sagte Dr. Wiebke Esdar (SPD), Artikel 91b des Grundgesetzes habe die Strukturen für eine dauerhafte Förderung des Bundes geschaffen, dies müsse man nun umsetzen. In der Fortsetzung von Hochschulpakt und Qualitätspakt müsse es einen „Paradigmenwechsel“ geben.
Ziel sei es, endlich zu unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen an den Hochschulen zu kommen, durch kluge Vergaberichtlinien Fehlanreize zu vermeiden und die Erfolge des Qualitätspakts Lehre in die Fläche und Breite zu tragen. Bisher gebe es zu viele Leuchttürme, die nicht Eingang in die Studiengangstruktur gefunden hätten. Durch eine neue Ausrichtung der Förderung könne die Chance genutzt werden, das der Bund die Hochschulen nicht nur finanziere, sondern auch „wieder Wissenschaft in Deutschland gestaltet“.
AfD: Bund soll sich aus Finanzierung zurückziehen
Für die AfD, die ebenfalls einen Antrag (19/5043) vorgelegt hat, sagte Dr. Götz Frömming (AfD), man habe gelesen, die Ministerin habe eine Dynamisierung „brüsk abgelehnt“ - seine Fraktion stimme dem zu. Obwohl der Bund in den vergangenen Jahren Milliarden für den Hochschulpakt ausgegeben habe, sei dieser keine Erfolgsgeschichte.
Die Betreuungsrelation an den Hochschulen sei schlecht, die Ergebnisse mittelmäßig und auf eine „deutsche Universität mit Weltrang“ warte man bisher vergeblich. Es gebe an den Hochschulen zu viele Studierende, „die dort nicht hingehören“, jeder Dritte breche das Studium ab. Daher seien „bessere Steuerungselemente“ nötig; grundsätzlich solle sich der Bund aus der Grundfinanzierung der Hochschulen allmählich zurückziehen.
Liberale wollen Qualitätskriterien
Der FDP-Bildungspolitiker Dr. Jens Brandenburg forderte, in die Zielvereinbarung mit den Ländern müssten endlich qualitätsorientierte Kriterien aufgenommen werden. Seine Fraktion, die dazu einen Antrag (19/4545) vorgelegt habe, schlage etwa folgende Punkte vor: eine bessere Betreuungsrelation, mehr internationale Studiengänge, den Ausbau des digitalen Lehrangebots, Angebote für Bildungsaufsteiger und eine Öffnung für Module des lebenslangen Lernens.
Zudem sei mehr Transparenz bei der Mittelverwendung unabdingbar: Bisher habe niemand „einen blassen Schimmer, wo das Geld landet“.
Linke gegen soziale Auslese an Unis
Für Die Linke, die einen weiteren Antrag (19/5056) vorgelegt hat, sagte Nicole Gohlke, nur eine langfristige Finanzierung gebe den Hochschulen Planungssicherheit.
Bisher habe der Bund allen Beteiligten viel abverlangt und „Druck ins System gegeben“, dies aber nicht finanziell untersetzt. Die derzeitige Unterfinanzierung führe zu einer „massiven sozialen Auslese“; Bildung dürfe aber nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein.
AfD will neuen Hochschulpakt 2021
Für einen neuen Hochschulpakt 2021 macht sich die AfD-Fraktion in ihrem Antrag stark. Darin sollten länderspezifische Zielvereinbarungen verankert werden wie die Steigerung des Anteils der Studienanfänger in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) und die Anhebung der Numerus-clausus-Quote.
Die Fraktion tritt darüber hinaus für Studien-Eingangsprüfungen und die Förderung eines optimierten Beratungsangebots und Mentorings im Hinblick auf die Studienfachwahl ein. Die derzeit weit verzweigten Studienfachangebote sollten entflechtet werden, verbunden mit der Konzentration auf ausgewählte Studienfächer. Das duale Studium und die Ausbildung für den Beruf seien zu stärken.
FDP: Verstetigung der Mittel auf jetzigem Niveau
Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, auf Basis des Artikels 91b Grundgesetz mit den Ländern eine auf Dauer angelegte Nachfolgevereinbarung des Hochschulpakt 2020 zu verhandeln, die eine Verstetigung der Bundesmittel auf dem bestehenden Niveau vorsieht. Dabei soll eine erhöhte Finanzierungsbeteiligung der Länder angestrebt werden.
Um Spielräume des Haushaltsgesetzgebers zu erhalten und die Länder im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabe stärker an der Finanzierung der Hochschulen zu beteiligen, sollen nach Ansicht der FDP die Mittel nominell, also ohne automatische Dynamisierung, verstetigt werden. Eine Evaluation der Höhe der Mittelzuweisungen soll spätestens nach fünf Jahren erfolgen.
Linke: Grundfinanzierung verbessern
Die Linke fordert die Bundesregierung auf, mit den Ländern zu verhandeln, um die Grundfinanzierung der Hochschulen zu verbessern. Dazu solle der Hochschulpakt 2020 verstetigt werden, die Bundeszuschüsse seien fortzuschreiben. Die Anzahl der 2017 über den Hochschulpakt finanzierten Studienplätze will die Fraktion um weitere 80.000 erhöhen, um ausreichende Studienkapazitäten zu gewährleisten. Weitere 50.000 Studienplätze sollten dem Mangel an Lehrkräften und anderen pädagogischen Fachkräften entgegenwirken.
Ebenso fordert Die Linke ein Anreizprogramm, das über zehn Jahre die Schaffung von 100.000 unbefristeten Stellen an Hochschulen fördern soll, um knapp der Hälfte des angestellten wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen eine dauerhafte Perspektive zu ermöglichen. 50 Prozent der Stellen will die Fraktion mit Frauen besetzen.
Grüne: Jährlicher Aufwuchs von mindestens drei Prozent
Nach den Vorstellungen der Grünen soll der Pakt für Forschung und Innovation künftig mit einem jährlichen Aufwuchs von mindestens drei Prozent fortgeführt werden. Gleiches müsse auch für den Hochschulbereich nachvollzogen werden. Die Nachfolgevereinbarung zum Hochschulpakt soll mit einem jährlichen Aufwuchs von mindestens drei Prozent dynamisiert werden. Das wäre nach Ansicht der Fraktion ein wichtiger gemeinsamer Beitrag von Bund und Ländern, damit sich die Schere zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften nicht weiter öffne.
Zudem müsse der qualitative Ausbau der Hochschulen weitergehen, damit flächendeckend beste Lehr- und Studienbedingungen herrschen. Sinnvoll wäre nach Ansicht der Grünen, Mindeststandards für Betreuungsrelationen und die Stärkung der Hochschuldidaktik und Weiterbildung im Bereich Lehrkompetenz zu verabreden. (suk/rol/hau/18.10.2018)