BaFin soll gegen mögliche Immobilienblasen vorgehen können
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll künftig gezielt gegen mögliche Immobilienblasen und die damit verbundene Gefahr für die Finanzmarktstabilität vorgehen können. Der Bundestag beriet am Donnerstag, 26. Januar 2017, in erster Lesung einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/10935), der vorsieht, der BaFin neue Befugnisse zur Regulierung der Kreditvergaben einzuräumen. Laut Entwurf soll die Bundesanstalt, wenn es nötig erscheint, bestimmte Mindeststandards für die Vergabe von Neukrediten festlegen können. Damit sollen Ausfallwahrscheinlichkeiten beziehungsweise Verlustquoten der Darlehen reduziert werden.
Der Gesetzentwurf enthält zudem Regelungen zur Klarstellung der Kreditwürdigkeitsprüfung nach der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Bundesjustizministerium und Bundesfinanzministerium sollen künftig außerdem gemeinsam Verordnungen mit Leitlinien für die Vergabe von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge erlassen können. Weiterhin soll das Darlehensrecht an die Vorgaben der Benchmark-Verordnung angepasst werden
Finanzministerium: Instrumente als Vorsorge gedacht
Dr. Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesfinanzministerium, begründete in der Debatte den Teil des Gesetzentwurfs, der sich auf die neuen BaFin-Instrumente bezieht. Hintergrund der Änderung seien Empfehlungen des Ausschusses für Finanzmarktstabilität der Bundesregierung (AFS).
Die im Entwurf enthaltenen Instrumente seien als Vorsorge gedacht, um für eine „kritische Lage gerüstet zu sein“. Diese könnte dann entstehen, wenn nicht nur die Immobilienpreise stiegen, sondern auch die Fremdkapitalquote bei der Finanzierung bei gleichzeitigem Sinken der Vergabestandards. Aktuell bestehe keine Notwendigkeit, die neuen Instrumente zum Einsatz zu bringen, betonte Meister.
Justizministerium: Zugang zu Krediten ermöglichen
Ulrich Kelber (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, begründet den Klarstellungsbedarf bei der Kreditwürdigkeitsprüfung mit der Verunsicherung bei „einigen Banken“. Diese habe insbesondere zu einer schwächeren Kreditvergabe an junge Familien und Senioren geführt.
Mit den Änderungen solle ein uneingeschränkter Zugang zu Krediten für alle ermöglicht werden, die sie sich ohne das Risiko der Überschuldung leisten könnten, sagte Kelber. Bei den Abgeordneten stieß der Gesetzentwurf der Bundesregierung fraktionsübergreifend auf verhaltene Resonanz und Skepsis.
Linke: Über Neuausrichtung der Grunderwerbsteuer nachdenken
Dr. Axel Troost (Die Linke) sah zwar „regulatorisch“ einen Schritt in die richtige Richtung bei den neu zu schaffenden Instrumenten der BaFin. Es bestünden aber erhebliche Zweifel, ob diese ausreichten, um eine Blase zu verhindern. Ein Mangel sei, dass der Gesetzentwurf die Finanzierung gewerblicher Immobilien außen vor lasse.
Es sei zudem unklar, ab wann die Bundesregierung eigentlich von einer Blase ausgehe. Weiterhin brauche es weitere fiskalisch-administrative Maßnahmenpakete, um regional auf mögliche Risiken einzugehen. Troost regte an, über eine Neuausrichtung der Grunderwerbsteuer hin zu einem Steuerungsinstrument nachzudenken.
Grüne: Gewerblichen Immobiliensektor einbeziehen
Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, er könne die schon vor der Einbringung des Entwurfs aus Reihen der Koalitionsfraktionen geäußerte Kritik nicht nachvollziehen. Es reiche nicht, nur auf die Entwicklung bei den einzelnen Banken zu schauen. Die Aufsicht müsse auch auf den Gesamtmarkt blicken, um rechtzeitig eingreifen zu können. Es sei richtig, entsprechende Instrumente vorzuhalten.
Wie auch Troost mahnte Schick an, den gewerblichen Immobiliensektor einzubeziehen. Zudem müsse die Datenlage zur Beurteilung der Entwicklungen an den Märkten verbessert werden. Es könne nicht sein, dass die BaFin dafür auf private Anbieter zurückgreifen müsse, kritisierte Schick.
CDU/CSU: Verordnungsentwurf bekannt machen
Antje Tillmann (CDU/CSU) betonte, es sei richtig, Instrumente zu entwickeln, bevor es zu einer Krise komme.
Die Christdemokratin mahnte aber an, den zum Gesetzentwurf gehörigen, umfangreichen Verordnungsentwurf bekannt zu machen, damit eine Beurteilung der Auswirkungen auf Verbraucher und Banken beurteilt werden könne. Nach den Beratungen und Anhörungen könne dann entschieden werden, ob dieser Gesetzentwurf der richtige Weg sei.
SPD: Wir werden unsere Hausaufgaben machen
Manfred Zöllmer (SPD) betonte, dass das Hauptproblem in Hinblick auf Immobilienblasen die Diagnose sei. Der Gesetzentwurf klammere den Daten- und Statistikteil aber aus. Zudem müsse geprüft werden, ob der Entwurf regionale Aspekte bei der Anwendung der Instrumente genügend würdige. Zöllmer warnte zudem vor Überregulierung, schließlich sei es auch ein politisches Ziel, den Wohnungsbau zu fördern. „Wir werden unsere Hausaufgaben machen“, sagte Zöllmer mit Blick auf die anstehenden Beratungen.
Bei Thema Kreditwürdigkeitsprüfung mahnten die Grünen zudem an, auch Forderungen von Seiten der Verbraucherschützer stärker zu berücksichtigen und nicht nur auf „Zuruf“ der Banken zu reagieren. Vertreter der Union kritisierten zudem das Bundesjustizministerium für die aus ihrer Sicht zu ungenaue Regelung, die nun einer Klarstellung bedürfe. (scr/26.01.2017)
Instrumente für die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten
Wie es im Regierungsentwurf heißt, bestehen bei einigen Marktteilnehmern Unsicherheiten im Umgang mit den Regelungen der Kreditwürdigkeitsprüfung nach der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die mit Wirkung zum 21. März 2016 ins deutsche Recht umgesetzt wurden. Dies könne dazu führen, dass Darlehensgeber aus Gründen der Vorsicht Darlehen nicht vergeben, die nach der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und den deutschen Umsetzungsvorschriften tatsächlich gewährt werden könnten. Dies sei für die Darlehensgeber, vor allem aber auch für die abgelehnten Verbraucherinnen und Verbraucher ein unbefriedigender Zustand.
Darlehen zum Bau oder zum Erwerb von Wohnimmobilien seien sowohl für die Kreditwirtschaft als auch für private Kreditnehmer von hoher quantitativer Bedeutung. Sie machten rund 70 Prozent der gesamten Verbindlichkeiten des inländischen Haushaltssektors sowie rund die Hälfte des gesamten Kreditvolumens inländischer Banken gegenüber inländischen Privatpersonen und Unternehmen aus.
Neu eingeführt werden sollen Obergrenzen für das Verhältnis zwischen Darlehenshöhe und Immobilienwert, für den Schuldendienst im Verhältnis zum Einkommen und für das Verhältnis zwischen Gesamtverschuldung und Einkommen. Außerdem soll ein Zeitraum vorgegeben werden können, in dem ein bestimmter Anteil des Darlehens getilgt werden muss (im Fall von endfälligen Darlehen eine maximale Laufzeit.
Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität
Mit den Neuregelungen kommt die Bundesregierung einer Empfehlung des Ausschusses für Finanzstabilität nach. Zentrale Aufgabe des beim Bundesfinanzministerium errichteten Ausschusses für Finanzstabilität ist es, die für die Finanzstabilität maßgeblichen Sachverhalte regelmäßig zu erörtern und bei identifizierten Gefahren vor diesen zu warnen und Empfehlungen zu ihrer Abwehr abzugeben. Als Grundlage hierfür dienen die Analysen der Deutschen Bundesbank.
Der Ausschuss berät zudem über den Umgang mit Warnungen und Empfehlungen des bei der Europäischen Zentralbank angesiedelten Europäischen Ausschusses für Systemrisiken. Er wurde außerdem mit dem Ziel eingerichtet, die Zusammenarbeit der in ihm vertretenen Institutionen im Fall einer Finanzkrise zu stärken.
Der Bundestag überwies den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss. (scr/sas/27.01.2017)