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Jenny Holzer

Das allgemeine Stimmrecht, Prägedruck auf Bütten, 2018, Druck: Gailer Stamping & Diecutting, New York, Text: „Frauenwahlrecht“ aus „Intellektuelle Grenzlinien zwischen Mann und Frau“ von Helene Lange, 1899. Vom AddF – Archiv der deutschen Frauenbewegung, Kassel, freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Das Oeuvre der US-amerikanischen Konzeptkünstlerin Jenny Holzer (geb. 1950 in Gallipolis, Ohio) ist von Texten und vom Umgang mit dem geschriebenen wie gesprochenen Wort  geprägt. International bekannt wurde sie schon mit ihrer ersten Arbeit, den „Truisms“, die wie die meisten anderen auch von vornherein im öffentlichen Raum realisiert wurden und Kunst damit zum unmittelbar gesellschaftspolitisch relevanten Medium machte. Jene Binsenweisheiten und Aphorismen bestanden aus einzeiligen Texten vermeintlich unstrittiger Wahrheiten um Politik, Sex, Macht, Umwelt, Gewalt und Gender, die die Künstlerin Ende der 1970er Jahre anonym an Gebäuden, Bauzäunen und Mauern von Lower-Manhattan plakatierte.

Wenig später, in den Jahren 1979 – 1982, verfasste sie die „Inflammatory Essays“, kurze und provokante Texte, in denen sie gesellschaftliche Tabus thematisierte. Diese sowie ihre weitere Textserien wurden in weit sichtbare LED-Schriftbänder verwandelt, auf T-Shirts und Plaketten gedruckt, auf Steinbänke gemeißelt und auf Gebäuden und Landschaften projiziert. Dieses Prinzip der unbedingten Öffentlichkeit wurde mit jeder ihrer zahlreichen Installationen deutlicher. Die verwendeten Texte stellen dabei immer die fundamentalen Fragen von Sprache als Instrument einer Wirklichkeits- und Wahrheitsbehauptung. Der Betrachter kommt dabei nicht umhin zu fragen, wer da eigentlich spricht und aus welchem Kontext der Text stammt, ob er humorvoll oder ernst gemeint ist, ob er Teil einer realen Begebenheit oder ob er künstlerisch überformte Wirklichkeit ist.

Für die Ausstellung zum 100. Jahrestag des Frauenwahlrechts in Deutschland suchte Jenny Holzer nach originalen Texten und fand Helene Langes Werk „Frauenwahlrecht“ aus dem Jahr 1896. Lange, die in Berlin als Lehrerin arbeitete, gehörte zur ersten Generation deutscher Frauenrechtlerinnen und Feministinnen, die für die Gleichberechtigung der Geschlechter eintrat,
sich für gleiche Berufs- und Bildungschancen einsetzte und die Einführung des Frauenwahlrechts forderte. Der von Holzer gewählte Textausschnitt, aus einem Neudruck des Essays, der im Jahr 1899 im Buch „Intellektuelle Grenzlinien zwischen Mann und Frau“ erschien, nimmt unmittelbar auf das deutsche Parlament und die Forderung nach  Frauenwahlrecht Bezug und enthält wichtige Kernsätze der Argumentation um 1918, darunter die als Titel verwendete Bezeichnung „Das allgemeine Stimmrecht“.

Jenny Holzers Werke befinden sich in vielen internationalen Sammlungen. Sie wurde vielfach ausgezeichnet, darunter mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig (1990), dem Crystal Award des Weltwirtschaftsforums (1996), den Kaiserring der Stadt Goslar (2002), die Barnard Medal of Distinction (2011) und dem Ordre des Arts et des Lettres im Rang eines Offiziers der Französischen Regierung (2016). Seit 2011 ist sie Mitglied der American Academy of Arts and Sciences, seit 2018 der American Academy of Arts and Letters. Sie lebt und arbeitet im Bundesstaat und in der Stadt New York. (kvo)

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