Chancen und Risiken der Arbeit 4.0 für die Beschäftigten erörtert
Über Risiken und Nebenwirkungen nicht auf dem Beipackzettel von Medikamenten, sondern hervorgerufen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt (Arbeit 4.0), hat der Bundestag am Donnerstag, 23. März 2017, debattiert. Doch freilich nicht nur darüber, denn, so war es allen Fraktionen wichtig zu betonen, man müsse auch über die Chancen reden, um keine Angstdebatte zu diesem Thema zu führen. Grundlage der Bundestagsdebatte war ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/10254), der im Anschluss zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen wurde.
Die Grünen fordern darin Arbeitszeiten und Arbeitsorte stärker an den Bedürfnissen der Beschäftigten auszurichten. Arbeitsschutz und betriebliche Mitbestimmung sollen so weiterentwickelt werden, dass sie gesundheitlichen Risiken der Digitalisierung wirkungsvoll begegnen können. Der Beschäftigtendatenschutz soll gestärkt und die informationelle Selbstbestimmung sichergestellt werden. Ferner schlagen die Grünen Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung vor und fordern, dass Werk- und Dienstverträge nicht zum Lohndumping genutzt werden können.
Grüne: Regeln für den digitalen Wandel erforderlich
Kerstin Andreae, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen und Wirtschaftsexpertin der Fraktion, betonte: „Wir müssen die Menschen mitnehmen und fördern. Weiterbildung und Qualifikation darf nicht vom Geldbeutel abhängen.“ Agenturen und Jobcenter müssten zu Zukunftsagenturen für Arbeit und Weiterbildung ausgebaut werden, um Arbeitsuchende und Erwerbstätige aktiv bei der Weiterbildung zu unterstützen.
Darüber hinaus brauche es Regeln für den digitalen Wandel wie zum Beispiel einen Beschäftigtendatenschutz und mehr Rechtssicherheit bei Wahlarbeitszeiten. Sie forderte darüber hinaus eine bessere soziale Absicherung von Selbstständigen, denn Selbstständigkeit sei eine „wichtige Innovationsquelle unserer Wirtschaft“. „Die Sorge vor der sozialen Absicherung darf nicht das kreative Potenzial des Einzelnen lähmen“, sagte Andreae.
CDU/CSU: Soziale Marktwirtschaft weiter stärken
Uwe Lagosky (CDU/CSU) lobte das duale Ausbildungssystem und die Hochschulbildung in Deutschland als solide Startgrundlage für junge Menschen. Es sei richtig, dass über den Zugang zu guter Bildung nicht, wie in den USA, der Geldbeutel entscheide. Und es sei richtig, sich darauf zu besinnen, was Deutschland stark gemacht habe, und die soziale Marktwirtschaft weiter zu stärken.
Dennoch müsse man sich fragen, wieso es in den USA deutlich mehr Firmengründungen gebe als hierzulande. „An dieser Baustelle müssen wir in Deutschland noch erheblich arbeiten“, sagte Lagosky.
Linke: Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht werden
„Die Grundfrage lautet doch: Wem kommen die Produktivitätsgewinne, die die Digitalisierung erzeugt, zugute? Kommen diese Gewinne einseitig den Unternehmen zugute oder gelingt es uns durch gesetzliche Regelungen, dass auch die Beschäftigten, zum Beispiel über kürzere Arbeitszeiten oder Bildungszeiten, oder dass auch die Gesellschaft als Ganzes davon profitiert?“, fragte Klaus Ernst (Die Linke).
Das Ziel der Arbeitgeber sei die Unterordnung der Beschäftigten an die technischen Möglichkeiten. Deshalb brauche es einen gesetzlichen Rahmen, um den Bedürfnissen der Beschäftigten nach flexiblen Arbeitszeiten gerecht zu werden, sagte Ernst.
SPD: Weiterbildung der zentrale Schlüssel
Katja Mast (SPD) sagte: „Wir Sozialdemokraten führen keine Angst-, sondern eine Gestaltungsdebatte.“ Auch Mast bezeichnete die Frage der Verteilungsgerechtigkeit als zentralen Aspekt in dieser Diskussion. Deshalb sei Weiterbildung und die Investition in Qualifikationen der zentrale Schlüssel, damit die Beschäftigten auch in Zukunft ihren Teil vom Kuchen abbekämen.
Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die Gesellschaft müssten dabei an einem Strang ziehen, forderte sie und verwies auf das vom SPD-Vorsitzenden Martin Schulz und Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) entwickelte Konzept für ein „Arbeitslosengeld Q“ und den Ausbau der Bundesagentur für Arbeit zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung. (che/23.03.2017)