Gerichtlicher Vorbehalt zu Freiheitsentzug bei Kindern überwiesen
Die elterliche Entscheidung, einem Kind, das sich in einem Krankenhaus, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig in nicht altersgerechter Weise die Freiheit zu entziehen, soll künftig zum Schutz des betroffenen Kindes unter den Vorbehalt der Genehmigung durch das Familiengericht gestellt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11278) vor, der am Donnerstag, 9. März 2017, erstmals im Bundestag debattiert wurde. Das Plenum hat die Vorlage und ebenso ein in die gleiche Richtung zielenden Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/9804) zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. Die Reden zu dem Tagesordnungspunkt wurden zu Protokoll gegeben.
Regierung: Familiengericht tritt nicht an die Stelle der Eltern
Laut Bundesregierung soll es mit dem Regelungsvorschlag dabei bleiben, dass die Befugnis zur Entscheidung über den Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen und die Art und Weise ihrer Anwendung bei ihrem Kind weiterhin den Eltern im Rahmen ihrer Personensorge zusteht. Lehnen die Eltern eine Maßnahme ab, dürfe diese von der Einrichtung nicht durchgeführt werden, und das Familiengericht werde auch gar nicht mit einem Genehmigungsverfahren befasst, heißt es in der Vorlage.
Nur wenn die Eltern sich für eine freiheitsentziehende Maßnahme – etwa eine Fixierung an das Krankenbett - bei ihrem Kind entscheiden wollten, müsse diese zusätzlich durch das Familiengericht genehmigt werden. „Auch dann tritt das Familiengericht aber nicht an die Stelle der Eltern, sondern nur zusätzlich neben sie“, schreibt die Regierung.
Grüne: Gefahr des Missbrauchs sehr hoch
Freiheitsbeschränkende Maßnahmen bei Kindern sollen auch aus Sicht der Grünen nicht mehr ohne richterlichen Beschluss erlaubt sein. Wie es in dem von der Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf heißt, muss nach geltendem Recht zwar die „mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung von Minderjährigen“ vom Familiengericht genehmigt werden. Das gelte aber nicht für sogenannte freiheitsbeschränkende oder unterbringungsähnliche Maßnahmen. So sei beispielsweise für die Fixierung eines Kindes mittels eines Bauch- oder Fußgurtes oder die Gabe von sedierenden Medikamenten die Zustimmung der Sorgeberechtigten ausreichend. „Solche Eingriffe können - vor allem bei ständiger Wiederholung - für die betroffenen Kinder viel gravierender sein als die Unterbringung selbst“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Die aktuelle Rechtsprechung berge Risiken für das Kindeswohl, da die Gefahr des Missbrauchs freiheitsbeschränkender Maßnahmen sehr hoch sei. Insbesondere gelte dies für Kinder und Jugendliche, die sich nicht ausreichend artikulieren oder verbal wehren können. Der besonders schutzbedürftigen Gruppe der Kinder und Jugendlichen müsse daher besondere Aufmerksamkeit gelten, fordern die Grünen. (hau/09.03.2017)