Parlament

Kristina Schröder: Lebenslänglich Politik ist für mich keine Option

Kristina Schröder (CDU/CSU)

Kristina Schröder (CDU/CSU) (DBT/Simone M. Neumann)

Politik interessierte Dr. Kristina Schröder schon als 14-jährige Gymnasiastin. In Klassenstufe 8 trat sie in die Junge Union ein und mit 18 Jahren in die CDU. Mit 25 Jahren wurde Kristina Schröder in den Deutschen Bundestag gewählt. Die Abgeordnete der Unionsfraktion war 32 Jahre jung, als sie vom Bundespräsidenten die Ernennungsurkunde zur Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erhielt.

Die Wiesbadenerin schaffte innerhalb von 15 Jahren eine politische Karriere, die sich sehen lassen kann. Für die promovierte Politikwissenschaftlerin ist Politik aber nicht alles im Leben, deshalb kandidiert sie in diesem Jahr nicht erneut für den Deutschen Bundestag. Der Zeitpunkt hängt auch mit ihrem 40. Geburtstag zusammen. Sie sagt: „Nach 14 Jahren im Bundestag musste ich mich jetzt einfach fragen, ob ich mein ganzes Leben lang Abgeordnete bleiben möchte. Das möchte ich nicht. Wenn man aber beruflich noch einmal neu starten möchte, dann darf man den richtigen Zeitpunkt nicht verpassen.“ Was sie ab Oktober vor hat, darüber möchte die Wiesbadenerin noch nicht sprechen.

Mit 14 Jahren in die Junge Union

Kristina Schröder kommt aus einem Elternhaus, in dem Parteipolitik keine große Rolle spielte. Warum sie sich dennoch schon früh für Politik interessierte, erklärt sie so: „Als ich zwölf Jahre alt war, fiel die Mauer. Dieses historische Ereignis hat mich so beeindruckt, dass ich die Dokumentationen im Fernsehen jeden Tag auf VHS-Kassetten aufnahm. Ich habe damals sogar eine Pressedokumentation zu den Ereignissen angefertigt, täglich Zeitungsartikel ausgeschnitten und in Mappen geklebt.“

Mit ihrer Freundin diskutiert sie auf dem Schulweg nicht über Mode oder Kosmetik, sondern ob in Hessen Zwangsförderstufen eingeführt werden sollten. Eines Tages schrieb sie an die Junge Union und teilte mit, dass sie Mitglied werden möchte. Die Antwort enttäuschte Kristina Köhler, wie sie damals noch hieß, denn die Junge Union (JU) antwortete, eine Mitgliedschaft sei erst ab dem 14. Lebensjahr möglich. „An meinen 14. Geburtstag füllte ich den Mitgliedsantrag der JU Wiesbaden aus und war überglücklich, dass ich endlich dazugehörte. Ich hatte das große Glück, dass ich in meinem JU-Verband ernst genommen wurde. So konnte ich mich Stück für Stück mit Parteipolitik vertraut machen.“

Wissenschaftliche Laufbahn zunächst bevorzugt

Mit 19 Jahren wurde Kristina Schröder zur Kreisvorsitzenden der Jungen Union gewählt, denn ihre Bereitschaft, sich aktiv einzubringen, begeisterte viele. Nach dem Abitur studierte die engagierte Jungpolitikerin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Soziologie, Mittlere und Neue Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaften.

„Ich hatte mich inzwischen von dem Gedanken verabschiedet, Politik zu meinem Beruf zu machen, ich wollte lieber eine wissenschaftliche Laufbahn an der Universität einschlagen. Während ich meine Diplomarbeit schrieb, rief mich mein Kreisvorsitzender an und fragte, ob ich für den Bundestag kandidieren würde. Hannelore Rönsch, ehemalige Bundesfamilienministerin, würde nicht mehr kandieren, deshalb suche die CDU eine geeignete Nachfolgerin für den Wahlkreis. Ich fühlte mich im ersten Moment etwas unsicher, aber im nächsten Augenblick war mir klar: Eine solche Chance muss ich ergreifen.“

Wertvorstellungen von CDU-Bundestagsabgeordneten

Kristina Schröder kandidierte mit 25 Jahren erstmals erfolgreich für den Deutschen Bundestag und konnte mit einem Wahlergebnis von 40 Prozent der Erststimmen mehr als zufrieden sein. „Nebenbei“ begann sie 2002 bei Prof. Dr. Jürgen W. Falter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Mainz eine Promotion. Thema: Wie sich Wertvorstellungen der CDU-Bundestagsabgeordneten von denen der übrigen CDU-Mitglieder unterscheiden.

Kristina Schröder erinnert sich: „Im Frühjahr 2009 wurde ich promoviert, und kurze Zeit später wurde öffentlich behauptet, ich hätte Teile meiner Dissertation durch Hilfskräfte anfertigen lassen. Es verletzt, wenn man sorgfältig arbeitet und dann mit bösartigen Unterstellungen konfrontiert wird.“ Die Universität prüfte die Vorwürfe, und der Präsident stellte klar, dass es keine Hinweise auf ein wissenschaftliches Fehlverhalten gibt.

Anruf von Angela

Rückblickend bezeichnet Kristina Schröder die Berufung zur Bundesministerin im Jahr 2009 als „Leuchtturm“ ihrer Karriere. Wie es dazu kam, ist eine charmante Geschichte. Sie hatte ihre Partei zur Bundestagswahl erneut mit einem Wahlergebnis von 43,6 Prozent der Erststimmen überzeugt. Sie und ihr Freund Ole, den sie im Deutschen Bundestag kennengelernt hatte, planten ihre Hochzeit. Die Einladungen waren verschickt, die Organisation in vollem Gang, als ein Anruf der Bundeskanzlerin sie sprachlos machte.

„Angela Merkel sagte, sie würde mich gern als Bundesfamilienministerin vorschlagen, ob ich dazu bereit wäre. Ich sagte nach einer kurzen Pause, leider ginge das nicht, denn wir wollten jetzt eigentlich Kinder bekommen. Die Bundeskanzlerin sagte, sie fände das toll, aber Bundesministerin könne ich trotzdem werden. Sie würde mich unterstützen, ich hätte eine Stunde Bedenkzeit. Während ich realisierte, was mir die Kanzlerin angeboten hatte, versuchte ich meinen zukünftigen Mann zu erreichen. Der führte gerade ein Gespräch mit dem griechischen Botschafter und bekam von seinen Mitarbeitern hektisch Zettel hereingereicht. Als ich ihn endlich sprechen konnte, hatte ich bereits mit meinen Eltern telefoniert, und alle rieten mir: Nutze die Chance. Letztlich hat mich die Bundeskanzlerin im zweiten Gespräch überzeugt“, erinnert sich Kristina Schröder.

An das Blitzlichtgewitter, als die Kanzlerin die künftige Familienministerin vorstellte, kann sich Kristina Schröder heute noch erinnern. „An die Fernsehauftritte in der Tagesschau und die vielen Interviewanfragen aus der Presse innerhalb weniger Stunden musste ich mich erst gewöhnen. Ich war plötzlich eine öffentliche Person“, sagt die Abgeordnete.

Nicht nur Sonnentage im politischen Spitzenamt

Ab dem 30. November 2009 leitete sie als jüngste Ministerin das Familienministerium und stand fortan permanent „unter Beobachtung“ durch die Medien. Sie traf Entscheidungen, für die sie heftig kritisiert wurde – zum Beispiel das von den Gegnern als „Herdprämie“ bezeichnete „Betreuungsgeld“. Kristina Schröder versuchte es mit sachlichen Argumenten, aber die Kritiker waren laut und die Angriffe heftig.

Sie schrieb das Buch „Danke, emanzipiert sind wir selber“, in dem es unter anderem um das Selbstverständnis von Frauen und um Feminismus geht. Darin bezeichnete sie den Feminismus als „quasireligiöse Weltanschauung“. Das brachte ihr erneut viel Kritik ein. Kristina Schröder machte die Erfahrung, dass es in einem politischen Spitzenamt nicht nur Sonnentage gibt. Sie musste lernen, mit öffentlicher Kritik umzugehen, die verletzend sein kann und häufig nicht sachlich ist.

„Freue mich auf einen beruflichen Neustart“

Kristina Schröder ist in 15 Jahren in der Bundespolitik nicht nur ein Politikprofi geworden, sondern auch Mutter zweier Töchter, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie praktiziert. Trotzdem macht sie in diesem Herbst einen Schnitt und verabschiedet sich aus dem Parlament. Sie sagt: „Ich habe großen Respekt vor Abgeordneten, die ihr ganzes Leben in den Dienst der Politik stellen. Für mich ist das keine Option. Meine Zeit im Bundestag ist eine wirklich tolle Erfahrung, die ich keinesfalls missen möchte. Ich werde den Parlamentsbetrieb ganz bestimmt vermissen und viele Kollegen ebenfalls. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass meine Entscheidung endgültig ist. Ich freue mich auf einen einen spannenden beruflichen Neustart.“ 

Worauf sich Kristina Schröder noch freut? Ich muss dann meinen Terminkalender nicht mehr mit meinen Eltern, Schwiegereltern, dem Babysitter und meinem Mann abstimmen. Dass die Familie ab Oktober nicht mehr drei Wohnsitze hat, macht auch vieles leichter. Im Moment hat mein Mann in seinem Wahlkreis eine Wohnung, ich in meinem Wahlkreis, und wir haben einen gemeinsamen Wohnsitz in Berlin. Das ist für die Familie ebenfalls eine organisatorische Herausforderung. Wenn die entfällt, macht das unser Familienleben übersichtlicher und entspannter“, sagt Kristina Schröder. (bsl/13.03.3017)

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