Ohne Aussprache hat der Bundestag am Donnerstag, 26. Januar 2017, über eine Reihe von Vorlagen abgestimmt, darunter über die Sammelübersichten 400 bis 404 zu Petitionen, die der Petitionsausschuss abschließend beraten hat (18/10885, 18/10886, 18/10887, 18/10888, 18/10889).
Schriftformerfordernisse im Verwaltungsrecht gestrichen
Auf Empfehlung des Innenausschusses (18/11007) wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes (18/10183) gegen das Votum der Linken verabschiedet. Laut Gesetzentwurf sollen im Verwaltungsrecht des Bundes mehr als 450 Schriftformerfordernisse entfallen. Wie die Regierung ausführt, weist das Verwaltungsrecht des Bundes gegenwärtig mehr als 3.000 Rechtsvorschriften auf, in denen die Schriftform angeordnet wird. Schriftformerfordernisse erschwerten die elektronische Kommunikation mit der Verwaltung und den weiteren Ausbau elektronischer Verwaltungsdienstleistungen.
Durch die Neuregelung wird die Anordnung der Schriftform in 47 Rechtsvorschriften des Bundes ersatzlos gestrichen. Der jeweilige Verfahrensschritt kann dann - abhängig von den jeweiligen technischen Kommunikationsmöglichkeiten - mündlich, fernmündlich, schriftlich oder elektronisch erfolgen. Bei 417 weiteren Rechtsvorschriften ist künftig anstelle der vormals ausschließlich schriftlichen auch eine elektronische Verfahrensabwicklung möglich.
Damit können künftig beispielsweise die Zulassung zur Handwerksmeisterprüfung elektronisch beantragt oder Einwendungen gegen Immissionsschutzanlagen elektronisch vorgebracht werden. Für Bürger und Unternehmen wird so die Möglichkeit erweitert, auf elektronischem Weg mit der Verwaltung zu kommunizieren. Auch innerhalb der Verwaltung werden Hindernisse bei der elektronischen Kommunikation abgebaut.
Energiestatistikgesetz novelliert
Bei Enthaltung der Linken angenommen wurde der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Energiestatistikgesetzes (18/10350), der das bisherige Energiestatistikgesetz aus dem Jahr 2003 ablöst, das dem Datenbedarf für eine moderne Energiepolitik nicht mehr gerecht wird. Nach Angaben der Bundesregierung berücksichtigt das geltende Gesetz in starkem Maße die Notwendigkeit, Auskunftspflichtige, insbesondere auf Seiten der gewerblichen Wirtschaft, von Meldepflichten zu entlasten und zum Bürokratieabbau beizutragen.
Angesichts der eingetretenen politischen wie wirtschaftlichen neuen Herausforderungen müsse jedoch eine Balance zwischen den Belastungen für die Wirtschaft und der notwendigen Verbesserung der Informationsqualität für Politik und Gesellschaft hergestellt werden, heißt es im Entwurf.
Nach den neuen Vorschriften sollen in Zukunft monatlich alle Betreiber von Stromerzeugungsanlagen ab einem Megawatt Nennleistung erfasst werden. Bislang wären höchstens 1.000 Anlagenbetreiber zu erfassen gewesen. Die Zahl der erfassten Betreiber werde jetzt von 917 auf rund 1.500 ansteigen, erwartet die Regierung. Dem Beschluss lag eine Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (18/10999) zugrunde.
Zusammenarbeit mit Kanada
Die Europäische Union und Kanada sollen ihre Zusammenarbeit und die Koordinierung ihrer Wettbewerbsbehörden verbessern. Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (18/10808) will die Regierung die innerstaatlichen Voraussetzungen schaffen, um im Rat den entsprechenden Abkommen zustimmen zu können.
Der Bundesrat hatte im Dezember beschlossen, keine Einwendungen gegen das Gesetz zu erheben. Auf Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (18/11002) stimmte der Bundestag diesem Gesetzentwurf einstimmig zu..
Mantelverordnung zum Immissionsschutz
Bei Enthaltung der Grünen nahm der Bundestag auch die „Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2014/99/EU und zur Änderung und Anpassung weiterer immissionsschutzrechtlicher Verordnungen“ an. Mit der Mantelverordnung (18/10756, 18/10924 Nr. 2.1) will die Bundesregierung mehrere Verordnungen auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an verschiedene europarechtliche Regelungen anpassen. Betroffen sind die 2., 20., 21., 25. und 31. Bundes-Immissionsschutzverordnung.
Der Bundestag hatte der ursprünglichen Verordnung (18/8879) bereits im September vergangenen Jahres zugestimmt. Der Bundesrat beschloss im November den Verordnungsentwurf allerdings mit Änderungen, die von der Bundesregierung übernommen wurden. Eine erneute Zustimmung des Bundestages ist daher erforderlich. Dem Beschluss lag eine Empfehlung des Umweltausschusses (18/10998) zugrunde.
Chemikalien-Klimaschutzverordnung geändert
Bei Enthaltung der Linken änderte der Bundestag die Chemikalien-Klimaschutzverordnung (18/10837, 189/10924 Nr. 2.3), um sie an neue europarechtliche Vorgaben anzupassen. Die Änderungen ergeben sich laut Bundesregierung vor allem aus der Ablösung der EG-F-Gas-Verordnung Nr. 842/2006 durch die EU-Verordnung Nr. 517/2014 sowie novellierter Durchführungsregelungen. Bereits im September 2016 hatte der Bundestag einem Entwurf der Bundesregierung (18/8959) zugestimmt.
Der Bundesrat stimmte der Verordnung im November mit Änderungen zu, die von der Bundesregierung übernommen wurden und einen erneuten Beschluss des Bundestages erfordern. Dem Beschluss lag eine Empfehlung des Umweltausschusses (18/10997) zugrunde.
Abstimmung über Petitionen
Unter den Petitionen, zu denen der Bundestag einen Beschluss fasst, befindet sich auch eine Petition mit der Forderung nach Überprüfung des geltenden Betreuungsrechts. In der Petition wird eine Prüfung verlangt, ob die Vorschriften des deutschen Betreuungsrechts mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen übereinstimmen. Nach Ansicht des Petenten sind die betreuungsrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht identisch mit den Vorschriften der UN-Behindertenkonvention, wodurch behinderte Personen benachteiligt würden. Dieses Unrecht müsse korrigiert werden, heißt es in der Petition.
Die in der Sitzung des Petitionsausschusses am 18. Januar 2017 einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung sieht nun vor, die Petition dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz „als Material“ zu überweisen, „soweit es um die Überprüfung des Betreuungsrechts geht“. Den Verfahrensgrundsätzen des Petitionsausschusses zufolge bedeutet dies, dass die Bundesregierung die Petition „in die Vorbereitung von Gesetzentwürfen, Verordnungen oder anderen Initiativen oder Untersuchungen einbeziehen soll“.
„Kein grundsätzlicher Handlungsbedarf“
In der Begründung zu seiner Beschlussempfehlung macht der Petitionsausschuss darauf aufmerksam, dass sowohl das Betreuungsrecht - geregelt in den Paragrafen 1896 und folgende des BGB - als auch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) geltendes deutsches Recht seien. „Die UN-BRK ist seit dem 26. März 2009 Bestandteil des deutschen Rechts im Range eines einfachen Bundesgesetzes“, heißt es dazu in der Vorlage.
Dies bedeute, dass Behörden und Gerichte das Übereinkommen bei der Anwendung und Auslegung des geltenden Rechts berücksichtigen müssen, sofern die UN-BRK im Einzelfall nicht bereits unmittelbar Anwendung finde. Insoweit erkennt der Petitionsausschuss laut der Beschlussempfehlung „keinen grundsätzlichen Handlungsbedarf“.
Qualität der rechtlichen Betreuung wird untersucht
Zugleich verweisen die Abgeordneten jedoch auf eine vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene „rechtstatsächliche Untersuchung zur Qualität der rechtlichen Betreuung“. Mit diesem Forschungsvorhaben solle insbesondere empirisch überprüft werden, ob die Betreuer den Anforderungen des deutschen Betreuungsrechts und der UN-BRK hinsichtlich des Selbstbestimmungsrechts der betreuten Person gerecht werden, worin etwaige Mängel begründet sind und durch welche Maßnahmen erforderlichenfalls die Qualität der Betreuertätigkeit verbessert werden kann.
Aus Sicht des Petitionsausschusses ist die vorliegende Petition geeignet, in die anstehenden Untersuchungen mit einbezogen zu werden.
Sprengstoffgesetz geändert
Einstimmit nahm der Bundestag den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf zur Änderung des Sprengstoffgesetzes (18/10455, 18/10924 Nr. 1.18) an. Zur Abstimmung lagen eine Stellungnahme des Bundesrates (18/10821) sowie die Beschlussempfehlung des Innenausschusses (18/11005) vor.
Mit dem Gesetzentwurf werden aufgrund der Ablösung zweier EU-Richtlinien die Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes „zur Konformitätsbewertung und Marktüberwachung harmonisierter Produkte im Binnenmarkt“ neu gefasst werden. Dabei ist vorgesehen, zum Schutz der Verbraucher die Pflichten der Hersteller, deren Bevollmächtigten, Importeuren und Händlern den einzelnen Wirtschaftsakteuren zuzuordnen. Jeder Wirtschaftsakteur könne „damit jetzt detailliert an einer Stelle erkennen, welche Pflichten er im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen am Gemeinschaftsmarkt zu erfüllen hat“, schreibt die Bundesregierung.
Mit der Neuregelung werden auch eine Vielzahl von Regelungen zu „Freistellungen von gesetzlichen Anforderungen oder zusätzlichen Bestimmungen zum Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen“ von einer Verordnung in das Sprengstoffgesetz verlagert werden. Damit werde der erste Schritt einer Neuordnung des „im Laufe der Zeit immer stärker europarechtlich beeinflussten Sprengstoffrechts vollzogen“. (sas/hau/26.01.2017)