Die Bundeswehr bildet weiterhin die irakische Armee sowie Sicherheitskräfte in der Region Kurdistan-Irak im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) aus und wird dafür bis zu 150 Soldaten entsenden. In namentlicher Abstimmung votierten am Donnerstag, 26. Januar 2017, 444 Abgeordnete für einen entsprechenden Antrag der Bundesregierung (18/10820). 67 Abgeordnete stimmten dagegen, es gab 46 Enthaltungen.
Minister: Außenpolitik aus einem Guß
Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) bezeichnete in seiner letzten Rede als Außenminister das Engagement als beispielhaft für die gewachsene außenpolitische Verantwortung Deutschlands: Diese sei eben nicht auf militärische Optionen zu verengen, sondern bestehe aus humanitärer Hilfe, politischer Beratung, Aufbau und Wiederherstellung von Krankenhäusern, Schulen, Strom- und Wasserleitung und der Hilfe bei der Rückkehr von Vertriebenen in den vom IS befreiten Gebieten. „Das ist Außenpolitik aus einem Guss, so stelle ich mir das vor.“
Steinmeier blickte zurück auf seine Amtszeit, in der sich die Krisen und Konflikte von der Ukraine bis zum Aufmarsch des IS verdichtet hätten, „die Welt aus den Fugen“ geraten sei. Die Jahre 2016 und 2017 seien nochmals etwas anderes, weil die größten politische Erschütterungen aus dem Inneren der westlichen Gesellschaft gekommen seien – mit dem „Paukenschlag“ des „Brexit“ und der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten.
In diesen Zeiten müsse man aufpassen, dass nicht auch der Parlamentarismus „weggeschwemmt“ werde, sagte Steinmeier und kündigte an, die parlamentarische Demokratie auch aus „möglichen neuen Ämtern“ heraus zu verteidigen. „Nutzen Sie dieses Pult, ich jedenfalls werde es vermissen.“
Linke: Einsatz unverzüglich beenden
Christine Buchholz (Die Linke) bezeichnete den Einsatz im Nordirak als beispielhaft für eine „falsche Ausrichtung und falsche Interpretation der außenpolitischen Verantwortung“. Im Irak kämpften korrupte kurdischen, sunnitische und schiitische Eliten um Einfluss und Zugang zu Rohstoffreserven. Wenn die Bundesregierung eine Seite unterstütze, vertiefe sie diese ethnischen Spannungen.
Es störe die Bundesregierung offenbar auch nicht, dass Menschenrechtsorganisationen von Folter und Tötung von Zivilisten durch Peschmerga-Milizen berichten würden und sunnitische Männer nach der Befreiung durch die irakischen Streitkräfte um Leib und Leben zu fürchten hätten. Der Einsatz müsse unverzüglich beendet werden: „Das wäre eine verantwortliche Entscheidung“, sagte Buchholz.
CDU/CSU: Wirksamer Beitrag zur Bekämpfung des IS
Jürgen Hardt (CDU/CSU) nannte das Mandat einen „wirksamen Beitrag zur Bekämpfung des IS“. Nach der Ausbildung von mittlerweile rund 12.000 Kämpfern der Peschmerga müsse es nun auch darum gehen, die Streitkräfte des Irak auszubilden und die Regierung in Bagdad auf eine inklusive Politik zu verpflichten, die die Ethnien des Landes angemessen beteilige.
Hardt bekräftigte, dass der Einsatz aus Sicht seiner Fraktion mit Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes, also zur Wahrung des Friedens in „einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit“ vorzugehen, „tragfähig“ zu begründen sei. „Es wäre aber souveräner, wenn wir das Mandat auf Artikel 87a des Grundgesetzes gründen“, sagte Hardt.
Grüne: Fehler endlich heilen
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) widersprach: Der Einsatz sei zwar „im Kern richtig“, er erfolge aber eben nicht im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit, also etwa im Rahmen der Nato, der EU, der OSZE oder im Rahmen eines UN-Mandates. „Wir können Sie nur auffordern, diesen Fehler endlich zu heilen.“
Brugger kritisierte, dass die Bundesregierung nicht auf die sichtbaren Probleme im Nordirak reagiere: Das betreffe die fehlende Legitimität der kurdischen Regionalregierung, Berichte über die Unterdrückung von Zivilgesellschaft und Presse und die Gefahr des Missbrauch der gelieferten Waffen: „Wie reagieren Sie auf die Berichte von Menschenrechtsorganisationen, dass Peschmerga Dörfer und Häuser arabischstämmiger Menschen zerstört haben?“, fragte Brugger.
Mandat bis Ende Januar 2018 befristet
Der Bundestag folgte einer Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (18/10968) sowie einem Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung (18/10989). Die Regierung schreibt in ihrem Antrag, die deutschen Streitkräfte würden „im Rahmen und nach den Regeln eines Systems kollektiver Sicherheit“ und als „Teil der internationalen Anstrengungen im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS)“ handeln.
Zu den Aufgaben der Bundeswehr gehören ihren Angaben zufolge neben der Ausbildung der irakisch-kurdischen Sicherheitskräfte und der irakischen Streitkräfte mit dem Schwerpunkt Raum Erbil auch die „Wahrnehmung von Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben“ unter anderem in Hauptquartieren der multinationalen Partner im Rahmen der internationalen Allianz gegen IS. Die einsatzbedingten Zusatzausgaben des bis zum 31. Januar 2018 befristeten Mandats beziffert die Bundesregierung auf rund 34,9 Millionen Euro. (ahe/sas/26.01.2017)