FDP will den Wohnungsbau von Bürokratie befreien
Sie zählt nach Einschätzung des CDU-Abgeordneten Kai Wegner zu den zentralen Themen der laufenden Legislaturperiode: Die Frage nach den Möglichkeiten für mehr bezahlbaren Wohnraum und der Fragenkatalog, der sich daran anschließt: Wer darf wo wohnen, wer bezahlt das? Wer darf daran verdienen und darf man das überhaupt?
FDP fordert einen Baukosten-TÜV
Auf den kleinsten gemeinsamen Nenner immerhin konnten sich die Abgeordneten bei einer Diskussion im Bundestag am Donnerstag, 19. April 2018, einigen: Es muss etwas getan werden. Nach Ansicht der FDP-Fraktion geht es vor allem darum, den Wohnungsbau um Vorschriften und Regulierungen zu erleichtern – gleiches fordert sie in einem Antrag (19/1692), der den Anstoß zu der Aussprache geliefert hatte. Wohnen dürfe kein Luxus sein, sondern müsse endlich wieder bezahlbar werden, fasste der FDP-Abgeordnete Daniel Föst die Herausforderungen zusammen. In den vergangenen Jahren habe man lediglich an Symptomen gearbeitet, anstatt an die Ursachen heranzugehen.
Die Fraktion fordert einen Baukosten-TÜV, wie es Föst formulierte: Jede neue Norm, jedes neue Gesetz, solle auf seine Kosten und Nutzen überprüft werden. Schließlich sei der Staat einer der Haupttreiber bei den Baukosten. Konkret gehe es etwa um weniger Vorschriften beim Dämmen und um Möglichkeiten, serieller und typisierter zu bauen – was wiederum ein Angleichen von Länderregelungen nach sich ziehen würde. „Die Hürden bei der Entbürokratisierung sind gering, aber die Chancen sind groß“, sagte Föst.
CDU/CSU: Vermehrte Bautätigkeit einzig wirksames Mittel
Dem wollte im Grundsatz der Abgeordnete Wegner (CDU/CSU) nicht widersprechen. Überhaupt finde sich vieles, was die FDP fordere, im Koalitionsvertrag oder sei bereits auf den Weg gebracht. Wegner sah einzig eine vermehrte Bautätigkeit als wirksames Mittel gegen Wohnungsknappheit in Ballungsräumen. Sich auf Maßnahmen wie die Mietpreisbremse zu fokussieren, würde ein Beschränken auf das Verwalten eines Mangelzustands bedeuten, so Wegner.
Er bekräftigte die Absicht, einen Bauausschuss einzurichten und das Ziel der Bundesregierung, 1,5 Millionen neue Wohnungen in der laufenden Legislaturperiode zu bauen. „Die neue Bundesregierung wird handeln.“ Der zuständige Minister Horst Seehofer (CSU) war bei dieser ersten Debatte zum Thema Bauen und Wohnen nicht anwesend.
SPD erinnert an steuernde Möglichkeiten des Staates
Wegners Koalitionskollegin Ulli Nissen (SPD) fügte hinzu, dass der Bund die Mittel zur sozialen Wohnraumförderung nochmals aufstocken und in den Jahren 2020 und 2021 je mindestens zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellen wolle. Schon die vorige Bauministerin Dr. Barbara Hendricks (SPD) hatte die Mittel verdreifacht, allerdings sind sie derzeit nicht zweckgebunden – das heißt, die Länder müssen nicht zwangsläufig Wohnungen davon bauen.
Nissen brachte zudem steuernde Möglichkeiten des Staates wie eine verbilligte Abgabe von staatlichen Grundstücken an bestimmte Bauherren oder Baukonzepte ins Spiel, weniger Möglichkeiten für Eigentümer, Modernisierungskosten an Mieter weiterzureichen, und ein Verschärfen der Mietpreisbremse noch vor der Sommerpause.
AfD: Zuzug von Flüchtlingen Kernursache
Udo Theodor Hemmelgarn (AfD) bestätigte die ablehnende Haltung seiner Fraktion zu solchen Stellschrauben. Die Regierungspolitik der vergangenen 20 Jahre lasse sich grundsätzlich mit dem Begriff „Wohnraumbremse“ zusammenfassen, sagte er.
Notwendig seien nicht eine nach seinen Worten sozialistische Planwirtschaft, sondern personenbezogene Fördermittel wie das Wohngeld. Die Kernursache für die brisante Wohnraumsituation in manchen Städten sah er im Zuzug von Flüchtlingen.
Linke: Spekulation stoppen
Der Beitrag von der Abgeordneten der Linken, Caren Lay, wiederum verdeutlichte genau die gegensätzliche Position ihrer Fraktion: Nämlich mehr staatliches Durchgreifen, weniger Freiheit für die freien Kräfte am Markt. Vor allem würden Preise durch Spekulation mit Grund, Boden und Häusern in die Höhe getrieben: „Das muss man stoppen.“
Möglich werde dies nur mit einer sozialen Wohnungspolitik – die zum Beispiel eine weitaus schärfere Mietpreisbremse beinhalte. Ein groß angelegtes Wohnungsbauprogramm sei wichtig und müsse zugleich mit der Frage verknüpft werden, wen es erreichen soll.
Grüne: Wir brauchen mehr Bauamt, nicht weniger
Auch Christian Kühn (Bündnis 90/Die Grünen) sah die Forderung der FDP nach weniger Bürokratie eher kritisch. „Wir brauchen mehr Bauamt, nicht weniger“, sagte der Abgeordnete und verwies auf die häufig nur noch dünn besetzten Amtsstuben. Seine Fraktion möchte erreichen, dass bei der Vergabe von Bauland Genossenschaften mehr berücksichtigt werden und der Spekulation mit unbebauten Grundstücken und mit Häusern entgegengewirkt wird.
Vieles, woran die derzeitige Situation kranke, habe seine Ursache freilich in der Kompetenzverteilung zwischen den föderalen Ebenen, so Kühn. Und davon, dass der Bund bestimmte Richtweisungen an sich ziehen möchte, habe er im FDP-Antrag nichts gelesen.
Der Bundestag überwies den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. (pez/19.04.2018)