Experten für Abschaffung des Dieselprivilegs bei der Mineralölsteuer
Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit haben sich am Mittwoch, 8. März 2017, im Rahmen eines von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) geleiteten öffentlichen Fachgespräches mit der Luftbelastung durch Stickoxide (NOx) in Ballungsräumen befasst. Die geladenen Sachverständigen sprachen sich dabei unter anderem dafür aus, das Dieselprivileg bei der Mineralölsteuer abzuschaffen.
„EU-weit an der Spitze der Stickoxid-Belastung“
Marion Wichmann-Fiebig vom Umweltbundesamt sagte, dass Deutschland EU-weit an der Spitze der Stickoxid-Belastung stehe. An verkehrsnahen Messstellen werde in der Bundesrepublik deutlich der höchste Anteil an Überschreitungen des Stickstoffdioxid-Grenzwertes gemessen. Der Grund sei der hohe Dieselanteil an der Fahrzeugflotte, betonte die Behördenvertreterin.
Reale Emissionen und zulässige Emissionen klafften im NOx-Bereich weiterhin auseinander. Als mögliche Maßnahmen schlug Wichmann-Fiebig außer der Anpassung der Mineralölsteuer vor, die Typenzulassung an den Realemissionen zu orientieren. Außerdem könne die Einführung der sogenannten Blauen Plakette helfen, um mit dem Problem umzugehen.
Prof. Dr. Alfred Wiedensohler vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung betonte ebenfalls, dass die Realemissionen ein Vielfaches über den erlaubten Werten lägen. Selbst mit dem Euro-6-Standard seien die Grenzwerte nicht einzuhalten. Wiedensohler schlug ebenfalls vor, an das Dieselprivileg heranzugehen.
„Städte kommen an die Grenzen ihrer Bemühungen“
Stefan Ferber von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hob hervor, dass die Städte viel getan hätten, um dem Problem zu begegnen, etwa durch die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und indem sie ihre Fahrzeugflotten umgestellt hätten. Doch sie kämen an die Grenzen der Bemühungen, gehe es doch um Rahmenbedingungen außerhalb ihres Verantwortungsbereichs, sagte Ferber. Eine Änderung der Besteuerung und ein stärkerer Fokus auf die Realemissionen könnten nach Ferbers Ansicht helfen.
Prof. Dr. Dietmar Stephan von der Technischen Universität Berlin ging auf technische Möglichkeiten zur Reduzierung der NOx-Belastung ein. Das Photokatalyse-Verfahren funktioniere zwar im Labor „sehr gut“. Unter Realbedingungen sei es jedoch noch ein weiter Weg. Ein punktueller Einsatz an Orten, wo eine höhere Wirkung der Methode zu erwarten wäre, könne trotzdem sinnvoll sein, sagte Stephan. (scr/08.03.2017)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Axel Welge, Deutscher Städtetag, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
- Prof. Dr. Dietmar Stephan, Technische Universität (TU) Berlin
- Marion Wichmann-Fiebig, Umweltbundesamt
- Prof. Dr. Alfred Wiedensohler, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. (TROPOS)
- Stefan Ferber, Umweltamt der Landeshauptstadt Düsseldorf, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände