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Franz Josef Jung: Am schönsten waren Mau­er­fall und deutsche Einheit

Porträtaufnahme eines Mannes vor dem Reichstagsgebaäude

Franz Josef Jung (CDU/CSU) (DBT/Melde)

Mehr als 45 Jahre ist Dr. Franz Josef Jung Christdemokrat. Der promovierte Jurist aus Hessen wurde 2005 in den Deutschen Bundestag gewählt und startete gleich durch nach ganz oben – in die Bundesregierung. Am 22. November 2005 wurde er zum Bundesminister der Verteidigung berufen. Ein Amt, das dem Hessen auf den Leib geschneidert war und das er vier Jahre lang mit Herzblut, Engagement, Loyalität und Verantwortungsbewusstsein ausübte.

Franz Josef Jung engagiert sich seit seiner Jugend politisch. Anfangs in der katholischen Jugend, trat er mit Anfang 20 in die Junge Union ein und wurde wenig später CDU-Mitglied. Mit 24 Jahren war der Jura-Student bereits in den Bundesvorstand der Jungen Union gewählt worden. Nach einer langen politischen Karriere verabschiedet sich der Vollblutpolitiker in diesem Jahr in den bundespolitischen Ruhestand.

Aus der Politik zurück in den Beruf

„Mehr als 45 Jahre in der Landes- und Bundespolitik sind genug“, sagte Franz Josef Jung in seinem Wahlkreis Groß-Gerau vor einem Jahr. Der Politiker begibt sich allerdings nicht aufs Altenteil. In seiner Rede in Groß-Gerau sagte er auch: „Ich bin unendlich dankbar, sowohl für die Unterstützung als auch für die politische Gestaltungsmöglichkeit, die ich erleben durfte. Ich werde in Zukunft als Notar in Eltville arbeiten, bleibe aber weiter mit der Politik der CDU verbunden.“

Als Franz Josef Jung das Gymnasium verließ, wollte er nicht etwa Winzer werden wie sein Vater. Er hatte kein Interesse daran, einmal den Familienbetrieb, die Weinberge und den Weinkeller zu übernehmen. Franz Josef Jung entschied sich für eine akademische Laufbahn und studierte Jura an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Zuvor leistete er Wehrdienst bei der Bundeswehr und absolvierte nach dem Grundwehrdienst die Unteroffizier-Vorausbildung an der Unteroffizierschule des Heeres in Münster Handorf.

Ganze Familie hilft auf dem Weingut

Als Franz Josef Jung mit dem Studium begann, blieb er weiterhin parteipolitisch aktiv, auch wenn er wusste, dass beides gleichzeitig nur schwer unter einen Hut zu bringen sein würde, denn Jura ist ein lernintensives Studium. Franz Josef Jung sagt: „Es war nicht immer leicht, Studium und Parteiarbeit zeitlich gut zu vereinbaren. Aber ich wollte eine solide Ausbildung mit einem exzellenten Abschluss, weil ich damals nicht das Ziel hatte, Berufspolitiker zu werden. Ich sah meine berufliche Perspektive als Jurist.“

Franz Josef Jung gelang es nicht nur, ein schwieriges Studium solide abzuschließen, er tat es auch in „Bestzeit“. Innerhalb von nur sechs Jahren legte er das erste und zweite Staatsexamen ab. „Ich bin täglich früh morgens in die Uni gegangen, studierte bis 18 Uhr und war anschließend für die CDU unterwegs oder ging zu Parteiveranstaltungen. Wie ich das schaffen konnte? Ich bin auf einem Weingut aufgewachsen, wo die ganze Familie mithelfen musste. Bereits als Jugendlicher arbeitete ich nach der Schule im Weinberg, insofern war ich es gewohnt, viel zu schaffen.“

Vom Kreistag in den Landtag

Franz Josef Jung schaffte einiges: Bereits während des Studiums wurde der ehrgeizige Hesse Mitglied des Kreistages des Rheingau-Taunus-Kreises. Er promovierte 1978 im Fachbereich für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität Mainz, arbeitete als Notar und Rechtsanwalt, und auch in der CDU war er weiter überaus engagiert. Er kandidierte 1983 erfolgreich für den hessischen Landtag.

1987 wurde Franz Josef Jung mit nur 38 Jahren jüngster Landesgeschäftsführer, Generalsekretär und parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion seit Gründung des Landesverbandes Hessen. In diese Zeit fallen zwei Ereignisse, die er als die bedeutendsten und schönsten Ereignisse seiner politischen Karriere bezeichnet: den Mauerfall und die deutsche Einheit.

Der 9. November 1989

„Am 9. November 1989 war ich in Ost-Berlin mit Lothar de Maizière (CDU) verabredet, um über die Zukunft der Ost-CDU zu diskutieren. Als ich um 10 Uhr über die Grenze an der Friedrichstraße nach Ost-Berlin kam und gegen 16 Uhr auf demselben Weg wieder nach West-Berlin ausreiste, ahnte niemand, dass gegen 19 Uhr die Grenze geöffnet werden würde. Als ich die Nachricht hörte, war ich im ersten Moment ungläubig, aber Sekunden später hatte ich ein Gefühl unfassbarer Freude. Die Mauer war gefallen, mir war die historische Dimension sofort klar. Dann sah ich, wie die Menschen in den Westen strömten, lachend und weinend. Sie standen auf der Mauer am Brandenburger Tor und waren frei. Ich bekomme noch heute eine Gänsehaut, wenn ich daran zurückdenke.“

In diesem Jahr ist der Mauerfall so lange her, wie die Mauer insgesamt stand: 28 Jahre. 

Wiedervereinigung als Glücksfall der Geschichte

Nach dem Mauerfall organisiert Franz Josef Jung den Wahlkampfauftritt von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU) am 20. Februar 1990 in Erfurt, bei dem ihm Tausende Thüringer begeistert empfingen und bei dem er unter dem Jubel der Menschen bereits von Wiedervereinigung und Währungsunion sprach. Die Wiedervereinigung ist das zweite Ereignis, das den hessischen Politiker tief bewegt und mit großer Freude erfüllt – bis heute. Franz Josef Jung sagt: „Dass die Menschen in Ost und West vereint wurden, ist ein historischer Glücksfall der Geschichte, für den wir Deutschen sehr dankbar sein können.“

Franz Josef Jung startete 1999 in der Landespolitik durch, als Roland Koch hessischer Ministerpräsident wurde. „Roland Koch berief mich zum Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und zum Chef der Hessischen Staatskanzlei. ich habe diese verantwortungsvollen Spitzenämter sehr gern übernommen“, sagt der Jurist. Doch sein Karrierestart in der Landespolitik stand unter keinem guten Stern. In der Spendenaffäre der Hessischen CDU gab es Vorwürfe, Franz Josef Jung hätte Kenntnis von nicht deklarierten Parteispenden gehabt.

Obwohl ein Untersuchungsausschuss keinerlei Beweise fand, trat Jung bereits im September 2000 von seinen Regierungsämtern zurück. Eine neue Chance erhält und ergreift Franz Josef Jung zur Landtagswahl 2003, als die CDU die absolute Mehrheit im Landtag gewinnt. Der Politiker wird mit großer Mehrheit zum Fraktionsvorsitzenden der CDU im Hessischen Landtag gewählt und war damit zurück in einem landespolitischen Spitzenamt.

Wechsel in die Bundespolitik

Die Chance, in die Bundespolitik zu wechseln und dort Verantwortung zu übernehmen, bot sich bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005. „Die Landes-CDU und Ministerpräsident Roland Koch hatten vorgeschlagen, dass ich auf Platz eins der hessischen Landesliste für den Bundestag kandidiere. Im Fall eines Wahlsieges rechneten wir uns gute Chancen aus, die Position Hessens durch ein Ministeramt zu stärken, und selbstverständlich stand ich zur Verfügung. Nachdem die SPD bei der Bundestagswahl die Mehrheit verloren hatte und Dr. Angela Merkel (CDU) die designierte Bundeskanzlerin wurde, ging es in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD um die Frage, welche Ressorts die CDU und welche die SPD übernimmt. Ich war für das Landwirtschaftsressort vorgeschlagen worden, aber auch das Bundesministerium der Verteidigung war im Gespräch.“

Ihm persönlich sei das Verteidigungsressort eine Herzensangelegenheit gewesen, und so habe es die Bundeskanzlerin dann auch entschieden, erinnert sich der Politiker. Franz Josef Jung war damit der erste Verteidigungsminister, der seinen vollen Wehrdienst bei der Bundeswehr abgeleistet hatte. „Die Ernennung zum Bundesminister der Verteidigung gehört ebenso wie die Wiedervereinigung zu den ganz besonderen Ereignissen in meiner politischen Karriere“, sagt Jung. Als Verteidigungsminister hat Franz Josef Jung sich dafür eingesetzt, dass das öffentliche Gelöbnis erstmals vor dem Reichstagsgebäude stattfinden konnte. „Ich wollte damit die Rolle der Bundeswehr als Parlamentsarmee unterstreichen“, sagt der Politiker. 

Ehrenmal der Bundeswehr im Bendlerblock

Als Bundesminister der Verteidigung verantwortete Jung auch die Auslandseinsätze der Bundeswehr in Afghanistan, bei denen zwischen 2005 und 2009 19 Soldaten ums Leben kommen sind. Obwohl jeder einzelne gefallene Soldat für ihn persönlich besonders schmerzlich ist, unterstützte Franz Josef Jung die Einsätze in Afghanistan und sagte auf der Trauerfeier eines gefallenen Soldaten: „Entweder bekämpfen wir den Terror in Afghanistan, oder der Terror kommt zu uns.“

Er sei, ebenso wie die Bundesregierung, von der Richtigkeit des Einsatzes in Afghanistan überzeugt. Auf Initiative von Franz Josef Jung wurde 2009 im Bendlerblock in Berlin das „Ehrenmal der Bundeswehr“ als zentraler Erinnerungsort eingeweiht. 

Rücktritt in Folge von Luftangriff in Afghanistan

Nach der Bundestagswahl 2009 übernahm der CSU-Politiker Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg das Verteidigungsressort von Franz Josef Jung, der zum Bundesminister für Arbeit und Soziales ernannt worden war. Doch bereits am 27. November trat er zurück, weil es während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister zu einem Luftangriff in Afghanistan kam, bei dem 124 Personen ums Leben kamen. Es ging dabei vor allem um die interne Informationspolitik des Bundesverteidigungsministeriums gegenüber dem Minister. Franz Josef Jung sagte: „Ich habe sowohl die Öffentlichkeit als auch das Parlament über meinen Kenntnisstand korrekt unterrichtet.“

Sein Mandat als Bundestagsabgeordneter hat Franz Josef Jung behalten. Zur Bundestagswahl 2013 trat er erneut als Direktkandidat an – erfolgreich. Auch ohne Ministeramt ist Franz Josef Jung ein Abgeordneter, der viele Aufgaben übernimmt. Er war Vorsitzender des Medienpolitischen Expertenkreises der CDU und stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Seit 2015 ist er Beauftragter für Kirchen und Religionsgemeinschaften seiner Fraktion und er ist Vorstandsmitglied des „Petersburger Dialogs“ sowie Vorsitzender der „Bundesarbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung“. 

Mehr Zeit für die Familie und Sport

Nach einer langen politischen Karriere, in der Franz Josef Jung viele Spitzenämtern ausgeübt hat, ist es ihm sehr schwer gefallen, sich für den Ausstieg aus der Bundespolitik zu entscheiden. „Ich wäre in der nächsten Legislaturperiode 70 Jahre alt und meine, dass jetzt Jüngere Verantwortung übernehmen sollten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingt, denn in der CDU gibt es viele Talente“, sagt der Hesse.

Franz Josef Jung will nach der Bundestagswahl endlich mehr Zeit mit der Familie verbringen, die in all den Jahren seines politischen Engagements oft zu kurz gekommen sei. Er sagt: „Ohne meine Frau, die sich um die Familie gekümmert und mich unterstützt hat, hätte ich eine so intensive politische Karriere nicht machen können. Ich möchte mich wieder öfter mit Freunden treffen und mehr Sport treiben, denn außer beim FC-Bundestag, wo ich regelmäßig Fußball gespielt habe, gab es wenig Gelegenheiten für sportliche Betätigungen. Ich werde gelegentlich Golf spielen und möchte wieder öfter mit Fahrrad unterwegs sein.“ (bsl/31.07.2017)

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