Der Bundestag hat am Donnerstag, 1. Juni 2017, einen Antrag von CDU/CSU und SPD zur neuen Lagebeurteilung für Afghanistan (18/12638) mit 445 Stimmen bei 109 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen angenommen. Mit 453 Stimmen bei 53 Gegenstimmen und 56 Enthaltungen lehnte er zugleich einen Antrag der Linken (18/12639) ab, einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan zu beschließen. Für den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/12099), Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen, stimmten 107 Abgeordnete, 438 lehnten ihn bei 14 Enthaltungen ab. Zu diesem Antrag lag eine Beschlussempfehlung des Innenausschusses vor (18/12414).
Antrag von CDU/CSU und SPD angenommen
Der Bundestag nahm auf Antrag von CDU/CSU und SPD die Einigung zwischen dem Bundesaußen- und dem -innenminister zur Lagebeurteilung in Afghanistan zustimmend zur Kenntnis. Danach hat Außenminister Gabriel auch infolge des fürchterlichen Terroranschlags in unmittelbarer Nähe der deutschen Botschaft entschieden, dass die Sicherheitslage in Afghanistan neu bewertet wird.
Bis zur Vorlage einer neuen Lagebeurteilung des Auswärtigen Amtes und bis zur vollen Funktionsfähigkeit der deutschen Botschaft in Kabul bleibt es dem Antrag zufolge nur noch bei der Förderung der freiwilligen Rückkehr und der Abschiebung von Straftätern und Gefährdern auf der Basis einer Einzelfallprüfung. Dies gelte auch für jene Ausreisepflichtigen, die „hartnäckig ihre Mitwirkung an der Identitätsfeststellung verweigern“.
Der Zeitraum bis einer neuen Lagebeurteilung hänge vor allem von der vollen Funktionsfähigkeit der deutschen Botschaft in Kabul ab. Es werde angestrebt, bis spätestens Juli eine neue Beurteilung vorzulegen.
Antrag der Linken abgelehnt
Die Linke hatte beantragt, diese Erklärung zurückzuweisen und Abschiebungen nach Afghanistan sofort zu stoppen. Von freiwilliger Rückkehr könne keine Rede sein. Vielmehr würden Menschen unter Druck gesetzt und mit einer mit Repressionen verbundenen Abschiebung bedroht.
Auch die Differenzierung der Abschiebung zwischen Straftätern, Gefährdern auf der Basis einer angeblichen Einzelfallprüfung sowie Menschen, die ihre Identitätsfeststellung verweigern, widerspreche menschenrechtlichen Grundsätzen. Niemand dürfe in eine Situation gebracht werden, in der sein Leben und das Leben seiner Angehörigen auf Höchste gefährdet ist.
Antrag der Grünen abgelehnt
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen drang darauf, Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen und verwies darauf, dass es nach einem Bericht des „Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten“ der Vereinten Nationen „im Jahr 2017 bis dato fast 59.000 neue Binnenvertriebene in Afghanistan“ gegeben habe. Dennoch halte die Bundesregierung an Sammelabschiebungen nach Afghanistan fest.
Gleichzeitig sei „in den ersten Monaten 2017 auch trotz der sich gravierend verschlechternden Sicherheitslage die Anerkennungsquote für Asylanträge aus Afghanistan“ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf unter 50 Prozent gesunken. (vom/02.06.2017)