Besuch

Barbara Klemm

Frauendemonstration, Frankfurt am Main 1974, Digitale Zeichnung, C-Print auf Papier, 2018

Barbara Klemm (geb. 1939 in Münster in Westfalen) gehört zu den bekanntesten Fotojournalistinnen Deutschlands. Viele der Fotografien, die sie als Redaktionsfotografin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung publizierte, sind fester Bestandteil des deutschen Bildgedächtnisses sowohl für das geteilte als auch für das wiedervereinigte Land. Barbara Klemm dokumentierte zentrale politische Ereignisse wie die Treffen der  Regierungschefs aus Ost und West, den Mauerfall und die Wiedervereinigung. Sie beobachtete die Studentenunruhen der 68er und zeigte die Demonstrationen und Initiativen der Friedensbewegung, sie beobachtete den Alltag der Deutschen und ihrer Nachbarn und porträtierte Künstler und Politiker. Trotz aller technischen Neuerungen blieb sie dabei immer dem Schwarz-Weiß-Bild und der analogen Fotografie treu.

Für die Ausstellung zum 100. Jahrestag des Frauenwahlrechts im Deutschen Bundestag wählte sie eine Aufnahme aus dem Jahr 1974. Es zeigt Teilnehmerinnen einer Demonstration, die ein selbst gestaltetes Plakat mit dem Text tragen: „Das Weib sei willig, dumm und stumm – diese Zeiten sind jetzt um.“ Es wurde bei einer der zahlreichen Kundgebungen vor oder nach der Änderung des Paragraphen 218 aufgenommen, denn das Jahr 1974 ist in Bezug auf die Rechte der Frauen in der Bundesrepublik ein so wichtiges wie ereignisreiches Jahr: Als der Deutsche Bundestag Anfang des Jahres die dritte Lesung der Reform zum Paragraphen 218 des Grundgesetzes ankündigt, mobilisiert eine junge Westberliner Fraueninitiative nicht nur bereits gegründete feministische Gruppen, sondern initiiert eine breite gesellschaftliche Bewegung, die vor allem an den Universitäten massiven Zuspruch erfährt.  Rund um den internationalen Frauentag am 7. März organisieren Frauen im ganzen Land  eine „Aktionswoche“, die medial aufmerksam begleitet und oft kritisch kommentiert wird. Nicht zuletzt die als erster Fernsehskandal der Bundesrepublik bezeichnete Absetzung eines Panorama-Beitrags der Journalistin und Feministin Alice Schwarzer, der zu einer Intervention der Katholischen Kirche geführt hatte, ließ tausende Frauen am „Nationalen Protesttag“, dem 16. März 1974, in vielen deutschen Städten auf die Straße gehen.

Barbara Klemm war von 1970 bis 2005 Redaktionsfotografin der FAZ. Da ihre Aufnahmen von Anfang an eine große Öffentlichkeit weit über den Leserkreis hinaus fanden und schnell als Ikonen für wichtige zeithistorische Prozesse angesehen wurden, wurde Klemms Werk immer wieder in großen Ausstellungen präsentiert, darunter 1976 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, 1978 im Kunstverein Frankfurt, 1982 im Folkwangmuseum Essen, 1991 im Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main, 1999 im Deutschen Historischen Museum Berlin und 2013 im Martin-Gropius-Bau Berlin. Zu den ihr verliehenen Preisen zählen der Dr.-Erich-Salomon-Preis der DGPH und die Hugo-Erfurth-Auszeichnung der Stadt Leverkusen, der Maria Sibylla Merian-Preis für bildende Künstlerinnen in Hessen, der Westfälische Kulturpreis und der Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt u.a. Sie wurde 2011 in den Orden „Pour le Mérite“ aufgenommen und ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Sie lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. (kvo)

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