Regierungserklärung

Opposition kritisiert die Regierung in der General­aussprache als zu zaghaft

Die Oppositionsfraktionen im Bundestag werfen der Bundesregierung vor, nicht energisch genug auf aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen zu reagieren. In der Generalaussprache im Anschluss an die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) am Mittwoch, 21. März 2018, beklagte der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Dr. Alexander Gauland, „ein bisschen mehr Tiefgang und Visionen hätte ich mir schon gewünscht“.

AfD rügt Flüchtlingspolitik

Merkel schwöre zwar bei ihrer Vereidigung, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, aber der Koalitionsvertrag werde diesem Versprechen nicht gerecht. So gebe es nach wie vor Masseneinwanderung statt Obergrenze, kritisierte Gauland, der sich in seiner Rede auf das Thema Flüchtlinge beschränkte. 

„Während in Pinneberg ein Syrer mit zwei Frauen und sechs Kindern ein Haus geschenkt bekommt, werden immer mehr Deutsche obdachlos.“ Es gebe aber, so Gauland weiter, „keine Pflicht, meinen Staatsraum mit fremden Menschen zu teilen“.

FDP warnt vor falschen Weichenstellungen

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner betonte, der Charakter der Kanzlerschaft Merkels sei völlig offen. So sei zum Beispiel unklar, ob sie Europa in der Sicherheits- und Migrationspolitik handlungsfähiger mache oder „neue Fliehkräfte durch falsche Weichenstellungen in der Währungsunion“ entfache.

Er warf der Bundesregierung zudem unseriöse Finanzpolitik vor: Nie zuvor habe eine Bundesregierung einen solchen Verteilungsspielraum gehabt und dennoch reiche er nicht, „um alle ihre Ausgabenwünsche zu finanzieren“. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) müsse aufpassen, nicht als der Finanzminister in die Geschichte einzugehen, der es geschafft habe, einen Staatshaushalt in Boomzeiten zu ruinieren, sagte Lindner.

Grüne fordern Entlassung von Seehofer und Spahn

Dr. Anton Hofreiter, Chef der Grünen-Fraktion, forderte Merkel auf, ihre Minister Horst Seehofer (CSU) und Jens Spahn (CDU) zu entlassen. Dies wäre zumindest ein konsequentes Vorgehen, wenn die Bundeskanzlerin es ernst damit meine, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken zu wollen. 

Bundesinnenminister Horst Seehofer trage nämlich mit seiner Äußerung, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, zu einer tieferen Spaltung des Landes bei. „Was wir auch nicht brauchen, ist ein Gesundheitsminister, der glaubt, seine Karriere im rechten Flügel der Union auf dem Rücken der Schwächsten aufbauen zu können“, sagte Hofreiter in Bezug auf dessen Äußerungen, dass Hartz IV nicht Armut bedeute.

Linke: Es fehlen große Reformvorhaben

Nach Ansicht von Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) hat die Regierung einen glatten Fehlstart hingelegt. „Das ist wirklich eine reine Notkoalition, die sich hier zusammentut“, sagte er unter Verweis auf die Islam-Debatte und jene über Hartz IV.  So hätte Seehofer vielmehr klarstellen sollen, was auf keinen Fall zu Deutschland gehöre, nämlich „Rassismus, Ausgrenzung und Menschenhass“. 

Bartsch warf der Regierung außerdem vor, in den Koalitionsvertrag „viel Lyrik ohne Schwung“ hineingeschrieben zu haben. Große Reformvorhaben fehlten stattdessen.

SPD will Konflikte lösen, nicht anheizen

Das sahen die beiden Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien natürlich anders. Wie Merkel, so betonte auch Andrea Nahles, Chefin der SPD-Fraktion: „Wir haben die Regierung gebildet, um die aktuellen Konflikte nicht weiter anzuheizen, sondern sie zu lösen.“ 

Auch sie verurteilte das türkische Vorgehen in Syrien als völkerrechtswidrig, nannte Strafzölle eine unangemessene Antwort im 21. Jahrhundert und mahnte, auch Firmen des Silicon Valley müssten sich an hiesige Rechtsnormen halten. Innenpolitisch sei die Frage bezahlbaren Wohnraums „die zentrale soziale Frage des 21. Jahrhunderts“. Darauf biete der Koalitionsvertrag zahlreiche Antworten, so Nahles.

CDU/CSU: Europäische Union weiter stabilisieren

Volker Kauder, Vorsitzender der Unionsfraktion, betonte, die Große Koalition zeige, dass sie die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Gegenwart habe. So sei zum Beispiel der Weg, die Europäische Union weiter zu stabilisieren, der einzig richtige.

„Europa ist für uns wichtig, um deutsche Interessen in der Welt zu vertreten. Alleine werden wir das nicht schaffen“, sagte Kauder. Kritisch merkte er an, dass es manche Probleme heute nicht gäbe, wenn die Freihandelsabkommen mit den USA konsequent zu Ende verhandelt worden wären. (che/21.03.2018)

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