Parlament

Neu gewählter Bundestag tritt am 24. Oktober erstmals zusammen

Ein Mann mit Schnauzbart im dunklen Anzug sitzt auf dem Präsidentenstuhl im Plenarsaal.

Hermann Otto Solms eröffnete als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des Bundestages. (DBT/Melde)

Der am 24. September neu gewählte Deutsche Bundestag konstituiert sich am Dienstag, 24. Oktober. Das hat Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert am Mittwoch, 4. Oktober 2017, bekannt gegeben. Die erste, konstituierende Sitzung des Parlaments in seiner 19. Wahlperiode seit 1949 beginnt um 11 Uhr im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes. Die Sitzung wird mit einer Ansprache des Alterspräsidenten eröffnet. Auf der Tagesordnung stehen die Wahl des Bundestagspräsidenten und der weiteren Mitglieder des Präsidiums sowie die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages.

Die konstituierende Sitzung wird live im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.

Nach Artikel 39 Absatz 2 hat der Bundestag nach der Bundestagswahl 30 Tage Zeit, sich zu konstituieren. Der 24. Oktober ist der letztmögliche Tag für die konstituierende Sitzung. Bundestagspräsident Norbert Lammert, der nach 37 Jahren Zugehörigkeit zum Parlament nicht wieder kandidiert hatte und dem neuen Bundestag nicht mehr angehört, bereitet in Abstimmung mit den neuen Fraktionen die erste Sitzung der 19. Wahlperiode vor. Zwar steht dieses Vorgehen nirgendwo festgeschrieben, aber sie hat sich als Gewohnheitsrecht im parlamentarischen Betrieb verfestigt.

Sitzordnung im Plenarsaal und Einbau der Sitze

Abbildung eines Tortendiagramms, das von links nach rechts die Afd in blau, die FDP in gelb, die CDU/CSU in schwarz, die Grünen in grün, die SPD in rot und die Linke in hellrot darstellt

Sitzverteilung des 19. Deutschen Bundestages während der konstituierenden Sitzung (DBT/Klimpel)

Die Sitzordnung ist dabei ein kritischer Punkt. Sie soll das Kräfteverhältnis der Fraktionen widerspiegeln. Welche Fraktionen und welche Abgeordneten wo Platz nehmen, ist aber immer auch eine politische und organisatorische Frage. Für die konstituierende Sitzung hat der sogenannte Vorältestenrat des 19. Deutschen Bundestages beschlossen, die Fraktionen aus Sicht des Vorsitzes von rechts nach links im Plenarsaal wie folgt zu platzieren: Alternative für Deutschland, FDP, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Die Linke. Diese Festlegung kann später durch die Fraktionen wieder geändert werden, indem sie darüber erneut abstimmen.

Mit der Sitzverteilung sind aber nicht nur die Abgeordneten beschäftigt, sondern auch die Techniker der Bundestagsverwaltung. Sie bauen Stühle auf oder ab, testen Mikrofone und justieren die Akustik neu. Bis zur ersten Sitzung sind die „neuen Abgeordneten“ noch nicht im Amt: Sie sind nur gewählte Bewerber, und auch die neuen Fraktionen stehen noch nicht in der Verantwortung.

Erst mit der konstituierenden Sitzung sind sie offiziell die Vertreter der Bürgerinnen und Bürger für den 19. Deutschen Bundestag. Sollte der Bundestag vorher noch einmal tagen müssen, würden die Abgeordneten des 18. Bundestages noch einmal zusammentreten.

Alterspräsident eröffnet die Sitzung

Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin-Mitte treten die Abgeordneten um 11 Uhr im Plenarsaal des Reichstagsgebäudes zusammen. Die Eröffnung und Leitung der ersten Sitzung des neuen Parlamentes übernimmt der Alterspräsident, bis ein neuer Bundestagspräsident gewählt ist. Der Alterspräsident ist das dienstzeitälteste Mitglied des Deutschen Bundestages. Ist das dienstzeitälteste Mitglied nicht bereit, den Vorsitz als Alterspräsident zu übernehmen, geht dieses Amt auf das nächst dienstzeitälteste Mitglied über.

Dem Parlament am längsten gehört Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) an, gefolgt von Dr. Hermann Otto Solms (FDP). Da Wolfgang Schäuble von seiner Fraktion für das Präsidentenamt vorgeschlagen wurde, wird Hermann Otto Solms die Sitzung als Alterspräsident eröffnen.

Antrag der AfD zur konstituierenden Sitzung

Die AfD hat einen Antrag (19/2) eingebracht, die konstituierende Sitzung durch einen Versammlungsleiter zu eröffnen, der die ausschließliche Aufgabe haben soll, die Abstimmung über die Geschäftsordnung des Bundestages zu leiten. 

Nach Beschluss der Geschäftsordnung solle der Versammlungsleiter die Amtsführung an den Alterspräsidenten übergeben.

Beschluss von Geschäftsordnungen

Laut Tagesordnung soll nach der Rede des Alterspräsidenten über mehrere Geschäftsordnungen abgestimmt werden. So muss sich der neue Bundestag eine Geschäftsordnung geben. Abgestimmt wird darüber, ob die bisherige Geschäftsordnung für die neue Wahlperiode übernommen wird und damit weiterhin gültig bleibt. Die CDU/CSU hat dazu einen Antrag (19/1) vorgelegt.

Darin schlägt sie vor, dass neben der Geschäftsordnung des Bundestages samt Anlagen auch die Gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestages und des Bundesrates für den Vermittlungsausschuss nach Artikel 77 des Grundgesetzes, die Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuss nach Artikel 53a des Grundgesetzes, die Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115d des Grundgesetzes (Dringliche Gesetzesvorlagen) und die Richtlinien zur Überprüfung auf eine Tätigkeit oder politische Verantwortung für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik für die neue Wahlperiode übernommen werden. 

Eine Besonderheit betrifft die Geschäftsordnung des Bundestages. Die CDU/CSU weist darauf hin, dass der bisherige Paragraf 126a über die „besondere Verwendung von Minderheitenrechten in der 18. Wahlperiode“ nach Ablauf der Wahlperiode entfallen ist. Wegen der Mehrheitsverhältnisse mit einer Großen Koalition und zwei kleineren Oppositionsfraktionen hatte der Bundestag für die Dauer der vergangenen 18. Wahlperiode die Minderheitenrechte der Opposition verbessert. 

Änderungsantrag der SPD

Zum Antrag der Unionsfraktion zur Weitergeltung von Geschäftsordnungsrecht (19/1) haben die AfD und Die Linke je zwei Änderungsanträge und die SPD einen Änderungsantrag vorgelegt. Die SPD (19/8) schlägt Änderungen in den Anlagen 4 (Richtlinien für die Fragestunde und die schriftlichen Einzelfragen) und 7 (Befragung der Bundesregierung) vor.

Ihr Änderungsantrag zielt darauf ab, die sitzungswöchentliche Regierungsbefragung umzugestalten, um eine „wirksame parlamentarische Kontrolle und einen möglichst lebendigen öffentlichen Austausch zu ermöglichen“. Beantragt werden ferner Modifikationen bei der Fragestunde, die sich in Sitzungswochen an die Regierungsbefragung anschließt.

Änderungsanträge der AfD

Die AfD (19/4) will die Regelung zum Alterspräsidenten in der Geschäftsordnung wie folgt fassen: „In der ersten Sitzung des Bundestages führt das an Jahren älteste oder, wenn es ablehnt, das nächstälteste Mitglied des Bundestages den Vorsitz, bis der neugewählte Präsident oder einer seiner Stellvertreter das Amt übernimmt.“

In ihrem zweiten Änderungsantrag (19/5) verlangt die AfD, den Paragrafen 126a zu den Minderheitsrechten in modifizierter Fassung wieder in die Geschäftsordnung aufzunehmen. So sollen bereits 65 statt bisher 120 Abgeordnete ausreichen, um die Minderheitsrechte beanspruchen zu können.

Änderungsanträge der Linken

Die Linke (19/6) fordert, die nach dem Grundgesetz vorgeschriebenen Ausschüsse Petitionsausschuss, Auswärtiger Ausschuss, Verteidigungsausschuss und Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union mit jeweils 38 Mitgliedern einzusetzen.

Darüber hinaus will sie wie die SPD Änderungen an den Anlagen 4 und 7 der Geschäftsordnung zum Ablauf der Fragestunde und der Regierungsbefragung vornehmen (19/7).

Wahl des Präsidiums des Bundestages

Es folgt die Wahl des neuen Bundestagspräsidenten, verbunden mit Namensaufruf und Feststellung der Beschlussfähigkeit. Traditionell stellt die größte Fraktion den Bundestagspräsidenten. Die CDU/CSU hat als größte Fraktion im 19. Deutschen Bundestag am Dienstag, 17. Oktober, den bisherigen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für das Amt des Bundestagspräsidenten nominiert.

Nach dem Wahlvorgang übernimmt der gewählte Bundestagspräsident sein Amt und damit die weitere Sitzungsleitung. Im Anschluss an seine Ansprache wird die Zahl der Stellvertreterinnen und Stellvertreter des Präsidenten festgelegt. Dazu liegt ein gemeinsamer Antrag aller sechs Fraktionen (19/3) vor, wonach jede Fraktion eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter des Präsidenten stellt.

Danach sollen die aus den Reihen des Parlaments vorgeschlagenen künftigen Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten in einem Wahlgang gewählt werden. Gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen, also mindestens 355, auf sich vereinigen kann. Nominiert sind für die CDU/CSU Dr. Hans-Peter Friedrich, für die SPD Thomas Oppermann, für die AfD Albrecht Glaser, für die FDP Wolfgang Kubicki, für Die Linke Petra Pau und für Bündnis 90/Die Grünen Claudia Roth.

Die Sitzung endet mit der Nationalhymne. Es spielt das Blechbläserensemble „Berlin Brass Quintet“ mit Studierenden aus den Blechbläserklassen der Universität der Künste Berlin unter Leitung von Professor Konradin Groth.

Präsidium und Ältestenrat

Mit der Wahl des Bundestagspräsidenten wird die Grundlage für weitere Schritte im neuen Parlament gelegt. Der neue Präsident und seine Vertreter bilden das Präsidium des Deutschen Bundestages. Sie treffen sich in Sitzungswochen regelmäßig und besprechen offene Fragen für den Bundestag. Außerdem sind sie wichtiger Teil des sogenannten Ältestenrates. Er ist das beratende Gremium des Deutschen Bundestages und unterstützt den Präsidenten.

Neben dem Bundestagspräsidenten und seinen Vertretern besteht er aus Abgeordneten aller Fraktionen. Er legt zum Beispiel die Sitzungswochen fest oder beschließt die Tagesordnungen für die Plenarsitzungen. Etwas mehr als einen Monat nach der Wahl gibt es damit ein neues Parlament mit den gewählten Abgeordneten und einem neuen Bundestagspräsidenten.

Alle weiteren Gremien des Deutschen Bundestages, wie beispielsweise die Ausschüsse, können sich erst bilden, wenn die Koalitionsverhandlungen zwischen den Parteien abgeschlossen sind. Dies kann sich über mehrere Monate hinziehen. (lau/vom/24.10.2017)

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