Parlament

Kritik an Verteidigungs­minsterin von der Leyen in der Aktuellen Stunde

Der Fall des rechtsextremen Bundeswehr-Offiziers Franco A. hat zu einer heftigen Kontroverse im Bundestag geführt. In einer Aktuellen Stunde über die „Aufklärung möglicher rechtsextremer Strukturen in der Bundeswehr“ warfen Abgeordnete von Linken und Grünen, aber auch der SPD Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch, 17. Mai 2017, schwere Versäumnisse vor. Die Ministerin verteidigte dagegen ihr Vorgehen. Redner von CDU und CSU sprachen von rechtsextremen Einzelfällen in der Truppe.

Linke: Problem wird von der Ministerin kleingeredet

„Das ist kein Einzelfall“, sagte hingegen die Verteidigungsexpertin der Linken, Christine Buchholz, deren Fraktion die Aktuelle Stunde beantragt hatte. Ein „relevanter Teil“ der Bundeswehr habe ein Problem mit dem Rechtsextremismus. Es werde aber von der Ministerin kleingeredet. Der Fall Franco A. zeige ein Totalversagen der Bundeswehr und des Militärischen Abschirmdienstes (MAD).

Die rechtsextreme Gesinnung des Oberleutnants sei lange bekannt gewesen. Es sei „unfassbar“, dass Franco A. und seine Komplizen offenbar Anschläge planen, Munition beiseiteschaffen und Todeslisfen anfertigen konnten. Allerdings sollte sich auch die SPD nicht so „aufplustern“, sagte Buchholz. Ihr damaliger Verteidigungsminister Peter Struck habe umfassende Untersuchungen zum Rechtsextremismus blockiert.

Geschichte der Bundeswehr soll Tradition prägen

Von der Leyen betonte: „Rechtsextremismus hat in der Bundeswehr nichts zu suchen.“ Soldatinnen und Soldaten schwörten einen Eid, Recht und Freiheit des deutschen Volkes zu schützen. Extremisten träten Recht und Freiheit hingegen mit Füßen. Die Ministerin wandte sich gegen Pauschalverurteilungen der Soldaten, nannte es aber auch grundfalsch, nur von Einzelfällen zu reden.

Von der Leyen will den geltenden Traditionserlass der Bundeswehr überprüfen und dabei die eigene Geschichte in den Mittelpunkt stellen. Das Unrechtsregime der NS-Zeit könne keine Tradition begründen, wohl aber die 60-jährige erfolgreiche Geschichte der Bundeswehr als Armee der Demokratie und als Parlamentsarmee, die für Frieden in der Welt kämpfe. Im Fall Franco A. sprach von der Leyen von einem „klaren Versäumnis“, dass der MAD über die rechtsextrem angelegte Masterarbeit von 2014 nicht unterrichtet worden sei.

Grüne: Es schauen zu viele weg

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dr. Anton Hofreiter nannte es schleierhaft, dass die Pläne und das Doppelleben von Franco A., der sich auch als syrischer Flüchtling registrieren ließ, so lange unbemerkt blieben. „Es schauten zu viele in entscheidenden Momenten weg“, beklagte Hofreiter. Für diesen „Skandal“ trage die Ministerin die Verantwortung.

Auf rechtsextreme Umtriebe in der Truppe habe der Wehrbeauftragte des Bundestages immer wieder hingewiesen. Hofreiter verwies darauf, dass die Union seit zwölf Jahren das Verteidigungsministerium führt. „Sie und ihre Partei stellen ein Sicherheitsrisiko dar“, rief Hofreiter.

SPD: Ministerin ist kein Vorbild für die Soldaten

Aber auch vom Koalitionspartner SPD kam Kritik an der Ministerin. Deren „düstere Androhungen“, da sei noch mehr, sei massiv überzogen gewesen, sagte der verteidigungspolitische Sprecher Rainer Arnold. Für die bekannt gewordenen Vorfälle trage von der Leyen eine persönliche Verantwortung. Die Ministerin sei seit dreieinhalb Jahren im Amt, habe aber die guten Fähigkeiten etwa beim Zentrum und Beirat Innere Führung nicht genutzt.

„Das Reinhören in die Bundeswehr wurde von Ihnen ignoriert“, warf Arnold der Ministerin vor. Gute Führung beginne an der Spitze. „Deshalb sind Sie kein Vorbild für die Soldaten“, sagte Arnold. Sein Fraktionskollege Lars Klingbeil vermisste zudem eine Entschuldigung der Ministerin für ihre Pauschalkritik, es gebe ein Haltungsproblem und Führungsschwäche auf unterschiedlichen Ebenen.

CDU/CSU: Rechtsextreme Vorfälle sind Einzelfälle 

Mehrere Redner der CDU/CSU-Fraktion nahmen von der Leyen in Schutz. Henning Otte (CDU) warf Linken und Grünen vor, die Bundeswehr in Misskredit zu bringen. Die Kritik des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz an von der Leyen wertete Otte als Panikreaktion nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Rechtsextreme Vorfälle in der Bundeswehr seien Einzelfälle. Sie würden aufgeklärt mit von der Leyen an der Spitze. „Die Union steht mit ihrer Verteidigungsministerin fest an der Seite der Soldatinnen und Soldaten“, sagte Otte.

Andere Unionsabgeordnete verwiesen auf die sinkende Zahl von Verdachtsfällen auf Rechtsextremismus in der Truppe. Der CSU-Parlamentarier Florian Hahn berichtete, dass die Untersuchungen in Kasernen über den Fall Franco A. hinaus 41 weitere Fundstücke zu Wehrmachtsgedenken erbracht habe. Die Zahl nannte der Generalinspekteur im Verteidigungsausschuss. Diese seien weniger schwerwiegend gewesen. Diese Zahl sehe er nicht als alarmierend an. (stu/17.05.2017) 

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