Strom- und Gassperren, Gas- und Strompreisdeckel (Beschlussempfehlung)
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie zu dem Antrag der Fraktion Die Linke.: Strom- und Gassperren verbieten (Drucksachen 20/2686 und 20/3853)
Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie zu dem Antrag der Fraktion Die Linke.: Strom- und Gassperren verbieten (Drucksachen 20/2686 und 20/3853)
In namentlicher Abstimmung hat der Bundestag am Donnerstag, 13. Oktober 2022, einen Antrag der Fraktion Die Linke zu einem Verbot von Gas- und Stromsperren (20/2686) abgelehnt. Gegen die Vorlage votierten 601 Abgeordnete, 36 Parlamentarier stimmten dafür, drei enthielten sich.
Eine weitere Vorlage der Fraktion zur Einführung von Gas- und Strompreisdeckeln (20/3483) wurde ebenfalls zurückgewiesen. Die Vorlage wurde mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP gegen die Stimmen der Antragsteller bei Enthaltung der AfD mit breiter Mehrheit abgelehnt. Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie hat zu den Vorlagen jeweils eigene Beschlussempfehlungen (20/3853, 20/3865) vorgelegt.
Die Linken-Abgeordnete Amira Mohamed Ali sagte zur Begründung der Anträge unter anderem, soziale Härten müssten „nicht ein kleines bisschen abgemildert“ werden, sondern Millionen Menschen könnten sich ihre Energierechnungen nicht mehr leisten. In dieser großen Krise brauche es endlich klare und entschlossene Maßnahmen. Es müsse Schluss sein mit dem „Teuer-Wahnsinn“, die Strom- und Gaspreise müssten jetzt gedeckelt werden.
Außerdem müsse es sofort verboten werden, dass Menschen in Zahlungsschwierigkeiten Strom oder Gas abgeschaltet werden darf. Zu den Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung sagte sie, der „Doppel-Wumms“ sei eine „Luftnummer“ und ein „Rohrkrepierer“ und grenze an Wählertäuschung. Die Regierung habe immer noch nicht verstanden, wie ernst die Lage sei. Zudem müssten die richtigen Lehren aus der Krise gezogen werden. Energieversorgung sei Daseinsvorsorge und gehöre in die Öffentliche Hand.
Abgeordnete der Ampel-Fraktionen verwiesen in ihren Beiträgen auf die Anstrengungen der Bundesregierung, die Folgen der Krise abzumildern. Dr. Ingrid Nestle (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, die Debatte sollte nicht für Schuldzuweisungen, sondern dafür genutzt werden, um darüber zu reden, wie den Menschen und den Unternehmen in Not am besten geholfen werden könne.
Dafür habe die Regierung mittlerweile viel Geld und viel Kraft mobilisiert. Die Gelder müssten zielgenau ankommen, aber auch schnell und unbürokratisch fließen. Die Lösung sei, unabhängiger zu werden von den unbezahlbaren fossilen Energieträgern. Sie freue sich, mit Robert Habeck einen Minister zu haben, der sich nicht „wegduckt, wenn es schwierig wird“. Die Linke würde all dies diskreditieren und lächerlich machen. Das schütze Menschen mit wenig Geld nicht, sondern verschärfe das Problem.
Dr. Nina Scheer (SPD) betonte, die durch die fossile Energiepreiskrise erforderlichen Entlastungen seien auf den Weg gebracht worden. Die Umsetzung sei eine große Aufgabe, wobei es natürlich um eine gerechte Ausgestaltung gehe. Hier liege der Ansatz, dass man gar nicht erst zu Strom- und Gassperren kommt.
Ansonsten würde eine Strom- und Gassperre nur Schulden auf beiden Seiten anhäufen. Das gelte es zu verhindern. Es dürfe keine Strom- und Gassperren geben, aber der Weg dahin sei entscheidend, damit es nicht zu Überforderungen komme. Mit Blick auf den EU-Wirtschaftsausschuss fügte sie hinzu, es sei wichtig, vom Pfad des beschleunigten Umstiegs auf Erneuerbare auch aus Preisgründen nicht abzuweichen.
Michael Kruse (FDP) sagte, die verantwortungsvolle Mehrheit der Abgeordneten trete für Energieunabhängigkeit von Russland ein. Mittelfristig sei der Ausbau der Erneuerbaren – der „Freitheitsenergien“ – der beste Weg, um das zu erreichen. Jeder könnte erkenne, dass dieser Weg der richtige sei. Die Ampel handele verantwortungsvoll und gebe den Menschen klare Perspektiven, um durch die nächsten beiden Winter zu kommen.
Zum Thema Kernenergie sagte er, es gebe zwischen den Koalitionspartnern keinen Streit. Es gebe Diskussionen mit unterschiedlichen Zielen, die aber in der Sache vernünftig seien. Die FDP werbe dafür, mehr Kapazitäten ans Netz zu bringen, als das aktuellste Szenario im Stresstext beschreibe. Dieser Stresstest sei bereits überholt.
Auch die Unionsfraktion lehnte die Vorschläge der Linksfraktion ab. Maria-Lena Weiss (CDU/CSU) bezeichnete den Verbotsantrag als einen der schlechtesten Vorschläge, die auf dem Tisch lägen. Die damit verbunden Kosten blieben bei den Energieversorgern und besonders den Stadtwerken hängen. Der Antrag helfe damit nicht weiter.
Die Einführung von Preisdeckeln sei zwar gut gemeint, aber nicht umsetzbar. Weiss appellierte an die Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die mittelständischen Betriebe kurzfristig Entlastung bekommen. Eine Gaspreisbremse im März komme zu spät, eine Einmalzahlung im Dezember reiche nicht aus, um drohende Betriebsschließungen im Winter zu verhindern. Auch sollte die Regierung nicht vergessen, dass mit der Gaspreisbremse nur die Hälfte getan sei. Auch Strom, Öl und Pellets seien hohen Preissteigerungen ausgesetzt. Weiss forderte die Bundesregierung auf, der Bevölkerung und den Betrieben eine Perspektive zu geben, wie sie durch den Winter kommen.
Marc Bernhard (AfD) warf der Bundesregierung vor, die Dramatik der Situation nicht verstanden zu haben. Sie habe acht Monte lang nichts gemacht, um „diese Katastrophe“ abzuwenden. AfD-Vorschläge seien abgelehnt worden. Jetzt fange die Bundesregierung an, zu Beginn der Heizperiode darüber nachzudenken, was man tun könnte, um den Menschen nach dem Winter möglicherweise helfen zu können. Dann seien viele Unternehmen bereits pleite und Tausende Arbeitsplätze vernichtet.
Nachdem die Regierung „total versagt“ habe, müsse jetzt jede Möglichkeit genutzt werden, um die Menschen und die Unternehmen über den Winter zu bringen. Deshalb fordere auch die AfD einen Gas- und Strompreisdeckel, jedoch nur als zeitlich begrenzte Notbrücke, um Gas- und Strom weiter bezahlbar zu machen. Die Menschen bräuchten sofort massive Entlastungen,.
Die Bundesregierung solle den Energieversorgern durch eine Neuregelung der Stromgrundversorgungsverordnung Stromsperren und den Energieversorgern durch eine Neuregelung der Gasgrundversorgungsverordnung Gassperren aufgrund von Zahlungsunfähigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern verbieten, verlangte die Linksfraktion.
Zur Begründung hieß es in dem entsprechenden Antrag, eine Strom- beziehungsweise eine Gassperre führe zu menschenunwürdigen Verhältnissen. Wenn Licht, Kühlschrank, Herd und die Heizung nicht mehr funktionierten, sei eine Wohnung unbewohnbar. Eine ausgefallene Heizung in der kälteren Jahreszeit stelle eine große Gesundheitsgefahr dar. Während das Mietrecht relativ hohe Hürden bei Wohnungsräumungen vorsehe, seien Strom- und Gassperren rechtlich völlig unzureichend reguliert und würden ohne Gerichtsbeschluss durchgeführt, kritisierten die Abgeordneten.
Die Linksfraktion forderte außerdem eine Obergrenze für Endpreise von Erdgas und Strom bei privaten Haushalten sowie kleinen und mittleren Unternehmen - und eine Kompensation über den Bundeshaushalt. In ihrem Antrag hieß es zur Begründung: „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat in Folge der wirtschaftlichen Sanktionen erhebliche Auswirkungen auf den Weltmarkt bei Erdgas und die europäische Stromproduktion.“
Aufgrund der Liberalisierung der Energiemärkte in Europa seien die Energiepreise dermaßen angestiegen und stiegen weiter, dass der freie Markt die Versorgung nur noch an diejenigen Menschen und Unternehmen garantieren könne, die in der Lage seien, die aufgerufenen Preise zu zahlen. „An diesem Punkt sind staatliche Eingriffe in den Markt geboten und unvermeidbar geworden, da andernfalls die Daseinsvorsorge der Energieverfügbarkeit nicht länger gewährleistet ist“, hieß es in dem Antrag. (mwo/mis/hau/13.10.2022)