Parlament

Kühn fragt nach Konse­quenzen aus steigen­den Immobilienpreisen

Niedrige Zinsen, hohe Preise: Eine Wohnung zu kaufen, ist in den letzten Jahren immer teuer geworden – insbesondere in Großstädten. Anfang Mai warnte nun die Bundesbank vor einer Überhitzung am Immobilienmarkt. Angesichts niedriger Kreditzinsen und steigender Immobilienpreise drohe in Deutschland eine gefährliche Immobilienblase, so Bundesbankvorstand Andreas Dombret. In der Fragestunde des Bundestages (18/12321, 18/12352) am Mittwoch, 17. Mai 2017, wollte Christian Kühn, bau- und wohnungspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, erfahren, welchen Konsequenzen die Bundesregierung aus dieser Entwicklung ziehen will. „Die Bundesregierung muss unbedingt erklären, wie sie damit umgehen und volkswirtschaftliche Schäden verhindern will“, fordert Kühn im Interview. Die beschlossenen gesetzlichen Regelungen zur Kreditvergabe reichten nicht aus, um eine Immobilienblase zu verhindern. Vor allem müsse die Bundesregierung der Spekulation mit Immobilien „einen Riegel vorschieben“ und mithilfe einer „neuen Wohnungsgemeinnützigkeit“ bezahlbaren Wohnraum fördern. Das Interview im Wortlaut:


Herr Kühn, seit Jahren wird in Deutschland regelmäßig über die Gefahr einer Immobilienblase diskutiert. Ein Platzen der Blase wie etwa in den USA oder in Spanien hielten Experten bislang für unwahrscheinlich. Warum ist die Warnung der Bundesbank ernst zu nehmen?

Wir müssen der Realität endlich ins Auge blicken: In Deutschland sind Immobilien in den letzten Jahren stetig teurer geworden. Laut Bundesbank stiegen seit 2010 die Preise in 127 Städten um fast 50 Prozent. In sieben Großstädten verteuerten sie sich sogar um mehr als 60 Prozent. Weil die Mieten nicht in diesem Umfang steigen, lassen sich solche Preise gar nicht mehr refinanzieren. Auf Teilen des Immobilienmarktes haben sich deshalb längst Blasen entwickelt. Wir Grünen haben davor seit Langem gewarnt. Ich bin froh, dass nun auch andere Stimmen auf dieses volkswirtschaftliche Risiko hinweisen.

Gerade hat der Bundesrat ein Gesetz gebilligt, das der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neue Befugnisse einräumt, um eine Immobilienblase zu verhindern. Als der Bundestag das Gesetz beschloss, hat sich Ihre Fraktion enthalten. Warum?

Uns gingen die Regelungen der Bundesregierung zur Beschränkung der Kreditvergabe nicht weit genug. Aus unserer Sicht müssten Verbraucher, die zu einem sehr hohen Preis eine Immobilie erwerben, viel stärker geschützt werden – denn wenn die Blase platzt und die Immobilie an Wert verliert, steht ihre gesamte wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel. Das beschlossene Gesetz ist nur ein erster Schritt. Die darin enthaltenen Regelungen sind nicht ausreichend, um eine Immobilienblase zu verhindern.

Die BaFin kann künftig Obergrenzen für die Darlehenshöhe bezogen auf den Immobilienwert festlegen und Vorgaben für den Zeitraum machen, in dem ein Immobiliendarlehen getilgt werden muss. Auf weitergehende Regelungen wurde nach Protesten der Banken und Immobilienbranche verzichtet. Könnte sich das rächen?

Das lässt sich schwer abschätzen. Klar ist allerdings, dass die Gefahr der Immobilienblase real ist. Laut Bundesbank steht die Ampel auf dunkelgelb. Die Bundesregierung muss deshalb unbedingt erklären, wie sie damit umgehen und volkswirtschaftliche Schäden verhindern will. Regelungen zur Kreditvergabe allein reichen da nicht aus. Vor allem der Spekulation mit Immobilien muss sie einen Riegel vorschieben.

Das heißt konkret?

Der Ankauf großer Wohnungsbestände ist immer noch steuerlich privilegiert. Solche sogenannten Share Deals sind von der Grunderwerbssteuer befreit – eine Praxis, die dringend geändert werden müsste. Immobilienspekulation ließe sich so recht einfach unterbinden -  trotzdem hat die Bundesregierung nichts unternommen.

Strengere Regelungen bei der Kreditvergabe hat die Große Koalition verworfen, um nicht den Bau dringend benötigter neuer Wohnungen zu verhindern. Sehen Sie darin auch eine Zwickmühle?

Nein, für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum sind insbesondere Immobilienspekulation und steigende Preise ein riesiges Problem. Die Bundesregierung hat stets gesagt: Ist die Kreditvergabe nur hoch genug, entsteht auch genug Wohnraum. Doch die Rechnung geht nicht auf: Es werden zwar neue Wohnungen gebaut, aber es entstehen viel zu wenig bezahlbare Wohnungen. Durch den Immobilienboom wird leider massiv am Bedarf vorbei gebaut.

Was erwarten Sie also von der Bundesregierung?

Neben schärferen Regeln für die Kreditvergabe und dem Schließen von Steuer-Schlupflöchern müsste die Bundesregierung zum Beispiel mithilfe einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit, wie wir Grünen sie fordern, den Immobiliensektor gerade im Segment des bezahlbaren Wohnens stärken und neu aufbauen. Leider hat sie dazu aber weder den nötigen Mut noch die Kraft. Wir als Opposition sind dagegen überzeugt, dass wir mehr Gemeinnützigkeit auf dem Wohnungsmarkt brauchen, um dem Renditestreben und der Spekulation etwas entgegenzusetzen. Denn die steigenden Immobilienpreise treiben auch die Mieten in die Höhe und führen zu den Verwerfungen, die wir schon jetzt den Wohnungsmärkten sehen können.

(sas/17.05.2017)

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