Ausstellung

150 Jahre - Paul Löbe

Paul Löbe als Reichstagspräsident 1920
Die Familie Löbe (ca. 1895)
Clara und Paul Löbe, ca. 1908
Paul Löbe mit einem Foto von August Bebel im Hintergrund (rechts)
Familie Löbe im Reichstagspräsidentenpalais Weihnachten 1925
Paul Löbe sitzt mit Familienmitgliedern und einem Chauffeur in einem Auto (1926)
Clara und Paul Löbe

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Paul Löbe als Reichstagspräsident 1920 (Frontispiz Reichstags-Handbuch, I. Wahlperiode 1920)

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Die Familie Löbe (ca. 1895). Im Vordergrund Pauline und Heinrich Löbe, dahinter die Kinder Emma, Karl, Paul und Hermann Löbe (v.l.n.r.) (© Privatbesitz Familie, Richard Cissée)

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Clara und Paul Löbe, ca. 1908 (© Privatbesitz Familie, Richard Cissée)

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Bei einer SPD-Veranstaltung in Dresden (wahrscheinlich Februar 1946 aus Anlass einer Gedenkfeier für August Bebel) (© Privatbesitz Familie, Richard Cissée)

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Familie Löbe im Reichstagspräsidentenpalais Weihnachten 1925. Clara Löbe (stehend 3. von li.), der 15-jährige Sohn Werner vorne im Schneidersitz, Löbes Mutter Pauline in der ersten Reihe sitzend (1. von re.) (© Privatbesitz Familie, Richard Cissée)

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Im Wagen des Reichstagspräsidenten, August 1926. Auf der Rückbank Clara und Werner Löbe sowie ein weiteres Familienmitglied, am Steuer der Chauffeur Herr Klattke (© Privatbesitz Familie, Richard Cissée)

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Mit Clara beim Betriebsauflug des „Telegraf“, 1963 (© Privatbesitz Familie, Richard Cissée)

Anlässlich des 150. Geburtstages von Paul Löbe am 14. Dezember würdigt der Deutsche Bundestag diesen herausragenden Parlamentarier in der deutschen Demokratiegeschichte:

Ausstellung in den Fenstern des Paul-Löbe-Hauses

Ab 15. Dezember 2025 erinnert der Bundestag in dem Gebäude, das seinen Namen trägt, an den Sozialdemokraten und langjährigen Parlamentspräsidenten. Die Ausstellung ist vom Spreeuferweg kostenfrei zu sehen und gibt u. a erstmalig Einblicke in das private Familienarchiv Löbes. 

Lesung 

Am 17. Dezember 2025, von 17.30 bis 19.00 Uhr, liest die Autorin Victoria Krummel in der Bibliothek des Deutschen Bundestages aus „Paul Löbe. Ein Leben für die Demokratie“, der ersten Gesamtbiografie Paul Löbes. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner wird in den Abend einführen. Nach der Lesung mit Originaltondokumenten folgt ein moderiertes Gespräch zwischen dem Präsidenten des Deutschen Bundestages a.D., Dr. h.c. Wolfgang Thierse, und der Autorin. Es moderiert Dr. Benedikt Wintgens, Generalsekretär der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e.V. (KGParl)

Paul Löbe (1875-1967) – Parlamentspräsident in polarisierter Zeit 

Paul Löbe – sein Name steht für parlamentarische Kontinuität über die Brüche im 20. Jahrhundert hinweg: Von 1920 bis 1932 war der Sozialdemokrat Präsident des Reichstages – fast die gesamte Dauer der Weimarer Republik. Als Alterspräsident eröffnete er 1949 den ersten Deutschen Bundestag.

1875 als ältester Sohn eines Tischlers geboren, lernte Löbe Schriftsetzer. Er wurde später Chefredakteur der sozialdemokratischen Zeitung „Volkswacht für Schlesien“ und war viele Jahre Breslauer Stadtverordneter.

Postkarte mit der geschwärzten Titelseite der „Volkswacht“ vom 5. Dezember 1905

Postkarte mit der geschwärzten Titelseite der „Volkswacht“ vom 5. Dezember 1905. Chefredakteur Löbe hatte in seinem Leitartikel zum Kampf gegen das preußische Dreiklassenwahlrecht aufgerufen. (© Privatbesitz Familie, Richard Cissée)

Nach der Revolution von 1918/19 und dem Sturz des Kaiserreichs trat Löbe in der Weimarer Nationalversammlung hervor. Im Jahr darauf wählte ihn der erste Reichstag der Republik als Präsident an seine Spitze. Mit kurzer Unterbrechung wurde er als Vertreter der stärksten Fraktion immer wieder in dieses Amt gewählt.

Ihm folgte nach der Reichstagswahl im Juli 1932 der Nationalsozialist Hermann Göring – und damit der Weg in die Diktatur. Während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft war Löbe wiederholt in Haft, unter anderem im Konzentrationslager Groß Rosen. 

Nach Kriegsende beteiligte er sich am Wiederaufbau der SPD in der sowjetischen Besatzungszone. 1948/49 arbeitete er im Parlamentarischen Rat am Grundgesetz mit und gehörte dem ersten Deutschen Bundestag an.

Der Zusammenhalt der Deutschen war dem aus seiner schlesischen Heimat Vertriebenen eine Herzenssache, dem überparteilichen Kuratorium „Unteilbares Deutschland“ stand er als Präsident vor. Gleichzeitig warb er wie schon in der Zwischenkriegszeit für ein vereintes Europa und die Verständigung zwischen den Völkern. 

Paul Löbe starb 1967 mit 91 Jahren in Bonn. 

Das Grab des Berliner Ehrenbürgers befindet sich auf dem Waldfriedhof Berlin-Zehlendorf.

Der Sozialdemokrat

Paul Löbe zählte zu den führenden Köpfen der schlesischen Sozialdemokratie im späten Kaiserreich. Sein Eintreten gegen das undemokratische preußische Dreiklassen-Wahlrecht bezahlte er mit einem Jahr Gefängnis.

In der Novemberrevolution 1918 trat Löbe entschieden für die parlamentarische Demokratie ein, haderte aber wie andere Sozialdemokraten mit der neuen Rolle der SPD als Regierungspartei. Er engagierte sich im Parlament und im republikanischen Veteranen- und Wehrverband Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold entschlossen für den Schutz der jungen Republik gegen die extremistischen Angriffe von rechts und links.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme zeigte Löbe mit seiner Fraktion großen Mut: Als einzige stimmten sie im März 1933 gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz. Löbe blieb in Deutschland und versuchte, durch politische Zurückhaltung das organisatorische Überleben seiner Partei zu sichern. Darüber kam es zum Konflikt mit dem Exil-Vorstand der SPD. Einen Tag nach dem Parteiverbot im Juni 1933 wurde Löbe verhaftet. 

Nach 1945 wandte sich der prominente Sozialdemokrat gegen die Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED. Er wurde Mitherausgeber der SPD-nahen Berliner Tageszeitung „Telegraf“ und als Vertreter der Berliner Sozialdemokratie in den Parlamentarischen Rat und den ersten Deutschen Bundestag entsandt. Trotz Konflikten um den deutschland- und europapolitischen Kurs blieb Löbe seiner Partei bis zum Lebensende treu.

Der Parlamentspräsident

Ein Mann mit Schnurrbart und runder Brille

Reichstagspräsident Paul Löbe (um 1920) (© picture alliance/akg-images)

Als Reichstagspräsident hat Paul Löbe Maßstäbe gesetzt. Zeitgenossen galt er als der „geborene Präsident“. Auch bei politischen Kontrahenten im demokratischen Lager war er hoch angesehen – obwohl er, anders als seine Amtsvorgänger, zugleich aktiver Parteipolitiker blieb.

Paul Löbe wollte Bedeutung und Ansehen des Parlaments stärken. Er drang auf Parlamentsreformen und setzte auch auf die damals neuen Medien: Unter ihm gab es die ersten Rundfunkübertragungen aus dem Reichstag. Als „Parlamentspräsident auf Reisen“ knüpfte er Kontakte zu Parlamenten anderer Staaten und engagierte sich in der Interparlamentarischen Union.

Mit Erstarken der extremistischen Ränder nach der Reichstagswahl im September 1930 stieß Löbes präsidiale Autorität zunehmend an ihre Grenzen. Im Reichstag, der durch die mit Notverordnungen regierenden Präsidialkabinette weitgehend entmachtet war, wurden Instabilität und Tumulte zur Normalität. Nach dem Wahlsieg der NSDAP im Juli 1932 endete die „Ära Löbe“.

Im ersten Deutschen Bundestag war der überparteilich angesehene Reichstagspräsident a. D. ein gefragter Ratgeber. In Sachen Geschäftsordnung und Parlamentspraxis machte ihm keiner etwas vor. Aus seiner Unzufriedenheit mit der parlamentarischen Debattenkultur in der jungen Bundesrepublik machte Paul Löbe keinen Hehl. Bis zuletzt warb er für mehr Fairness und Offenheit in der politischen Auseinandersetzung.

Zum Weiterlesen:

Victoria Krummel: Paul Löbe. Ein Leben für die Demokratie. Osburg Verlag, Hamburg 2025.

Paul Löbe: Der Weg war lang: Lebenserinnerungen. Arani Verlag: Berlin 1990.

Theodor Oliwa: Paul Löbe. Ein sozialdemokratischer Politiker und Redakteur. Die schlesischen Jahre (1875–1919). Degener Verlag: Neustadt an der Aisch 2003 (= Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte. Band 30).

Volker Stalmann: Paul Löbe 1875-1967. Sozialdemokrat, Journalist, Reichstagspräsident und Bundestagsabgeordneter. Metropol Verlag: Berlin 2025.