Bundestag lehnt Anträge der Grünen zum Klimaschutz ab
Der Bundestag hat den von der Bundesregierung vorgelegten Klimaschutzplan (18/10370) am Donnerstag, 22. Juni 2017, zur weiteren Beratung an den federführenden Umweltausschuss überwiesen. Darüber hinaus wurden mehrere Anträge zum Klimaschutz abgelehnt. Den Abgeordneten lagen dazu sechs Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Direkt abgestimmt und mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Grünen und Die Linke abgelehnt wurden zwei Grünen-Anträge (18/10640, 18/12796). Des Weiteren wurden vier weitere Vorlagen (18/8876, 18/9801, 18/10979, 18/12095) mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt. Den Abstimmungen lagen Beschlussempfehlungen des Umweltausschusses (18/10387, 18/11244) und der Wirtschaftsausschusses (18/11651, 18/12633) zugrunde.
In der vorletzten regulären Sitzungswoche nutzten die Oppositionsfraktionen die Gelegenheit, um mit der Klimapolitik der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen scharf ins Gericht zu gehen. Die Angegriffenen verteidigten sich hingegen und verwiesen auf das, was sie in dieser Wahlperiode erreicht hätten, etwa den „Klimaschutzplan 2050“.
Grüne fordern Anstrengungen gegen die „Klimakrise“
Für die Grünen trat die Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Bärbel Höhn, ans Podium – zum letzten Mal in ihrer Bundestagskarriere, denn die 65-Jährige wird dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören. Höhn hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Anstrengungen gegen die „Klimakrise“. Es müsse gehandelt werden und Deutschland stehe aufgrund des hohen Pro-Kopf-Ausstoßes von Klimagasen in besonderer Verantwortung.
„Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte Höhn, die dem Bundestag seit 2005 angehört. Die Grünen-Politikerin kritisierte, dass seit 2009 der Kohlendioxidausstoß so gut wie nicht mehr abgenommen habe. Der von der Bundesregierung vorgelegte Klimaschutzplan reiche nicht aus. Es brauche vielmehr Planungssicherheit beim Kohleausstieg und eine Verkehrswende, sagte die ehemalige Umweltministerin Nordrhein-Westfalens.
Linke: Deutschland verfehlt Klimaziel 2020
Eva Bulling-Schröter (Die Linke) übte in ihrer Rede scharfe Kritik an der Klimapolitik der Bundesregierung. Es gebe eine riesige Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Deutschland werde sein Klimaziel 2020 krachend verfehlen, gleichzeitig gehe Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) international mit einem „Sauberfrauen-Image“ hausieren.
Der Klimaschutzplan sei nicht ausreichend, es brauche ein Klimaschutzgesetz. „Nichts von dem weichgespülten Dekarbonisierungsfahrplan hat Gesetzeskraft“, kritisierte die Linken-Sprecherin für Energie und Klimaschutz. Bulling-Schröter, die seit 2005 im Bundestag sitzt, wird dem nächsten Bundestag ebenfalls nicht mehr angehören.
Ministerin: Vier gute Jahre für den Klimaschutz
Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) ging hingegen in die Offensive. Es seien „vier gute Jahre für den Klimaschutz“ gewesen, sagte sie mit Blick auf die ablaufende Legislaturperiode. Das Klimaschutzziel 2020, eine Reduktion der Treibhausgasemissionen von 40 Prozent im Vergleich zu 1990, bleibe erreichbar. Die Bundesregierung sei dem Ziel mit dem „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ auch ein ganzes Stück näher gekommen.
Auch den Klimaschutzplan verteidigte die Sozialdemokratin. Deutschland sei eines der ersten Länder überhaupt, das einen solchen Plan präsentiert habe. Es handle sich um eines der „ambitioniertesten Vorhaben in der Geschichte unserer Volkswirtschaft“. Beim Kohleausstieg mahnte Hendricks an, auch für Akzeptanz zu sorgen und die Menschen mitzunehmen. Die Ministerin ging auch auf den angekündigten Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen ein. Dies sei eine Enttäuschung. Allerdings habe die Entscheidung die übrigen Länder enger zusammengebracht, sagte die Sozialdemokratin.
SPD fordert „Ambitionssteigerung“ in Europa
Frank Schwabe (SPD) bescheinigte US-Präsident Donald Trump „Realitätsverweigerung“. Es sei richtig, sich gegen die Entscheidung der USA zu positionieren, es brauche nun aber auch eine „Ambitionssteigerung“ in Europa und Deutschland.
Die SPD setze dabei etwa auf ein Klimaschutzgesetz. Sollte der Europäische Emissionshandel nicht wie gewünscht Wirkung entfalten, müsste im Zweifel durch eine Kohlendioxid-Mindestbepreisung „Hilfestellung“ gegeben werden, forderte Schwabe.
CDU/CSU: Ziele müssen auch erreichbar sein
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) sagte, Trump schade mit dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen nicht nur dem Klima, sondern auch der Wirtschaft und seinem Land. Es gebe aber auch eine „Jetzt-erst-recht-Stimmung“. Die Christsoziale verteidigte den Klimaschutzplan, der „ambitionierte Ziele“ enthalte. Diese Ziele müssten aber auch erreichbar sein.
Mit Blick auf den Kohleausstieg verwies Weisgerber auf eine im Klimaschutzplan vorgesehene Kommission, die den Strukturwandel gestalten solle. Die Obfrau ihrer Fraktion im Umweltausschuss distanzierte sich zudem im Namen der Union von dem Klimapapier konservativer Unionspolitiker des „Berliner Kreises“, das in den vergangenen Wochen für Wirbel gesorgte hatte. Auch Höhn und Hendricks hatten das Papier heftig kritisiert.
Klimaschutzplan der Regierung
Der Klimaschutzplan konkretisiert vor allem das Klimaziel für 2030. Bis dahin soll der Treibhausgasausstoß im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent reduziert werden. Die verschiedenen Handlungsfelder werden in dem Plan mit „Meilensteinen“ zur „Orientierung“ unterlegt.
Der Klimaschutzplan sieht zudem konkrete Minderungsziele bis 2030 vor: Demnach sollen die Energiewirtschaft 61 bis 62 Prozent, der Gebäudebereich 66 bis 67 Prozent, der Verkehrssektor 40 bis 42 Prozent, die Industrie 49 bis 51 Prozent und die Landwirtschaft 31 bis 34 Prozent gegenüber 1990 einsparen.
Anträge der Grünen
Die Anträge der Grünen umfassen unter anderem die Forderung nach Einführung einer Kohlendioxidbremse (18/10640). Die Bundesregierung wird in der Vorlage aufgefordert, bei bestimmten Gesetzentwürfen die erwarteten Treibhausgasemissionen anzugeben und auf ihre Vereinbarkeit mit den deutschen Klimazielen zu prüfen. In einem weiteren Antrag (18/12796) fordern sie die Bundesregierung auf, ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen, welches einen klaren und alle Sektoren einbeziehenden Reduktionsplan bis zum Jahr 2050 festschreibt. Gefordert wird ferner die Einführung eines Klimaschutzgesetzes (18/8876). Damit solle der „Klimaschutz rechtlich verbindlich verankert und jährliche Minderungsziele für die unterschiedlichen Emissionssektoren verbindlich festgelegt“ werden.
Der von den Grünen angeregte „Aktionsplan Faire Wärme“ (18/10979) sieht vor, die bereit gestellten Mittel für erneuerbare Wärme, energetische Sanierung und Infrastruktur für Wärmeversorgung auf insgesamt sieben Milliarden Euro jährlich zu verdoppeln. Eine weitere in einem Antrag (18/9801) gestellte Forderung sieht vor, dass „auch der Luftverkehr einen wirksamen Beitrag zu Senkung seiner Treibhausgasemissionen leistet“. Dies ist nach Ansicht der Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen unabdingbar, um die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Die Emissionen, die durch den Flugverkehr entstehen, hätten sich zwischen 1990 und 2006 mehr als verdoppelt, schreiben die Abgeordneten zur Begründung.
Grüne fordern Energiespargesetz
Zur Stärkung des Klimaschutzes soll die Bundesregierung zudem ein Energieeinspargesetz vorlegen, das ein verbindliches Ziel zur Verringerung des Primärenergiebedarfs um 50 Prozent bis 2050 vorschreibt. Das Gesetz soll auch Zwischenschritte für 2030 und 2040 enthalten, fordern die Grünen in ihrem Antrag (18/12095).
Außerdem sollen regulatorische Barrieren für die Energieeffizienz beseitigt und die schnellstmögliche Umstellung auf erneuerbare Energien soll unterstützt werden. Zu den weiteren Forderungen der Fraktion an die Bundesregierung gehört ein Konzept zu Steuern und Umlagen auf Energie, „durch das sich der Kohlendioxidausstoß eines Energieträgers stärker im Preis widerspiegelt“. (scr/hau/22.06.2017)