Der Bundestag hat am Freitag, 3. Juni 2022, das sogenannte Sondervermögen Bundeswehr (20/1409) beschlossen. In namentlicher Abstimmung haben 593 Abgeordnete für das Sondervermögen und 80 Abgeordnete dagegen gestimmt. Sieben Parlamentarier haben sich der Stimme enthalten. Ziel des Sondervermögens mit einem Volumen von 100 Milliarden Euro ist die Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit. Zur Abstimmung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung lag eine Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses vor (20/2090)
Ein von der Fraktion Die Linke zum Gesetzentwurf vorgelegter Entschließungsantrag (20/2133) wurde abgelehnt. Darin hat die Fraktion gefordert, die für das Sondervermögen vorgesehenen Mittel in Höhe von 100 Milliarden Euro für sozialpolitische, infrastrukturpolitische und klimapolitische Maßnahmen und Investitionen zur Verfügung zu stellen und für diese Zwecke zu binden. Darüber hinaus haben die Abgeordneten in namentlicher Abstimmung mit 607 Stimmen gegen 76 Stimmen einen Änderungsantrag (20/2126) der AfD abgelehnt, der unter anderem eine Regelung zur Kontrolle des Sondervermögens gefordert hatte.
Änderungen im Haushaltsausschuss
Die Ausschussfassung der Entwürfe fasst unter anderem den Zweck des Sondervermögens enger als die ursprünglichen Regierungsentwürfe, schärft die parlamentarische Kontrolle nach und konkretisiert die Tilgung der aufzunehmenden Kredite. Auch der Wirtschaftsplan des Sondervermögens liegt inzwischen vor. Darin werden die geplanten Beschaffungsvorhaben näher ausgeführt.
Die vom Haushaltsausschuss angenommenen Änderungen gehen auf eine Absprache zwischen Union und Ampelkoalition zurück. Die Fraktionen brachten die Änderungsanträge im Haushaltsausschuss gemeinsam ein. Für die vorgesehene Änderung des Grundgesetzes im Bundestag ist die Koalition auf die Zustimmung der Unionsfraktion angewiesen.
Ausnahme von Schuldenregel
Die Kreditaufnahme des Sondervermögens soll nicht auf die Schuldenregel des Artikels 115 des Grundgesetzes angerechnet werden. Dafür soll im Grundgesetz ein neuer Absatz 87a eingefügt werden. Der Ausschuss änderte den entsprechenden Gesetzentwurf (20/1410) nur geringfügig.
Danach soll im Grundgesetz nun klargestellt werden, dass „zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit“ ein Sondervermögen „für die Bundeswehr“ eingerichtet werden kann. Im ursprünglichen Entwurf fehlte der Zusatz „für die Bundeswehr“.
Zweck enger gefasst
Umfassender änderte der Ausschuss die zum Sondervermögen gehörende einfachgesetzliche Regelung (20/1409), die künftig als „Bundeswehrfinanzierungs- und Sondervermögensgesetz – BwFinSVermG“ firmieren soll. Hierin wird nunmehr klargestellt, dass das Sondervermögen den Zweck hat, „die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit zu stärken und dazu ab dem Jahr 2022 die Fähigkeitslücken der Bundeswehr zu schließen, um damit auch den deutschen Beitrag zu den geltenden Nato-Fähigkeitszielen gewährleisten zu können. Die Mittel des Sondervermögens sollen der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben der Bundeswehr, insbesondere komplexer überjähriger Maßnahmen, dienen.“ Neu sind insbesondere die expliziten Verweise auf die Bundeswehr und die Nato-Fähigkeitsziele.
Die in der Begründung des ursprünglichen Regierungsentwurfs vorgesehene Möglichkeit, auch „Maßnahmen zur Stärkung im Cyber- und Informationsraum sowie zur Ausstattung und Ertüchtigung der Sicherheitskräfte von Partnern“ aus dem Sondervermögen finanzieren zu können, entfällt. Stattdessen heißt es in einem neuen Absatz 1a, dass die Finanzierung von „Maßnahmen zur Cybersicherheit, Zivilschutz sowie zur Ertüchtigung und Stabilisierung von Partnern“ unabhängig vom Sondervermögen über den Bundeshaushalt finanziert wird.
Verbindung zum Nato-Ziel
Zudem wird in dem Entwurf nun die Verbindung von Ausgaben aus dem Sondervermögen mit dem Nato-Ziel für Verteidigungsausgaben (2 Prozent des Bruttoinlandproduktes) konkretisiert. Danach soll mithilfe des Sondervermögens „im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Basis der aktuellen Regierungsprognose für Verteidigungsausgaben nach Nato-Kriterien bereitgestellt“ werden.
Nach Ausschöpfung des Sondervermögens sieht der Gesetzestext ferner vor, dass „aus dem Bundeshaushalt weiterhin die finanziellen Mittel bereitgestellt [werden], um das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr und den deutschen Beitrag zu den dann jeweils geltenden Nato-Fähigkeitszielen zu gewährleisten“.
Neues Kontrollgremium
Weiterhin schärfte der Ausschuss die parlamentarische Kontrolle über das Sondervermögen nach. So soll der Haushaltsausschuss alle Verträge über Beschaffungs- und Entwicklungsvorhaben sowie Betreiberverträge, die ein Finanzvolumen von 25 Millionen Euro überschreiten, billigen müssen. Die geänderte Fassung sieht nunmehr vor, dass die jeweiligen Verträge bis zur Billigung „schwebend unwirksam“ sind. Diese Regelung soll durch eine Änderung in der Bundeshaushaltsordnung auch für Verträge im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums gelten, die nicht über das Sondervermögen finanziert werden.
Zudem ist in dem Entwurf nun die Schaffung eines neuen Gremiums vorgesehen, in dem von Bundestag gewählte Mitglieder des Haushaltsausschusses sitzen sollen. Das Gremium soll demnach vom Bundesverteidigungsministerium über alle Fragen des „Sondervermögens Bundeswehr“ unterrichtet werden. Konkretisiert wurde zudem die Tilgung der für das Sondervermögen aufzunehmenden Kredite. Sie soll laut Entwurf spätestens am 1. Januar 2031 beginnen und „über einen angemessenen Zeitraum“ erfolgen. Im ursprünglichen Entwurf war kein konkretes Datum vorgesehen.
Wirtschaftsplan
Teil des Entwurfes ist zudem der zur Sitzung vorgelegte Wirtschaftsplan. Größter Ausgabeposten in den kommenden Jahren wird danach die Beschaffung im Bereich der Luftwaffe sein. Dafür sind rund 33,4 Milliarden Euro vorgesehen. Als Vorhaben sind unter anderem die Entwicklung und der Kauf des Eurofighter ECR sowie der Kauf von F-35 als Nachfolger des Tornados angegeben. Auf die „Beschaffung Dimension Land“ entfallen laut Wirtschaftsplan 16,6 Milliarden Euro, auf den Bereich See 8,8 Milliarden Euro. 20,8 Milliarden Euro sollen für Beschaffungen der Dimension Führungsfähigkeit/Digitalisierung verausgabt werden können.
Insgesamt belaufen sich die Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen auf 82 Milliarden Euro. Ein Teil der Vorhaben ist laut Wirtschaftsplan bislang im Einzelplan 14 abgebildet. „Sie werden teilweise erweitert und ab dem Haushaltsjahr 2023 in das Sondervermögen überführt“, heißt es weiter. (scr/03.06.2022)