Fortschritte bei der Digitalen Agenda kontrovers bewertet
Die Bundesregierung zieht eine positive Bilanz ihrer Digitalpolitik. In der Beratung des Legislaturberichts ,,Digitale Agenda 2014 bis 2017„ (18/12130) haben Regierungsvertreter und Abgeordnete der Koalitionsfraktionen am Freitag, 2. Juni 2017, betont, dass in der laufenden Legislatur erfolgreiche Projekte rund um die “Wachstum und Beschäftigung„, “Zugang und Teilhabe„ sowie “Vertrauen und Sicherheit„ umgesetzt wurden. Die Opposition kritisierte dagegen, dass eine übergeordnete Strategie fehle und insbesondere im Breitbandausbau sowie im Bereich der digitalen Verwaltung ein großer Nachholbedarf bestehe.
Wirtschaftsministerin: Quantensprung in der Digitalisierung
Bundeswirtschaftsministerien Brigitte Zypries (SPD) sagte, dass es in den vergangenen vier Jahren einen Quantensprung in der Digitalisierung gegeben habe, Sie hob die zehn eingerichteten Kompetenzzentren für mittelständische Unternehmen sowie die ,,4.0-Plattform“ hervor.
,,Der digitale Umbau der Wirtschaft wird eine zentrale Aufgabe der nächsten Legislatur sein, sagte Zypries. Den Breitbandausbau, den Austausch von Start-ups mit etablierten Unternehmen sowie die digitale Gestaltung der Energiewende unterstrich sie besonders. ,,Wir brauchen kein Digitalministerium, sondern Zuständige für Digitalisierung in jedem Ministerium„, sagte sie.
Linke vermisst übergeordnete Strategie
,,Die Agenda muss deutlich mehr bieten als schöne Worte und ein Sammelsurium einzelner Projekte“, kritisierte Dr. Petra Sitte (Die Linke). Der Legislaturbericht führe vor Augen, dass eine übergeordnete Strategie und Vision fehle.
Sitte bemängelte insbesondere, dass es keine ordnungspolitischen Vorschläge für die Verteilung der Digitalisierungsgewinne auf die Beschäftigten gebe. Zudem sei die Reform des Urheberrechts auf halbem Weg stehen geblieben und Sicherheitslücken nicht geschlossen worden.
Innenminister: Höchste Priorität für die IT-Sicherheit
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) betonte, dass die IT-Sicherheit allerhöchste Priorität in der Regierung besitze. ,,Die IT-Sicherheit ist eine Erfolgsbedingung der Digitalisierung„, sagte er. Das IT-Sicherheitsgesetz, das den Betrieb kritischer Infrastrukturen regelt, sei vorbildlich in Europa.
Handlungsbedarf sah er vor allem im Bereich der digitalen Verwaltung. Jedoch sei wegen der Grundgesetzänderungen rund um den bundesstaatlichen Finanzausgleich zukünftig ein Portalverbund von Bund, Ländern und Kommunen möglich. Ein einziges Bürgerkonto für alle digitalen Dienstleistungen sei ein Durchbruch.
Grüne vermissen klare Zielrichtung der Digitalpolitik
Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete den Stand der digitalen Verwaltung dagegen als ,,Regierungsversagen“. Es fehle eine klare Zielrichtung der Digitalpolitik.
Zentrale Themen der Nachhaltigkeit wie Carsharing auf der Grundlage digitaler Plattformen und Energie- und Ressourceneffizienz in der Industrie 4.0. würden vernachlässigt. Er forderte, mehr Wettbewerb beim Breitbandausbau zuzulassen sowie einen ,,stringenten und modernen Datenschutz„.
SPD: Digitale Kompetenz bündeln
Von 121 Einzelmaßnahmen der Digitalen Agenda seien lediglich vier Prozent nicht angegangen worden, sagte Lars Klingbeil (SPD). Wichtig sei, dass in der laufenden Legislatur die rechtliche Grundlage für offene WLAN-Netze geschaffen werde.
Das Parlament müsse sich zukünftig besonders damit befassen, wie Menschen durch Bildung, Qualifizierung und Weiterbildung auf den Wandel der Arbeitswelt vorbereitet werden können. Dringend erforderlich sei dafür auch ein Gesetz, das mobiles Arbeiten ermögliche. Klingbeil empfahl außerdem eine Bündelung digitaler Kompetenz im Kanzleramt oder in einem Ministerium.
Verkehrsminister: Digitales Leistungszentrum in Europa
,,Wir sind ein digitales Leistungszentrum in Europa geworden“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Deutschland sei Vorreiter im Bereich des automatisierten Fahrens und schreibe im Jahr 2018 als erstes Land in Europa Frequenzen für den 5G-Mobilfunkbereich aus.
,,Wir müssen uns daran gewöhnen, schneller regulatorisch zu wirken„, sagte er im Hinblick auf die Dynamik digitalen Wandels. Auch er empfahl die Einrichtung einer Stelle zur Bündelung digitaler Kompetenz in der zukünftigen Regierung.
CDU/CSU betont digitalen Staat und digitale Bildung
Nadine Schön (CDU/CSU) hob hervor, dass sich auch die gesellschaftliche Diskussion durch Digitalisierung verändert habe und heute etwa die Macht von Algorithmen sowie digitale Kompetenzen stärker und bewusster diskutiert würden.
Der digitale Staat sowie die digitale Bildung von Schülern müssten im Zentrum zukünftiger Digitalpolitik stehen. (ebr/02.06.2017)