05.12.2025 | Dokumente

Tagesaktuelles Plenarprotokoll 21/48

 

**** NACH § 117 GOBT AUTORISIERTE FASSUNG ****

*** bis 11:20 Uhr *** 

 

Deutscher Bundestag

 

48. Sitzung

Berlin, Freitag, den 5. Dezember 2025

Beginn: 9.00 Uhr

Präsidentin Julia Klöckner: 

Guten Morgen, alle zusammen am Vortag des Nikolaustages! Wer weiß, was der Nikolaus morgen bringt. Die Sitzung ist hiermit eröffnet. 

Wir haben heute einiges auf der Tagesordnung; wir werden noch fünf namentliche Abstimmungen haben. Deshalb werden wir hier im Präsidium die Sitzung sehr stringent, sehr zügig führen und wenig Schleifen zulassen. Da bitte ich um gemeinsame Mithilfe. 

Ich rufe auf die Tagesordnungspunkte 27a und 27b: 

 

27.

a)

– Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes (Wehrdienst-Modernisierungsgesetz – WDModG)

Drucksachen 21/1853, 21/2581

Beschlussempfehlung und Bericht des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss)

Drucksache 21/3076

– Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung

    Drucksache 21/3077

 

 

 

b)

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Desiree Becker, Gökay Akbulut, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke

Streichung der Wehrpflicht aus dem Grundgesetz

Drucksachen 21/1488, 21/3076 

 

Über den Gesetzentwurf der Bundesregierung werden wir später namentlich abstimmen. 

Zu dem Gesetzentwurf liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. 

Für die Aussprache wurde eine Dauer von 60 Minuten vereinbart. 

Die Debatte zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz eröffnet die SPD-Fraktion. Dafür hat Frau Abgeordnete Siemtje Möller das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Siemtje Möller (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Aber vor allem: Liebe Schülerinnen und Schüler! Was wurde in den vergangenen Wochen alles über euch geredet und geschrieben - häufig in einer Art, die mich ehrlicherweise irritiert. Erst kürzlich wurdet ihr von einem Generationenforscher in der „Zeit“ als angeblich verwöhnt, ich-bezogen und als Generation, die den Staat nur noch als Lieferdienst wahrnehme, bezeichnet. Was für ein Unsinn! Denn was ich in meinen Gesprächen mit euch bei Begegnungen im Wahlkreis oder hier in Berlin, in Jugendparlamenten, auf Sportplätzen, in Feuerwehrhäusern, beim THW oder auch im Umweltzentrum erlebe, ist etwas völlig anderes. Ich sehe junge Menschen, die diskutieren, die sich einbringen, die helfen, die anpacken, die Verantwortung nicht scheuen, sondern suchen. Das ist so großartig. Ich will euch ausdrücklich sagen: Ihr seid großartig.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und da gerade auch hier in der Nähe demonstriert wird und zu Schulstreiks aufgerufen wurde, will ich euch zurufen: Lasst euch davon nicht beirren! Weder beschließen wir heute, dass ihr zum Dienst an der Waffe verpflichtet werdet, noch, dass wir zukünftig die Lostrommel rühren, um euch als Kanonenfutter in die Ukraine zu schicken. Das ist Populismus pur oder auch einfach Unsinn. 

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht doch im Kern um das Gegenteil. Wir brauchen eine starke Bundeswehr und eine widerstandsfähige Bevölkerung, um uns verteidigen zu können, damit wir uns nicht verteidigen müssen, damit Putin erkennt: Ein Angriff lohnt sich nicht; denn ich verliere ganz sicher. - Dazu wird auch der auf Freiwilligkeit beruhende Neue Wehrdienst einen großen Beitrag leisten. 

Wir merken gerade wieder: Dieses Thema bewegt, und wir diskutieren darüber leidenschaftlich. Ich finde das richtig gut; denn um Frieden und Freiheit im Fall der Fälle zu verteidigen, braucht es nicht nur modernes Material, sondern auch ausreichend Menschen, die dazu bereit und auch befähigt sind und mit Leidenschaft dafür einstehen. Dafür wollen wir den Neuen Wehrdienst einführen. 

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister, Sie hatten einen exzellenten Gesetzentwurf vorgelegt. Hier im Bundestag haben wir diesen Entwurf nach bester parlamentarischer Tradition 

(Zuruf der Abg. Filiz Polat (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

intensiv beraten und an entscheidenden Stellen weiter gestärkt. Wir haben es uns dabei - das hat der ein oder andere ja vielleicht mitbekommen - nicht ganz leicht gemacht. Aber auch das ist gut so; denn es geht ja um viel. Deshalb gilt mein ausdrücklicher Dank den Kollegen Falko Droßmann, Norbert Röttgen und Thomas Erndl und natürlich auch dir, lieber Boris. Unsere Zusammenarbeit war stets konstruktiv und geprägt vom gemeinsamen Willen, die Weichen richtig zu stellen. Und ich finde, wir können heute mit Selbstbewusstsein sagen: Uns ist damit etwas wirklich Gutes gelungen - ein modernes Wehrdienstgesetz, das unsere Bundeswehr personell stärkt, eine leistungsfähige Reserve aufbaut und jungen Menschen ein attraktives Angebot macht. 

Konkret heißt das: 2 600 Euro brutto im Monat, moderne Ausbildungsformate und ab zwölf Monaten Dienstzeit einen Zuschuss für den Pkw- oder Lkw-Führerschein. Wir führen die Wehrerfassung wieder ein, indem alle 18-Jährigen einen Fragebogen zu Motivation und Eignung erhalten. Für Männer ist die Beantwortung verpflichtend, für Frauen freiwillig. Und alle ab 2008 geborenen Männer werden zukünftig wieder gemustert. - Ich bin überzeugt, dass die Bundeswehr dadurch wieder Thema an den Abendbrottischen wird. Und das ist genau der Ort, wo sie hingehört: in die innerste Mitte unserer Gesellschaft. Ich bin mir sicher: Durch direkte Ansprache, attraktive Bedingungen und sinnstiftende Aufgaben werden wir ausreichend Freiwillige gewinnen. Und sollte das wider Erwarten nicht gelingen, behalten wir als Parlament das Heft des Handelns in der Hand und könnten mit einem weiteren Gesetz eine Bedarfswehrpflicht einführen. 

Liebe Schülerinnen und Schüler, ihr seid diejenigen, die dieses Land morgen tragen und im Zweifel auch verteidigen werden. Mit eurem Mut, eurem Gemeinsinn und eurem Einsatz zeigt ihr schon heute, dass ihr bereit seid, Verantwortung zu übernehmen. 

(Mirze Edis (Die Linke): Nee, sind sie nicht!)

Wenn wir nun den Wehrdienst modernisieren, dann tun wir das im Vertrauen in euch 

(Zuruf der Abg. Katalin Gennburg (Die Linke))

und im Wissen, dass unsere Sicherheit nur stark gegeben ist, wenn sie in der Mitte der Gesellschaft verankert bleibt. 

Herzlichen Dank. 

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Präsidentin Julia Klöckner:

Danke sehr. - Für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Herr Rüdiger Lucassen das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der AfD - Jens Spahn (CDU/CSU): Der erklärt uns jetzt mal die Position der AfD!)

Rüdiger Lucassen (AfD): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Wehrdienst-Modernisierungsgesetz der Koalition wird seit Wochen im Kontext der allgemeinen Wehrpflicht diskutiert, als eine Art Vorstufe davon; aber das ist es nicht. Der Kern des Gesetzes sieht nur vor, dass die Attraktivität des Freiwilligendienstes in der Bundeswehr gesteigert werden soll, und das nun zum x-ten Mal. Mit dem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz macht die Bundesregierung das, was sie immer tut, wenn sie Probleme nicht an der Wurzel packen will: Sie schüttet noch mehr Geld drauf. Das ist Merkel-Politik, und die kommt an ihr Ende. 

(Beifall bei der AfD)

Aber beim Wehrdienst-Modernisierungsgesetz geht es nicht nur ums Geld; es geht um etwas Grundsätzliches. Das Verteidigungsministerium zahlt zukünftig jedem neuen Rekruten 2 700 Euro brutto - viel Geld für einen Schulabgänger. Für die Bundesregierung bedeutet Attraktivität gleich Geld. Etwas anderes kommt ihr nicht in den Sinn. Aber Soldaten, die wegen des Solds kommen, haben keine feste Grundlage für den Dienst. Das reicht nicht. 

Der Gegenentwurf ist der Soldat, der aus Überzeugung dient. Es ist der deutsche Soldat, der weiß, wofür er kämpft, der das innere Band in sich trägt - der geborene Verteidiger seines Landes eben, der deutschen Schicksalsgemeinschaft. 

(Beifall bei der AfD)

Theodor Körner, Lützow, Roon, Moltke, Hindenburg, Jünger, Rommel, Stauffenberg, Heusinger, Hartmann, Topp, Förtsch, Kammhuber - es gibt Hunderttausende Namen deutscher Soldaten, die dieses Band trugen und weiterreichten. Und, meine Damen und Herren, die Bundeswehr besteht aus diesen Soldaten. In keiner anderen Institution Deutschlands ist das Bewusstsein für das Eigene, für das Schützenswerte, für unser Land so präsent wie in der Bundeswehr. 

(Zuruf von der Linken: Was hat Rommel denn geschützt damals? Und Hindenburg?)

Die Soldaten, die in ihr dienen, sind die Töchter und Söhne unseres Volkes. Sie leisten ihren Eid auf dieses. 

(Lamya Kaddor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber ohne völkischen Sprech!)

Und sie sind damit keine Soldaten dieser Regierung, sondern Soldaten Deutschlands. 

(Beifall bei der AfD)

Damit steht die Bundeswehr in einer 200-jährigen Tradition, einer Tradition der Treue, der Pflichterfüllung und der Verbundenheit zu Deutschland, egal unter welcher Regierung. 

(Zurufe von der Linken)

Lützows Jäger kämpften nicht für den König, sondern für die Freiheit der Deutschen. 

(Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist unterirdisch! Wirklich!)

Die Heeresgruppe Kurland kämpfte nicht für das erbärmliche Regime im Bunker. Die Soldaten hielten stand, um 1,5 Millionen Ostpreußen vor der Roten Armee zu retten. 

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch nicht Ihr Ernst!)

Und, meine Damen und Herren, auch die Soldaten der NVA, einer deutschen Wehrpflichtigenarmee, 

(Jens Spahn (CDU/CSU): Wo sind Sie eigentlich gelandet?)

stellten sich im entscheidenden Moment ihrer Geschichte in den Dienst dieser deutschen Tradition. 

(Beifall bei der AfD - Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sprechen Sie bitte nicht über die Bundeswehr! - Christian Görke (Die Linke): Sie haben doch keine Ahnung! - Siemtje Möller (SPD): Gutes Ablenkungsmanöver! Das zeigt, dass Sie keine Position haben zum Wehrdienst!)

Als nämlich die SED plant, die Freiheitsbewegung 1989 militärisch zu bekämpfen, verweigern die Soldaten der NVA den Einsatzbefehl. Deutsche Soldaten schießen nicht auf Deutsche. 

(Beifall bei der AfD)

Das deutsche Band blockierte den Einsatzbefehl. 

Meine Damen und Herren, der Thüringer Landesvorsitzende meiner eigenen Partei hielt am Mittwoch im Erfurter Landtag eine Rede zur Wehrpflicht. In dieser Rede kommt er zu dem Schluss, dass Deutschland es nicht mehr wert sei, dafür zu kämpfen. 

(Zuruf von der Linken)

Was hätten wohl die Männer und Frauen der Befreiungskriege dazu gesagt? Sie wären diesem Befund niemals gefolgt. Liebe Landsleute in Thüringen und überall: Der Kampf zur Rettung Deutschlands ist der Grund für die Gründung der AfD. 

(Jens Spahn (CDU/CSU): Wie tief sind Sie gesunken?

Wo soll ich überhaupt anfangen? Unsere Kultur, unsere Kinder - Goethe, Schiller, Eichendorff, Wagner -, Potsdam, Dresden, München, der Rheingau, die Schwäbische Alb, die Alpen, unsere Wälder und Seen, das deutsche Essen, 

(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na, da haben Sie sich ja endlich mal positioniert!)

die Nordsee, die Größe, die Tragik, das Immer-wieder-aufstehen-Können. 

(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immer weiter nach rechts!)

Wir sind das Abendland, und dafür lohnt es sich immer zu kämpfen. 

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der CDU/CSU hat der Abgeordnete Herr Dr. Norbert Röttgen das Wort. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit meinem Beitrag wieder zur Realität des Landes und Europas zurückkommen. 

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf, den wir heute in zweiter und dritter Lesung beschließen werden, ist von der Bundesregierung im August beschlossen und dann eingebracht worden. Die Koalitionsfraktionen haben in der ersten Woche nach der Sommerpause, also Anfang September, begonnen, intensiv an diesem Entwurf zu arbeiten. Heute haben wir den 5. Dezember; das waren also drei Monate intensiver Arbeit. Das ist parlamentarische Normalität: die Arbeit am konkreten Gesetz, am Wortlaut. Am 01.01.2026 wird dieses Gesetz in Kraft treten. Diese parlamentarische Normalität hat zu guten Ergebnissen geführt. Das ist eine gute Nachricht, nicht in erster Linie für die Koalition - das ist nicht das Bedeutende -, sondern für unser Land. Es ist gut, dass wir das erreicht haben. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir hatten unterschiedliche Meinungen, in manchen Teilen sogar unterschiedliche Ausgangspunkte. Aber wir haben diese unterschiedlichen Auffassungen in eine respektvolle, zielorientierte Diskussion eingebracht, und zwar auf der Basis, dass uns mehr verbindet, als uns trennt. Denn wir sind in einer sicherheitspolitischen Bedrohungslage, wo es auf Deutschland ankommt und darauf, dass wir eine einsatzfähige, verteidigungsfähige Bundeswehr haben. Es ist ein wichtiger, bedeutender, entscheidender sicherheitspolitischer Beitrag, den wir heute mit diesem Gesetz leisten. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dieses Gesetz ist eine gute Nachricht für Deutschland und für Europa. Es ist ein ganz wichtiger Baustein der sicherheitspolitischen Strategie der Koalition, die eine Antwort gibt auf eine Bedrohungslage Deutschlands und Europas, die entstanden ist durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine, der in der Ukraine stattfindet. Wir haben eben keinen Zweifel - anders als die AfD -, dass durch diesen Krieg die Freiheit und der Frieden in ganz Europa bedroht ist. 

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die Tradition der Bundeswehr - nicht Ihre Schwurbelei, die wir gerade gehört haben -: Sich für Freiheit, Demokratie, Recht und Frieden einzusetzen, das ist der Auftrag, die Geschichte und die Tradition der Bundeswehr, meine Damen und Herren. Es kommt eben wieder auf Friedenspolitik an. 

(Tino Chrupalla (AfD): Dann fangt mal an!)

Wir kennen unsere Nachkriegsgeschichte. Wir dachten - ich glaube, zu Recht -, dass wir von Freunden umgeben sind und Verteidigungsfähigkeit, Militär und Bundeswehr durch die Geschichte überholt waren. Das haben viele gedacht: keiner hat einen Vorwurf verdient, wenn er sich auf diese positive, optimistische Sicht eingelassen hat. 

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Aber seit nahezu vier Jahren haben wir eine andere Situation. In der Realität gibt es Krieg, und darum kommt es auf Friedenspolitik an.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Friedenspolitik ist das, was wir leisten müssen. Das ist die Legitimation aller Anstrengungen

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie der Auflösung der Schuldenbremse, um Investitionen tätigen zu können; denn wir müssen wieder über eine verteidigungsfähige Bundeswehr verfügen. In der Geschichte bestand der Erfolg der Friedenspolitik des Kalten Krieges und der Jahrzehnte zuvor in deutscher, europäischer und transatlantischer Abschreckungsfähigkeit. Die haben wir erreicht, und dadurch haben wir Frieden gewährleistet. Oder, um es in den Worten des Bundeskanzlers zu sagen: Wir müssen uns - ich sage: wir müssen uns wieder - verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen. Das ist die friedenspolitische Leitorientierung, die wir verfolgen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür brauchen wir - ich spreche es auch so aus - Aufrüstung, und wir brauchen deutlich mehr Soldatinnen und Soldaten, als wir heute haben. Was die finanzielle Seite, die Ausrüstungsseite, die fiskalische Seite anbetrifft, sind wir dran; wir haben die Entscheidung getroffen. Heute kommt die personelle Dimension; denn alle Aufrüstung, alles Material ist nichts, wenn wir nicht Menschen haben, auch junge Menschen, die um den Wert der Freiheit, des Friedens und des Rechts wissen. Und dafür werben wir mit diesem Gesetz: dass wir eine gesamtgesellschaftliche Resilienz haben und den Einsatz für Frieden und Freiheit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Es kommt auf die gesamte Gesellschaft an, in ganz unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten. 

Dieses Gesetz ist klar, konkret und verbindlich. 

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Wir haben zu einem Gesetzesmechanismus gegriffen, den es in der Sicherheitspolitik noch niemals gegeben hat: Wir haben uns selbst verpflichtet, als Parlament, als Land, 

(Zuruf von der AfD: Ja, mit einem Fragebogen!)

indem wir einen mit konkreten Zahlen ausgestatteten Aufwuchsplan für die Bundeswehr in das Gesetz geschrieben haben, nicht in Reden, nicht in guten Absichten, sondern ganz konkret. Es gibt eine gesetzliche Verbindlichkeit dafür, dass wir den Aufwuchs der Bundeswehr hinbekommen. Das ist ein ganz entscheidender Fortschritt; denn es ist unsere eigene Selbstverpflichtung, das Ziel einer einsatzfähigen Bundeswehr zu erreichen. Der Bundesverteidigungsminister wird, wie es in diesem Gesetz vorgesehen ist, als Institution, als Minister - also nicht als Person -, halbjährlich berichten, ob wir im Plan liegen. Hier ist ein Ausmaß an Verbindlichkeit, an Transparenz und auch an parlamentarischer Kontrollmöglichkeit erreicht worden, wie es das noch nie gegeben hat. Darum ist es ein sehr guter und breiter gemeinsamer Nenner, den wir hier gefunden haben. Ich meine, er müsste auch über die Koalition hinaus zustimmungsfähig sein.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dass wir dieses Gesetz in einer Verbindlichkeit, in einer Klarheit machen, wie es das noch nie gegeben hat, ist auch in anderer Weise mehr als nur adäquat. Wir haben eine reale Bedrohungslage, die ernst ist, und es kommt auf unser Handeln an. Der Krieg ist eine Realität, die seit nahezu vier Jahren Tod, Zerstörung und Leid schafft. Wir haben die US-Regierung in dieser Lage nicht mehr an unserer Seite. Das ist eine neue Lage, eine Lage, wie wir sie seit 80 Jahren nicht mehr hatten. Darum wollen und müssen wir diese Ziele erreichen. Wir haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um auf Freiwilligkeit zu setzen, um Menschen zu überzeugen. Das ist der wichtigste Ansatz, den wir verfolgen: Wir wollen die Menschen dafür gewinnen, sich für Freiheit und Frieden einzusetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir sind aber nicht blauäugig - meine letzte Bemerkung -: Wir haben vorgeschlagen, dass dieses Thema, wenn es nicht funktioniert, wieder ins Parlament zurückkommt. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Danke sehr.

Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): 

Nirgendwo anders gehört es hin. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Ihre Redezeit, Herr Abgeordneter!

Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): 

Aber zuerst wollen wir die Menschen von dem überzeugen, was dieser Entwurf vorsieht. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Danke sehr. Ihre Redezeit ist überzogen.

Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): 

Wir sind guter Überzeugung, dass das gelingt. 

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Sara Nanni das Wort. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter! Zunächst einmal: Herr Röttgen, Sie haben sieben Minuten geredet und nichts gesagt. 

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU - Jens Spahn (CDU/CSU): Zuhören! - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Das ist ja lächerlich! Entschuldigung! Das ist jetzt lächerlich, Frau Kollegin! Wie albern! Bei dem wichtigen Thema!)

Wir werden diesem Gesetz heute als Grüne nicht zustimmen. Ich warte schon auf die Unkenrufe aus der Union, die Grünen hätten die Zeitenwende vielleicht doch nicht verstanden. 

(Jens Spahn (CDU/CSU): Richtig! - Steffen Bilger (CDU/CSU): Hört sich gerade so an! - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Sie sagen es!)

Ich sage Ihnen etwas: Wir haben die Zeitenwende als Grüne maßgeblich mitgestaltet, und wir sind heute auch die am stärksten vertretene Fraktion im Parlament. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe der Abg. Jens Spahn (CDU/CSU) und Saskia Esken (SPD))

Die Grundgesetzänderung, die wir noch im Frühjahr mitgetragen haben und die Sie ja im letzten Jahr nicht wollten, hatte einen Kern, und zwar die Ausweitung des Sicherheitsbegriffes. Warum? Weil die Bedrohung eben nicht rein militärisch ist, weil wir über Gesamtverteidigung nicht nur nachdenken, sondern auch entsprechend handeln müssen. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, der personelle Aufwuchs bei der Bundeswehr ist wichtig; aber wir müssen eben auch einen personellen Aufwuchs beim Zivilschutz schaffen. Wenn man in die Ukraine schaut, dann sieht man: Ein Land wird nicht durch 18-Jährige verteidigt. - Auf die Fragen, wie man es eigentlich schafft, alle Generationen zu aktivieren, wie man es schafft, zivile und militärische Verteidigung zusammen zu denken, gibt dieser Gesetzentwurf keine Antwort. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei wäre es so einfach möglich gewesen. Demnächst werden viele junge Menschen - die Männer werden dazu verpflichtet - einen Fragebogen ausfüllen. 

(Manuel Krauthausen (AfD): Was ist ein Mann?)

Warum hat man diesen Fragebogen nicht so gestaltet, dass ihn alle Generationen und alle Geschlechter ausfüllen können und man erfährt, welche Kompetenzen es in der Bevölkerung schon gibt, die wir für den Zivilschutz und für die militärische Verteidigung einsetzen können? 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum fragt man in dem Fragebogen nicht gleich ab: Bist du bereit, dich für dein Land zivil oder militärisch mehr zu engagieren? 

(Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Das machen wir doch! Wir informieren doch über die Freiwilligendienste!)

Und warum unterbreitet man den Leuten mit dem Fragebogen nicht das Angebot, sich fortzubilden und einen Grundwehrdienst zu leisten, auch wenn sie nicht 18 sind?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Anscheinend haben Sie sich nicht mit dem Vorschlag befasst! Es wird auch das Engagement abgefragt!)

- Ich höre die Zwischenrufe. Ja, das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr darf einen Link zu einer Seite schicken, auf der steht, was man alles freiwillig machen kann. Das ist aber keine systematische Abfrage der Kompetenzen in der Bevölkerung. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann Ihnen sagen, warum das nicht drinsteht: weil Sie keine Einigkeit mit dem Innenministerium haben, weil der Bundeskanzler sich nicht kümmert. Wir als Grüne fordern: Es braucht eine Koordinierungsstelle für gesamtstaatliches Krisenmanagement im Kanzleramt, und zwar sofort. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir brauchen eine Vergütung für alle, die geeignet sind und einen Grundwehrdienst nachholen wollen und vielleicht nicht gerade 18 geworden sind. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kluft ist doch riesig zwischen der Bedrohungswahrnehmung auf der einen Seite und der so kleinen Problemlösung auf der anderen Seite, die, ehrlich gesagt, handwerklich noch nicht mal gut gemacht ist. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Land will sich verteidigen, und der Staat hat die Pflicht, allen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich darauf vorzubereiten. 

Präsidentin Julia Klöckner:

Danke schön. Ihre Zeit!

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Das macht dieses Gesetz nicht. Deswegen werden wir nicht zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion Die Linke hat Frau Abgeordnete Desiree Becker das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der Linken)

Desiree Becker (Die Linke): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir lehnen die Wehrpflicht ab, wir lehnen die Bedarfswehrpflicht ab, wir lehnen auch die Vorbereitung all dessen, das heute vorliegende Wehrdienst-Modernisierungsgesetz, ab. 

(Beifall bei der Linken)

Wie alle Umfragen zeigen, haben junge Menschen anderes vor, als im Regiment Merz für das Kapital der Reichen den Kopf hinzuhalten. 

(Beifall bei der Linken - Steffen Bilger (CDU/CSU): Eijeijei!)

Und an die Grünen und ihren Jugendverband: Wir lehnen auch jedes verpflichtende Gesellschaftsjahr ab. 

(Jens Spahn (CDU/CSU): Vorwärts immer, rückwärts nimmer!)

In der Pflege fehlen keine jungen Leute, die aufgrund von Zwang dort sind; es fehlen gut ausgebildete und gut bezahlte Fachkräfte. 

(Beifall bei der Linken)

Man muss sich mal vorstellen, was alle anderen Fraktionen hier als „freiwillig“ definieren: den Zwang, einen Bogen auszufüllen, und den Zwang, zur Musterung zu gehen, verbunden mit der Ankündigung: Wenn Pistorius nicht reicht, was dabei herumkommt, dann kommt eben eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. - Ja, in § 2a des Wehrpflichtgesetzes steht, dass Sie die Wehrpflicht dann wieder einführen wollen. Wer nicht hört, bekommt die Macht des Staates zu spüren: Strafen wie Geldbußen und polizeiliche Vorführung zur Musterung. Und wofür? Bis heute bleibt unklar, wo genau Personalbedarf besteht. Braucht die Bundeswehr mehr Soldaten im Heer, bei der Marine, in der Luftwaffe? Im Gesetz sind irgendwelche Sollpersonalzahlen definiert, aber wofür genau, sagt niemand. Statt Erklärungen gibt es nur Appelle an den Gehorsam der Jugend: Die Lage ist gefährlich, also müsst ihr dienen. Wofür genau? Das erfahrt ihr erst vor Ort. - Was ist das für ein Verfahren? Keine nachvollziehbare Planung, keine offene Kommunikation! Erst dank der Opposition konnten Jugendorganisationen überhaupt zu Wort kommen. So darf Politik nicht aussehen. 

(Beifall bei der Linken - Zuruf der Abg. Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Röttgen, Sie haben mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf überhaupt gar nichts geklärt. Sie haben Ihre Diskussion über Wehrpflicht, Losverfahren oder wie auch immer Sie es nennen wollen, einfach noch mal ein halbes Jahr nach hinten verschoben. 

Das führt mich zum nächsten Punkt. Eltern sollten Kinder vor Gefahren schützen; das ist doch eigentlich Konsens. Zumindest bei ihren eigenen Kindern sehen das die Entscheider/-innen, die heute hier sitzen, auch so. 

(Zuruf von der AfD: „Entscheider/-innen“!)

Aber bei den Kindern der anderen Leute? Die „Berliner Zeitung“ hat im Oktober bei allen Bundesministern angefragt, ob sie ihre eigenen Kinder zur Bundeswehr schicken würden, im Ernstfall auch in einen Einsatz gegen Russland. Wadephul, Dobrindt, Warken und Bas wollten sich nicht äußern. Pistorius schrieb zurück, ignorierte aber diese zentrale Frage. 17 Minister/-innen, aber nur eine Antwort! Zitat Karin Prien: Das sollen meine Kinder selbst entscheiden. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) - Steffen Bilger (CDU/CSU): Ja, genau! Sehr gut! Wer denn sonst? - Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Es ist ein Hohn, wenn junge Männer bald gar nicht mehr selbst entscheiden können, weil die Wehrpflicht wieder eingeführt wird. 

(Beifall bei der Linken - Alexander Hoffmann (CDU/CSU): Das ist ja lächerlich!)

Wir haben deshalb einen Antrag zur endgültigen Streichung der Wehrpflicht aus dem Grundgesetz gestellt. Dieser liegt dem jetzt debattierten Gesetz zur Modernisierung des Wehrdienstes bei. Sie alle werden ihn gleich ablehnen und sich im Anschluss gegenseitig dafür applaudieren, die Kinder anderer Leute an die Waffe zu zwingen. 

An die Jugend gerichtet sage ich: Schaut in ihre Gesichter, wenn sie jubeln, und merkt euch: Was ihr verteidigen sollt, sind die Kapitalinteressen derjenigen, die weder eure Zukunft noch eure Sorgen noch eure Lebensrealität teilen. 

(Beifall bei der Linken)

Sie sitzen in Vorstandsetagen, ihr in überfüllten Klassenräumen. Sie profitieren von Aufrüstung, ihr riskiert Leben und Traumata. Sie bleiben daheim, ihr sollt in den Krieg ziehen. Leider - das garantiere ich euch - wird die Bundesregierung auch in den kommenden Jahren keine Politik für euch machen. 

(Beifall bei der Linken - Zurufe der Abg. Alexander Hoffmann (CDU/CSU) und Jens Spahn (CDU/CSU))

Klimapolitik? Nichts passiert. Kampf gegen rechts? Nicht mit denen. Und eure Schulen? Glaubt ihr, die Toiletten hier im Bundestag sehen aus wie eure Schulklos? Aber wenn man euch braucht, setzt man euch mit Tabellen unter Druck, wie viele von euch wann bei der Bundeswehr dienen müssen; sonst kommt die Pflicht. Wenn ihr 17 oder jünger seid, dann trifft es euch. Ihr habt diese Regierung noch nicht einmal gewählt, aber ihr sollt deren Entscheidungen ausbaden. 

(Zuruf von der CDU/CSU: Aufhören! - Jens Spahn (CDU/CSU): Das nennt sich übrigens „Demokratie“!)

Sagt nein! Ihr habt jedes Recht, euch zu wehren. Geht heute zu Recht auf die Straße! Streikt gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht! 

(Beifall bei der Linken)

Informiert euch über das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, und nutzt es! Wir helfen da gerne.

Passend dazu ein Teil eines Gedichtes von Wolfgang Borchert: 

„Du. Pfarrer auf der Kanzel. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst den Mord segnen
und den Krieg heilig sprechen, dann gibt es
nur eins:
Sag NEIN!“

(Jens Spahn (CDU/CSU): Tiefer geht’s jetzt aber nicht mehr!)

„Du. Arzt am Krankenbett. Wenn sie dir
morgen befehlen, du sollst die Männer
kriegstauglich schreiben, dann gibt es nur eins:
Sag NEIN!

(Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist so geschichtsvergessen!)

Und frei: Du, Abgeordneter, der nur seinem Gewissen verpflichtet ist, wenn dir heute befohlen wird, du sollst unsere Kinder in den Zwangsdienst schicken, dann gibt es nur eins: Sag Nein! 

(Beifall bei der Linken - Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

An dieser Stelle möchte ich sehr herzlich die Vertreterinnen und Vertreter unserer Bundeswehr, die dieser Sitzung beiwohnen, herzlich begrüßen. Danke für Ihren Dienst für unser Land!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Ich darf nun das Wort an die SPD-Fraktion weiterleiten. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Falko Droßmann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Falko Droßmann (SPD): 

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Wehrbeauftragter! Frau Becker, das war ja eine Rede, die sicherlich Ihrer Partei gutgetan hat. Inhaltlich war es wirklich falsch, was Sie gesagt haben. Und Sie wissen es besser. Sie arbeiten gut im Verteidigungsausschuss. Nutzen Sie doch das Plenum nicht, um hier Fake News zu verbreiten und falsche Inhalte rauszuhauen. Das ist nicht richtig. Aber es zeigt, wie die Debatte gerade läuft.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Bundeswehr ist es immer am besten gegangen, wenn Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Verteidigungsministerinnen und Verteidigungsminister waren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Widerspruch bei der Linken)

Einer von ihnen - Helmut Schmidt - hat mal gesagt: “Sicherheit bedeutet nicht nur Stärke, sondern Sicherheit bedeutet auch Vertrauen.„ Das ist das, was wir hier leisten müssen: Vertrauen in die Institutionen. Frau Becker, wenn Sie sagen, es gebe einen Zwangsdienst, man werde zum Dienst an der Waffe gezwungen, dann muss ich feststellen: Das ist falsch. Das steht nirgendwo im Gesetz.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielmehr setzen wir auf Freiwilligkeit und die ernsthafte Beschäftigung mit diesem wichtigen Thema. Ja, dann dürfen 18-jährige Menschen freiwillig die Entscheidung treffen, diesen Dienst wahrzunehmen. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wer ihnen das nimmt, wer sie mit Fake News vergiftet, der vergeht sich doch an der Demokratie. 

Ich möchte auch noch mal etwas zu dem Haufen auf der rechten Seite sagen. Es ist ja demaskierend, dass Sie in der Debatte über den freiwilligen Wehrdienst, über Innere Führung, über die intrinsische Motivation, Soldatin und Soldat zu sein, ausgerechnet die Heeresgruppe Kurland, die Reste der Heeresgruppe Nord, als Beispiel nennen. 350 000 Männer sind im Krieg wirklich brutal gestorben. Die übriggebliebenen Männer haben sich auf eine Halbinsel gerettet und wurden von der SS bewacht, um dort auszuhalten. Und das sind die Vorbilder? So sehen Sie unsere Soldatinnen und Soldaten? 

(Zuruf von der Linken: Pfui!)

Damit haben wir nichts zu tun. Die damalige Generation wurde missbraucht. Das sind keine Vorbilder. Für sein Vaterland zu fallen, das will kein Soldat. Das sind nämlich ganz normale Menschen, die in unserem Land leben und dieses Land schützen wollen. Es ist keine Ehre im Opfertod, liebe AfD. Und das machen wir auch nicht mit.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wird nicht alles in der öffentlichen Debatte gesagt: In Deutschland habe sich ein Hyperindividualismus breitgemacht, der für die Gesellschaft toxisch sei, die Gesellschaft falle auseinander. Aber dann ist doch nicht das Militär die Klammer, die das zusammenhalten soll. Nehmen Sie die jungen Leute doch mal ernst, und lassen Sie sie sich freiwillig entscheiden!

Noch etwas zu einem anderen Thema. Es handelt sich doch nicht um eine Militarisierung der Gesellschaft, weil die jungen Leute einen Brief bekommen. Das ist doch wirklich unterintellektuell, was Sie da sagen. 

(Widerspruch bei der Linken)

Dem, der sagt, die Bundesrepublik der 80er- und 90er-Jahre, in der die Wehrpflicht noch in Kraft war, sei ein hypermilitarisierter Staat gewesen, dem entgegne ich: Denken Sie doch mal nach, bevor Sie so was raushauen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wichtig ist: Wir kümmern uns aber auch um andere Dinge. Ich muss mich jetzt - das tut ja immer ein bisschen weh - an die Grünen richten. Gucken Sie mal, was wir beschlossen haben! Wir haben natürlich nicht nur dieses Gesetz eingebracht, Frau Nanni, sondern auch einen Antrag, der ganz andere Dinge regelt. So werden wir uns darum kümmern, dass die Freiwilligendienste gestärkt werden, übrigens nicht als Exzerpt des Wehrdienstes, sondern auf einer eigenständigen rechtlichen Grundlage.

(Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nee, Sie haben die nicht geregelt! Eine Absichtserklärung, aber kein Geld!)

Der zivile Dienst an der Gesellschaft begründet ein eigenständiges Recht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb haben wir 50 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Ein Jahr später werden es 70 Millionen Euro sein. Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, mehr Plätze zu schaffen und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Wir haben Vorschläge für eine angemessene, chancengerechte Entschädigung und für zusätzliche Leistungen wie freie Fahrt im ÖPNV gemacht. Wir haben uns um all diese Dinge mit gekümmert. Das hier zu ignorieren und zu sagen: “Wir stimmen nicht zu, weil wir den Fragebogen nicht gut finden„, das ist ehrlicherweise zu einfach. Da hätte ich von den Grünen mehr Verantwortung erwartet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Noch einmal: Nutzen Sie die jungen Leute nicht aus, indem Sie ihnen etwas von Pflicht oder Tapferkeit erzählen. Geben Sie den jungen Leuten die Chance, sich freiwillig zu entscheiden, unser Land zu schützen. Ich bin mir sehr sicher, dass es zu keiner Pflicht kommen wird. Unterschätzen Sie nicht die junge Generation! Sie wird für unser Land, für unsere Freiheit einstehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der AfD hat Herr Abgeordneter Jörg Zirwes das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der AfD)

Jörg Zirwes (AfD): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Landsleute! Wir beraten über den Gesetzentwurf der kraftlosen Regierungskoalition aus der ehemals bürgerlich-konservativen CDU und der einstigen Arbeiterpartei SPD zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz und über den Linkenantrag zur Streichung der Wehrpflicht aus unserem Grundgesetz. Dieser Antrag ist verteidigungspolitisch völlig unverantwortlich, genauso wie seinerzeit die Aussetzung der Wehrpflicht durch die Merkel-Regierung. 

(Beifall bei der AfD)

Dieser Antrag aus der wehrpolitischen Traumtänzerecke dient einzig und allein dazu, die links-bunte Blase zum Hüpfen zu bringen, die den Wehrdienst ohnehin meidet wie der Teufel das Weihwasser. Mit Ihnen hier ist kein Staat zu machen, geschweige denn ein Staat zu verteidigen. 

(Jens Spahn (CDU/CSU): Wollen Sie denn den Wehrdienst oder nicht?)

Alle Bürger eines Staates sind geborene Verteidiger desselben. Diesen staatstragenden Gedanken formulierte einst General Scharnhorst. 150 Jahre nach den preußischen Heeresreformen war es Adenauer, der sich trotz großen Widerstands der SPD für die Wehrpflicht einsetzte, 

(Zuruf von der Linken)

um die neugegründete Bundeswehr personell auf Vordermann zu bringen, weil er ein Staatsmann von Format war, es schaffte, zu überzeugen, und die Notwendigkeit einer Parlamentsarmee, getragen durch die Wehrpflicht, mehrheitsfähig machte. 

So wurde der Staatsbürger in Uniform eine tragende Säule zur Friedenssicherung in Deutschland und Europa, über zwei Jahrzehnte auch in unserem wiedervereinten Deutschland. Generationen von jungen deutschen Männern hatte der Staat viel abverlangt - Männer, die heute noch Leistungsträger sind oder es ein Arbeitsleben lang waren. Davon sagen die allermeisten: Wir wollen diese prägende Zeit des Wehrdienstes nicht missen. - Ein kameradschaftlicher Dank an 8 Millionen Veteranen für ihren Ehrendienst am Vaterland!

(Beifall bei der AfD)

Und in Zeiten, in denen Politik und Gesellschaft wieder über die Einsetzung der Wehrpflicht debattieren, innerhalb von Schwarz-Rot allerdings die Mehrheiten dazu fehlen,

(Jens Spahn (CDU/CSU): Seid ihr jetzt für Wehrdienst oder nicht?)

weil auch mit dieser SPD längst kein Staat mehr zu machen ist, in Zeiten, in denen eine wankende Koalition ein mutloses Wehrdienst-Modernisierungsgesetz auf den Weg bringt, stellt Die Linke einen Antrag zur Streichung des Artikels 12a aus unserer Verfassung. 

Die heutige Debatte zeigt erneut: Die Sicherheit Deutschlands braucht die starke, unverbrauchte Kraft einer neuen Volkspartei. 

(Jens Spahn (CDU/CSU): Was wollen Sie denn jetzt?)

Es ist Zeit für die Alternative für Deutschland.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Abgeordnete Thomas Erndl das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Thomas Erndl (CDU/CSU): 

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter! Liebe Soldatinnen und Soldaten! Mit dem neuen Wehrdienst bereiten wir unsere Bundeswehr für einen weiteren Schritt in die Zukunft vor. Unsere Profiarmee ist wesentlicher Bestandteil einer wehrhaften Gesellschaft. Eine wehrhafte Gesellschaft ist die Grundlage dafür, dass wir diplomatisch handlungsfähig sind, dass wir souverän agieren können, dass wir auch zu einem stärkeren geopolitischen Gewicht unseres Europas beitragen können und dass über unsere Sicherheit nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden werden kann. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wir kehren ein Stück weit zum Normalfall zurück. Das heißt, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt auch Verantwortung übernehmen muss, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt auch mit angemessenen Streitkräften ausgestattet werden muss. Wir kehren zurück zum Normalfall, dass die Gesellschaft auch in dieser Frage Verantwortung übernimmt. Wir kehren zurück zu einer Auseinandersetzung der Gesellschaft mit der Frage, wie wir unsere Sicherheit gewährleisten. 

Der Normalfall, der einst bedeutete, dass Hunderttausende Menschen jedes Jahr Wehrdienst leisten, rückt mit diesem Gesetz wieder ein Stück weit in den Vordergrund. 

(Christian Görke (Die Linke): Also doch!)

Der Normalfall war, dass die Bundeswehr immer durch unsere Gesellschaft getragen worden ist, dass sich Familien über die Frage Gedanken gemacht haben, ob der Sohn Wehrdienst leistet oder verweigert; diese Möglichkeit besteht weiterhin. 

Eine neue, eine stärkere Bundeswehr wird in der Zukunft wieder viel stärker mit der Mitte unserer Gesellschaft verbunden sein müssen: durch den neuen Wehrdienst, aber auch durch eine neue Reserve, die wir in einer ganz anderen Dimension aufstellen und die viel stärker mit Fähigkeiten zur Bundeswehr und somit zu einer wehrhaften Gesellschaft beiträgt. Dafür ist der neue Wehrdienst ein wichtiger Baustein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ein wichtiger Baustein ist auch, die Gesellschaft insgesamt einzubeziehen. Dafür stärken wir als Union mit einem separaten Antrag die Freiwilligendienste, um auf dem Weg zu einem Gesellschaftsdienst für alle weiter voranzukommen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für den neuen Wehrdienst gilt: Jeder junge Mensch muss sich Gedanken machen, jede Familie wird diskutieren. Deshalb ist es richtig, dass wir als Gesellschaft über den Weg intensiv debattieren. Es ist selbstverständlich zulässig und erlaubt, dagegen zu protestieren. Aber bitte sich ernsthaft mit den Fragen und Fakten auseinandersetzen und Demos nicht als Event sehen und mit Schulschwänzen verbinden!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer meint, dass es um Selbstbestimmung statt Wehrpflicht geht, der versteht erstens nicht, dass wir nicht über eine Wehrpflicht debattieren, sondern über einen freiwilligen Wehrdienst. Zweitens. Wir spielen nicht Freiheit gegen Wehrdienst aus. Freiheit ist das, was wir schützen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wer ständig gegen den Wehrdienst polemisiert, muss auch die Frage beantworten, wie wir unsere Sicherheit und unsere Selbstbestimmung gewährleisten wollen.

(Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann lesen Sie unseren Entschließungsantrag!)

Immer nur sagen, es müssten irgendwelche anderen machen, ist nicht die Lösung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zu einer ernsthaften Debatte gehört auch, dass wir uns tatsächlich an den Fakten orientieren. Per Lotterie in den Schützengraben, das ist wirklich billigste Polemik, und es ist letztendlich auch eine Lüge und hat überhaupt nichts mit der Frage zu tun, die wir hier debattieren. Wehrdienst und Wehrpflicht hatten noch nie etwas mit Auslandseinsätzen zu tun. Wehrdienst und Wehrpflicht waren ein Beitrag zu unserer Landesverteidigung, zu einer starken Bundeswehr. Im Übrigen: In einem Verteidigungsfall sind alle Männer zwischen 18 und 60 wehrpflichtig. Deshalb haben in diesem speziellen Fall diese Frage und dieses Gesetz auch nichts mit der Gesamtverteidigung zu tun.

(Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sollte es aber!)

Hier geht es um eine einfache Frage, die wir mit diesem Dienst beantworten. Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.

(Zuruf der Abg. Nicole Gohlke (Die Linke))

Das müssen wir als Gesellschaft gemeinsam tragen. Und dieses Ziel verfolgen wir mit dem neuen Wehrdienstgesetz. Deswegen hat es eine breite Zustimmung verdient.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Abgeordnete Nyke Slawik das Wort. Bitte sehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nyke Slawik (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer schützt dieses Land, sollten wir angegriffen werden? Wie schätzen wir die wert, die für unsere Freiheit ihr Leben lassen würden? Was ist uns Einsatz für unsere Gesellschaft wert? Was bedeutet für uns Generationengerechtigkeit?

Liebe Jugend, ihr schaut heute zu. Es geht um euch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht um junge Menschen in der Ukraine und ihren Traum, in einem freien Europa statt unter russischer Besatzung leben zu können. Es geht um junge Menschen in Polen und im Baltikum, die Angst davor haben, als Nächstes der russischen Aggression zum Opfer zu fallen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht um Imperialismus, einen Diktator, der brutale Waffengewalt für seine Herrschaftsansprüche nutzt. Es geht darum, was wir im schlimmsten aller Fälle bereit sind dem entgegenzustellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube daran, dass es genügend Menschen gibt, die sagen: Im schlimmsten aller Fälle verteidige ich dieses Land und die Menschen. - Ich glaube, dafür braucht es keine Pflichtdienste.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich finde auch, dass die Einführung von Musterungen angesichts der ernsten Lage vertretbar ist. Ich halte es für vertretbar, einen Fragebogen auszufüllen und zu einem Musterungstermin zu gehen. Ausgemustert zu werden, soll Menschen schützen, die nicht geeignet sind für einen Wehrdienst. Musterungen sollen auch ein geordnetes Verfahren für den Ernstfall und einen Rahmen für Kriegsdienstverweigerung schaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber, liebe Bundesregierung, ich habe kritische Fragen: Warum laden Sie die Verantwortung allein bei 18-Jährigen ab? Welchen Beitrag sollen andere Generationen leisten?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum halten Sie an überkommenen, alten Musterungskriterien fest? Und warum wollen Sie losen, wenn Freiwilligkeit an seine Grenzen stößt? All das halte ich für nicht gerecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Bundesregierung, Sie lassen heute die Chance verstreichen, die Freiwilligendienste dem Wehrdienst wirklich nachhaltig gleichzustellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern mehr Freiwilligenplätze,

(Siemtje Möller (SPD): 15 000!)

einen Rechtsanspruch auf Freiwilligendienst, ein ÖPNV-Ticket für Freiwillige, ein Freiwilligengeld, das zum Leben reicht, und dass Ämter wirklich verpflichtet werden, neben dem Wehrdienst auch über Freiwilligendienste zum Beispiel im Zivilschutz oder im Sozialen zu informieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

All das ist bei Ihnen nur im Ansatz vorhanden, aber nicht konsequent zu Ende gedacht. Und Sie laden die Verantwortung allein bei 18-Jährigen ab, während Ihre Regierungspolitik an anderen Stellen bei der Jugend einspart, im Klimaschutz oder beim KulturPass. Deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf und Ihren Antrag heute ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Dann können Sie dem Antrag zustimmen!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Bundesregierung hat nun der Bundesminister der Verteidigung, Herr Boris Pistorius, das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Boris Pistorius, Bundesminister der Verteidigung: 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten des Deutschen Bundestages! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter! Lassen Sie mich zunächst ein Wort an Herrn Lucassen richten. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, in welche Richtung diese Fraktion unser Land führen will, dann ist völlig klar geworden: Es geht nur rückwärts.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich habe darauf gewartet, - wenn er mehr Redezeit gehabt hätte, wäre er wahrscheinlich bei der Schlacht von Tannenberg 1410 gelandet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Um es deutlich zu sagen: Schweden, Lettland, Litauen, Kroatien - die Liste ließe sich fortführen – alle diese Länder haben eins gemein: Sie haben auf die veränderte Bedrohungslage reagiert und haben sich in den vergangenen Jahren und gerade auch zuletzt noch einmal auf den Weg gemacht, eine Form eines Wehrdienstes wieder einzuführen. Auch Frankreich, unser engster Partner, hat das vor einigen Tagen angekündigt. Aus Italien gibt es Meldungen in die gleiche Richtung. Unsere Partner schauen auf uns. Unsere Alliierten schauen auf Deutschland. Unsere Verbündeten machen mir gegenüber immer wieder in Gesprächen deutlich: Es ist richtig und es ist gut, was wir alles in den vergangenen Jahren gerade hier in Deutschland unternommen haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie erkennen an, was wir alles in dieser Zeit vorangebracht haben, von der Ausstattung über die Infrastruktur bis hin zum Geld, das der Bundeswehr jetzt zur Verfügung steht. Mir wird oft gespiegelt - und das sollten wir uns bewusst machen -: Wir, Deutschland, sind längst zum Schrittmacher der Verteidigung in Europa geworden.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Mit unserer Einigung zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz gehen wir einen weiteren entscheidenden Schritt für unsere Verteidigungsfähigkeit. Ich möchte dem Verhandlungsteam und den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses und allen Beteiligten herzlich danken für die Diskussion. Ja - sie war nicht immer leicht. Aber kann eine solche Diskussion überhaupt leicht sein? Was wäre das für ein lahmes Land? Was wäre das für eine langweilige Diskussionskultur, wenn wir nicht mal bei den Themen on fire wären? Wir müssen uns klarmachen, worum es hier geht. Das ist die Diskussion, die geführt werden musste und die auch heute geführt wird auf den Straßen; denn die Schüler streiken und demonstrieren. Was ich übrigens großartig finde, meine Damen und Herren, weil es zeigt: Sie interessieren sich, Sie engagieren sich und Sie wissen, worum es geht. Dass Sie nicht mit allem einverstanden sind, was wir hier beschließen: Be my guest, so soll es sein! Wir sind das Parlament, wir müssen streiten, wir müssen Vorlagen legen, und wir müssen klarmachen, warum wir es tun, aber auch dafür streiten und zuhören. Und das tun wir, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig weiß ich aus unzähligen Gesprächen im Land - mit jungen Leuten, mit Besuchergruppen und Schulklassen -: Es sind viel mehr bereit, Verantwortung zu übernehmen, als Teile des Parlaments oder Teile der Öffentlichkeit uns glauben machen wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt das Gefühl für Verantwortung. Gleichzeitig gibt es da, wo nicht auf die Hetzer und Lügner in der politischen Debatte gehört wird, sehr wohl auch die Erkenntnis: Ja, hier geht es um Freiwilligkeit. Niemand zwingt uns zu irgendetwas, außer zu einem Fragebogen, der die Erfassung abbildet, und zu einer Musterung, die niemandem wehtut. Worüber reden wir hier eigentlich, meine Damen und Herren von der Linksfraktion?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will noch etwas sagen. Dieser Wehrdienst ist freiwillig, und er bleibt es, wenn alles so gut läuft, wie wir uns das versprechen. Aber ja, zur Ehrlichkeit

(Zuruf der Abg. Desiree Becker (Die Linke))

- und dafür stehe ich auch hier heute Morgen - gehört: Wenn es nicht reicht und wenn die Bedrohungslage sich weiter so oder schlechter entwickelt, werden wir über eine verpflichtende Wehrpflicht, eine Teilwehrpflicht nicht umhinkommen,

um dieses Land schützen zu können, übrigens auch Sie, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der Linken)

Um das deutlich zu sagen: Unsere Bundeswehr - ich bin sehr froh, dass einige Kameradinnen und Kameraden heute hier sind -, unsere Bundeswehr

(Tino Chrupalla (AfD): Zwei!)

schützt auch diejenigen, die gegen sie sind und sie nicht ausstatten wollen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der Linken)

Ich sage das in aller Deutlichkeit. Das gilt auch für Sie, meine Damen und Herren. Denn die Meinungsfreiheit, die Demonstrationsfreiheit, die Religionsfreiheit und dieser Staat schützen sich nicht von alleine. Das müssen Menschen tun, die bereit sind, für ihn einzutreten, und nicht die, die hinterm Gartenzaun stehen und darauf warten, dass andere das machen.

(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abg. Cem Ince (Die Linke))

Meine Damen und Herren, um es kurz zu machen: Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Die einen verschließen sich ihr, die anderen nehmen sie zur Kenntnis. Wir, die Verantwortlichen in dieser Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen, übernehmen diese Verantwortung, nicht mit Freude, nicht mit Begeisterung, aber aus Überzeugung, und darauf kommt es an; meine Damen und Herren; denn dieses Land, diese Demokratie, verdient es.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Kurt Kleinschmidt das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der AfD)

Kurt Kleinschmidt (AfD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Kameraden! Vor genau vier Wochen haben Sie, Herr Minister Pistorius, bei der Bundeswehrtagung über den Personalaufwuchs bei der Bundeswehr gesprochen. Sie persönlich möchten unter anderem alle Zeitsoldaten anschreiben und fragen lassen, ob diese ihre Dienstzeit verlängern möchten. Das zeigt: Sie haben auch keine Ahnung vom Personalwesen der Bundeswehr. Sie greifen damit nämlich in die Autonomie der Kompanien ein. Außerdem erwecken Sie damit Erwartungen bei diesen Soldaten, die Sie dann persönlich zu verantworten haben. Es gibt nämlich durchaus Gründe, weshalb ein Soldat eben nicht weiter verpflichtet werden soll. Sie erschaffen wieder mal ein Bürokratiemonster und betreiben Mikromanagement. Unter Ihrer Führung verkommt die Auftragstaktik zur Befehlstaktik. Solche Fehlplanungen spiegeln sich in dem sogenannten Wehrdienst-Modernisierungsgesetz wider. Die Realität wird Sie in Jahren einholen; glauben Sie es.

(Beifall bei der AfD)

Sie stoßen den Bestandskunden wieder vor den Kopf. Was glauben Sie eigentlich, was Ihre Unterführer fühlen, wenn ihre Luxuswehrdienstleistenden - jetzt bitte genau zuhören! - zwischen 2 300 und 2 500 Euro netto monatlich erhalten? Ich kann Ihnen genau sagen, was Sie dabei geritten hat, dieses Gesetz verabschieden zu wollen. Jetzt genau zuhören: Wehrpflichtige müssen zur Bundeswehr oder einen Ersatzdienst leisten. Wehrpflichtige bekommen einen Wehrsold von wenigen Hundert Euro. Wehrpflichtige bilden jedoch den Querschnitt der Deutschen ab. Fast 30 Prozent der Wehrpflichtigen wählen die Alternative für Deutschland.

(Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Güte!)

Und genau hier liegt nämlich Ihr Problem, liebe Regierung und andere Parteien. Sie können nämlich nicht Tausende Wehrpflichtige entlassen oder erst gar nicht einziehen, weil sie unsere Alternative für Deutschland wählen.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Sie hingegen möchten Wehrdienstleistende de luxe, die finanziell abhängig und dienstrechtlich erpressbar sind. Dies holt Sie noch ein.

(Dr. Ralf Stegner (SPD): Sie haben das mit der Demokratie noch nicht verstanden! - Weitere Zurufe von der SPD)

Wir Fachleute sprechen von Verteidigungsfähigkeit; Sie haben immer von Kriegstüchtigkeit gesprochen, Herr Verteidigungsminister. Nun sprechen auch Sie von Verteidigungsfähigkeit, und genauso wird es sich mit Ihrem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz verhalten.

(Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner (SPD))

Herr Minister, hören Sie auf die Menschen, die Ahnung von ihrem Geschäft haben,

(Bettina Lugk (SPD): Das sind aber nicht Sie! - Zuruf der Abg. Siemtje Möller (SPD))

und versuchen Sie nicht permanent, ein totes Pferd zu reiten! Man sollte fast meinen, Sie wollen Präsident Putin in die Karten spielen.

Meine Fraktion der Alternative für Deutschland wird dieser wehrpolitischen Kakofonie nicht zustimmen. Und Ihnen, werte Kameraden da draußen, wünsche ich viel Soldatenglück. EloKa hurra!

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der CDU/CSU hat Frau Abgeordnete Diana Herbstreuth das Wort. Bitte sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Diana Herbstreuth (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Sehr geehrter Herr Wehrbeauftragter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem: Liebe Soldatinnen und Soldaten! Ich möchte mit einem Dank beginnen, bei Ihnen, Herr Minister, und Ihrem Haus. Danke, dass Sie so eine intensive Vorarbeit geleistet haben und uns mit konstruktiver, aber auch lösungsorientierter Zusammenarbeit bei diesem sehr herausfordernden Prozess unterstützt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Zum anderen gilt mein Dank der Verhandlungstruppe.

(Dr. Alice Weidel (AfD): “Der Verhandlungstruppe„!)

- Ja. - Norbert Röttgen, Thomas Erndl, Siemtje Möller und auch Falko Droßmann, ihr habt mit großer Ausdauer, mit viel Geduld, aber auch mit hohem Verantwortungsbewusstsein einen wirklich guten Kompromiss errungen, erarbeitet und damit unser Land ein Stückchen sicherer gemacht. Ja, diese Verhandlung war kontrovers. Und ja, sie wurde in der Öffentlichkeit teils zugespitzt begleitet. Aber genau das Ringen um Argumente ist Ausdruck eines lebendigen und vor allem eines demokratischen Miteinanders - im Kontakt sein und sich austauschen. Es zeigt die Verantwortung, dass wir das, was Sie uns in die Hände legen, ernst nehmen. Demokratie bedeutet, unterschiedliche Positionen auszutragen und auszuhalten, um am Ende eine tragfähige Entscheidung treffen zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich stehe heute hier nicht nur als Abgeordnete des Deutschen Bundestages, sondern auch als Frau Oberstleutnant der Bundeswehr vor Ihnen, als jemand, der sehr viele Jahre gedient und entsprechend viel Erfahrung in dieser Struktur hat. Wir sprechen über ein Thema, das für mich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens keine abstrakte Debatte, sondern eine zutiefst persönliche Frage ist. Das, was wir jetzt endlich reformieren und modernisieren und wo wir echten spürbaren Wandel einleiten, ist für mich nicht nur politische Notwendigkeit, sondern für mich als Soldatin eine Herzensangelegenheit.

(Zuruf des Abg. Tino Chrupalla (AfD))

Es macht mich froh und auch sehr stolz, dass wir diese politische Achterbahnfahrt zusammen geschafft haben und dieses wichtige Gesetz endlich auf den Weg bringen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte den Blick aber auch etwas erweitern. Ein attraktiver, moderner Wehrdienst ist nur ein erster Schritt, um die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes auch langfristig zu sichern. Nur mit umfassenden Maßnahmen werden wir es schaffen, die Menschen dafür zu gewinnen und dauerhaft im Dienst bei der Bundeswehr zu halten. Ich habe es bereits letzte Woche in meiner Rede zum Haushalt angesprochen - ich werde es erneut betonen -: Attraktivität entsteht eben nicht durch Worte, sondern durch funktionierende Organisationen. Genau deshalb brauchen wir auch verlässliche Strukturen, moderne und standortnahe Infrastruktur sowie einen echten Blick auf unser Bestandspersonal.

Gleichzeitig müssen wir aber auch verstehen, dass Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sind. Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit sind gemeinsame Verantwortung aller Bürger und Bürgerinnen. Ganz grundsätzlich geht es bei dem Thema um die Resilienz unserer gesamten Gesellschaft. Deshalb ist die Aufgabe über den Wehrdienst hinaus auch, dass wir die zivilen Strukturen stärken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir brauchen mehr Miteinander. Wir brauchen mehr Menschen, die für unser Land Verantwortung übernehmen. Und wir brauchen Menschen, die Dienst an der Gesellschaft mittragen und gestalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Wehrdienst-Modernisierungsgesetz stärken wir die Wehrfähigkeit Deutschlands. Doch die wahre Herausforderung besteht nach wie vor darin, ein solides gesellschaftliches Fundament zu schaffen. Daran werden wir alle zusammen weiterarbeiten. Ich bitte Sie um Ihre Stimme für dieses Gesetz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Herr Niklas Wagener das Wort. Bitte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Niklas Wagener (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 80 Prozent der jungen Menschen in diesem Land haben Angst vor einem Krieg. Aber ebenso viele sind bereit, ihren Beitrag zu leisten, um einen Krieg zu verhindern, indem sie sich für die militärische und zivile Verteidigungsfähigkeit unseres Landes, für unsere demokratische Gesellschaft engagieren. Allein auf die Idee zu kommen, ein so schwerwiegendes Gesetz zu verabschieden, ohne die Betroffenen einzubinden, zeigt jedoch, welchen Stellenwert die Jugend für Sie hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne sehen das anders. Wir nehmen diese Generation ernst, ebenso wie die Bedrohungslage von außen. Gerade weil wir die Bedrohungslage so ernst nehmen, sind wir nicht bereit, die gesamte Verantwortung allein den 18-jährigen jungen Männern vor die Füße zu kippen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur wenn wir über alle Generationen und alle Geschlechter hinweg gemeinsam zusammenstehen, werden wir Putin glaubwürdig vor einem Krieg abschrecken und unseren Frieden sichern können.

Das Gesetz verpflichtet aber nur 18-jährige Männer zur Musterung und blickt allein auf den Wehrdienst, nicht auf die vielen anderen für unsere Gesellschaft ebenfalls bedeutsamen Dienste, beispielsweise beim THW, bei der Feuerwehr oder im sozialen Bereich. Das ist unglaubwürdig; denn Sie wissen ganz genau, dass es für die Gesamtverteidigung unseres Landes viel mehr braucht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darum fordern wir eine Enquete-Kommission für gesamtgesellschaftliche Resilienz: einen Ort, an dem wir hier im Parlament beraten, was ein moderner Gesellschaftsdienst leisten muss - freiwillig, hybrid oder verpflichtend und vor allem unter maßgeblicher Beteiligung junger Menschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Nein heute ist kein Nein zur Wehrhaftigkeit, sondern ein Nein zu diesem vermurksten Gesetzentwurf. Wehrhaftigkeit schützt uns von außen, aber Glaubwürdigkeit hält unser Land von innen zusammen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat die Abgeordnete Frau Dr. Anja Weisgerber das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir spüren: Unser Land muss widerstandsfähiger werden, resilienter nach außen und nach innen. Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit verbessern, uns besser auf das Risiko zunehmender Naturkatastrophen vorbereiten, und wir brauchen Antworten auf eine immer älter werdende Gesellschaft.

Gesellschaftliches Engagement ist deshalb notwendiger denn je. Wir müssen mehr junge Menschen dazu motivieren, einen Dienst für unsere Gesellschaft zu leisten. Deshalb brauchen wir den neuen Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit setzt, und wir müssen und werden gleichzeitig die Freiwilligendienste stärken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Sehr gut!)

Ob in der Pflege, im Zivil- und Katastrophenschutz, in der Kultur, in der Jugendarbeit oder im Natur- und Umweltschutz: Überall dort tragen junge und ältere Menschen in den Freiwilligendiensten Verantwortung und machen unser Land jeden Tag ein Stück weit besser, menschlicher, solidarischer und stärker. 

Sie erfahren unmittelbar, was Zusammenhalt in unserer Gesellschaft bedeutet. Sie lernen, worauf es in Krisen ankommt. Freiwilligendienste sind deshalb absolut unverzichtbar.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Doch viele Organisationen klagen bislang über fehlende Planungssicherheit. Das müssen und werden wir ändern; denn wir brauchen junge Menschen, die bereit sind, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.

Aber auch sie selbst können von diesen Gesellschaftsdiensten profitieren. Liebe Jugendliche, diese Zeit für die Gesellschaft, entweder bei der Bundeswehr oder im Rahmen eines Freiwilligendienstes abgeleistet, könnte auch eure starke Zeit sein. - So müssen wir doch die Jugendlichen ansprechen; das ist doch der richtige Tenor.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU): Bravo!)

Wer sich engagieren will, darf aber nicht an Bürokratie oder Mittelkürzungen scheitern. Wir sind ständig im Austausch mit den Jugendorganisationen, mit den Verbänden. Da hören wir immer wieder: Wir brauchen die Mittel. 

Deshalb freuen wir uns, dass wir die Mittel für die Freiwilligendienste für 2026 um insgesamt 50 Millionen Euro und ab 2027 sogar um 80 Millionen Euro stärken können. Das ist ein verlässliches Fundament und ein starkes Signal. Dafür haben wir uns eingesetzt, und ich bin wirklich froh, dass uns das gemeinsam gelungen ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese Mittel werden wir jetzt einsetzen, um die Anzahl der Plätze zu steigern und die Attraktivität zu erhöhen. Denn Freiwilligendienste und die Bundeswehr sind keine Gegensätze; sie ergänzen sich. Beides zusammen macht unser Land widerstandsfähiger. 

Wir als Staat müssen Verantwortung übernehmen, und wir müssen die jungen Menschen dazu motivieren, einen Gesellschaftsdienst zu leisten.

Präsidentin Julia Klöckner:

Ich bedanke mich. Die Zeit ist abgelaufen.

Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): 

Wir werden den Herausforderungen mit Mut begegnen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Abschließend in dieser Debatte hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Heinrich Koch das Wort. Bitte.

(Beifall bei der AfD)

Heinrich Koch (AfD): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Bürger! Heute besprechen wir den Entwurf zum Wehrdienst-Modernisierungsgesetz. Er soll die Bundeswehr stärken, erweist sich jedoch als klarer Fehlschlag; denn er übersieht fundamentale Probleme und gefährdet tatsächlich die Verteidigungsfähigkeit.

Erstens. Der Entwurf setzt ausschließlich auf Freiwilligkeit, um ausreichend Soldaten zu gewinnen. Das ist riskant und unvorhersehbar. Wie sollen wir den Bedarf decken, wenn alles auf ungewissen Zahlen basiert? 

Aktuell verfügt die Bundeswehr über nur etwa 180 000 Soldaten, benötigt aber bis zu 460 000 im Ernstfall. Ohne verbindliche Regeln bleibt diese Lücke bestehen. Pure Illusion!

Zweitens. Die Ziele sind unklar und leiten sich nicht plausibel aus unseren NATO-Verpflichtungen ab. Sie wirken willkürlich. Wo bleibt die präzise Planung für eine rasch einsatzfähige Bundeswehr? Die globale Lage erfordert mehr Personal bereits im Frieden; doch der Entwurf bleibt vage und bietet keine Lösung.

Drittens. Es mangelt an echten Veränderungen in der veralteten Personalstruktur. Der Entwurf behebt nur Oberflächenprobleme, wie etwa mit der Musterung ab 2027, ohne die tieferen Ursachen anzupacken. 

(Jens Spahn (CDU/CSU): Was will denn jetzt die AfD? Ich habe es immer noch nicht verstanden!)

Militärische Berufe sind oft weniger anziehend als zivile Alternativen. Ohne grundlegende Reformen bleibt die Bundeswehr chronisch unterbesetzt und geschwächt.

(Beifall bei der AfD)

Viertens. Überall im Land wächst die Sorge: Werden unsere Kinder künftig in Konflikte jenseits unserer Grenzen geschickt? Dieses Gesetz bietet keine Garantien - weder eine Einschränkung auf das Staatsgebiet noch einen Ausschluss von Auslandseinsätzen außerhalb des Staatsgebiets. Die Ängste der Bevölkerung bleiben bestehen. Wer sie ignoriert, verliert das Vertrauen der gesamten Nation.

(Beifall bei der AfD)

Darüber hinaus ist der Zeitpunkt höchst fragwürdig. Unter Verweis auf den Krieg in der Ukraine wird ein Gesetz im Eiltempo durchgepeitscht, das verpflichtende Einberufungen erleichtert. Ist das verantwortungsvoll oder eine schamlose Instrumentalisierung eines Konflikts, der die Bürger ohnehin schwer belastet?

Zusammenfassend ist das Gesetz ein Schnellschuss: nicht durchdacht, voller Widersprüche und geprägt von unrealistischen Annahmen. Stattdessen brauchen wir eine echte Wehrpflicht als Gemeinschaftsdienst mit klaren Regeln, eine gesamtstaatliche Beteiligung und einen Fokus auf den Schutz sowie die Durchhaltefähigkeit Deutschlands - ohne trügerische Hoffnung auf Freiwilligkeit. Nur so bleibt unser Land stark und souverän. 

Als AfD lehnen wir diesen Entwurf entschieden ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe hiermit die Aussprache.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Modernisierung des Wehrdienstes. 

Es liegen mehrere Erklärungen nach § 31 unserer Geschäftsordnung vor. Diese sind dann dem Protokoll beigefügt. - Für die Besucherinnen und Besucher: Das kann man dann auch im Internet nachlesen; es würde jetzt zu lange dauern, wenn wir diese verlesen würden.

Der Verteidigungsausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 21/3076, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 21/1853 und 21/2581 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der restlichen Fraktionen angenommen.

Dritte Beratung

und Schlussabstimmung. Die Fraktion der AfD hat namentliche Abstimmung verlangt. Das Ergebnis dieser Abstimmung wird erst nach dem folgenden Tagesordnungspunkt 28 bekannt gegeben. Dann erfolgt auch die Abstimmung über eine Entschließung des Verteidigungsausschusses sowie über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Abgeordneten hier im Saal bitte ich, noch für eine einfache Abstimmung zu bleiben. Sie haben dann nach Eröffnung 20 Minuten Zeit für Ihre namentliche Stimmabgabe. 

Die Schriftführerinnen und Schriftführer bitte ich nun, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. Sind Sie da? - Daumen hoch - vielen Dank auch unseren Saalmitarbeiterinnen und -mitarbeitern -, die Plätze an den Urnen sind besetzt. Hiermit eröffne ich die namentliche Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Das Ende der Abstimmung wird rechtzeitig bekannt gegeben. Die Abstimmungsurnen werden gegen etwa 10:30 Uhr geschlossen werden.

Wir setzen die Abstimmung zu der Beschlussempfehlung des Verteidigungsausschusses auf Drucksache 21/3076 fort.

Tagesordnungspunkt 27b. Unter Buchstabe c seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 21/1488 mit dem Titel “Streichung der Wehrpflicht aus dem Grundgesetz„. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich? - Die Beschlussempfehlung ist gegen die Stimmen der Linksfraktion mit den Stimmen aller anderen Fraktionen hier im Haus angenommen worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28a bis 28c auf:

 

28.

a)

Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörn König, Peter Boehringer, Kay Gottschalk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Bargeld ist gedruckte Freiheit – Vorhaben der Europäischen Zentralbank für digitales Zentralbankgeld stoppen

Drucksache 21/3038

Überweisungsvorschlag:

Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Haushaltsausschuss

 

 

b)

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dirk Brandes, Kay Gottschalk, Jörn König, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Strategisches Potenzial von Bitcoin erkennen – Freiheit bewahren durch Zurückhaltung in der Besteuerung und Regulierung

Drucksache 21/2301

Überweisungsvorschlag:

Finanzausschuss (f)

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung

 

 

 

c)

Beratung des Antrags der Abgeordneten Iris Nieland, Kay Gottschalk, Hauke Finger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD

Verpflichtende Annahme von Bargeld im stationären Einzelhandel

Drucksache 21/3039 

Überweisungsvorschlag:

Finanzausschuss (f)

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

 

Für diese Aussprache wurde eine Dauer von 60 Minuten vereinbart.

Hiermit eröffne ich die Aussprache, und das Wort hat für die antragstellende AfD-Fraktion der Abgeordnete Herr Dirk Brandes. Bitte sehr.

(Beifall bei der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ganz kurz, bitte: Ich weiß, dass es jetzt hier viele Bewegungen wegen der Abstimmung gibt. Aber die Plenardebatte läuft hier weiter, und ich bitte um Rücksicht, sodass die Rednerinnen und Redner sprechen können. - Bitte sehr. 

Dirk Brandes (AfD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Besucher auf der Tribüne! Freiheit beginnt dort, wo der Bürger dem Staat nicht ausgeliefert ist, weder politisch noch finanziell noch digital. Was der Freiheit dient, dient dem Menschen, und was dem Menschen dient, stärkt auch Deutschland, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der SPD: Wahnsinn!)

Wer über echte finanzielle Freiheit spricht, der spricht nicht über Negativzinsen oder irgendwelche virtuellen Bankzahlen, sondern der spricht über echte Werte: Edelmetalle, Bargeld und Bitcoin. 

In unserem Antrag geht es um finanzielle und digitale Souveränität und die Frage, ob Regierungen die Bürger und die Wirtschaft Schritt für Schritt enger kontrollieren wollen. Hayek sagte einst: Der Markt muss über das Geld entscheiden, nicht der Staat. - Der Mann hatte recht, meine Damen und Herren! 

(Beifall bei der AfD)

Bitcoin ist das erste funktionierende digitale, staatsfreie Geld der Welt: dezentral, begrenzt, nicht manipulierbar, ein digitales Gold,

(Lachen des Abg. Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

ohne Bank, ohne Genehmigung, ohne politische Einflussnahme. Bitcoin gehört nicht Staaten, Konzernen, NGOs oder Zentralbanken, Bitcoin gehört uns, es gehört den Menschen, meine Damen und Herren.

Ein freier Staat hat keine Angst vor Bargeld oder Bitcoin oder Gold. Aber was erleben wir hier in Deutschland? Immer mehr Bürokratie, immer mehr Überwachung, Geldentwertung und immer wieder den Versuch, Bargeld weiter zurückzudrängen. 

Der digitale Euro ist die Spitze dieser unappetitlichen Entwicklung: klingt modern, ist aber programmierbares Geld, ein Datenstaubsauger und eine digitale Fußfessel. Mit dem digitalen Euro kann man Zahlungen lenken, begrenzen oder blockieren. 

Bitcoin ist das Gegenteil: Bitcoin dient auch weltweit als zensurresistentes Wertaufbewahrungsmittel. Nicht umsonst prüfen die USA, einige BRICS-Staaten und weitere den strategischen Einsatz des Bitcoins. 

Deutschland dagegen diskutiert, wie man Bitcoin bremst. Sie alle hier verhinderten schon immer Innovationen. Wir als AfD werden Deutschland wieder eine Zukunft zurückgeben. 

(Beifall bei der AfD - Jens Behrens (SPD): Wer’s glaubt!)

Vor Kurzem kam einer der heutigen Vordenker der heutigen CDU, nämlich Max Lucks von den Grünen. Er nannte es unfair, dass eine Krankenschwester Steuern zahlt und ein Bitcoiner nach einem Jahr Haltefrist nicht. 

(Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es, Herr Brandes!)

Der Denkfehler ist ebenso sozialistisch wie offensichtlich; denn nicht der Bitcoiner zahlt zu wenig - die Krankenschwester, Herr Lucks, zahlt zu viel.

(Beifall bei der AfD)

Man hilft Arbeitnehmern nicht, indem man andere stärker besteuert, sondern indem man die Arbeitnehmer entlastet. Schützen wir Kapitalbildung und Innovation! Das hilft dann auch der Krankenschwester. 

(Kay Gottschalk (AfD): Steuerreform 25!)

- Genau, Steuerreform 25. 

Deshalb fordern wir eine klare Trennung zwischen Bitcoin und zentralisierten Token, keine Bürokratie für private Wallets, Rechtssicherheit für Mining und Lightning, eine stabile Zwölfmonatshaltefrist. Denn, meine Damen und Herren, es geht hier ganz klar um eine Grundsatzentscheidung, nämlich: Bleibt Deutschland finanziell weiterhin frei - mit Bitcoin, Bargeld, Gold und allem, was dazugehört -, oder entscheidet sich der Staat für digitale Kontrolle mit dem digitalen Euro? 

(Jens Behrens (SPD): So ein Quatsch! - Zuruf von der CDU/CSU: Komplementäre Währung!)

Wir als AfD stehen klar für die Freiheit. Sie positionieren sich hier schon anders. Danke, dass Sie das tun. Dann weiß der Bürger, dass der blaue Balken der wichtige ist auf der Agenda. 

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Anja Karliczek das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Anja Karliczek (CDU/CSU):

Sehr geehrte Frau Bundestagspräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer hier im Saal, aber auch an den Bildschirmen! Vielleicht erst einmal vorweg: Das Bargeld bleibt. Niemand drängt das Bargeld zurück. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In verantwortungsloser Weise schürt die AfD mit ihren Anträgen Angst, 

(Jens Behrens (SPD): Genau so ist es!)

und das ist Populismus pur. Der digitale Euro soll das Bargeld nicht ersetzen, sondern ergänzen. Das sage nicht ich, das sagt die Europäische Kommission. 

(Zuruf des Abg. Dirk Brandes (AfD))

Und noch einmal zum Mitschreiben: Das Bargeld bleibt - jetzt und in Zukunft! 

(Beatrix von Storch (AfD): Ja, natürlich!)

Der digitale Euro tritt auch nicht in den Wettbewerb mit Bargeld; das ist schon Unsinn hoch fünf. Der digitale Euro ist die europäische Antwort auf weltweite Entwicklungen zu privaten Währungen - 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

privaten Währungen, die auf sicheren Technologieverfahren wie zum Beispiel einer Blockchain im digitalen Raum entwickelt werden. Wir treten damit in einen weltweiten Wettbewerb ein, der sich seit geraumer Zeit mit großer Dynamik entwickelt, und dafür bin ich der EZB sehr dankbar. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber woher kommt die Angst, dass das Bargeld abgeschafft wird? Warum fällt der Populismus der AfD auf fruchtbaren Boden? 

(Zuruf von der AfD: Das hat nichts mit Populismus zu tun! - Gegenruf der Abg. Nadine Heselhaus (SPD): Nichts anderes!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Bezahlverhalten hat sich im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte - seit Einführung des Euros im Jahr 2002 - stark verändert. Die Digitalisierung hat Einzug gehalten, und, ja, es wird weniger mit Bargeld bezahlt. Und das liegt insbesondere daran, dass man im Onlinehandel nicht mit Bargeld bezahlen kann. Gerade beim Onlinehandel muss man allerdings zwangsläufig auf amerikanische Dienstleister ausweichen oder auf die gute alte Lastschrift. Und damit sind wir abhängig von nichteuropäischen Zahlungsverkehrssystemen. Wenn Mastercard, Visa oder PayPal mal nicht funktionieren, können wir in Europa nur noch eingeschränkt im Netz einkaufen. 

(Jens Behrens (SPD): Genau so ist es!)

Wir diskutieren gerade in vielen Politikfeldern, dass wir souveräner werden müssen. Wir brauchen souveränere Lieferketten bei Rohstoffen, bei Medikamenten, bei Energie. Das ist alles richtig. Aber die Basis ist: Auch wenn Europa auf sich allein gestellt ist, müssen wir noch bezahlen können. Da hilft eine schnell verfügbare Bargeldinfrastruktur, aber auch ein souveränes europäisches Zahlungsverkehrssystem. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Europäische Zentralbank hat genau dieses Problem erkannt. Im Moment gibt es in Europa vielfältige regionale Kartensysteme. Deutschland kennt die Girocard, Frankreich kennt die Carte Bancaire, Spanien kennt Bizum - um nur mal einige zu nennen. Es gibt aber auch europäische Länder, die keine eigenen Bezahlsysteme haben, und dort werden überall amerikanische Karten genutzt. Deshalb gibt es diese aktuelle Diskussion. 

Wir wollen, dass die EZB sich zügig auf den Weg macht und den digitalen Euro einführt, zuerst in den Interbankenverkehr und dann, um auch im weltweiten Wettbewerb ein europäisches Zahlungsmittel als Alternative zu Kryptowährungen anbieten zu können. Warum nicht mit digitalen Euros in Mittelamerika oder in Afrika bezahlen? Für Europa möchten wir, dass sich auch privatwirtschaftliche Initiativen in diesen Wettbewerb begeben. Viele unter Ihnen haben bestimmt schon was von Wero gehört. Das ist eine europäische Initiative, die eine echte Alternative zu amerikanischen Anbietern werden soll. Außerdem gibt es auch erste Initiativen für europäische Stablecoins. Es tut sich was, und das ist gut so.

Klar ist aber auch: Wir brauchen mehr Tempo; denn der internationale Wettbewerb ist hart. Der internationale Wettbewerb um programmierbare Zahlungssysteme hat begonnen, und er hat mit Macht begonnen. Ob Krypto, Stablecoin oder Giralgeldtoken: All diese Dinge werden in Zukunft eine große Rolle spielen. So viel ist klar. Die Frage ist nur: Stehen wir Europäer im Spiel um die beste digitale Währung und um die leistungsfähigen Zahlungssysteme auf dem Feld oder am Spielfeldrand? 

Wichtig ist: Wenn es ums Geld geht, muss es sicher sein. Wir Bürger müssen Vertrauen haben können in unsere Währung. Wir müssen die Wahlfreiheit haben, welches Zahlungsmittel wir nutzen wollen. Dafür zu sorgen, ist unsere Aufgabe, zusammen mit dem Europäischen Parlament und der EZB. Diese Aufgabe nehmen wir gerne an. 

Vielen Dank. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Herr Max Lucks das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Danke schön. - Frau Präsidentin! Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Brandes, wir als Bundestagsabgeordnete können es uns mit unserem Gehalt leisten, zu investieren und zum Beispiel in ETFs, in Aktien, in Bitcoins anzulegen. Viele Menschen in diesem Land können das nicht.

(Zuruf des Abg. Martin Reichardt (AfD))

Ich finde es entlarvend, dass Sie als Bild gezeichnet haben: Die Krankenschwester oder die Altenpflegerin sollen sich mal nicht so anstellen, dass sie so viele Steuern bezahlen; 

(Jörn König (AfD): So ein Quatsch! Die werden durch die Steuer- und Abgabenlast beraubt!)

sie könnten ja Geld anlegen. - Das, finde ich, entlarvt Ihre Verachtung gegenüber hart arbeitenden Menschen in diesem Land. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Linken)

Präsidentin Julia Klöckner:

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu? 

Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Nein, danke.

(Beatrix von Storch (AfD): Zwölf Semester hat der Kerl gebraucht, um einen sozialwissenschaftlichen Bachelor zu machen! - Gegenruf des Abg. Boris Mijatović (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und Sie haben ein Leben lang gebraucht, sich nicht zu benehmen! Das gibt’s doch gar nicht!)

Es ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, meine Damen und Herren, dass ich, als ich während meines Studiums gearbeitet habe, einkommensteuerpflichtig wurde,

(Beatrix von Storch (AfD): Sechs Jahre für einen Bachelor!)

aber jemand, der Kryptogewinne nach 366 Tagen macht, selbst wenn es Millionen Euro sind, keinen einzigen Cent Steuern dafür zahlt. Das ist eine Ungerechtigkeit, die wir nicht hinnehmen, mit der wir uns nicht abfinden werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sollten diese Kryptolücke, Frau Karliczek, dringend schließen. Denn es ist den Menschen in diesem Land nicht zu erklären, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hart besteuert werden, dass Erbschaften besteuert werden - leider nur teilweise -, aber dass Kryptogewinne nicht konsequent besteuert werden. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Anja Karliczek (CDU/CSU): Das Anlagevermögen ist schon versteuert! Das ist klar, oder?)

Die AfD hat aber nicht nur einen Antrag geschrieben, der den Interessen von Tech-Bros dient. Die AfD hat auch noch ein paar andere Anträge zur Beratung aufgesetzt, zum Beispiel einen Antrag, der gegen das Bankkonto schießt. Meine Damen und Herren, der digitale Zahlungsverkehr ist fundamental wichtig. Es geht in dieser Frage meiner Meinung nach um Wahlfreiheit. In Deutschland leben Hunderttausende Menschen ohne eigenes Bankkonto: Geflüchtete, Wohnungslose, Menschen in prekärer sozialer Lage oder solche, die an bürokratischen Hürden scheitern. 

(Jörn König (AfD): Oder AfD-Mitglieder, denen das Konto gekündigt wird!)

Für diese Menschen ist Bargeld wichtig. Aber mindestens genauso wichtig - übrigens auch für diese Menschen - ist doch etwas anderes: Zugang zum Zahlungsverkehr zu haben. Ohne Konto sind Menschen ausgeschlossen von digitalen Käufen, von sicheren Lohnzahlungen, von Mietzahlungen, von Grundversorgungsleistungen. Wer also über Wahlfreiheit beim Bezahlen spricht, muss zuerst fragen: Wie schaffen wir eigentlich Zugang für alle? Stattdessen inszeniert die AfD diese Menschen, warnt vor dem Ende des Bargelds und bietet keine Lösung für echte finanzielle Inklusion. Wir Grüne sagen: Erst Teilhabe sichern und dann Wahlfreiheit ermöglichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu? 

Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Nein. - Meine Damen und Herren, gehen Sie mal durch unsere Städte am Wochenende, in Spätis, Kneipen, Imbisse, Restaurants. 

(Beatrix von Storch (AfD): Stadtbild!)

Sie sehen oft: “Ausschließlich Barzahlung„. Für alle, die digital zahlen wollen, gibt es keine Wahlfreiheit. Und es kommt noch schlimmer: Ein rein barbasiertes Zahlungssystem schafft ideale Bedingungen für Geldwäsche, Schwarzarbeit und Steuerbetrug. Umsätze lassen sich manipulieren, Einnahmen verschwinden oder werden erfunden. Polizei und Finanzbehörden warnen seit Jahren vor genau diesen Risiken. Hören Sie auf, sich als Hüterinnen von Recht und Ordnung zu inszenieren, solange Sie diese Strukturen gewährleisten wollen, auch mit den parlamentarischen Initiativen, die Sie uns heute vorlegen! 

Vielen Dank. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsidentin Julia Klöckner:

Die Möglichkeit für eine persönliche Erklärung hat der Abgeordnete Herr Dirk Brandes, weil er direkt angesprochen worden ist. Nach neuer Geschäftsordnung - darin haben wir das klargestellt - ist bei einer persönlichen Erklärung auch die Möglichkeit zur Erwiderung da. Bitte sehr. 

Dirk Brandes (AfD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Lucks, ich finde es schon ein bisschen traurig: Wenn Sie mich persönlich ansprechen, sollten Sie vielleicht auch gleich eine Frage zulassen. 

(Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe Ihnen auch keine Frage gestellt, Herr Brandes, weil Sie mich angesprochen haben!)

Weiterhin finde ich es sehr unverschämt, dass Sie mich falsch zitieren. Ich habe nicht gesagt, die Krankenschwester solle sich nicht so anstellen, sondern ich habe Ihnen, den alten Fraktionen, hier vorgeworfen, dass Sie die Belastung für die Bürger jahrzehntelang immer mehr hochgeschraubt haben und die Leute gar keine Rücklagen mehr schaffen können in diesem Land. 

(Beifall bei der AfD)

Sie kassieren die Menschen ab - seit Jahrzehnten. Die Leute sind so geschröpft, dass sie in diese Situation gekommen sind. Und genau das wollen wir ändern. Wenn die Leute wieder Rücklagen schaffen können, dann können sie vielleicht zum Teil korrigieren, was Sie hier auch über Jahrzehnte versaut und versäumt haben, nämlich das Rentensystem auf sichere Beine zu stellen. Auch das haben Sie versäumt. Und das, was Sie hier verzapft haben, werden wir wieder rückabwickeln müssen. 

Vielen Dank. 

(Beifall bei der AfD - Frauke Heiligenstadt (SPD): Was ist das für eine unparlamentarische Ausdrucksweise!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Herr Kollege Max Lucks hat die Chance auf eine Erwiderung. Bitte. 

(Beatrix von Storch (AfD): Persönliche Erklärung!)

- Weil hier es hier wieder durcheinandergeht: Ich rate einfach zu einem Blick in die neue Geschäftsordnung.

(Beatrix von Storch (AfD): Persönliche Erklärung!)

- Ja, bei einer persönlichen Erklärung haben wir festgehalten, und das haben wir auch geklärt im Ältestenrat - - 

(Beatrix von Storch (AfD): Das erklären Sie mal Herrn Ramelow!)

- Wir diskutieren hier jetzt nicht. 

(Beatrix von Storch (AfD): Ich weiß, dass es so ist!)

- Frau von Storch, vielleicht tauschen Sie sich das nächste Mal mit Ihren Kollegen aus. Wir haben es im Ältestenrat geklärt. Ich erläutere das, um Ihnen die Chance zu geben, inhaltlich zu folgen. Aber dann gerne auch akzeptieren. - Bitte.

Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Danke schön, Frau Präsidentin. - Ich hoffe, möglichst viele Leute verfolgen diese Debatte; denn Herr Brandes hat es gerade noch mal sehr gut zusammengefasst: Die AfD steht für Milliardensteuergeschenke für Kryptomillionäre. Und wir stehen dafür, Sozialversicherungsbeiträge und die Einkommensteuer für die unteren Einkommensgruppen zu senken. 

Vielen Dank. 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU - Jörn König (AfD): Schon demagogisch!)

Präsidentin Julia Klöckner: 

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte darauf hinweisen: Die Zeit für die namentliche Abstimmung ist gleich vorbei. Ist noch ein Mitglied anwesend, das seine Stimme nicht abgegeben hat? Ich will ganz kurz in den Saal schauen. - Dann warten wir, bis der nächste Redner gesprochen hat. Draußen sind noch Kolleginnen und Kollegen, die abstimmen; dann schließe ich die Abstimmung noch nicht. 

Wir fahren fort in der Debatte. Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Herr Jens Behrens das Wort. Bitte. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jens Behrens (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um es direkt deutlich zu machen: Niemand beabsichtigt, Bargeld abzuschaffen. 

(Lachen bei Abgeordneten der AfD - Jörn König (AfD): Niemand wollte eine Mauer bauen!)

Das Narrativ, das Sie verbreiten, dass der digitale Euro das Bargeld gefährden würde, ist schlicht unwahr. Wahr hingegen ist, dass wir uns als Koalition für die echte Wahlfreiheit einsetzen. Sprich: Jede Bürgerin, jeder Bürger soll beim Bezahlen frei wählen können, ob bar oder digital gezahlt werden soll. Das ist das Ziel. 

Um diese Freiheit gewährleisten zu können, braucht es neben einer gesicherten Bargeldversorgung - für welche die Bundesbank bereits ausgezeichnet sorgt - auch Souveränität beim digitalen Bezahlen. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist diese Souveränität wichtiger denn je. Und zu diesem Thema kommen Sie in Ihren Anträgen erst gar nicht. 

(Jörn König (AfD): Ja, Putin ist schuld!)

Denn wenn ich mir den derzeitigen Zahlungsverkehr anschaue, dann ist es nicht eine schwindende Akzeptanz von Bargeld, die mir wirklich Sorgen bereitet. Viel beunruhigender erscheint mir die zunehmende Dominanz US-amerikanischer Zahlungsdienstleister. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Georg Günther (CDU/CSU))

Kaum eine digitale Transaktion läuft heute ohne die Infrastruktur großer US-amerikanischer Konzerne. Und genau diese Abhängigkeit birgt langfristig Risiken für die europäische Souveränität. 

(Jörn König (AfD): Hättet ihr schon lange dran arbeiten können!)

Diese strukturelle Abhängigkeit im digitalen Zahlungsverkehr ist es, die mir Anlass zur Besorgnis gibt und für die es Alternativen braucht. 

Die Europäische Zentralbank hat vor diesem Hintergrund die Idee des digitalen Euros ins Leben gerufen. Dahinter steht keineswegs die Absicht, Bargeld zu verdrängen oder ein profitables Konkurrenzprodukt zu privaten Anbietern zu schaffen. Vielmehr geht es darum, eine wirklich souveräne digitale Zahlungsmethode zu gewährleisten, die unabhängig von außereuropäischen Akteuren funktioniert. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD - Jörn König (AfD): Bis 150 Euro, oder was?)

Präsidentin Julia Klöckner:

Entschuldigung, Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Jens Behrens (SPD): 

Nein, jetzt nicht. - Denn unserer europäischen Privatwirtschaft ist es in den letzten 20 Jahren nicht gelungen, ein einheitliches, europaweit nutzbares Zahlungssystem zu entwickeln und dauerhaft zu etablieren. Der digitale Euro soll genau diese Lücke schließen - als öffentliches, verlässliches Fundament für den Zahlungsverkehr der Zukunft. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielleicht werden einige nun einwenden: Wir haben doch die Girocard oder Wero. - Das stimmt. Allerdings lässt sich die Girocard jenseits unserer deutschen Grenze nur eingeschränkt nutzen. Und die Einführung von Wero - die ich ausdrücklich begrüße - ist schlicht zu spät erfolgt und bisher nicht in dem Umfang, um wirklich ein europaweites Gleichgewicht zu schaffen. Der digitale Euro hingegen soll überall in Europa nutzbar sein, im stationären Handel ebenso wie im Onlinezahlungsverkehr. Und entgegen Ihrer Behauptung wird seine Ausgestaltung keine Gefahr für unsere Banken darstellen. Durch angemessene Haltelimits wird sichergestellt, dass kein erheblicher Mittelabfluss entsteht und die Stabilität des Bankensystems gewahrt bleibt. 

So häufig, wie Sie in Ihrem Antrag vor angeblichen Überwachungen warnen, dubiose Kryptowährungen anpreisen und sich gegen eine Obergrenze für Bargeld aussprechen, könnte der Eindruck entstehen, dass Sie die Geldwäsche erleichtern wollen. 

(Beifall bei der SPD - Beatrix von Storch (AfD): Und jetzt was mit Russland, bitte! - Weitere Zurufe von der AfD)

Lassen Sie mich hier ganz deutlich werden: Wir als SPD stellen uns entschieden gegen jede Form von Finanzkriminalität. 

(Beatrix von Storch (AfD): Ach bitte, Russland! - Martin Reichardt (AfD): Bei Finanzkriminalität sollten Sie mal bei Herrn Scholz nachfragen!)

Wir unterstützen klar die von der EU vorgegebene Bargeldobergrenze von 10 000 Euro als wirksames Instrument zur Bekämpfung von Geldwäsche und zur Stärkung der Transparenz im Zahlungsverkehr. 

Abschließend kurz und knapp: Wir freuen uns auf die Einführung des digitalen Euros. 

Vielen Dank und Glück auf! 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Beatrix von Storch (AfD): Ach Mann, nix mit Russland! - Jörn König (AfD): Bei Geldwäsche bitte Johannes Kahrs befragen! Der kennt sich damit aus!)

Präsidentin Julia Klöckner: 

Ich schließe jetzt die namentliche Abstimmung. - Für die Besucherinnen und Besucher zur Erläuterung: Sie sehen unsere Saalbediensteten; sie haben hier alles im Blick. Der Daumen geht hoch, und das heißt, dass die Abstimmung jetzt vollzogen ist. Sie wird geschlossen, und die Stimmen in den Urnen werden ausgezählt. 

Wir machen weiter mit unserer Debatte. Und für die Fraktion Die Linke hat nun Lisa Schubert das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der Linken)

Lisa Schubert (Die Linke): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Zuhörende! Für uns als Linke ist klar: Bargeld muss bleiben. Eine komplette Abschaffung von Bargeld ist eine Katastrophe, besonders für alle Menschen mit geringem Einkommen, von Armut Betroffene, ältere Menschen und Geflüchtete. Für alle Menschen, die stärker auf Bargeld angewiesen sind, bedeutet der Erhalt von Bargeld Inklusion, Teilhabe, aber auch Anonymität und Freiheit. 

(Beifall bei der Linken)

Bestrebungen, die darauf abzielen, das Bargeld langfristig abzuschaffen, lehnen wir daher entschieden ab. 

(Beifall bei der Linken - Anja Karliczek (CDU/CSU): Niemand will das Bargeld abschaffen!)

Eine Sache sollte jedoch klar sein: Selbst bei einem Thema wie dem Bargeld schafft es die AfD, ihre menschenverachtende und rechtsextreme Spaltungspolitik fortzuführen. 

(Jörn König (AfD): Bingo! - Weitere Zurufe von der AfD)

Denn während sie hier tönt, Bargeld bedeute Freiheit, macht sie an anderer Stelle klar, für wen diese Freiheit nach ihren Vorstellungen gelten soll - und für wen nicht. Geflüchtete, die vor Krieg, Hunger und menschenunwürdigen Bedingungen fliehen, will sie von dieser Freiheit ausschließen. 

(Zuruf des Abg. Martin Reichardt (AfD))

Für Geflüchtete gibt es, wenn überhaupt, die Bezahlkarte - kein Bargeld, kein Konto. 

(Enrico Komning (AfD): Ja natürlich nicht! Gar kein Geld!)

Mein Dank geht daher raus an alle Vereine und Initiativen, die sich gegen diese Exklusion und Diskriminierung von Geflüchteten einsetzen. 

(Beifall bei der Linken)

Auch dass die AfD die Einführung von digitalem Zentralbankgeld verhindern will, zeigt, in welchem Jahrzehnt sie feststeckt. Die Realität, in der wir leben, beinhaltet digitale Zahlungsmethoden - und die Anbieter heißen Apple Pay, PayPal, Google Pay, Mastercard oder Visa. Deren Macht und unbegrenzter Zugang zu sensiblen Kundendaten wachsen immer weiter. Wir dürfen den Markt für digitale Zahlungsanbieter weder den USA alleine noch privaten Techmilliardären überlassen. 

(Beifall bei der Linken - Jörn König (AfD): Mit einer staatlichen Währung? Ehrlich!)

Neben dem Bargeld fordern wir als Linke daher die Einführung des digitalen Euros, aber unter klaren Bedingungen. Der digitale Euro muss ein von der EZB garantiertes gesetzliches und kostenloses Zahlungsmittel sein, das Privatpersonen in begrenztem Maße und unverzinst auf Konten bei der EZB halten können. Er darf Bargeld nicht ersetzen, sondern muss es als weitere bequeme Form des Zentralbankgeldes ergänzen. Bei kleinen Beträgen muss das Recht auf anonymes Bezahlen gesetzlich verankert werden. Hoher Datenschutz muss auch für den digitalen Euro gelten. Und er muss auch im Fall von Stromausfällen funktionieren. 

Daran werden wir die Einführung des digitalen Euros messen. Und dafür, liebe Bundesregierung, müssen Sie sich im Interesse der Bürger/-innen einsetzen. 

Danke. 

(Beifall bei der Linken)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat nun der Abgeordnete Lukas Krieger das Wort. Bitte sehr. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lukas Krieger (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der AfD, über den wir heute sprechen, will Bitcoin zur staatsfreien Alternative zum digitalen Gold und sogar zu einem sicherheitspolitischen Vermögenswert der Bundesrepublik erklären. Doch wer den Antrag genau liest, merkt schnell: Hier geht es nicht um eine seriöse Auseinandersetzung mit Blockchain oder digitaler Innovation. Es ist wichtig, dass wir uns als Parlament damit auseinandersetzen, welche Rolle digitale Vermögenswerte, darunter auch der Bitcoin, künftig für unsere digitale und ökonomische Souveränität spielen können. 

Wir als CDU/CSU-Fraktion erkennen selbstverständlich das Innovationspotenzial digitaler Vermögenswerte an. Wir sollten Blockchain-Anwendungen in Verwaltung, Industrie und Finanzmarkt stärker einsetzen. Wir brauchen aber Rechtssicherheit für Anleger und Unternehmen. Wir setzen uns als CDU/CSU hier beispielsweise weiterhin klar für die Beibehaltung der Einjahresfrist für steuerfreie Gewinne ein. Anders als die Antragsteller stehen wir aber für eine vernünftige Regulierung: innovationsfreundlich, aber marktstabil; risikobewusst und international anschlussfähig.

Als Unionsfraktion haben wir uns des Themas angenommen, unter anderem auch mein Berliner Kollege Marvin Schulz, gerade mit dem Blick auf die im Antrag angesprochene Frage staatlicher Finanzierungs- und Wertaufbewahrungsstrukturen.

Aber wir wissen eben auch: Dafür braucht es einen ordnungspolitischen Rahmen - einen Rahmen, der Innovation ermöglicht, ohne Stabilität, Marktintegrität und Verbraucherschutz preiszugeben. Wir müssen besser verstehen, welche Rolle diese Technologien für einen modernen Staat spielen können, und sie nutzbar machen. 

Deutschland braucht eine klare Position zu Blockchain und damit auch zu Bitcoin. Was wir aber ganz sicher nicht brauchen, ist ein regulatorisches Vakuum. Die BaFin warnt regelmäßig vor Fake-Plattformen und betrügerischen Kryptodiensten. Genau in dieser Situation fordert die AfD, Aufsichtspflichten, Registrierungspflichten und Regulierung weitgehend aufzuheben. Was das bedeuten würde, erleben Anleger schmerzlich bei jeder Betrugswelle. Seriöse Anbieter brauchen klare Regelungen. Unregulierte Märkte schaden ihnen. Deshalb setzen wir auf internationale Anschlussfähigkeit, auf MiCA in Europa, auf Standards, die Innovationen ermöglichen und gleichzeitig Marktintegrität wahren.

Viel zu wenig Beachtung findet in dem Antrag die Frage des Energieverbrauchs. Ja, Mining ist energieintensiv. Aber die Wirklichkeit ist komplexer. Mining kann überschüssige Energie nutzbar machen, Netze stabilisieren, Erzeugungsanlagen effizienter betreiben. Weltweit entstehen Modelle, die erneuerbare Energien besser integrieren. Die AfD jedoch nutzt und reduziert das Thema auf einfache Lösungen: Steuervergünstigungen ohne energiepolitischen Kontext, ohne Standortstrategie, ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung.

(Jens Behrens (SPD): So ist die AfD!)

Wir sagen: Wenn wir über Mining reden, dann integriert, eingebettet in Energiepolitik, Versorgungssicherheit und Standortfragen, nicht losgelöst davon und schon gar nicht mit Steuergeschenken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, der Bitcoin ist die erste und weltweit stärkste Kryptowährung und sicher nicht das Problem, als das ihn manche darstellen: als Instrument für Zocker und Kriminelle. Der Bitcoin bietet viele Chancen. Bitcoin ist ein technologischer Impulsgeber. Blockchain ist ein Werkzeug, das staatliche Prozesse sicherer, transparenter und effizienter machen kann. 

Der Antrag der AfD aber bleibt oberflächlich. Er benennt die Chancen, aber er verschweigt die Risiken.

(Jörn König (AfD): Na, machen Sie es doch mal besser!)

Er fordert staatliche Nutzung, ohne die staatliche Verantwortung mitzudenken. Er will die Vorteile, aber nicht die notwendigen ordnungspolitischen Leitplanken. So gestaltet man keine Zukunftstechnologie.

Wir als Union stehen für Technologieoffenheit, aber eben auch für Verantwortung, Vernunft und Stabilität. Wir wollen diese Chance nutzen, nicht den Illusionen anheimfallen. Und: Wir wollen eine Debatte führen, die unserem Land hilft und nicht lediglich Schlagworte wiederholt. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Jörn König das Wort. Bitte.

Jörn König (AfD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Sparer! Unser Ziel ist es, das Bargeld als einziges gesetzliches Zahlungsmittel zu erhalten und die Einführung des Digital-Euro an das Votum einer Volksabstimmung nach Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz zu binden. Währungen müssen Sache des gesamten Volkes sein - das hat zum Beispiel die deutsche Währungsunion vom 1. Juli 1990 gezeigt - und eben nicht die Hinterzimmerentscheidung von Technokraten.

(Beifall bei der AfD)

Die EZB besteht aber nur aus Technokraten.

(Zuruf des Abg. Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Zeitweise hatte Deutschland als größte Nation nicht einmal eine Stimme im EZB-Rat. 

In den USA hat man die Risiken auch erkannt und der Zentralbank unter anderem drei Punkte verboten: erstens, einen digitalen Dollar ohne ausdrückliche Genehmigung des Kongresses herauszugeben zweitens, den digitalen Dollar direkt an eine Einzelperson auszugeben und, drittens, die Kontrolle über digitale Währungspolitik an nicht gewählte Technokraten abzugeben. Wenn schon unser Hegemon USA vor der Überwachung durch digitale Währungen warnt, dann muss ja wohl was dran sein.

(Jens Behrens (SPD): Quatsch!)

Dass es für diesen digitalen Euro auch noch einen Annahmezwang geben soll, das setzt dem Ganzen die Krone auf. Um digital zu bezahlen, braucht man keinen digitalen Euro. Das machen wir alle jeden Tag schon seit Jahrzehnten.

(Beifall bei der AfD - Jens Behrens (SPD): Sie haben das System nicht verstanden!)

Es gibt genügend Alternativen zu diesem EZB-Zentralkryptoeuro. Diesen Digital-Euro braucht kein Mensch.

(Beifall bei der AfD)

Der Digital-Euro wäre aus unserer Sicht auch ein weiterer Schritt in Richtung Virtualisierung des Geldes. Zusammen mit der EU-ID, einer möglichen Programmierbarkeit, einem Social-Credit-System könnten Schreckensvisionen wahr werden. Die Behörden könnten begrenzen, wo, wann und was man damit bezahlen darf, jede Transaktion beobachten und aufzeichnen. Der Staat könnte das Konto mit dem CO2-Verbrauch verbinden oder auch mit dem Social-Credit-Score. Der ultimative Horror wäre, wenn das Konto komplett eingefroren werden könnte. Das alles wollen wir nicht; denn die Freiheit ist das Einzige, was zählt.

(Beifall bei der AfD - Jens Behrens (SPD): Verfolgungswahn!)

Die Einführung eines digitalen Euros gefährdet außerdem das Geschäftsmodell vor allem unserer Sparkassen und Volksbanken.

(Jens Behrens (SPD): Das ist doch Quatsch!)

Die Banken sind die absoluten Wissensträger bei der verantwortungsvollen Kreditvergabe an den Mittelstand. Wenn die Bürger direkt Zentralbankgeld halten können, droht eine Verdrängung des Giralgeldes der Geschäftsbanken. Auch deshalb: Nein zum digitalen Euro!

Zu guter Letzt noch eine echte Lachnummer. Nach Jahren des Drängens nach diesem Zentralkryptoeuro kam vor ein paar Tagen die Nachricht, dass die Einführung des digitalen Euros um Jahre nach hinten verschoben wird. Schon vor vier Jahren habe ich persönlich einem Bundesbankvorstand gesagt, dass der vorgelegte Projektplan der EZB nicht gehalten werden wird. Wörtlich: “Das traue ich Ihnen nicht zu.„ Das Vorhaben wird letztlich an seiner technischen Kompliziertheit und an der Unfähigkeit öffentlicher Einrichtungen scheitern, Projekte in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen.

(Jens Behrens (SPD): Die Unfähigkeit liegt woanders!)

Der Flughafen BER, Stuttgart 21, das MEL-Haus hier im Deutschen Bundestag und die Elbphilharmonie lassen grüßen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Zu guter Letzt für alle, die meinen, die EZB und der Euro seien eine Erfolgsgeschichte: Der Euro hat seit seinem Bestehen gegen Gold über 90 Prozent seines Wertes verloren. Ich wiederhole: 90 Prozent Wertverlust. Das ist eine absolute Katastrophe für die Sparer.

(Beifall bei der AfD - Jens Behrens (SPD): Sie zahlen wahrscheinlich noch mit Gold!)

Die Wertmessung in Euro ist so absurd, als ob man mit einem Gummiband die Länge messen wollte.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Nadine Heselhaus das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nadine Heselhaus (SPD): 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was wir hier erleben, ist das immer wieder gleiche Spiel der AfD: Erst wird ein Problem erfunden, dann wird Chaos gestiftet, und am Ende tun Sie so, als wären Sie die großen Retter der Nation.

(Zuruf des Abg. Tobias Ebenberger (AfD))

Und das läuft nach einem immer wieder gleichen Muster: Erstens. Sie machen den Leuten Angst. Zweitens. Sie verwirren alle mit völlig widersprüchlichen und teilweise absurden Aussagen. Und drittens. Sie fordern Dinge, die einfach komplett daneben sind, und unterstützen damit auch noch die Falschen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jens Behrens (SPD): Sehr richtig!)

Die AfD behauptet ernsthaft, digitale Zahlungsmethoden seien unsicher, weil man bei einem flächendeckenden Stromausfall nicht mehr darauf zugreifen kann. Die Lösung: Na klar, Bargeld.

(Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oder Kryptowährung!)

Jetzt mal Hand aufs Herz! Wie kommen Sie denn alle an Ihr Bargeld? Über Geldautomaten. Die laufen selbstverständlich mit Strom.

(Kathrin Michel (SPD): Aha!)

Und wie zahlen wir bar in den Geschäften? Über Kassensysteme. Sie ahnen es: Die sind strombetrieben. Wenn Sie jetzt also nicht gerade Ihre Wände mit 50-Euro-Scheinen tapeziert haben

(Jörn König (AfD): Sie kennen meine Tapete nicht, Frau Heselhaus!)

oder Ihren Bargeldkoffer unter dem Kopfkissen verstecken,

(Jens Behrens (SPD): … oder von Putin was gekriegt haben!)

bringt Ihnen das im Blackout exakt gar nichts.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jens Behrens (SPD): Sehr richtig!)

Aber vielleicht macht die AfD ja eben genau das. Das würde zumindest erklären, warum sie sich so sehr gegen eine Bargeldobergrenze von 10 000 Euro wehrt. Die EU hat diese Grenze beschlossen, um Kriminalität zu erschweren. Wer würde also von Ihrer Forderung, sie nicht umzusetzen, profitieren? Genau, Kriminelle. Herzlichen Glückwunsch! Der falsche Fanclub.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Boris Mijatović (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Christian Douglas (AfD): Weil die EU das sagt! - Jörn König (AfD): Weil die EU das sagt, dass alle kriminell sind, die mehr als 10 000 Euro zahlen wollen! - Zuruf der Abg. Frauke Heiligenstadt (SPD))

Nächster Punkt. Die AfD behauptet, der digitale Euro würde zu Überwachung führen. Und was schlagen Sie stattdessen vor? Bitcoin. Gerade eben noch digitale Zahlungen verteufeln und im nächsten Atemzug eine Kryptowährung feiern, die vor Stromverbrauch nur so glüht. Ich erinnere an dieser Stelle noch mal an Ihr eigenes Stromausfallargument. Das ist schon fast sportlich widersprüchlich.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jens Behrens (SPD): Rechts weiß nicht, was rechts tut!)

Meine Damen und Herren, die Europäische Zentralbank sorgt für Stabilität -

(Jörn König (AfD): Nee! Die Zentralbank sorgt vor allem für Kaufkraftverlust!)

für den Euro in Ihrer Tasche und auf Ihrem Konto, und das eben zukünftig auch digital. Der digitale Euro ist also nicht irgendetwas Mysteriöses, sondern einfach eine zeitgemäße Ergänzung. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jörn König (AfD): Er kommt aber erst 2030!)

Wofür brauchen wir ihn? Damit wir nicht von privaten Zahlungsunternehmen abhängig sind, sondern eine sichere europäische Alternative haben. 

(Jörn König (AfD): Er kommt aber erst 2030!)

Warum die AfD dagegen ist? Ganz einfach: Sie ist grundsätzlich gegen alles, was vom Staat und aus Europa kommt. 

(Andreas Mayer (AfD): Ja! Sehr gut!)

Dafür greift sie hier zu mehreren absurden Behauptungen.

Erstens. Sie behaupten, der digitale Euro gefährde unser Bankensystem. Seltsam, dass unsere Bankenverbände diese Panikmache ablehnen. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Jörn König (AfD): Immerhin haben sie Wero gemacht als Abwehr!)

Zweitens. Sie bringen eine Kryptowährung in Stellung - Achtung -, weil diese unabhängig von Banken ist. Das passt gerade nicht zu dem eben genannten Argument. 

Drittens. Diese eine Kryptowährung stellen Sie einem zentralen, stabilen Euro gegenüber, eine Kryptowährung, die schwankt wie ein Schiff im Sturm und kriminelle Aktivitäten geradezu anzieht. 

Vielleicht merken Sie was - ich schon. Auch hier zeigt sich: Die AfD unterstützt das Falsche und auch die Falschen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das, was die AfD Freiheit nennt, ist in Wahrheit also ein einziges Chaos. 

Meine Damen und Herren, echte Freiheit bedeutet Wahlfreiheit beim Bezahlen: bar, mit Karte, digital - alles soll möglich sein. Und echte Freiheit braucht Stabilität, die Sicherheit, sich darauf verlassen zu können, dass das eigene Geld stabil bleibt. Das ist es, was die Gesellschaft braucht. Das ist es, was auch wir wollen. Und das ermöglichen wir auch. Freiheit und Sicherheit: Dafür stehen die EU, die SPD und auch diese Koalition, jetzt und auch in Zukunft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) - Jens Behrens (SPD): Sehr richtig!)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Abgeordnete Herr Moritz Heuberger das Wort. Bitte sehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Moritz Heuberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebes Publikum! Stellen Sie sich mal vor, Sie sind Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Sie tun Ihre Pflicht, machen Ihren Job. Und plötzlich - über Nacht - sind Ihre Konten gesperrt, Ihre Kreditkarte ist nur noch wertloses Plastik, und Sie sind vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen. Genau das ist vor wenigen Monaten passiert, als die US-Regierung Sanktionen gegen Mitarbeiter des Strafgerichtshofs verhängt hat und US-Finanzdienstleister diese direkt umgesetzt haben. Dieser Fall führt uns brutal vor Augen, wie abhängig wir von ausländischen Dienstleistern sind, wie wenig frei und wie erpressbar wir sind, wenn wir uns beim Bezahlen in die Hände von ausländischen Dienstleistern begeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Jörn König (AfD): Das fällt Ihnen nach 30 Jahren auf!)

Damit nun zum vorliegenden Antrag. Sie schreiben: “Bargeld ist gedruckte Freiheit„. Das ist ein schöner Slogan. Aber das, was Sie hier aufführen, ist ein Theaterstück. Sie inszenieren sich als Retterin eines Patienten, der überhaupt nicht krank ist. 

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der digitale Euro ersetzt das Bargeld nicht; er ergänzt es. Lassen Sie uns bei den Fakten bleiben, statt Ängste zu schüren. Schauen Sie mal in den Legislativvorschlag über die Rolle von Eurobargeld der EU-Kommission von 2023, den Sie hier geflissentlich ignorieren. Hier werden Zugang und Annahme von Bargeld garantiert. Sie fordern also lautstark etwas, was längst auf dem Weg ist. Warum? Weil Sie kein Interesse an Lösungen haben, sondern weil Sie Chaos und Unsicherheit stiften wollen, um daraus politisches Kapital zu schlagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Während Sie eine Phantomdiskussion über das Bargeld führen, übersehen Sie die echten Bedrohungen unserer Freiheit im 21. Jahrhundert. Denn - und das ist die bittere Wahrheit - mit “gedruckter Freiheit„ können Sie online gar nichts bezahlen. Versuchen Sie mal, mit einem 50-Euro-Schein Ihre Serverinfrastruktur zu bezahlen, Softwarelizenzen zu erwerben oder ein Bahnticket in der App zu kaufen. Das geht nicht.

(Jörn König (AfD): Das ist ja ein Skandal!)

Genau hier liegt die Lücke, die Sie nicht sehen wollen. Im digitalen Raum haben wir diese Souveränität von Bargeld nicht. Wir hängen am Tropf von Visa, Mastercard, von Google Pay und PayPal. Wir machen uns abhängig von Entscheidungen im Weißen Haus und in den “Silicon Valley Boardrooms„. Sieht so Ihr Einsatz für die deutschen Bürgerinnen und Bürger aus?

(Claudia Roth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau so sieht er aus!)

Wollen Sie unseren Zahlungsverkehr wirklich zum Spielball globaler Machtinteressen machen?

(Jörn König (AfD): Das habt ihr jetzt 30 Jahre lang versäumt! Und jetzt werfen Sie uns das vor!)

China hat längst den digitalen Yuan eingeführt. Wir in Europa sollten nicht einfach zusehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der digitale Euro kann einen Beitrag leisten, nicht um Bargeld zu ersetzen - das bleibt -, sondern um endlich eine europäische Alternative im Netz zu haben. Über die Ausgestaltung des digitalen Euros werden wir noch zu reden haben. 

(Jörn König (AfD): Da werden wir ja noch viel Zeit haben zum Reden!)

Wir machen den digitalen Euro nämlich nur dann zum Erfolg, wenn die Nutzung der Offlinefunktion mit “Privacy by Design„ datensparsamer ist als jede Kreditkarte. Wir machen den digitalen Euro nur dann zum Erfolg, wenn dadurch Transaktionskosten eingespart werden und die Benutzung für Händler kostengünstig und für Bürgerinnen und Bürger kostenlos, einfach und für alle zugänglich ist. Wir machen den digitalen Euro nur dann zum Erfolg, wenn er Mechanismen enthält, um Betrug und Scams vorzubeugen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bargeld ist wichtig, aber es hilft Ihnen im Onlinehandel nicht, und es schützt unsere Wirtschaft nicht vor digitalen Sanktionen. Wer die Freiheit liebt, 

(Andreas Mayer (AfD): …, muss AfD wählen!)

muss heute für unabhängige digitale Zahlungswege kämpfen. Wer nur das Bargeld glorifiziert, gibt uns in die Hände von US-Techkonzernen. Wir lassen uns das Bargeld nicht nehmen. Aber wir lassen uns von Ihnen auch nicht die digitale Souveränität verbauen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Rasha Nasr (SPD))

Präsidentin Julia Klöckner: 

Für die Fraktion Die Linke hat Frau Abgeordnete Isabelle Vandre das Wort. Bitte.

(Beifall bei der Linken)

Isabelle Vandre (Die Linke): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordnete! Die AfD postuliert heute mit mehreren Anträgen, dass sowohl Bargeld als auch Bitcoins uneingeschränkte Freiheit bedeuten. Was aber haben diese beiden Zahlungsmethoden gemeinsam? Sie sind, wenn man sie nicht reglementiert, besonders anfällig für Geldwäsche und Finanzkriminelle. Bei Bargeld wissen wir das schon lange - siehe die Debatte über die Geldwäsche im Immobilienbereich. Und ja, auch Bitcoin wird zunehmend von Cyberkriminellen, Drogenbaronen und Staatshackern genutzt. 

Erst diese Woche beispielsweise hat die Cyber-Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main zur Abschaltung von cryptomixer.io beigetragen. Diese hatten 1,5 Milliarden US-Dollar aus Erpressungssoftware im Darknet gewaschen. Wer das stupide als Freiheit bezeichnet, statt dieser Kriminalität den Riegel vorzuschieben, leistet ihr Vorschub. 

(Beifall bei der Linken - Jörn König (AfD): Das war jetzt eine Unterstellung!)

Deswegen sagen wir: Es darf keine rechtsfreien Räume für Krypto und Bitcoin geben. Geld und Währungen müssen Teil staatlicher Souveränität bleiben. Eine schleichende Privatisierung lehnen wir ab. 

(Beifall bei der Linken)

Auch neue Finanzdienstleister und Plattformen müssen denselben Regeln und Gesetzen unterworfen werden wie auch konventionelle Finanzdienstleister, zu denen Banken und Versicherungen zählen. Daher ist es nur folgerichtig und vollkommen legitim, dass die EU und Deutschland nun genauer hinschauen: aus Gründen der Bekämpfung der Finanzkriminalität und des Terrorismus, aber auch aus Gründen des Verbraucher/-innenschutzes. Um nur mal eine Zahl zu nennen: Das FBI schätzt, dass alleine im Jahr 2024 Anlegerinnen und Anleger in den USA um 9,3 Milliarden US-Dollar betrogen wurden. Darum geht es hier doch, wenn wir über Verbraucher/-innenschutz reden. 

(Beifall bei der Linken)

Und natürlich spielen auch Gerechtigkeitsgründe eine Rolle. Ich will es mal verdeutlichen: Die reichsten 20 Prozent unserer Gesellschaft haben im Schnitt 230 000 Euro in digitalen Vermögenswerten. Die unteren 20 Prozent verfügen im Schnitt lediglich über 244 Euro. Das zeigt doch, worüber wir hier sprechen sollten, wenn es um Reglementierungen geht. Zum anderen kann ich Ihnen auch nicht ersparen, dass von den 47,3 Milliarden Euro Gewinn aus Krypto im Jahr 2024 zwei Drittel vollkommen steuerfrei waren und dass auf das verbleibende Drittel von 97 Prozent der Anlegerinnen und Anleger gar keine Steuern bezahlt wurden. Das sind die Ungerechtigkeiten, die wir endlich angehen müssen. 

(Beifall bei der Linken)

Deswegen sage ich hier noch einmal: Der deutsche Sonderweg innerhalb der Europäischen Union muss endlich beendet werden. Auch Österreich hat inzwischen die Haltefristen für Kryptowährungen abgeschafft. Das muss auch in Deutschland endlich passieren. 

(Beifall bei der Linken)

Sehr geehrter Herr Klingbeil, setzen Sie sich doch wenigstens einmal gegen Ihren Koalitionspartner durch, 

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD - Jörn König (AfD): Die SPD setzt sich nur durch!)

und bringen Sie ein Gesetz ein, mit dem die Haltefrist abgeschafft wird. Das würde im Übrigen auch Ihrem nächsten Haushalt guttun. 

Vielen Dank. 

(Beifall bei der Linken)

Präsidentin Julia Klöckner:

Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat nun der Abgeordnete Herr Georg Günther das Wort. Bitte. 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Georg Günther (CDU/CSU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns liegen heute drei Anträge der AfD vor, einer davon zur sogenannten Freiheit von Bitcoins. Doch wie ist dieser Bitcoin aktuell einzuschätzen? Anfang Oktober stand dieser noch bei einem Rekordhoch von 126 000 US-Dollar. Wenige Wochen später rutschte er unter die Marke von 100 000 US-Dollar, inzwischen notiert er bei um die 90 000 US-Dollar. 

(Jörn König (AfD): Schade für Sie, ne?)

Ein Markt, der binnen Tagen 30 000 Dollar verliert, braucht keine Freiheitsrhetorik, sondern Gespür und Realitätssinn. 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Klar ist: Der Handel mit Kryptowährungen ist längst keine Randerscheinung mehr. Diesen Markt kann man kritisch begleiten, aber man darf ihn nicht verteufeln, meine sehr geehrten Damen und Herren. Trotzdem braucht es eine Klarstellung: Es existieren Anfälligkeiten, einige sprechen aktuell von einem möglichen Crash, auch beim Bitcoin. Risiken bestehen, ja: Hacker können stehlen, es gibt kaum Schutz, keine Einlagensicherung, keinen Sicherheitsmechanismus. Diese Realität sollte man verstehen, bevor man politische Forderungen daraus bastelt. 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Daniel Walter (SPD))

Meine Damen und Herren, worüber reden wir also heute hier? Der Antrag der AfD tut so, als wären wir in Deutschland und Europa beim Thema Bitcoin eingeschränkt. Diese Erzählung stimmt schlicht nicht. Wir sollen angeblich Fesseln lösen und alles liberalisieren, dabei existiert längst ein breiter Markt, eine riesige Community und eine Vielzahl anderer Kryptowährungen, auch in Deutschland. 

Kommen wir zu den steuerlichen Aspekten. Sie schreiben, die “steuerliche Behandlung von Bitcoin (insb. § 23 EStG) ist zwar […] positiv zu bewerten„ - das ist ja erfreulich - “aber […] unsicher und investitionsfeindlich„. Und hier widerspreche ich Ihnen. Die geltende Regelung, Gewinne nach Ablauf der einjährigen Frist steuerfrei zu halten, folgt einer klaren Systematik. Sie gilt genauso bei Gold oder Fremdwährungen. Eine Sonderbehandlung nur für Kryptowährungen würde dieses System ohne erkennbaren Grund durchbrechen. In Ihrer Antragsbegründung schreiben Sie von einer willkürlichen Auslegung der Finanzämter bei der steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen und berufen sich dabei auf drei Jahre alte Quellen und Finanzgerichtsurteile, die bereits abschließend vor dem Bundesfinanzhof entschieden sind. Das ist nicht aktuell, das ist antiquarisch! 

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und hätten Sie genau nachgelesen, wäre Ihnen aufgefallen, dass wir bereits seit dem 6. März 2025 ein Schreiben des BMF zu diesem Thema vorliegen haben. Es gibt folglich keine Willkür staatlicher Entscheidungen. Es liegen hier klare Abgrenzungen zwischen privaten Veräußerungsgeschäften und gewerblichen Einkünften vor. Das möchte ich hier ausdrücklich unterstreichen. 

Sie sprechen außerdem die Markets-in-Crypto-Assets-Regulierung an. MiCA sorgt für klare Standards, für Transparenz, für Marktintegrität und für den Schutz der Anleger. Warum Sie diese Regeln als übertrieben darstellen, erschließt sich mir einfach nicht. 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

In den USA übernehmen drei Behörden allein die Regulierung des Bitcoins mit Fokus auf Verbraucherschutz und Steuertransparenz. Selbst also im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gibt es Regeln. Liebe AfD, es ist schon bemerkenswert, wenn selbst die USA für Sie plötzlich zu regulierungsfreundlich wirken. 

Gleichzeitig fordern Sie, die Bundesrepublik sollte Bitcoin-Staatsreserven anlegen. Ich sage Ihnen: Reserve ist dabei nicht gleich Reserve. Es gibt die strategische Notfallreserve, die Devisenreserve, die strategische Vermögensreserve und die Reserve über einen Staatsfonds. Bei der Notfallreserve oder Devisenreserve scheidet der Bitcoin aus. Denn was machen Sie bei einem Stromausfall? Und als Zahlungsmittel konnte sich der Bitcoin ebenfalls noch nicht durchsetzen. Diese Antworten müsste Ihr Antrag geben, tut er aber nicht. 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU - Jörn König (AfD): Machen Sie doch einfach eine Restreserve!)

Es verbleiben die strategische Vermögensreserve und der Staatsfonds. Eine staatliche Reserve muss aber ein stabiles Wertaufbewahrungsmittel sein. 

(Jörn König (AfD): Das ist der Euro nicht!)

Sie nennen El Salvador als Musterbeispiel. Was Sie nicht wussten: Das Land musste Anfang dieses Jahres zurückrudern; denn das Risiko für die Finanzstabilität des Landes wurde einfach viel zu groß. 

(Jens Behrens (SPD): Sehr richtig!)

Das ist kein Vorbild, das ist vielmehr eine Warnung. 

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Persönlich teile ich durchaus die Ansicht, mal mutig zu sein und durch die Bundesrepublik beschlagnahmte Bitcoins langfristig zu halten. 

Außerdem sprechen Sie in dem Antrag den digitalen Euro an und kritisieren diesen als zentral gesteuertes Kontrollsystem. Ich möchte klarstellen: Der digitale Euro ist kein Teufelswerk. Er ist ein zusätzliches Angebot. 

Zum Schluss. Warum reden wir nicht über ein breiteres, technologieneutraleres Angebot im Bereich der Kryptowährungen? Ich sehe in Ihrem Antrag Angebote, den Bitcoin zu integrieren; aber dies muss unter den bisherigen rechtlichen Rahmenbedingungen erfolgen. Ich bin offen für eine sichere und transparente Anwendung beim Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Ihr Antrag bewirkt das nicht. 

Vielen Dank. 

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vizepräsident Omid Nouripour:

Vielen Dank. - Der nächste Redner in der Debatte ist Rainer Groß für die AfD-Fraktion. 

(Beifall bei der AfD)

Rainer Groß (AfD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Bürger! Sie haben es selbst erlebt, dass es am Dienstag in unserer Kantine hieß: heute nur Barzahlung. - Der gute alte Geldbeutel, es geht wohl doch nicht ohne. 

Ein digitaler Euro nach dem aktuellen Zeitplan der EZB? Nicht vor 2029. Das liegt vor allem daran, dass es zwischen der EZB und den Mitgliedstaaten nach wie vor ungelöste Fragen gibt - sowohl auf technischer Ebene als auch insbesondere hinsichtlich der Frage, inwiefern digitale Währungen resilient und verfügbar sein können. Und nicht zuletzt geht es auch um den Schutz der persönlichen Daten. Angesichts dieser Probleme backen EZB und EU nun kleinere Brötchen und befürworten mit Wero einfach nur eine EU-Alternative zu den dollarbasierten Bezahlsystemen. Das Ganze fliegt aber nicht, weil die Kreditwirtschaft den Ast des Zahlungsverkehrs, auf dem sie sitzt, nicht so einfach absägen will und kann. 

Nach Zahlen des Europäischen Rechnungshofes beläuft sich der Wert digitaler Zahlungen, die es ja bereits gibt, allein im Einzelhandel auf über 1 Billion Euro im Jahr. Das funktioniert also alles schon. 

(Jens Behrens (SPD): Sie haben es nicht verstanden! Sie haben nicht verstanden, was das Problem ist!)

Wozu brauchen wir dann einen digitalen Euro? Aus Machtgründen der EU? Man könnte es vermuten, wenn völlig sachfremd davon die Rede ist, dass der digitale Euro der EU-Souveränität diene. Meine Damen und Herren, gerade das brauchen wir nicht. 

(Beifall bei der AfD - Jens Behrens (SPD): Gucken Sie sich doch mal an, wie Zahlungsdienste funktionieren!)

Wir wären schlecht beraten, wenn wir unsere bewährten Zahlungsverkehrsstrukturen - und vor allem das Bargeld - auf dem Altar von Machtfantasien opfern würden. 

Ich erinnere Sie an die Finanzkrise 2007: Die Bundesregierung befürchtete einen Bankenrun und verhängte eine Nachrichtensperre über Bargeldressourcen. Was lernen wir daraus? Das Vertrauen in Bargeld wirkt auf Finanzinstitute disziplinierend, da die Kunden ihre Einlagen immer abziehen können. Wie sieht denn eine Vertrauenskrise bei einer digitalen Währung aus? 

(Anja Karliczek (CDU/CSU): Genau so!)

Flüchten die Bürger dann digital? Schaltet der Staat dann die Wallets ab, 

(Zuruf des Abg. Max Lucks (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

oder werden wir per Knopfdruck elegant enteignet? Was geschieht bei einem flächendeckenden Stromausfall - wir haben es heute schon gehört -, wie jüngst in Berlin durch Linksextreme verursacht? 

(Zurufe von der SPD)

Das wäre eine währungspolitische Katastrophe. 

(Beifall bei der AfD)

Bargeld, meine sehr verehrten Damen und Herren, funktioniert auch im Kerzenlicht. Bargeld ist gedruckte Freiheit. Ein digitaler Euro hingegen lädt zu vielfältigen staatlichen, supranationalen Manipulationen ein. Vor allem das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung steht dem entgegen. Bargeld ist unstreitig gesetzliches Zahlungsmittel, und wenn wir eine Akzeptanzpflicht dafür vorsehen, sind wir auf der sicheren Seite. Der digitale Euro hingegen ist eine Kopfgeburt und überflüssig. 

Vielen Dank. 

(Beifall bei der AfD - Jens Behrens (SPD): Keine Ahnung!)

Vizepräsident Omid Nouripour:

Vielen Dank. - Der nächste Redner ist Dr. Philipp Rottwilm für die SPD-Fraktion. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Philipp Rottwilm (SPD): 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute drei Anträge der AfD. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um einige grundsätzliche Dinge zu Währung, Geldordnung und digitaler Infrastruktur klarzustellen. Denn für den Wohlstand unseres Landes ist nichts gefährlicher als eine politische Kraft, die Halbwahrheiten verbreitet und das Vertrauen in unsere Institutionen untergräbt. 

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU - Jens Behrens (SPD): Genau so ist es! Genau so!)

Geld, meine Damen und Herren, ist nicht einfach schimmerndes Metall. Es ist auch nicht lediglich, wie man früher glaubte, ein praktisches Tauschmittel. Nein, Geld ist vor allem eine politische Institution. Erst die staatliche Ordnung verleiht ihm seinen Wert. Deshalb finde ich es auch so ironisch, wenn die AfD in schöner Regelmäßigkeit behauptet, wir würden die Stabilität des Geldes gefährden. Denn in Wahrheit sind Sie es, die den Wert unseres Geldes untergraben, wenn Sie wieder und wieder falsche Behauptungen über unser Währungssystem verbreiten. 

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Jörn König (AfD): Das macht die EZB schon ganz alleine!)

Im ersten Antrag behaupten Sie, digitale Zahlungsmethoden und Kryptowährungen hätten den Euro in einen Systemwettbewerb gezwungen, und deshalb solle nun der digitale Euro eingeführt werden. Das Gegenteil ist der Fall: Digitale Zahlungssysteme sind keine Alternativen zum Euro. Sie basieren auf dem Euro - und auf unserem Zentralbankgeld, unserem Giralgeld und unserem Währungsrecht. Das geht für Sie wahrscheinlich ein bisschen weit. 

(Jörn König (AfD): Sie haben das aber auch nicht verstanden!)

Das wirkliche Problem liegt woanders. Über 70 Prozent aller digitalen Zahlungen in Europa laufen über drei amerikanische Plattformen - wir haben das eben schon gehört -: Visa, Mastercard, PayPal. Wir sind hier strukturell abhängig von den USA. Weil Europa es bisher leider nicht geschafft hat, ein eigenes breit genutztes System zu entwickeln - wir haben eben von Wero gehört; dieser hat noch einen überschaubaren Marktanteil -, muss der digitale Euro kommen. Diese Währung ist notwendig, um die Abhängigkeit zu verringern.

(Beifall bei der SPD)

Die Industrie fordert ihn übrigens auch. Viele neue Geschäftsmodelle, insbesondere Pay per Use, funktionieren nur mit einem sicheren, direkten und durchgehend digitalen Zahlungsinstrument.

Noch viel absurder aber ist es, dass Sie in Ihrem zweiten Antrag fordern, Bargeld müsse im Einzelhandel verpflichtend angenommen werden. Sie wissen ganz genau - zumindest das würde ich Ihnen jetzt unterstellen -, dass diese Regelung Teil der Einführung des digitalen Euro sein wird. Wir haben immer gesagt - wir haben das schon mehrmals gehört -: Den digitalen Euro gibt es nur, wenn parallel auch das Bargeld verpflichtend angenommen werden muss. Beides geht für uns Hand in Hand.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Niemand will das Bargeld abschaffen, auch wenn Sie es hier täglich behaupten, um Ängste in unserem Land zu schüren.

(Zuruf des Abg. Jörn König (AfD))

Im dritten Antrag wollen Sie Bitcoin fördern und sogar von der Bundesbank als strategische Reserve kaufen lassen. Meine Damen und Herren, da wird es jetzt volkswirtschaftlich grotesk. Egal wie oft Sie das Gegenteil behaupten: Der Bitcoin ist kein Zahlungsmittel, kein Wertaufbewahrungsmittel und auch kein ökonomisches Gut, hinter dem eine reale Wirtschaftsleistung steht. Er ist eine technologische Innovation - das haben wir eben gehört -, aber sein Wert ergibt sich ausschließlich aus dem Dollar-Gegenwert und einem Marktpreis, der innerhalb weniger Wochen prozentual zweistellig schwanken kann. Er ist also - ob wir das jetzt gut finden oder nicht - ein Spekulationsobjekt, und deswegen müssen wir auch darüber reden, dass die Abschaffung der Spekulationsfrist kommt, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Hinzu kommt: Das Bitcoin-Netzwerk verbraucht heute mehr Energie als ganz Argentinien - eine unglaubliche Ressourcenverschwendung.

Die Lampe des Präsidenten leuchtet, daher mein letzter Satz. Sie werden sich jetzt nicht darüber wundern: Wir lehnen alle drei Anträge ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Omid Nouripour:

Vielen Dank. - Als Nächstes spricht Iris Nieland für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

Iris Nieland (AfD): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Sehr geehrte Bürger! Es ist schon bemerkenswert, dass Sie als rechtstreue und mündige Bürger hier und heute von den linken Parteien, wenn Sie mit Bargeld zahlen, unter den Generalverdacht der Geldwäsche gestellt werden. Und daher unser Antrag.

(Beifall bei der AfD - Jens Behrens (SPD): Das ist doch gar nicht wahr! Das hat niemand behauptet!)

Unser Antrag fordert die verpflichtende Annahme von Eurobargeld im stationären Einzelhandel, in der Gastronomie und bei Dienstleistungen, immer wenn persönlicher Kundenkontakt da ist. Damit wird verhindert, dass Ladengeschäfte eigenmächtig entscheiden, Bargeld nicht mehr zu akzeptieren. Ausgenommen haben wir selbstverständlich Bereiche ohne persönlichen Kontakt wie Onlinehandel, Automaten oder rein digitale Dienstleistungen.

Meine Damen und Herren, Bargeld funktioniert immer, Bargeld ist anonym und bedingungslos. Warum dieser Antrag so wichtig und so richtig ist, will ich Ihnen sagen. Wir schützen die Wahlfreiheit. Jeder Bürger muss frei entscheiden können, ob er bar oder digital zahlen möchte. Wir verhindern damit soziale Spaltung. Wenn Bargeld abgelehnt wird, verlieren insbesondere ältere Menschen oder sozial Schwächere oder Bürger ohne Smartphone oder Bürger, die es einfach nicht wollen, Zugang zu ganz normalen Alltagsleistungen. Die Pflicht zur Annahme von Bargeld verhindert solche Benachteiligungen.

(Beifall bei der AfD)

Wir stärken ein stabiles Zahlungssystem. Bargeld ist unabhängig von Energieversorgung, Netzabdeckung oder privaten Zahlungsdienstleistern. Wir erzielen Verbraucherschutz durch klare Regeln: Wahrung nationaler Souveränität, geringe Belastung, großer Nutzen. Ja, wir sind uns bewusst, dass wir damit gewohnte Abläufe im Geschäftsalltag berühren. Gleiches galt aber auch schon für die Pflicht zur Preisauszeichnung oder zur Einhaltung von Gewährleistungsregeln. Und solche Vorlagen werden längst als übliche und verhältnismäßige Rahmenbedingungen angesehen.

Meine Damen und Herren, dies gilt in unseren Augen auch für die Pflicht zur Annahme von Bargeld. Sie ist nicht nur verhältnismäßig, sie ist notwendig, damit der einzige Zahlungsweg, der wirklich selbstbestimmt ist, seine wichtige Bedeutung behält. Bargeld hinterlässt keine Datenspur, braucht keine Energieversorgung und erfordert keine Konzerne als Vermittler. Kurz gesagt: Der Antrag schützt Freiheit und Selbstbestimmung, verhindert soziale Ausgrenzung und sichert die Bedeutung des Bargelds als stabile, verlässliche und unabhängige Grundlage unseres Zahlungssystems. Deshalb werben wir als AfD-Fraktion für den Erhalt und die Nutzung des Bargelds; denn Freiheit beginnt im Portemonnaie. Freiheit beginnt mit der AfD.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vizepräsident Omid Nouripour:

Vielen Dank. - Die letzte Rede in dieser Aussprache hält Heiko Hain für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Heiko Hain (CDU/CSU): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit gleich drei Anträgen versucht die AfD erneut, die Bürgerinnen und Bürger zu verunsichern. Interessant ist dabei, dass ich im November zu einem Antrag der AfD gesprochen habe, in dem es Ihnen darum ging, unbedingt ein Bankkonto haben zu wollen,

(Enrico Komning (AfD): Daran kann sich keiner erinnern!)

also pro digitaler Zahlungsverkehr. Und heute wollen Sie die Rettung des Bargelds, weil angeblich alles zu digital ist. Also was denn jetzt?

(Jörn König (AfD): Wir wollen Wahlfreiheit!)

Jetzt aber zu Ihren Anträgen. Mit dem Titel “Bargeld ist gedruckte Freiheit - Vorhaben der Europäischen Zentralbank für digitales Zentralbankgeld stoppen„ stellen Sie erneut die These auf, in Deutschland stünde die Abschaffung des Bargelds zur Diskussion. Ich kenne keinen Vertreter der Bundesbank und ich kenne auch keinen ernsthaften Abgeordneten, der über die Abschaffung des Bargelds auch nur diskutiert. Das Thema kommt seltsamerweise immer nur aus Ihrer wirren Blase, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD - Jörn König (AfD): Das stimmt nicht!)

Werfen wir einen Blick in unseren Koalitionsvertrag. Zum Nachlesen: Seite 49, Zeile 1 578: “Das Bargeld als gängige Zahlungsform erhalten wir.„ Punkt!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und auch in der EU-Verordnung zum digitalen Euro wird zukünftig die Akzeptanz des Bargelds allgemein festgeschrieben, also sogar eine Stärkung des Bargelds. Auch in den Berichten der EZB zum Stand des digitalen Euro steht immer: als Ergänzung zum Bargeld. Klar ist also: Die Bevölkerung braucht sich keine Sorgen zu machen. Ich sage den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land ganz deutlich: Das Bargeld wird in Deutschland bleiben. Da können Sie Anträge stellen, so viel Sie wollen, da können Sie hier Tiktok-Videos drehen, so viel Sie wollen, da können Sie den Menschen Angst machen, so viel Sie wollen, aber das ist nun einmal Ihr Geschäftsmodell.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch auf einen Aspekt des digitalen Euro konkret eingehen. Wir sind bei digitalen Zahlungsdienstleistungen von US-Unternehmen regelrecht abhängig. Wir haben das in der Diskussion schon gehört. Daher ist es doch im Sinne der Souveränität und der Lösung von Abhängigkeiten nur folgerichtig, dass wir mit dem digitalen Euro etwas Eigenes auf die Beine stellen - wichtig: immer als Ergänzung zum Bargeld.

Wieso sollen Deutsche bei der Bezahlung für Gewinne ausländischer Zahlungsdienstleistungsunternehmen aufkommen? Diese Argumentation müsste doch auch für Sie von der AfD schlüssig sein.

Der andere Antrag von Ihnen startet mit dem knackigen Titel “Verpflichtende Annahme von Bargeld„. Was dann kommt, ist aber viel Widerspruch in sich. Sie schreiben selbst, Bargeld in Euro ist das gesetzliche Zahlungsmittel im EurrRaum. Und genau das ist es auch. Dank Bargeld können wir also frei entscheiden, wie wir bezahlen wollen. Bargeld ist wichtig für die finanzielle Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft. Wir und speziell Sie müssen aber auch die Realitäten anerkennen. Bargeld bleibt auf Platz eins, aber Kartenzahlung und mobiles Bezahlen gewinnen seit Jahren hinzu. Im Jahr 2024 bezahlten die Menschen nur noch 52 Prozent aller Transaktionen mit Bargeld, im Jahr 2008 waren es noch 83 Prozent. Wir sehen also einen Trend, und dieser Trend wird sich fortsetzen.

Herr Kollege Groß, Sie haben ja gesagt, dass diese Woche die Kartenzahlung in der Kantine ausgefallen ist. Was war in der Kantine dann noch los? Fast nichts; denn viele junge Menschen wollen ausschließlich bargeldlos bezahlen. Das ist einfach der Trend, und dem müssen auch Sie sich stellen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir setzen weiterhin auf die Wahlfreiheit. Wir wollen und sollten bei Neuerungen am Finanzmarkt lieber von Anfang an dabei sein. Wir wollen sie begleiten, wir wollen sie mitgestalten. Und wir wollen vor allen Dingen, dass sie europäisch beaufsichtigt werden und wir in keine Abhängigkeiten kommen, sondern bestehende Abhängigkeiten sogar minimieren.

Wir werden das weiter diskutieren und voranbringen. Wir lehnen Ihre Anträge ab.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Omid Nouripour: 

Das war der letzte Beitrag in dieser Aussprache. Ich schließe diese damit. 

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 21/3038, 21/2301 und 21/3039 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. - Weitere Überweisungsvorschläge sehe ich nicht. Dann verfahren wir so. 

Wir kommen zurück zum Tagesordnungspunkt 27a. Mir liegt nun das Protokoll vor des von den Schriftführerinnen und Schriftführern dankenswerterweise ermittelten Ergebnisses der namentlichen Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Wehrdienstes (Wehrdienst-Modernisierungsgesetz - WDModG) -, Drucksachen 21/1853, 21/2581 und 21/3076

Abgegebene Stimmkarten 596. Mit Ja haben gestimmt 323, mit Nein haben gestimmt 272, Enthaltungen 1. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen. 

Damit kommen wir zu zwei weiteren Abstimmungen zum Tagesordnungspunkt 27a.

Der Verteidigungsausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 21/3076, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? - Das ist die Unionsfraktion, und das ist die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die AfD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke. Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Dann ist die Beschlussempfehlung mit den beschriebenen Mehrheitsverhältnissen angenommen. 

Schließlich stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 21/3081 ab. Wer stimmt dafür? - Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? - CDU/CSU, AfD, SPD und Die Linke. Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt. 

 

 

 

Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 
48. Sitzung – wird am

Montag, den 8. Dezember 2025

auf der Website des Bundestages unter “Dokumente„, “Protokolle„, “Endgültige Plenarprotokolle„ veröffentlicht.