Enquete-Kommission beschließt Abschlussbericht
Berlin: (hib/LBR) Nach fast dreijähriger Arbeit hat die Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ am Dienstagnachmittag ihren Abschlussbericht beschlossen. Der mit Anlagen mehr als 600 Seiten starke Bericht wurde mitsamt der Repliken und Gegenrepliken zu den Sondervoten zum Gesamtbericht und den einzelnen Kapiteln einstimmig beschlossen. Der Bericht soll am 22. Juni 2021 an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) übergeben werden.
Die mit der Digitalisierung verbundenen langfristigen Veränderungsprozesse betreffen etwaBerufsbilder, die Anpassung von Ausbildungsordnungen aufgrund von veränderten Produktionsprozessen, aber auch den Einsatz von digitalen Medien in der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Mit Blick auf den Ausbildungsmarkt sei eine Stärkung der ausbildenden Unternehmen und der berufsbildenden Schulen zum Erhalt bestehender Ausbildungsverträge und der Ermöglichung neuer Ausbildungsangebote erforderlich. Für eine ausreichende Nachfrage gelte es, junge Menschen noch stärker auf die mit der beruflichen Bildung verbundenen Chancen auf eine zukunftssichere Beschäftigung und Einkommens- und Karriereperspektiven, die der akademischen Qualifizierung gleichwertig sind, hinzuweisen, heißt es in dem Berichtsentwurf.
Die Vorsitzende des Gremiums, Antje Lezius (CDU), betonte, dass man sich nach 36 Sitzungen und 88 Projektgruppen-Treffen nun auf der Zielgeraden befinde. Am 22. Juni soll der Bericht der Öffentlichkeit vorgestellt und diskutiert werden. Auch eine Debatte im Bundestagsplenum in dieser letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause ist vorgesehen. „Ich hätte nicht gedacht, wie viel Zeit, Energie und Bereitschaft für das Finden eines Konsens erforderlich ist“, sagte Lezius. Die Anstrengung habe sich aber gelohnt, denn die Kommissionsmitglieder eine, dass alle die Qualität der Beruflichen Bildung verbessern wollen, damit diese weiter ein Aushängeschild bleibe. Das Papier biete neben Bestandsaufnahmen zahlreiche Handlungsempfehlungen für Entwicklungsperspektiven der beruflichen Aus- und Weiterbildung in einer digitalen Arbeitswelt, betonte Lezius.
Neben Erklärungen zum Auftrag und den Zielen der Kommission und Informationen zum Berufsbildungssystem in Deutschland bilden die Berichte der Projektgruppen die Grundlage der neun Kapitel. In zwei Phasen hatten sich die Abgeordneten und Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis mit den Themenbereichen „Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung für die berufliche Bildung“, „Anforderungen der digitalen Arbeitswelt an die Ausbildung im Betrieb und an die berufsbildenden Schulen“, „Weiterbildung, duales Studium und lebensbegleitendes Lernen“, „Attraktivitätssteigerung, Gleichwertigkeit und Durchlässigkeit in der beruflichen Aus- und Weiterbildung“, „Zu- und Übergänge sowie Integration besonderer Gruppen“ sowie mit der Finanzierung der Aus- und Weiterbildung befasst. Auch ein Kapitel zu den Erfahrungen und Erwartungen junger Menschen bei der Berufswahl ist Teil des Berichts. Vor dem Hintergrund Corona-Pandemie seien zudem Empfehlungen zum Umgang mit den Folgen der Krise aufgenommen worden.
Vertreter der CDU/CSU-Fraktion lobten den „sachlichen Diskurs und die sachbezogenen Kompromisse“ in der heterogenen Kommission. Wesentliche Fehlbesetzungen etwa bei den Institutionen seien nicht erkennbar gewesen, das Zusammenspiel der Sozialpartner funktioniere gut. Luft nach oben bestehe etwa bei der Berufsorientierung im Hinblick auf die Nutzung neuer digitaler Methoden und deren Zielorientierung.
Eine Vertreterin der SPD-Fraktion lobte das Mittel der geteilten Voten im Bericht, um nicht immer den Weg eines „gequälten Kompromisses“ zu gehen. Der Bericht habe Grundlagen gelegt, die der künftigen Regierung Leitideen liefern können. Die Beratungen hätten insbesondere die soziale Dimension des Themas verdeutlicht, sagte sie. Der Wert der Bildung und der allgemeine Standard müsse sichergestellt und weiter hoch gehalten werden.
Eine Vertreterin der AfD-Fraktion erklärte, dass nach Schwierigkeiten bei der Expertenfindung für ihre Fraktion, viel gelernt worden sei, insbesondere was das Thema Konsensorientierung, im Positiven wie im Negativen, angehe. Sie bedauere daher, dass die Arbeit der von der AfD geleiteten Projektgruppe Fünf in anderen Kapiteln aufgegangen sei.
Ein Vertreter der FDP-Fraktion betonte, dass der Bericht nicht den „großen visionären Wurf mit einem Masterplan für die nächsten Jahre“ liefere, er sich aber sehen lassen könne. Die Stärke liege darin, dass verschiedene Seiten dargestellt und zusammengefasst werden.
Vertreterinnen der Linksfraktion lobten das sachliche und konstruktive Klima und zeigten sich erfreut darüber, dass im Bericht Risikogruppen und das Thema Berufsbildung für alle in den Blick genommen werde.
Eine Sachverständige der Grünen-Fraktion betonte, dass die Ergebnisse im Bereich Inklusion über das hinausgingen, was sie erwartet habe. Insgesamt habe sie sich jedoch mutigere Visionen gewünscht, etwa im Hinblick auf die Themen Weiterbildung und die Verzahnung zur Erstausbildung.
Der Bundestag hatte die Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ auf Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Die Linke (19/2979) im Juni 2018 eingesetzt. Der Kommission, die sich am 27. September 2019 konstituiert hatte, gehören 19 Abgeordnete des Bundestags sowie 19 sachverständige Mitglieder aus Praxis, Verbänden und Wissenschaft an.