Energie

Bundestag lehnt bundeseinheitliche Stromnetzentgelte ab

Die von der Fraktion Die Linke geforderte bundeseinheitliche Wälzung der Stromnetzentgelte für Privat- und Gewerbekunden stößt bei den Koalitionsfraktionen auf Ablehnung. Am Donnerstag, 26. Januar 2017, stimmten die Fraktionen von CDU/CSU und SPD entsprechend einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (18/3749) gegen einen dahingehenden Antrag der Linksfraktion (18/3050). Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen votierte mit Enthaltung.

„Kostendifferenzen von 100 Prozent bei den Netzentgelten“

In ihrem Antrag hatte die Linksfraktion darauf hingewiesen, dass es im Vergleich der Länderdurchschnitte Kostendifferenzen von 100 Prozent bei den Netzentgelten gebe. Überdurchschnittlich hohe Netzentgelte würden vor allem in bevölkerungsarmen strukturschwachen Regionen mit überdurchschnittlichen Pro-Kopf-Netzinvestitionskosten gezahlt.

Die Ursachen dieses Preisgefälles lägen in der regionalen Wälzung der Investitions- und Betriebskosten der Stromnetze. Aus Sicht der Fraktion müssen diese Kosten aber von allen Verbrauchern gleichmäßig getragen werden.

Linke: Zusage wurde nicht eingehalten

Derzeit subventioniere der Osten Strom in West- und in Süddeutschland, sagte Roland Claus (Die Linke) während der Debatte. „Das wollen wir so nicht mehr haben“, betonte er. Am Chemiestandort Leuna (Sachsen-Anhalt) beispielsweise, so Claus, sei man enttäuscht und fordere, diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen.

Mit dem Gesetz zur Modernisierung der Netzentgelte habe die Bundesregierung versprochen, eine Vereinheitlichung vorzunehmen. „Diese Zusage wurde aber nicht eingehalten“, kritisiert der Linke-Abgeordnete. Da müsse es niemanden wundern, dass der Nordost-Verband der Chemischen Industrie eine Lex Nordrhein-Westfalen vermute, also „eine Besserstellung wegen der Landtagswahlen“.

Claus kritisierte den aus dem Amt scheidenden Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Dieser habe am Vormittag von einer gelungenen Energiewende gesprochen. „Ein Blick auf die Stromrechnung vieler Verbraucher und die Energiekostenanteile in der Industrie spricht deutlich eine andere Sprache“, sagte er.

CDU/CSU: Energiewende muss vor Ort gestaltet werden

Die Union sei immer bereit, etwas dafür zu tun, dass die Energiewende bezahlbar gestaltet werden kann, sagte Thomas Bareiß (CDU/CSU). In zwei großen Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sei versucht worden, die Kosten für die erneuerbaren Energien in den Griff zu bekommen. Von Linken und Grünen sei dabei „Null Komma Null“ gekommen. Den Antrag der Linksfraktion nannte Bareiß rückwärtsgewandt. Man dürfe keine Kostenverteilungsdebatten führen, sondern müsse versuchen, die Energiewende Stück für Stück bezahlbarer, sicherer und umweltfreundlicher zu gestalten. Gelinge das nicht, gingen Arbeitsplätze verloren, und sei es nicht zu schaffen, dass andere Länder mitziehen.

Die Energiewende, so der Unionsabgeordnete, müsse vor Ort gestaltet werden. Dadurch entstünden vor Ort „Chancen ebenso wie Herausforderungen und Kosten“. Bareiß wies die Einschätzung seines Vorredners, der Osten subventioniere den Westen, zurück. „Auch der Osten hat enorme Profite von der Energiewende“, sagte er. Allein Brandenburg profitiere vom großen EEG-Topf mit jährlich 850 Millionen Euro, bei Sachsen-Anhalt seien es 500 Millionen Euro. Nordrhein-Westfalen wiederum „zahlt die Veranstaltung mit 3,1 Milliarden Euro jährlich“.

Grüne: Lösung des Reformbedarfs nicht erkennbar

„Die Netzentgelte sind dringend reformbedürftig“, sagte Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen). Das sei der Bundesregierung auch bekannt, fügte er hinzu. Eine Lösung dieses Reformbedarfs sei aber nicht erkennbar. „Das ist ein Fall, in dem die Bundesregierung bei der Umsetzung der Energiewende versagt hat“, betonte der Grünen-Abgeordnete. Zugleich kritisierte er, dass es keine Transparenz bei den Netzentgelten gebe. Diese sei zwar im Energiewirtschaftsgesetz verankert, werde aber nicht umgesetzt.

Was die Netzentgelte für die großen Übertragungsnetze angeht, so sei er im Grunde davon ausgegangen, dass es einen breiten Konsens gebe, diese bundesweit umzuwälzen, sagte Krischer. So sei es auch im Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgelte vorgesehen gewesen, ehe die Regelung wieder herausgefallen sei. Kritik übte der Grünen-Abgeordnete aber auch an der Linksfraktion. Aus dem Thema einen Ost-West-Konflikt machen zu wollen, sei skurril, sagte er. Es gebe auch in einzelnen Bundesländern erhebliche regionale Unterschiede.

SPD: Umfassende Neugestaltung ist geboten

Florian Post (SPD) räumte ein, dass die einzelnen Bundesländer bei den Netzentgelten ungleich belastet seien. Auch Bayern habe überdurchschnittliche Erhöhungen zu verkraften gehabt, sagte er. Die Frage der Neuverteilung der Last könne jedoch nicht allein mit einem Blick auf den Kompass beantwortet werden. Bei den Netzentgelten gehe es auch um Anreize für die Betreiber, um technische Weiterentwicklungen für die Herausforderungen durch die Energiewende und inwieweit Leistungskomponenten für diese Weiterentwicklung benötigt würden.

Die Bundesregierung, so Post, habe in dieser Wahlperiode viele Maßnahmen ergriffen, um das Gerechtigkeitsproblem bei der Verteilung der Stromkosten zu bewältigen. „Eine umfassenden Neugestaltung der Netzentgelt- und Umlagesystematik ist geboten“, sagte der SPD-Abgeordnete. Eine Umverteilung mit der Gießkanne könne aber nicht die Lösung sein. Eine gewissenhafte Ausgestaltung des Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgelte „und nicht eine blinde Wälzung“ sei der richtige Schritt, um zu einer gerechten Verteilung der Lasten in Deutschland zu kommen, sagte Post. (hau/26.01.2017)

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